Donnerstag, Mai 04, 2017

"Was Kachelmann und Ronaldo eint" – News vom 4. Mai 2017

1. "Wird ein prominenter Mann zu Unrecht beschuldigt, muss er auch Jahre danach gegen mediale Unterstellungen ankämpfen" befindet die Basler Zeitung und nimmt für solche medialen Unterstellungen Jörg Kachelmann und Cristiano Ronaldo als Beispiele.

Dieser Tage sendete das ZDF übrigens eine dreiviertelstündige Dokumentation über den "Fall Kachelmann", die in der Mediathek des Senders abrufbar ist.



2. Die FPÖ-Frauen kritisieren das in Österreich gestartete "Frauenvolksbegehren", weil sie die Etablierung der "Genderideologie" an den Schulen befürchten. Die Presse berichtet weiter:

Als positiv bezeichnete Schimanek hingegen die Forderungen nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit und einem Mindestlohn, diese gebe es aber schon lange. (...) Schimanek: "Wichtig ist für mich, dass sich Frauen wieder unbehelligt im öffentlichen Raum aufhalten können und die Garantie, dass auch in Zukunft österreichische Frauen kein Kopftuch tragen müssen."




3. Gestern hatte ich einen Kommentar verlinkt, dessen Verfasser kritisierte, dass das Recherchebüro "Correctiv" der AfD statt mit einer Analyse auf Sachebene mit der Enthüllung zu schaden versuchte, dass eine Kandidatin dieser Partei sich für sexuelle Vergnügen habe finanziell entlohnen lassen. Diesen Fall hat heute Stefan Niggemeier auf der medienkritischen Website Übermedien aufgegriffen und schreibt unter anderem:

Worin genau der "Sexskandal" besteht, lässt sich dem Artikel nicht entnehmen. (...) Die Kandidatin, schreibt [das verantwortliche "Correctiv"-Mitglied] Schraven (...), "steht für eine Partei, die sich gegen Gleichberechtigung und gegen die Emanzipation auch von Sexarbeiterinnen einsetzt." (...) Der Correctiv-Artikel hat eine außerordentlich große Welle von Kritik von einer außerordentlich vielfältigen Zahl von Kritikern ausgelöst. Auf Twitter und Facebook und unter dem Artikel äußern viele Leser ihre Fassungslosigkeit über das Stück – darunter auch viele, die jeder Nähe zur AfD unverdächtig sind und zahlreiche Journalisten.


Ich gehöre zu diesen Kritikern bzw. Journalisten und hatte auf Facebook die folgende Frage gestellt:

Sie schreiben, [die fragliche Kandidatin] stünde "für eine Partei, die sich gegen Gleichberechtigung und gegen die Emanzipation auch von Sexarbeiterinnen einsetzt". Haben Sie für beide Behauptungen einen Beleg? Aus Ihrem Text geht lediglich hervor, dass sich die AfD gegen Gleichstellung ausspricht, aber nicht gegen Gleichberechtigung.


Es dürfte niemanden verwundern, dass ich auf diese Frage zwar elfmal "Gefällt mir", aber keine Antwort erhalten habe. (Andere Fragen wurden beantwortet, wenn auch nicht besonders gut.) Wenn die Linke sich ernsthaft mit der AfD auseinandersetzen möchte, wird es höchste Zeit, dass sie auf der Sachebene ihre Hausaufgaben macht und sich über die von ihr selbst verwendeten Begriffe klar wird, statt den politischen Gegner lediglich auf der persönlichen Ebene anzugehen. Mit letzerem ist sie zwar oft im eigenen Lager erfolgreich – man denke hier an die Attacken gegen Männerrechtler und Feminismuskritiker –, aber sobald jemand von außen kritisch nachfragt, bricht die gesamte Rhetorik zusammen.

Auf "Übermedien" heißt es abschließend:

Dass sich die AfD-Kandidatin abfällig über Prostitution geäußert hätte, behauptet aber nicht einmal Correctiv. (...) Ob sich der Ethikrat der Redaktion mit dem Thema befasst hat oder das noch tun wird, beantwortete Correctiv nicht.




4.
In den letzten Tagen hat sich ein veritabler Shitstorm gegen einen Artikel in der feministischen Philosophie-Zeitschrift "Hypatia" entladen. Er heißt "In Verteidigung des ‚Transracialism'".

Der Begriff "Transracialism" verweist analog zu "Transgenderism" darauf, dass man wie das Geschlecht auch die Rasse wechseln beziehungsweise in der falschen rassischen Gruppe geboren sein könne.

(...) Die Autorin Rebecca Tuvel argumentiert im Artikel des Anstoßes, dass es keinen Grund gebe, "Transracialism" abzulehnen, wenn man die Argumente für Transgenderismus akzeptiere, denn die seien für beide gleichermaßen gültig. Es ist nicht ganz klar, woran es liegt, dass sich daraufhin ein Online-Mob von feministischen Philosophinnen gegen Tuvel formte.


Hier geht es weiter mit der Analyse, die schließlich in folgendes Fazit mündet:

Die fanatisierten Studenten, die in der Auseinandersetzung mit Menschen außerhalb ihrer akademischen Sekten nur noch Profanitäten und Slogans brüllen können, weil sie auf maximale Intoleranz und Engstirnigkeit konditioniert wurden, sind mehr Opfer als Täter. Wie soll man auch einen klaren Kopf bewahren, wenn man buchstäblich die halbe Kindheit und Jugend in einem Betrieb verbringt, der einen mit seiner ganzen institutionellen Autorität und dem ganzen Druck sozialer Konformität auf ein kontrafaktisches Glaubenssystem drillt?

