Frauentag ist in Berlin jetzt Feiertag – News vom 25. Januar 2019
1. Am 8. März bekommt man in Berlin jetzt frei, um das weibliche Geschlecht und den Feminismus zu feiern:
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Stefan Evers, kritisierte die Feiertagsentscheidung als "zutiefst reaktionär". Mit dem Frauentag als Feiertag stehe Berlin in einer Reihe mit Ländern wie Nordkorea, Vietnam, China und Kambodscha.
(...) Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Anja Kofbinger, erklärte, (...) mit dem 8. März würden zumindest einmal im Jahr alle Menschen daran erinnert, dass Frauen immer noch nicht gleichberechtigt sind. Für sie sei der Tag ein "politisches Highlight".
Und jedesmal wenn man solche Leute fragt, welche Rechte Männer in Deutschland haben, die Frauen vorenthalten bleiben, kommt ein "Tja ... öh ... ähm ... oh guckt mal, ein Eichhörnchen!"
Sie könnten hundert eigene Feiertage haben und würden sich als unterdrückte Minderheit fühlen.
2. Das SPD-Parteimagazin "Vorwärts" fordert Männer noch einmal auf, sich endlich zum Feminismus zu bekennen: "Viel zu wenige Männer bekennen sich dazu, Feministen zu sein, weil es als Schimpfwort gilt, aber das ist es nicht. Denn Männer profitieren genauso viel von Gleichstellungspolitik."
3. Lucas Schoppe blickt zurück auf die hitzige Debatte um den Werbespot von "Gillette". Dabei tut er das, was die meisten Teilnehmer der Debatte vernachlässigt haben: die einzelnen Bilder des Spots und ihre jeweilige Aussage tatsächlich zu analysieren.
Schoppes Text ist eigentlich in Gänze lesenswert. Ich fleddere ihn hier ein bisschen und greife die meines Erachtens zentralen Absätze für diejenigen Genderama-Leser heraus, die wenig Zeit haben und einen schnellen Überblick wünschen:
Männer sind hier grundsätzlich, in ihrer Default-Einstellung, rundweg gewalttätig, übergriffig, desinteressiert, selbstgerecht, herablassend, geil – eine Projektionsfläche des bodenlos Schlechten. Erst durch den beherzten Eingriff der mutigen MeToo-Frauen erhalten sie die Chance, sich zu halbwegs menschlichen Wesen zu entwickeln – aber dafür ist dann Anstrengung, Selbstkritik und ein Bewusstsein der eigenen Schlechtigkeit notwendig. Wer nicht einsieht, wie schlecht er ist, kann sich nicht bessern.
Jeder, der sich auch nur einmal am Rande mit autoritärer Pädagogik beschäftigt hat, müsste merken, wie genau deren Grundkonzepte hier wiedergegeben werden. Kinder sind dort, so wie sie sind, fehlerhaft, unwert, animalisch – erst durch Erziehung, Anstrengung und Bearbeitung werden sie zu zivilisierten Wesen. Das Schlechte muss in dieser Pädagogik erst einmal gebrochen werden, damit das Gute aufgebaut werden kann.
(...) So spielt auch die Firma Gillette mit ihren Kunden ein altbekanntes Kommunikationsspiel, das jeder verliert, der sich darauf einlässt.
"Bist du bereit, damit aufzuhören, dich wie ein Arschloch zu verhalten – ja oder nein?"
"Aber ich verhalte mich doch gar nicht wie ein Arschloch…"
"Aha, du bist also nicht bereit."
(...) Natürlich ist es für Werber schwer, in einer Zeit permanenter Aufregungen und Ablenkungen Aufmerksamkeit für ihr Produkt herzustellen und Menschen dafür zu mobilisieren. Ein traditionelles, tausendfach erprobtes Mittel ist die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit: Auf den bedrohlichen Feind nämlich müssen wir aufmerksam sein, und wir müssen gegen ihn zusammenhalten und aufstehen, weil wir sonst großen Schaden nehmen.
Der Nachteil: Die Firma setzt sich selbst in ein schlechtes Licht, wenn die angegriffene Gruppe protestiert – oder wenn das Kalkül sichtbar wird, aus Feindbildern Kapital zu schlagen – oder wenn die, die eigentlich angesprochen werden sollen, den zutreffenden Eindruck bekommen, sie würden durch einen Appell an primitive Emotionen manipuliert.
Wer eine solch riskante Werbung lanciert, muss also sein Feindbild gut wählen. Erkennbar ist im Spot beispielsweise die Sorgfalt, Rassismus gegen schwarze Männer zu vermeiden: Die als toxisch präsentierten Männer sind hier meist weiß, während Schwarze sie von ihren Taten abhalten.
Gillette muss sich also sehr sicher gewesen sein, dass Männer – Männer generell – als Objekte missbilligender Diskurse zur Verfügung stehen und in dieser Weise fest etabliert sind, sonst hätte die Firma die Werbung nicht gewagt. Das allerdings steht ganz im Widerspruch zum verbreiteten Bild, es wären doch eigentlich Frauen, die in unserer Gesellschaft objektifiziert würden.
