Ostdeutsche Männer fordern von Ministerin: "Integriert erst mal uns!" – News vom 27. April 2017
1. Bevor wir zur Presseschau kommen, verlinke ich erfreut auf Lucas Schoppes Offenen Brief an die Bundeszentrale für politische Bildung. Schoppe geht zunächst auf ein von der Bundeszentrale herausgegebenes Buch Michael Kimmels ein:
Kimmel spricht schulische Nachteile von Jungen an – und konzentriert sich dann auf Schulamokläufer. Er spricht die prekärer werdende berufliche Situation von Männern an – und konzentriert sich auf Amokläufer am Arbeitsplatz. Er spricht die prekäre familiäre Situation von Männern an – und konzentriert sich auf Männer, die Gewalt gegen Frauen ausüben. Er spricht die Abstiegsängste einer weißen amerikanischen Mittelklasse an – und konzentriert sich auf rassistische Nazis.
Allerdings sind diese Nazis in seinen Augen dann immer noch sympathischer als "Männerrechtler" (326) – was auch jemand absurd finden müsste, der ein Engagement für Männerrechte, was immer darunter zu verstehen ist, albern findet.
Was aber würden wir wohl von einem Wissenschaftler halten, der über die soziale Situation von Migranten schreibt – und der dabei durchgehend jedes Kapitel, wieder und wieder, auf Ausländerkriminalität und auf eine angeblich typische Gewalt von Migranten zuspitzt? Wir würden ihn mit guten Gründen nicht für einen Wissenschaftler, sondern für einen Hetzer halten.
Dass Kimmel in unserer feministischen Gesellschaft als "Männerexperte" gilt, sagt eigentlich schon alles darüber, was von dem augenblicklichen Zustand dieser Gesellschaft zu halten ist.
Schoppe schreibt weiter:
Daher möchte ich Ihnen vorschlagen, als eine solche andere Perspektive Arne Hoffmanns "Plädoyer für eine linke Männerpolitik" in Ihr Sortiment aufzunehmen. Hoffmann setzt sich in diesem Plädoyer ein für die Rechte Homosexueller und die Rechte von Migranten, er kritisiert auch feministische Positionen aus einer links-liberalen Perspektive – und er setzt sich sehr intensiv, kenntnisreich und mit unzähligen Belegen eben mit den sozialen Problemen auseinander, die Kimmel nur streift.
Ein "integraler Antisexismus" (schon S. 7) würde geschlechterbedingte Nachteile von Frauen UND von Männern bekämpfen: Diese Kernposition Hoffmanns hat in meinen Augen den großen Vorteil, dass Männer und Frauen darüber wieder miteinander politisch ins Gespräch kommen können, anstatt zunehmend wütend übereinander zu reden. Auch die Texte von Kimmel und Karsch fördern leider eher dieses Reden über die Anderen als das Gespräch mit ihnen.
Hoffmanns Text bringt damit eine Perspektive hinzu, die gerade in heutigen Geschlechterdebatten oft fehlt. Dort reden Autoren wie Kimmel ebenso ressentimentgeladen über Männer, wie manche Kommentatoren in Internet-Foren über Frauen reden. Daher, und weil es sorgfältig belegt einen großen Reichtum an weithin unbekannten Informationen enthält, ist das Buch ein wichtiger Beitrag zur politischen Bildung.
Ganz herzlichen Dank für diese Empfehlung!
Ähnlich wie der erste Kommentator unter dem Beitrag bin auch ich auf die Begründung der Absage gespannt. Dass unser "patriarchaler" Staat ein Buch herausgeben wird, das sich ernsthaft für Männer engagiert, statt sie abzuwerten, halte ich für utopisch. Trotzdem ist es natürlich sinnvoll, solche Strukturen überhaupt erst einmal sichtbar zu machen.
Und jetzt zur Presseschau:
2. Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping reist durch ihr Bundesland, um herauszufinden, warum sich dessen Männer abgehängt fühlen. "Stimmt es, dass es Sachsen besser gehen würde, wenn sich nur mal jemand die Sorgen der Männer anhört?" fragt Die Zeit:
Frau Köpping hat nichts dagegen, ihr Amt auch als das der Ministerin für zornige Männer zu begreifen. "Ich bin ja sowohl für Integration als auch für Gleichstellung zuständig", sagt sie. Und betreffe Gleichstellung nicht beide Geschlechter? Über Probleme von Frauen werde selbstverständlich gesprochen. Aber Männer? Die fielen in der Problemanalyse oft hinten runter.
Auch Männern zuhören – ein völlig neuartiges und unerprobtes Konzept in der Geschlechterpolitik. Ob es wohl eine Zukunft hat?
