Donnerstag, Juli 26, 2018

"Es wird ein Mädchen": Baldiger Nachwuchs bringt Männerrechtler auf neue Wege

1. Wie der beliebte deutsche Netzmaskulist Christian Schmidt gestern verkündete, hat sich bei ihm und seiner Frau weiblicher Nachwuchs angekündigt: "Ich werde also demnächst diesen Blog komplett umkrempeln und zum Feminismus überlaufen." In einem ersten Schritt präsentiert sich Christians Blog optisch in einem erfrischend neuen Look. Die ersten Reaktionen der Leser sind herzergreifend emotional. ("Das neue Design ist voll süß.") Genderama wünscht Christian Schmidt für diese neue Lebensphase alles Gute!



2. Das Wissenschaftsblog Sciencefiles berichtet mehr von der diesjährigen internationalen Männerrechtler-Konferenz in London und hat die dort vorgelegte "Erklärung gegen den Feminismus" ins Deutsche übersetzt.



3. Auf der feministischen Website "Open Democracy 50:50" stellt Lara Whyte die Männerrechtlerkonferenz aus ihrer ganz eigenen Perspektive dar:

Zweihundert Delegierte aus 24 verschiedenen Ländern besuchten die dreitägige Veranstaltung, was sie zu einer der bisher größten der Bewegung machte. "Es ist die größte Versammlung der Männerrechtsbewegung der Welt, sicherlich, was eine Männerrechtskonferenz angeht, die sehr deutlich antifeministisch ist, es gibt nichts wie uns auf der Welt", sagte [Veranstalter Mike] Buchanan. Ich habe viel Zeit damit verbracht, Buchanan davon zu überzeugen, dass ich nicht die Feministin war, als die meine zuvor veröffentlichte Arbeit mich vielleicht erscheinen ließ, bevor er mir erlaubte, an der Versammlung teilzunehmen - oder mir auch nur ihren Ort zu nennen.

(...) In einem Raum vor der Keynote-Rede von Karen Straughan - einer kanadischen YouTuberin (mit fast 200.000 Abonnenten) und nach Buchanans Worten "die wichtigste Antifeministin der Welt" - war ich die einzige Frau in einem Raum voller weißer Männer.

(...) Die männliche Beschneidung - oder männliche Genitalverstümmelung, wie Männerrechtler sie nennen - ist eine von mehreren Kernanliegen innerhalb dieser Bewegung. Am Samstag wurde ein Video mit Beschneidungen gezeigt. Eine Horrorgeschichte eines schief gelaufenen Verfahrens ist auch einer der vermeintlichen 'Wendepunkte' in der pseudojournalistischen Reise von Cassie Jaye für ihren Film "The Red Pill".

Dieser Film wurde in Australien als "frauenfeindliche Propaganda" aus den Kinos verbannt, bleibt aber auf Amazon Prime. Jaye besuchte die Konferenz mit ihrem Mann und wurde wie eine Berühmtheit behandelt. Alle jüngeren Männerrechtler, mit denen ich sprach, sagten mir, dass es ihr Film war, der sie in die Bewegung brachte, und viele der Männer identifizierten sich als "Red-Pillers".

(...) Die Liste der von Männerrechtlern vorgetragenen Beschwerden ist lang, aber wie bei jeder extremistischen Bewegung gibt es ein paar unbequeme Wahrheiten, die die Wut schüren. Dazu gehören die geringe Leistung einiger Jungen in der Schule, männlicher Selbstmord als führende Todesursache von Männern unter 50 Jahren im Vereinigten Königreich, ein höherer Anteil von Frauen, die in einigen Ländern in die Hochschulbildung eintreten, männliche Beschneidung und das Fehlen einer Versorgung für männliche Opfer häuslicher Gewalt.

Keine zwei Delegierten, die mit mir sprechen wollten, gaben den gleichen Grund für ihr Engagement in dieser Bewegung an. Einer aus Oslo sagte, er fühle sich in seinem Heimatland, dem gleichberechtigten Norwegen, "gedankengesteuert". "Wir opfern die Wahrheit", sagte er. "Gehen in die falsche Richtung."

"Ich habe jetzt kleine Jungs und mache mir Sorgen um die Zukunft", sagte ein Delegierter, Luke aus Großbritannien (der mir seinen Nachnamen nicht geben wollte). Er beschrieb seine Kinder als "in einem Bildungssystem aufgewachsen, einem Arbeitsplatzsystem, das sie entrechtet".