(...) Hier belegt sich ein hochprivilegiertes, medial sehr gut vertretenes, in sich abgeschottetes Milieu selbst mit Attributen einer imaginären Weiblichkeit, sieht sich als friedlich, sozial, schöpferisch und progressiv. Auf die wilde Masse irgendwo da draußen hingegen projiziert es Klischees einer imaginären Männlichkeit – sie wäre wütend, geil und gewaltgeil, unzivilisiert und immer irgendwie rechts und reaktionär.
Diese Verdrängung sozialer und politischer Analysen durch eine endlose Applikation von Geschlechterklischees hilft Frauen und Mädchen überhaupt nicht, sie schadet aber unüberschaubar vielen Jungen und Männern. Sie schadet auch den Frauen und Mädchen, die unter sozialen Verwerfungen leiden, welche durch endlos um sich kreisende Geschlechterdebatten aus dem Blick gedrängt werden. Es ist daher sehr ermutigend, wie viele Männer, und auch Frauen, gegen die ressentimentgeladenen Geschlechterfantasien protestieren, aus denen Gillette Profite zu schlagen versucht.
(...) Natürlich gibt es auch Männer wie Stöcker, Volkmann oder Tuma, die ganz im Einklang mit einer traditionell-männlichen intrasexuellen Konkurrenz das Angebot von Gillette wahrnehmen, sich selbst auf Kosten anderer als der bessere Mann zu präsentieren. Erstaunlich aber ist, wie viele Männer unterschiedlicher Länder dieses Angebot selbstverständlich ausschlagen und Fairness gegenüber allen Männern und Jungen einfordern, anstatt lediglich sich selbst ins beste Licht zu rücken.
Derweil hat MANNdat "Gillette" einen offenen Brief geschrieben.
4. Eine Reihe von "Zeit"-Lesern beanstandete in der Kommentarspalte eines Artikels, dass der "Zeit"-Journalist fälschlich Frauen, nicht Männer, als hauptsächliche Opfer von Gewaltkriminalität darstellte. Es geschah nichts. Gestern berichtete Genderama darüber. Jetzt findet sich unter dem Artikel immerhin eine Korrekturzeile:
In einer früheren Version dieses Textes hieß es, dass Frauen deutlich häufiger "Opfer von Gewaltverbrechen" werden. Diese Behauptung ist durch die Polizeiliche Kriminalstatistik nicht gedeckt. Wir haben die Textstelle geändert.
In dem Artikel heißt es nun:
Bei Frauenparkplätzen geht es eben nicht um diffuse Ängste, sondern darum, dass besonders oft Frauen oder generell weiblich anmutende Menschen Opfer sexueller Gewalt werden.
Über die insgesamt höheren Opferzahlen unter Männern schreibt "Die Zeit" immer noch ausgesprochen ungern.
Einer meiner Leser schreibt mir übrigens, dass auch Genderama den Sachverhalt gestern juristisch nicht ganz zutreffend geschildert hat (inzwischen korrigiert):
In Deiner Berichterstattung zu dem Verfahren bei dem Verwaltungsgericht München hast Du einen Fehler übernommen, der sich durch die gesamte Medienlandschaft zieht.
Das Gericht hat *kein* Urteil in der Sache gefällt! Vielmehr haben sich die Beteiligten in der Sache *geinigt*!
Der Unterschied ist superwichtig!
Denn die verklagte Kommune hat durch diese Einigung verhindert, daß es zu einem Urteil kommt. Es ist also eine individuelle Einigung in einem individuellen Fall, aus der man für ähnliche Streitigkeiten, die noch kommen könnten, nichts herleiten kann. Es ist - vulgo - kein Präzendenzfall, mit dem man operieren könnte.
5. Beim Frauenmarsch in den USA kam es zu einem sexuellen Übergriff durch eine der Teilnehmerinnen gegen einen Mann. Der Daily Wire kommentiert:
Eine Frau ging zu [Owen] Shroyer und packte seine Genitalien, verkündete, dass sie "ihn an den Eiern genommen hatte", und sagte dann stolz "ja", als sie gefragt wurde, ob sie einen sexuellen Übergriff begangen hatte. Unterdessen stand eine Gruppe von Polizisten buchstäblich in direkter Nähe des Vorfalls und intervenierte nicht.
Ich brauche nicht auf das Offensichtliche hinzuweisen, aber ich werde es tun. Wenn die Rollen vertauscht worden wären und ein Mann zu einer Frau hinübergegangen wäre, ihre Genitalien ergriffen, darüber gelacht und dann damit geprahlt hätte, dass er einen sexuellen Übergriff begangen und nicht verhaftet worden wäre, gäbe es hysterische Empörung im ganzen Land. Wenn die Tat politisch motiviert wäre und der Mann die Frau angegriffen hätte, weil er mit ihren liberalen Vorstellungen nicht einverstanden war, wäre die Reaktion apokalyptisch. Der Name und das Gesicht des Mannes würden in jeder Nachrichtensendung verewigt sein. Die fadenscheinigen Artkel über "toxische Männlichkeit" würden wie Hagel auf unsere Köpfe fallen. Und der Mann würde sicherlich verhaftet werden.