3. Unter der Schlagzeile Kein Geld mehr für "Gender" berichtet die FAZ, wo die Frankfurter AfD Möglichkeiten sieht, öffentliche Ausgaben einzusparen:
Etwa ein Drittel davon soll verhindern, dass Gender-Projekte wie "Infrau" (118.000 Euro im Jahr) und "Fim – Frauenrecht ist Menschenrecht" (175.000 Euro) fortgesetzt werden. Auch eine eigene Online-Beratung für Mädchen (103.860 Euro) sei ersatzlos zu streichen. Dasselbe gelte für entsprechende reine Jungen-Programme – "falls vorhanden".
4. Bei der "taz" macht man sich Sorgen, dass die Zahlen der aktuellen Kriminalstatistik auf fremdenfeindliche Gleise führen könnten. Männerfeindliche Gleise lägen doch viel näher, schließlich seien die meisten Tatverdächtigen männlich. Aber eine Männerfeindlichkeit gebe es nicht, seufzt Maike Brülls, die die letzten 200 Jahre männerfeindlicher Agitation offenbar nicht mitbekommen hat, auch wenn sie problemlos einsteigt: "Es scheint nicht zu überraschen, dass Männer kriminell und gewaltbereit sind."
Die Rhetorik der Fremdenfeinde nicht zu kontern, sondern nur für das eigene liebste Feindbild zu verwenden – sowas schafft wohl nur die "taz".
Maike Brülls führt weiter aus:
Die Zahlen können als ein Rückschluss auf das Wort mit P verstanden werden, welches erklärt, dass und wie Männer das soziale System maßgeblich prägen.
Bei "Wort mit P" kann in einer feministischen Gazette nur "Patriarchat" gemeint sein. Die Logik Maike Brülls wäre dann: "Dass ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Tatverdächtigen männlich ist, belegt, dass wir unter einer Männerherrschaft leben." Diese Logik macht aber nur Sinn, wenn man gleichzeitig behauptet: "Dass ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Tatverdächtigen ausländischer Herkunft ist, belegt, dass wir unter einer Ausländerherrschaft leben."
Nee? Macht keinen Sinn? Kriminologen behaupten sogar, es würden auch deshalb viele Zuwanderer zu Kriminellen, weil sie besonders häufig geschädigt wurden oder weil sie besonders schlechte Chancen in unserer Gesellschaft haben? Was über Männer im Analogischluss genau das Gegenteil von dem belegen würde, was Maike Brülls herbeifabuliert?
Vergesst die Logik. Es ist Feminismus. Es ist die "taz". Die, wenn es um Geschlechterfragen geht, genauso gut aufgestellt ist wie Bernd Höcke & Co., sobald von Zuwanderern die Rede ist. Die Mischung aus Ressentiment und Populismus gibt in beiden Fällen keinen gedeihlichen Boden ab.
5. Feminismus bis zum Kommunismus und noch viel weiter! fordert die Linksjugend Solid. Viele andere denken dasselbe, sagen es aber nicht so klar.
6. Der Berliner Tagesspiegel fleht die Bundeskanzlerin an:
Verdammt, Frau Merkel, sagen Sie’s einfach: Ich bin Feministin! Wir brauchen den Feminismus!
Ähnlich sieht es die Stuttgarter Zeitung und haut die geforderte Parole gleich in den Titel: "Lang lebe der Feminismus".
Übrigens verkauft jetzt Dior Shirts um 550 Euro mit einem Zitat der Autorin Chimamanda Ngozi Adichie: "WE SHOULD ALL BE FEMINISTS". Und die Modezeitschrift "Elle" urteilt: "ein Shirt, das alle Modefrauen tragen sollten". Vielleicht finden zwischen totalitärem Anspruch und kompletter Vermarktung hier Kapitalismus und Sozialismus endlich zueinander.
7. Ein Mann und eine Frau gehen miteinander ins Bett. Für ihn ist es wilder Sex, sie verklagt ihn danach wegen Vergewaltigung. Die zuständige Richterin spricht den Beschuldigten frei:
Laut der Pressesprecherin des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel war für das Urteil vor allem ausschlaggebend, dass das Opfer selbst aussagte, dass der Täter das Geschehen als einvernehmlich wahrgenommen haben könnte. "Somit konnte man nicht ausschließen, dass es sich um einen Irrtum gehandelt hat", so die Pressesprecherin gegenüber VICE. Für die Richterin und die Staatsanwaltschaft war kein Vergewaltigungsvorsatz nachweisbar.
Der auf diese Passage folgende Satz des zitierten Artikels der VICE lautet allen Ernstes:
Nur etwa acht Prozent aller Vergewaltigungen in Deutschland führen zu einer Verurteilung.