Dass Männer von Frauen entrechtet werden, wurde von allen Delegierten und Rednern, denen ich zugehört habe, als Tatsache akzeptiert. Ihre Wut und ihre Frustration war spürbar, manchmal erschreckend. Diese Wut und ihre gemeinsame Trauer über eine idealisierte Vergangenheit könnte der Grund dafür sein, dass die Männerrechtsbewegung als "Einstiegsdroge" in die Alt-Right-Strömung bezeichnet wurde.

(...) Es gab viele Zitate aus Forschung und Statistik - aber ähnlich dem Propagandafilm "The Red Pill" waren die Quellen schwach oder gezielt herausgepickt. Es war zum Verzweifeln: Fakten über alles von häuslicher Gewalt, Gewalt gegen Frauen, das Ausmaß des geschlechtsspezifischen Lohngefälles wurden abgelehnt und als Teil des "feministischen Lügengewebes" verhöhnt.

(...) Männerrechtler erhalten ihre Wahrheiten von YouTube, das der australische Aktivist Brian Moloney als seine "Einstiegsdroge" in diese Bewegung und "eine sehr männliche Umgebung" bezeichnete. Buchanan fügte hinzu: "Das Internet hat unsere Bewegung für Männerrechte deutlich gestärkt – genau wie bei anderen Bewegungen."

(...) "Junge Männer sollten wütend sein", sagte mir Buchanan. "Wenn du wirklich verstehst, wie die Welt gegen dich gerichtet ist, ist Wut eine wirklich vernünftige Antwort. Ehrlich gesagt sollte es viel mehr Wut geben. Männer sollten in Millionenstärke zum Parlament marschieren."


(Offenkundige Verleumdungen gegen konkrete Personen habe ich nicht übersetzt, weil ich diesen Rufmord nicht noch unterstützen möchte.)

Mehrere Kommentatoren unter dem Artikel ziehen Lara Whyte für ihre diversen Falschdarstellungen zur Verantwortung. So kritisiert Mike Buchanan, dass Whyte, indem sie einen einzelnen Moment schilderte, den Eindruck erweckte, die gesamte Konferenz sei eine Veranstaltung weißer Männer gewesen:

Das mag stimmen (manchmal waren nur ein oder eine Handvoll Leute in diesem Raum), aber es soll den falschen Eindruck erwecken, dass die Konferenzteilnehmer alle weiße Männer waren, während diese "Journalistin" sehr wohl weiß, dass es viele Frauen gab, ebenso wie schwarze und hispanische und asiatische Männer, darunter zahlreiche indische Männer.


Ein Teilnehmer der Konferenz hat denselben Punkt zu beanstanden:

Das ist eine glatte Lüge. Oder Sie sind blind. Ich war auch da (mit meiner Freundin, Sie konnten sie nicht übersehen, Dreadlocks und blaue Haare), und es gab mindestens fünf andere Frauen bei Karens Vortrag. Und das ist nur ein flüchtiger Blick.

Außerdem gab es Männer, die nicht weiß waren (ich habe selbst gemischte ethnische Hintergründe). Vielleicht machen Sie mal einen Termin beim Augenarzt?

Oder Sie spielen mit Worten und meinen, dass Sie vor Beginn des Gesprächs im Raum waren und irgendwann fünf weiße Männer dabei waren. Oder Sie waren im Raum mit den Getränken, während ein anderer Vortrag lief und Sie haben absichtlich diejenigen beschrieben, die zu dieser Zeit NICHT den Vortrag besuchten. Auf jeden Fall ist das ein sehr gequälter Weg, um zu einer "Alles-Weiße"-Aussage zu kommen.

Ich frage mich, warum Sie überhaupt zu der Veranstaltung gegangen sind. Es wäre so viel leichter gewesen, zu Hause zu bleiben und alle Lügen dort zu schreiben.


Sogar ein Foto, das Lara Whyte in ihren Artikel über die Männerkonferenz eingebaut hat, zeigt zahlreiche weibliche Teilnehmer.

Ein dritter Kommentar unter dem Artikel lautet:

Ich hatte Ihnen, glaube ich, eine Stunde und zwanzig Minuten ein Interview gegeben und ich denke, es wir haben viele nutzbringende und interessante Themen und Ideen abgedeckt. Laura sagte, sie müsse sich bei ihrem Chef melden, um zu sehen, ob das öffentlich gemacht werden kann, also würde ich gerne wissen, ob ich es öffentlich machen kann.

Ich habe das Gefühl, dass viele der von uns behandelten Konzepte in diesem Artikel nicht berührt wurden, und es wäre großartig, wenn die Öffentlichkeit mehr darüber erfahren könnte, was Männerrechtsaktivisten wie ich in Bezug auf die übergreifende Theorie vertreten und wie die Rechte der Männer auch Frauen und der Gesellschaft zugute kommen.


