Donnerstag, Mai 16, 2019

"Geschlechtergerechtigkeit": Keine Herrenfahrräder auf Hannovers Straßen – News vom 16. Mai 2019

1.
Es ist ein ungewöhnliches Bild: Ein Mitarbeiter einer Baumfirma, der gerade ein Fahrradpiktogramm auf einer Straße in Limmer aufgebracht hat, kratzt das Oberrohr der Fahrrad-Abbildung wieder heraus. Aus dem Herren- wird ein Damenrad. "Das ist nur in Hannover so, die Fahrräder dürfen hier keine Stange haben", sagt der Mitarbeiter, als er von einem Radfahrer darauf angesprochen wird.

Dass das Oberrohr aus dem Fahrrad-Piktogramm getilgt wird, ist in Hannover im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit tatsächlich gelebte Praxis, bestätigt Stadt-Sprecher Dennis Dix. Auf fast allen Fahrrad-Piktrogramm ist ein Damenrad abgebildet. In anderen Städten ist das nicht der Fall. Denn: "Vorgefertigte Piktogramme gibt es nicht ohne Oberrohr", stellt Dix klar.


Hier geht es weiter.



2. Vor knapp zwei Wochen wurde auf "jetzt", dem Magazin der "Süddeutschen Zeitung", der Artikel "Der linke Diskurs ist kaputt" veröffentlicht. Darin heißt es zu einem Instagram-Posting:

Nun hätte es passieren können, das darunter Maskulinisten Ekelhaftigkeiten loslassen und Frauen herabwürdigen, was mal wieder bewiesen hätte, dass der Kampf für Gleichberechtigung ein harter ist. Solche Kommentare habe ich dort zum Glück nicht gesehen.


(Wir Männerrechtler bezeichnen uns als "Maskulisten" nicht "Maskulinisten", aber von vielen Außenstehenden werden beide Begriffe oft synonym verwendet, als ob sie austauschbar wären.)

Die Rhetorik der von mir zitierten Passage ist irritierend: Obwohl es KEINE bedenklichen Kommentare von "Maskulinisten" gab, werden "Maskulinisten" mit "Ekelhaftigkeiten" in einen Zusammenhang gebracht, als ob das völlig selbstverständlich wäre.

Objektiv betrachtet, ist dieser Satz so sinnvoll wie "Nun hätte es passieren können, dass mein in Mainz geparktes Auto von Türken gestohlen worden wäre, aber als ich zurückkehrte, war es gottseidank noch da." In diesem Satz wird das vorurteilsbeladene Ressentiment des Sprechers deutlich. Leider fürchte ich, dass dies bei Ressentiments gegen "Maskulinisten" nicht der Fall ist: Es handelt sich um eine überschaubare Gruppe, über die in den Leitmedien zumeist gar nicht und wenn doch, dann negativ berichtet wird. Die gedankliche Verknüpfung von "Maskulinisten" und "ekelhaft" wird durch die Polemik in dem "jetzt"-Artikel weiter etabliert.

Nun bin ich in den sozialen Medien seit 20 Jahren unter Männer-Aktivisten auf Facebook und Twitter unterwegs und habe dort nie frauenfeindliche Sprüche mitbekommen. Auch Journalisten, die mich vor Jahren einmal für das Magazin "Kulturzeit" interviewt hatten, vertrauten mir während der Aufnahmen an, sie hätten nach solchen Ausfällen gesucht, aber keine gefunden. Und wenn es solche Fendseligkeiten gäbe, würden sie dann nicht in diversen Artikeln empört ausgestellt werden? Schließlich wird das ja schon gemacht, sobald ein Mann in der U-Bahn breitbeinig sitzt.

Aber gut, dachte ich mir, vielleicht gibt es ja irgendwelche Vorfälle, von denen ich schlicht nichts weiß. Also schrieb ich die Autorin des Artikels, Nadja Schlüter, an, um mich danach zu erkundigen:

Sehr geehrte Frau Schlüter,

in Ihrem aktuellen Artikel "Der linke Diskurs ist kaputt" schreiben Sie: "Nun hätte es passieren können, das darunter Maskulinisten Ekelhaftigkeiten loslassen und Frauen herabwürdigen ..."