Im Weltbild der VICE-Macher liegt eine Vergewaltigung also nicht dann vor, wenn es zu einem entsprechenden Urteil gekommen ist – sondern automatisch ab Anklage. Dementsprechend empört sich VICE über dieses Urteil als einen unfassbaren Skandal.
Gottseidank gibt es als Antwort auf derartige Produkte der Qualitätsmedien inzwischen die "Kloake des Internets". Die Bloggerin Miria etwa gibt unseren Journalisten solcher Artikel gerne die offenbar dringend benötigte Nachhilfe: Was ist eigentlich dieser Rechtsstaat?
Dabei ärgern Miria vor allem die brülldämlichen Reaktionen von Leserinnen solcher feministischen Artikel – Leserinnen, die sich davon jedesmal wie auf Knopfdruck aufhetzen lassen:
Mich machen diese öffentlichen Reaktionen wütend! Wie kann es sein, dass Menschen ernsthaft der Meinung sind, da hätte ein anderes Urteil gefällt werden müssen? Wie kann es sein, dass Menschen öffentlich hier Richterin und Beteiligte beleidigen, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen? Wie kann es sein, dass genau solche Kommentare auch noch die größte Unterstützung erfahren?
Meiner Einschätzung nach liegt das daran, dass sich VICE gezielt an die dümmstmöglichen LeserInnen wendet, weil die Redaktion offenbar annimmt, dass sie die Blöden eher für sich gewinnen kann als die Nachdenklichen.
Allerdings findet man dieselbe Idiotie auch auf Spiegel-Online.
8. Im Raum Rosenheim hat die Polizei mit einer Welle von Fake News über angebliche Vergewaltigungen durch Flüchtlinge zu kämpfen.
9. Das bekannte linke US-Blog "The Daily Beast" berichtet über einen der vielen Studenten, die ihre ehemalige Uni verklagen: Notre Dame Expelled Me Because I'm Male.
In the filing, John alleges the university ignored video evidence of the "vindictive" motives of his ex-girlfriend. (John’s complaint alleges an acquaintance filmed Jane saying, "I want to fuck up [John’s] reputation; I want to make sure he never has a girlfriend ... here or anywhere ... and I want him never to be able to have a social life.") Further, John says the university allowed Jane to "cherry pick" text messages used as evidence, failed to contact witnesses supplied by John, and refused to consider the expert opinion of his therapist who, he claims, would have reported progress in John’s mental health and a complete severing of ties between him and his ex-girlfriend. (...) John’s expulsion and lawsuit is only the most recent in a growing body of complaints from students alleging their schools’ investigations have been actively anti-male and have violated Title IX, the federal law that prohibits sex discrimination in education. In 2016, at least 47 students or their representatives sued schools alleging such violations, according to a database maintained by the men’s rights advocacy group Title IX For All (previously known as Boys & Men in Education and before that, A Voice for Male Students). In 2017, the University of Miami, Cornell, the University of Texas, Clemson, and Purdue University have all faced similar lawsuits. The cases are all pending.
10. Ein Büro der US-Universität Harvard erklärt in einem Studentenführer, dass sich das Geschlecht mancher Menschen mitunter von Tag zu Tag ändere. Wer das anders sehe, sei ein Gewalttäter.
"Transphobic misinformation is a form of systemic violence," the document goes on to state. "Fixed binaries and biological essentialism, manifest in gendered language, misgendering someone, and the policing of trans bodies, threaten the lives of trans people."
11. "The Hindu" stellt den indischen Biker Ameer Shareef vor, der durch die 29 Bundesstaaten seines Landes braust, um Aufmerksamkeit für häusliche Gewalt gegen Männer zu wecken. (Anders als in der deutschen ist es in der indischen Presse durchaus üblich, über maskulistische Aktionen zu berichten, ohne zwischen den Zeilen Kotzgeräusche anzudeuten.)
12. Die Post. Einer meiner Leser freut sich über die Verlinkung des New-York-Times-Artikels, in dem eine Einschränkung der Meinungsfreiheit an Universitäten als Verteidigung der Demokratie gepriesen wird, und merkt dazu an:
Die Reaktion auf diesen Artikel scheint in den USA ziemlich lebhaft zu werden. Auch Fox News berichtet begeistert und genüsslich über diese Steilvorlage seitens der "Autoritären Linken".
In Deutschland schreibt Hadmut Danisch über den Artikel und seine personellen Hintergründe: "Die Sippe Baer und die Grundrechte". Dabei spekuliert Danisch auch darüber, warum der Holocaust als Rechtfertigung dafür verwendet wird, Menschen mit unliebsamer Meinung durch Gewalt am Reden zu hindern.