Wieder andere Kommentatoren weisen darauf hin, dass Cassie Jayes "The Red Pill" in Australien natürlich nie verboten wurde, sondern einige Kinos lediglich die Vorführung absetzten, nachdem es dagegen Randale von Feministinnen gegeben hatte (die den Film zuvor nie gesehen haben konnten). "The Red Pill" ist im übrigen mehrfach preisgekrönt, darunter einmal auf einem Frauen-Film-Festival.

In einem weiteren Kommentar heißt es:

Dieser Artikel ist ein sehr gutes Beispiel für "fake news"'. Ich bin sehr erstaunt über eine derart verzerrende Berichterstattung. Lara Whyte muss wirklich mal zum Optiker! Ich bin so braun wie Toast und komme ursprünglich aus Indien und sie sagt mir, dass sie mich und die anderen anwesenden Inder nicht sehen konnte? Sie erzählt ihren Lesern, dass der Raum voller weißer Nationalisten war? Ich war einer der Redner und auf meinen Vortrag folgte der eines Schwarzen aus den USA, der aus Puerto Rico stammte. Ich war begeistert von der Vielfalt dieser Konferenz. Ich sprach als christlicher Priester, traf aber wunderbare Atheisten, Agnostiker und sogar einen buddhistischen Mönch! Als Akademiker, der an der Universität gelehrt hat, war ich beeindruckt von der intellektuellen und akademischen Sorgfalt von Mike Buchanan und anderen Vortragenden (einer davon war ein Professor für Philosophie der Universität Oxford). Übrigens war ich auch begeistert, die vielen anwesenden Frauen zu sehen und zu treffen. Seit der Konferenz stehe ich mich mit ihnen über Twitter und E-Mail in Kontakt. Der Moderator, der mir vorausging, war eine hervorragende kanadische Dozentin! Einige andere Frauen wie Karen Straughan haben fantastische Vorträge gehalten. Ich wurde dem Publikum von einer anderen wunderbaren Frau vorgestellt - Elizabeth Hobson. Insofern untermauert dieser Artikel auf wunderbare Weise, worum es bei der Konferenz ging: Feminismus ist Betrug und benutzt grobe Unwahrheiten und Falschdarstellungen, um seinen erbärmlich schwachen Standpunkt zu präsentieren.


Ein weiterer Teilnehmer schreibt:

Ich war auf der Konferenz und teilte mir vier Nächte lang ein Hotelzimmer mit einem Mann gemischter ethnischer Herkunft - kann ihm bitte jemand mitteilen, dass Open Democracy mich offiziell zum Rassisten erklärt hat, da er das wissen sollte? Wenn Sie schon dabei sind, informieren Sie bitte alle schwulen Männer, mit denen ich mich abends auf ein Bier getroffen habe, dass ich jetzt offiziell ein Homophober bin, und alle Frauen, mit denen ich geplaudert habe und denen ich zustimme, dass ich jetzt offiziell ein Frauenhasser bin.


In ähnlicher Weise zieht es sich durch die gesamte Kommentarspalte unter dem Artikel. Zustimmende Kommentare habe ich keine gefunden.

Betrachtet man den Artikel und die Richtigstellungen in der Gesamtsicht, wird schnell deutlich, dass die internationale Männerrechtsbewegung in den letzten Jahren so stark an Größe und Diversity (Frauen, Farbige, Homosexuelle) zugenommen hat, dass Feministinen wie Lara Whyte darauf nur noch durch verzerrende Darstellungen reagieren können. Ein Zeil solcher Artikel besteht sicherlich auch darin, noch weitere Diversity in dieser Bewegung zu unterbinden. (Motto: "Das sind alles weiße Rassisten und Frauenfeinde, was wollt ihr dort?") Eine homogene Männerbewegung würde es ihren Feinden einfacher machen, denn während es in der westlichen Gesellschaft vielfach unproblematisch ist, auf "alte weiße Männer" einzuprügeln, sind in diesen Kreisen Frauen, Farbige und Homosexuelle weniger vogelfrei.



4. Als letzten Beitrag dieser Presseschau vor den Leserbriefen mal wieder ein Blick in ferne Länder – diesmal nach Südkorea. Über den Stand des Feminismus dort berichtet der "Inquirer":

Eine radikale feministische Gruppe in Korea wurde dabei ertappt, wie sie online hasserfüllte Praktiken verbreitete.

WOMAD, ein Kofferwort aus "Woman" und "Nomade", ist eine Online-Community in Südkorea, die für ihre Unterstützung für radikalen Feminismus und Misandrie (tief verwurzelte Verachtung oder Vorurteile gegenüber dem männlichen Geschlecht) bekannt ist.