Das Sektierertum umfasst nicht den ganzen Wissenschaftsbetrieb. Aber die, die nicht dazugehören, sehen weg. Sie lassen es geschehen. Sie fragen sich nicht, was das Heranwachsen ganzer Alterskohorten von ressentimentgeladenen und dialogunfähigen Fanatikern in einer politisch zunehmend polarisierten Zeit für die Zukunft des Zusammenlebens, für den sozialen Frieden und die Aussicht auf fortgesetzten wirtschaftlichen Erfolg bedeutet. Auch die Journalisten interessiert das nicht.

Sie demonstrieren lieber gegen Trump und nennen das "March for Science".




5. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Bitte gestatten sie mir, sie auf zwei Artikel hinzuweisen.

Zum einen über das verheerende Scheitern von Hilary Clinton in der Basler Zeitung. Eigentlich nichts Neues, aber ich finde es schon bemerkenswert, dass der Artikel das größte Narrativ des Clinton-Lagers nicht erwähnt: nämlich dass es die bösen, alten, weißen Männer und Frauenhasser waren, die ihre Wahl verhinderten.

Des Weiteren auf Telepolis über die psychischen Folgen von Hartz IV. Bemerkenswert fand ich, dass die betroffenen Männer vor allem darunter leiden, dass sie die Rolle als Ernährer der Familie nicht mehr ausfüllen können. Die Frauen dagegen leider unter anderem darunter, nicht mehr genug Geld für den Erhalt der äußeren Erscheinung zu haben (Mode, Friseur etcetera).


Ein anderer Leser schreibt mir zu dem Auftritt Hartmut Wolters im SWR-Nachtcafé:

Leider funktioniert der Link auf der Genderama und auf der Gleichmaßseite zum Youtube-Video nicht mehr, weil eine Meldung erscheint, das Rechte der ARD verletzt wurden und das Video daher entfernt werden musste (andere Beiträge aus der Talk Show Nachtcafe sind aber weiterhin auf Youtube). Ich muss daher aus dem Gedächtnis schreiben. Ich habe die Sendung Nachtcafe in der Wiederholung am 29.4.17 mittags gesehen.

Der Beitrag hat mir gut gefallen, weil die ausweglose Lage, in der sich ein Vater befindet, der ein Opfer von partnerschaftlicher häuslicher Gewalt wird, sehr gut deutlich gemacht wurde. Der Einwand von dem Paartherapeuten Jung, dass er sich ja hätte von der Mutter seiner Kinder trennen können, wurde von Hartmut Wolters und von Mario Basler entkräftet, weil er ja Kinder hatte, denen gegenüber die Mutter ja ebenfalls psychisch und physisch gewalttätig war - er konnte als verantwortungsvoller Vater ja unmöglich die Kinder bei dieser Mutter lassen. Herr Wolters sagte, dass dies der gleiche nicht hilfreiche Ratschlag war, den er zu der Zeit bekommen konnte, als er als akutes Gewaltopfer Rat und Hilfe suchte. Andere Hilfe gab es nicht. Herr Jung brachte auch den Einwand, dass zu einer Gewaltausübung in einer Partnerschaft immer zwei gehören, was bei der einseitigen Machtverteilung in einer Partnerschaft mit Kindern zu Gunsten der Mutter, die ja mit der Trennung des Vaters von den Kindern drohen kann, so offensichtlich falsch war, dass darauf von Herrn Wolters nicht weiter eingegangen wurde.

Leider wurde die Sendung durch die Schlussfrage vom Paartherapeuten Jung wieder entwertet. Er fragte Herrn Wolters, was er dabei gelernt habe, und die beiden einigten sich auf die Antwort, dass er die Gewalt nicht hätte dulden dürfen. Dabei war ja zuvor erst herausgearbeitet worden, dass er unter anderem wegen der Kinder gar keine Möglichkeit hatte. Trennung war ja nicht möglich. Einige würden vielleicht zurückschlagen empfehlen, besonders wo ein gezeigtes Familienfoto ja gezeigt hat, dass er seiner Frau körperlich überlegen war, was längst nicht in allen Fällen häuslicher Gewalt gegenüber Männern der Fall ist. Nun, dann wäre er, bei der bei uns üblichen Anwendungslage des Familienrechts, mit Gewalt von seinen Kindern getrennt worden und die Kinder wären der Mutter ausgeliefert worden.


Ich selbst würde dringend vom "Zurückschlagen" abraten. Was ein von häuslicher Gewalt betroffener Mann tatsächlich tun könnte, hat einmal der Verein MANNdat herausgearbeitet. Eine einfache Lösung gibt es aber nur für neunmalkluge Außenstehende. Die Situation, in der sich ein solcher Mann befindet, ist aufgrund unserer sexistischen Gesellschaft (Männer werden ausschließlich als Täter gesehen, die Kinder bleiben nach einer Trennung oft bei der Mutter etc.) extrem vertrackt.

Ein weiterer Leser schreibt mir zu dem im Hotel gezeugten Baby, dessen Vater sich nicht ermitteln lässt:

Welch Ironie. "Informationelle Selbstbestimmung" (des Kindes) war immer einer der Gründe, warum (vermeintliche) Väter auf gar keinen Fall heimlich einen Vaterschaftstest machen durften. Da blieb oftmals dem Mann die Möglichkeit einer Klärung der Verhältnisse verwehrt, wenn die Mutter bockte. Abgesehen davon, dass der Haussegen mächtig schief hängen dürfte, wenn alles seinen offiziellen Weg gehen muss. Und nun trifft es eine Frau. Ich halte beides für falsch, denn die Klärung solcher Dinge ist für die Beteiligten (auch und insbesondere für die Kinder) von so elementarer Wichtigkeit, dass ich die Übergehung des Prinzips der informationellen Selbstbestimmung für vertretbar halte. Prinzipien sind gut, Prinzipienreiterei ist es nicht.

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