Passend dazu veröffentlichte jetzt der Psychologieprofessor Jonathan Haidt einen Artikel im Chronicle of Higher Education: Intimidation Is the New Normal on Campus:
Anyone offended by the speaker can put out a call on Facebook to bring together students and locals, including "antifa" (antifascist) and black-bloc activists who explicitly endorse the use of violence against racists and fascists. Because of flagrant "concept creep," however, almost anyone who is politically right of center can be labeled a racist or a fascist, and the promiscuous use of such labels is now part of the standard operating procedure. The call to shut down Mac Donald’s talk asserted, without evidence, that her agenda is "racist, anti-Black, capitalist, imperialist, [and] fascist." As with accusations of witchcraft in earlier centuries, once such labels are attached to someone, few will dare to challenge their accuracy, lest they be accused of the same crimes. (...) From now on, any campus speaker who arouses a protest is at risk of a beating. Can this really be the future of American higher education?
Ein anderer Leser schreibt mir:
Beim heutigen sad desk lunch bin ich über diesen Artikel gestolpert, der vielleicht auch für Genderama von Interesse sein könnte. Bei golem.de wurde er offensichtlich mit einem Zitat aus der Microsoft-Pressemitteilung überschrieben: "Es gilt, die Potenziale von Mädchen zu fördern".
Hier der Link zur originalen Microsoft-Studie. Viel braucht man eigentlich nicht dazu zu schreiben, die Studie berührt ganz sicher einige wichtige Punkte, z.B. die Problematik positiver Rollenmodelle und der Mangel an praktischer Anleitung. Allerdings liegt der Fokus natürlich ganz klar auf Mädchen:
"It’s really important that men and women think about that when they speak to girls, because often, boys are automatically encouraged in STEM-related subjects and girls are automatically discouraged."
Es wird z.B. beschrieben das über 50% der deutschen STEM-Lehrer männlich wären, so als wäre das ein Problem. Über die Gründe dafür wird scheinbar aber nicht nachgedacht. Warum ist das so? Hat das internationale Patriarchat wieder zugeschlagen? Oder vielleicht handelt es sich, zumindest zu einem Teil, um einen Ausdruck biologisch bedingter unterschiedlicher Interessen? Wenn freie Gesellschaften, und um die handelt es sich im Großen und Ganzen bei Zentral- und Nordeuropa, auch eine freie Entfaltung erlauben, warum ist dann das Interesse so gering? In allen untersuchten Ländern ist das Interesse in den "humanities" bei Mädchen und Frauen höher als STEM. Ist das ein Frage der Rollenmodelle und anderer "softer" Faktoren oder vielleicht doch der Biologie geschuldet, zumindest im statistischen Mittel? Die Frage stellt sich offensichtlich nicht einmal.
Oder vielleicht liegt es auch an der beständigen Beschreibung der weiblichen Opferrolle? Folgende Zitate legen das zumindest nahe:
"60% admitted they would feel more confident pursuing a career in STEM fields if they knew men and women were equally employed in those professions"
Ich kann nicht für alle STEM-Bereiche sprechen, aber im akademischen Bereich, speziell in Deutschland, gibt es die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, welche per definitionem keine Ungleichbehandlung qua Geschlecht erlauben.
Die folgende Aussage eines befragten Mädchen gibt vielleicht einen weiteren Hinweis:
"Sometimes when teachers explain [science] it’s not really fun, but my mum, because she knows a lot about it, she explains it more thoroughly and more interestingly"
Nun, nach meiner persönlichen Erfahrung besteht (Natur)Wissenschaft im Mittelbau aus einem Gutteil harter Arbeit, einem gerüttelt Maß Selbstausbeutung kombiniert mit Frustration und Planungsunsicherheit. Ich persönlich tendiere zur Vermutung, dass eine akkurate Beschreibung dessen, was die Arbeit in den Naturwissenschaften für den "normalen" Wissenschaftler bedeutet, noch mehr Jugendliche davon abbringen würde.
Auch wenn die Studie sich keine groben ideologischen Exkurse erlaubt, so passt meine Interpretation doch gut zum heutigen Tenor auf Genderama, nämlich: Wenn die Frauen nicht so wollen, wie sich das eine Minderheit wünscht, so muss man sie eben zwingen.
Auch wenn Jungen natürlich nicht das Thema der Studie waren, so halte ich persönlich eine weitere Feminisierung der Schule, was sich ja deutlich aus dieser Studie ergibt, nicht für zielführend.
Wie üblich herzliche Grüße aus London!
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