Mitglieder von WOMAD veröffentlichen in Foren ihrer Website Grausamkeiten und Vorurteile in der Form von hasserfüllten Botschaften und Bildern. Laut "The Korea Times" vom 15. Juli hatte etwa ein WOMAD-Mitglied ein Bild einer erdrosselten, sterbenden Katze geteilt und erklärt, dass das Tier die grausame Behandlung verdient hätte, weil es männlich war.

Ein anderes Mitglied berichtete, ihr Baby abgetrieben zu haben, weil es ein Junge war.

Homophobie durchdringt auch die Foren der Website. In einem Beitrag vom letzten Februar schrieb eine Benutzerin, dass Frauen wegen schwuler Menschen bei den Menschenrechten benachteiligt seien.

"Der Beginn der Frauenbewegung sollte mit der Schwulen-Abschlacht-Bewegung beginnen", schrieb die Benutzerin in ihrem Beitrag "Gay rights movement = anti women movement".

Abgesehen davon, dass sie Männer angreifen, zielen die Mitglieder der WOMAD auch auf die katholische Kirche. So erklärte ein Mitglied, sie wolle eine Kirche in Busan in Brand stecken.

Ob ihre Worte Wahrheit oder Drohung waren, spielte keine Rolle, da sie die örtliche Polizei veranlasste, zu ermitteln. In der Zwischenzeit teilte ein WOMAD-Mitglied bei einer anderen Gelegenheit das Bild eines verbrannten Abendmahlbrotes mit darauf gekritzelten Profanitäten.

Ihre Hasskampagne für die katholische Kirche schien zu funktionieren, als sie Anfang Juli die Aufmerksamkeit der katholischen Bischofskonferenz von Korea auf sich zog.

"Die Schändung des Abendmahlbrotes ist inakzeptabel", erklärte Schwester Clara Kwon. "Wir waren schockiert über diese Nachrichten. Was das WOMAD-Mitglied getan hat, ist eine Sünde. Vor der Eucharistiefeier ist es ein Brot aus Weizen. Aber nach dem christlichen Ritus repräsentiert er den Leib Jesu Christi, also ist er heilig und sollte als solcher behandelt werden."

Inzwischen hat ein Professor für Kriminologie an der Soon Chun Hyang Universität, Oh Yoon-sung, die WOMAD-Aktivisten als "erbärmliche Sucher nach Aufmerksamkeit" gebrandmarkt. (...) Radikale Feministinnen genössen es, wie Gesellschaft und Medien auf ihre "provokative" Taktik reagieren.




5. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

ich möchte Sie auf die gestrige Ausgabe der Welt aufmerksam machen, wo auf Seite 22 der Alkoholkonsum von Frauen beleuchtet wird. Online ist der Artikel hinter der Bezahlschranke auch zu lesen.

Auf wundersame Weise schafft die Autorin es dabei, die Gründe für den gestiegenen Konsum bei den Männern zu finden.

- Junge Frauen wollen sich im Beruf gegenüber Männern beweisen, bei denen es schick ist, "viel vertragen" zu können --> patriarchalische Strukturen in der Gesellschaft.

- Die Autorin berichtet sogar, dass sie sich selber gezwungen sah, bei einer geschäftlichen Abendveranstaltung "mithalten" zu müssen, weil sie tagsüber nicht ernst genommen wurde und nur als "junge Frau aus Berlin" vorgestellt wurde, statt wie alle anderen Teilnehmer (männlich) mit ihren Funktionen und Titeln. Deswegen wollte sie es den Herren natürlich zeigen.

- Von Frauen wird im Berufsleben generell mehr verlangt, um die gleiche Wertschätzung zu bekommen. (Hier ist sich die Autorin nicht mal zu schade, Donald Trump zu zitieren.) --> Der Druck verlangt nach einer alkoholischen Entspannung.

Insgesamt macht der Artikel den Eindruck, dass das Thema Alkohol nur als Aufhänger dient, um möglichst viele Agenda-Punkte des Feminismus an die Frau zu bringen.

Nebenbei schafft die Autorin es auch noch, Männer als unfähige Trottel dastehen zu lassen, wenn sie anekdotisch berichtet, wie ihre Freundinnen im Mutterschutz auf der Baby-Party mit Ihren Kollegen telefonieren, die zu unfähig sind, die Vertretung anständig zu übernehmen.

Ich frage mich, wie lange es noch dauert, bis die Ursachen für Brustkrebs auch beim Patriarchat gesucht (und gefunden) werden.