Aber wenn eine Frau die schuldigste Partei ist? Stille. Grillenzirpen. Es interessiert niemanden. Es erregt keine Aufmerksamkeit. Es provoziert keine Wut. Es führt zu keinen Konsequenzen für den sexuellen Übergriff. Wenn die Täterin irgendwelche Konsequenzen für ihr Handeln zu erwarten hat, werden sie höchstwahrscheinlich positiv sein. Ich nehme an, sie hat ihre feministische Glaubwürdigkeit auf der Straße deutlich erhöht. Vielleicht darf sie demnächst bei CNN mitmachen.
Deshalb ist die MeToo-Bewegung weitgehend betrügerisch, und das feministische Händeringen wegen sexueller Gewalt kann nicht ganz ernst genommen werden. Sie kümmern sich nicht wirklich um sexuelle Übergriffe per se. Sie interessieren sich für den politischen und ideologischen Vorteil, den sie dadurch erlangen können, dass sie bestimmte Beispiele von Übergriffen hervorheben. Die sorgfältige Auswahl der gesamten Kampagne untergräbt ihre Glaubwürdigkeit völlig.
6. Manchmal ist "toxische Weiblichkeit" indes deutlich extremer als ein Griff in den Schritt.
7. Der feministische Guardian fängt an, zumindest punktuell Geschlechterklischees zu überwinden und die wachsende Rolle von Frauen in der radikalen Rechten zu untersuchen:
Es gibt kein Ende der Spekulationen darüber, was den Aufstieg der radikalen Rechten in den letzten Jahren angetrieben hat. Durch alle Theorien zieht sich jedoch ein einziger, übereinstimmender Anspruch - dass die extreme Rechte die Domäne der Männer sei. Wütende weiße Männer bevölkern Medienbilder. Wissenschaftler diskutieren den Wunsch der Männer nach Stärke, Macht, Loyalität, Zugehörigkeit und der Rückkehr zu einer romantischen, reinen und ungestörten nationalen Vergangenheit, die durch heroische männliche Handlungen wiederhergestellt werden kann. Die politischen Entscheidungsträger berichten über die Unsicherheit bei Arbeitsplätzen und steigende Arbeitslosigkeit als Faktoren, die Männer überproportional treffen.
(...) Da sich rechtsextreme Ideen und Ästhetiken immer mehr durchgesetzt haben, ist das Stigma der Teilnahme an rechtsextremen Bewegungen zurückgegangen und ermutigt Frauen, dort einzusteigen, wo sie früher vielleicht gezögert haben. Während ein "Gender-Gefälle" bei der Abstimmung für rechtsradikale Parteien besteht, wird es oft überbetont. Eine Analyse der Daten der Europäischen Sozialerhebung in sieben europäischen Ländern ergab, dass mehr als 40% der Stimmen für die populistische radikale Rechte von Frauen stammen. Frauen sind sichtbarer als je zuvor in rechtsradikalen Bewegungen aktiv.
(...) Nicht nur die Regulierung des Frauenkörpers motiviert die extreme Rechte, sondern auch deren Schutz. Rechtsradikale Gruppen haben weibliche Wählerinnen mit anti-migrantischer und anti-muslimischer Rhetorik mobilisiert, die speziell mit Frauenrechten, Sexualität oder Übergriffen auf Frauen verbunden ist - mit Fällen wie den Silvesterangriffen 2015 in Köln, anhand derer argumentiert wird, dass eine verstärkte Migration zu mehr Vergewaltigung und Gewalt gegen weiße Frauen führen wird. Die jüngsten Unruhen in Chemnitz, Deutschland, wurden durch den Tod eines kubanisch-deutschen Mannes bei einem Straßenkampf mit zwei Asylbewerbern ausgelöst. Weniger verbreitet waren unbewiesene Gerüchte, dass der Kampf begann, als der kubanisch-deutsche Mann eine deutsche Frau vor einem versuchten sexuellen Übergriff verteidigte.
Wissenschaftler, Politiker und Medien haben große Fortschritte beim Verständnis der Rolle der Männlichkeit gemacht, wenn es darum geht, Männer für rechtsradikale Gruppen zu gewinnen. Aber wir haben weniger auf das Potenzial für die (Neu-)Gestaltung der Weiblichkeit, die Rolle der Frauen in der Nation oder die Diskussion über das Recht der Frauen geachtet, die für die Anwerbung oder Radikalisierung durch rechtsextreme politische Parteien und Bewegungen genutzt werden.
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