Ich gehöre selbst zur maskulistischen Bewegung, habe aber von solchen Dingen bislang nichts mitbekommen. Mich würde interessieren, wer aus unseren Kreisen in den sozialen Medien welche "Ekelhaftigkeiten" hinterlässt. Könnten Sie mir bitte ein paar Links darüber schicken, was genau Sie meinen, damit ich mir ein Bild davon machen kann?

Freundliche Grüße

Arne Hoffmann


Das war am 6. Mai. Wenig überraschend habe ich bis heute keinerlei Antwort erhalten.

Insofern frage ich mich schon, wo derartige Polemik herrührt. Wird jeder frauenfeindliche Kommentar im Internet "Maskulinisten" zugeordnet? Gehen in manchen Köpfen verschiedene Dinge einfach wild durcheinander nach der Maxime "frauenfeindliche Sprüche nerven ... kritisches Hinterfragen einer einseitigen Geschlechterpolitik nervt ... eigentlich ist das ja dieselbe ekelhafte Soße"? Und muss ich im nächsten "jetzt"-Artikel mit der Behauptung rechnen, man bekomme von mir ekelhafte Mails?



3. Die Aaargauer Zeitung interviewt einen Familienrichter: "Manipulierte Kinder übernehmen die Sicht ihrer Mutter".

Siehe zum selben Thema in der Mittelländischen Zeitung: "Eltern-Kind-Entfremdung – Der (noch) tolerierte Kindesmissbrauch"



4. Das Deutsche Historische Museum hat das Magazin "Cuncti" zu einer Blogparade mit dem Thema "Was bedeutet mir Demokratie?" eingeladen. Im Rahmen dieser Blogparade erörtert ein aktueller Beitrag Bertha Steins, warum der moderne Feminismus nicht nur sich selbst gefährdet.



5. US-amerikanische Studenten drehen den Spieß um und verklagen ihre Hochschule wegen "sexueller Belästigung", weil diese Hochschule gegen Falschbeschuldigungen, die Studenten seien Vergewaltiger, nicht eingeschritten war. Der Hochschule wird auch Voreingenommenheit gegenüber Männern vorgeworfen. Die Klage ist Teil einer sehr großen Klagewelle solcher Studenten in den USA, aber der erste mir bekannte Fall, bei dem eine Falschbeschuldigung als sexueller Übergriff definiert wird.



6. Geht der Kampf gegen "alte weiße Männer" inzwischen nicht ein bisschen weit?



7. Feedback: Die Psychologin Sandra Hermann, eine der Autorinnen des von mir herausgegebenen Sammelbandes "Gleichberechtigung beginnt zu zweit", schreibt mir heute auf Facebook:

Habe gestern mein Buch in der Post gehabt und bin halb durch ... muss sagen: WOW. Echt gelungen! Richtig gut! Und ich bin wirklich stolz darauf, dass ich daran mitwirken durfte!! Danke Arne Hoffmann!


Privat (aber natürlich zur Veröffentlichung auf Genderama freigegeben) schreibt mir Sandra Hermann: "Hey... das Buch ist so was von klasse!!" Sie habe kurz überlegt, ob sie ihre Mitarbeit an dem Sammelband zurückzieht, weil sie sich eine Zeitlang nicht mehr in diesem Bereich engagiert habe, sei jetzt aber "echt froh, dass ich nicht gekniffen habe. Hat wieder ein Feuer in mir entfacht und ich habe schon wieder 100 neue Ideen zu dem Thema ..."

Das ist großartig, Sandra! Ich danke DIR, denn, wie du weißt, finde ich deinen Buchbeitrag herausragend gut. Hoffen wir, dass unser Sammelband auch in vielen andere Lesern Begeisterung und Engagement entfacht.

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