Nun ja, das Patriarchat hat Brustkrebs immer noch nicht beseitigt. Typische männliche Inkompetenz oder mörderischer Frauenhass???

Ein weiterer Leser schreibt mir:

Hallo Arne,

hier ist Jonas von Geschlallerlei. Danke für deine wertvolle und unermüdliche Arbeit! Zwei Anmerkungen zu deinen News von heute:

1. Syrien

Danke für die Verlinkung des Syrien-Artikels über die "Entmannung" des Landes. Ich stehe selbst in intensiven und vertrauensvollen Kontakt zu vielen syrischen Flüchtlingen und kann daher einiges aus eigener Erfahrung dazu berichten.

Der Hauptgrund zur Auswanderung der meisten Syrer, die ich kenne, ist die Flucht vor dem Militärdienst. Daher sind es halt auch größtenteils junge Männer, während viele Frauen, Kinder und Alte in Gebieten, die vom Regime gehalten werden, bleiben können oder nur vorübergehend innerhalb Syriens den Wohnort wechseln, um dem unmittelbaren Kampfhandlungen und den Versorgungskrisen auszuweichen. Frauen/Kinder/Alte, die in Gebieten des Regimes oder auch in Gebieten, die dauerhaft von Rebellen gehalten werden (Idlib), scheinen relativ sicher zu leben. Männer hingegen, die dem Regime nicht dienen wollen, gelten als "Vaterlandsverräter" und "Terroristen" und müssen Haft und schwere Folter befürchten. Man sollte dazu sagen, dass die syrische Aufstandsbewegung ursprünglich wesentlich aus desertierten Soldaten entstand (daher auch die Bezeichnung "Free Syrian Army" - FSA). Das betrifft insbesondere sunnitische Männer. Reichere Familien oder Familien mit Verbindungen zum Regime (also eher Alewiten) können ihre Söhne wenigstens noch loskaufen (einfach den Offizier bestechen), aber die meisten haben dieses Privileg natürlich nicht.

Da mittlerweile der größte Teil des Landes von der Koalition aus Assad, Schia-Milizen (Hisbollah/Iran) und Russland zurückerobert wurde, gibt es für die Wehrdienstverweigerer nun kaum noch sicheren Rückzugsraum innerhalb des Landes.

Dass nun das Land viele seiner Männer verloren hat, erinnert mich an die Situation in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg: Die deutschen Frauen waren ab 1918 mehr oder weniger gezwungen, selbstverantwortlich die klassischen Männerrollen einzunehmen. Wahlrecht, die Auflösung der Geschlechterrollen und "die Emanzipation" folgten. Eine ähnliche Entwicklung könnte es nun in Syrien geben. Auch der massenhafte Wehrdienstentzug war im ersten Weltkrieg übrigens ein großes "Problem" insbesondere für die Österreicher und Russen. Die Folge war das Aufspüren und Pressen von jungen Männern, wo man ihnen habhaft werden konnte und dadurch auch Korruption und Menschenhandel. (Entführte Männer wurden als eigene Söhne ausgegeben.) Eine ähnliche Stimmung dürfte heute in Syrien herrschen.

2. Özil

Ich kenne mich nun so gar nicht mit Fußball aus, aber ich kann mir vorstellen, dass an der Einschätzung der taz etwas dran ist. Das Argument des Artikels ist ja, dass vielen Fans Özil als zu weich und unmännlich gelte und dies neben seiner Vorliebe für Erdogan ein Grund für die Stimmung gegen ihn ist. Einen solchen (hypothetischen) Männlichkeitswahn nennt der taz-Autor nun Maskulinismus. Ob diese These stimmt oder nicht, will ich nicht beurteilen, denn ich habe von Fußballkultur wie gesagt keine Ahnung. Der Punkt ist aber der, dass es in dem Artikel nicht erkennbar um Männerrechtler oder Feminismuskritiker geht. In deinem Newsletter sieht es nun so aus, als wenn die taz nur mal wieder einen Grund an den Haaren herbeigezogen hat, um auf die Männerrechtsszene abzuschnoddern, was ja auch oft genug in der taz und vergleichbaren linken Medien passiert. In diesem Fall ist das jedoch nicht das Thema, daher solltest du die Argumentation der taz hier fairerweise darstellen. Was wenn die mal recht haben?

Ähnliche Fälle von einer etwas tendenziösen oder voreiligen Darstellung der Gegenseite fallen mir in deinem Blog übrigens hin und wieder mal auf. Ein bisschen mehr Vorsicht täte da gut; lass dich nicht in die Filterblase drängen, in der deine Gegner dich sehen wollen!

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