Vermischtes vom 2. Oktober 2016
1. Wie unter anderem die FAZ und die Zeit (aber auch Tagesspiegel, Süddeutsche etc.) berichten, sieht sich Bundesfrauenministerin Schwesig (SPD) selbst als Opfer von Sexismus. So sei sie in der Vergangenheit schon mal als "Küsten-Barbie" und als "weinerlich" bezeichnet worden.
Wenn man solche Klopper hört, wundert einen nicht mehr, dass immer mehr Menschen führende Politiker dieses Landes für der Wirklichkeit komplett entrückt halten und insbesondere die SPD keinen Stich mehr machen kann. Zunächst einmal gibt es derzeit wohl keinen Minister, der selbst durch noch extremeren Sexismus auffällt als Manuela Schwesig. Wenn sie sich vor diesem Hintergrund über Lächerlichkeiten wie "Küsten-Barbie" beschwert, wirkt sie in der Tat ausgeprochen weinerlich. Und wenn Schwesig hier Sexismus als Grund für solche Zuschreibungen unterstellt, dann tut sie damit so, als würde sie mit einem gemeineren Maßstab gemessen als männliche Politiker. Das trifft allerdings nicht zu. Donald Trump beispielsweise, um nur mal ein besonders aktuelles Beispiel zu nennen, wird ebenso aufgrund angeblich geschlechtsbedingter Eigenschaften kritisiert (er sei ein "Patriarch" und "Macho", der zum "manterrupting" neige und so weiter) wie auf der Basis von Äußerlichkeiten wie seiner oft schlecht sitzenden Frisur und sogar dem Teint seiner Haut. ("Wenn Trump Obama im Amt ablösen sollte, dann ist es wahr: Orange Is The New Black.") Schwesig hat kein Problem mit Sexismus, sondern damit, dass viele Menschen kein gutes Bild von ihr haben. Daran aber ist sie alles andere als schuldlos.
Jetzt wenden Sie vielleicht ein, man könne nicht Donald Trump mit Manuela Schwesig vergleichen! Auf der einen Seite haben wir jemanden, der billigsten Populismus verkörpert und durch eine bizarre Rhetorik offenbar komplette Unkenntnis bei zentralen Fragen zu übertünchen versucht – und auf der anderen Seite Donald Trump. Aber ich schätze mal, dass Schwesigs Selbstbild anders aussieht. Ihrer eigenen Wahrnehmung nach wird sie wohl nur deshalb angegriffen, weil sie eine Frau ist. Dabei lebt sie in einem ministeriellen Umfeld, wo sich dieser Trugschluss ausgesprochen realitätsresistent zeigt. Selbst dass Schwesigs Partei Frauen durch die Quote bevorteilt und Männer benachteiligt, ändert an Schwesigs sehr eigenem Blick auf die Wirklichkeit nichts.
In einem hat Schwesig allerdings Recht: Männer sollten sich stärker gegen Sexismus engagieren. Genderama tut das täglich. Vermutlich ist es aber nicht diese Form von Engagement, die Schwesig meint. Die Ministerin sieht nur Frauen als Opfer. Ihre Auffassung von Sexismus ist massiv sexistisch geprägt.
2. Harald Martenstein kommentiert die Debatte um Jenna Behrends:
Sexismus ist natürlich wirklich ein Problem, es gibt aber auch Sexismus gegen Männer. Niemand weiß das besser als Frau Behrends. Zum Beispiel hat sie geschrieben, man dürfe die Politik nicht „alten Männern überlassen“. Was würde passieren, wenn Frank Henkel erklären würde, Politik sei zu wichtig, um sie jungen Frauen zu überlassen?
(...) Wenn neuerdings Leuten Formulierungen vorgeworfen werden, die andere in ihrer Gegenwart verwenden, nur weil sie als Zuhörer nicht sofort protestiert haben, dann sind wir wirklich in der Hölle – nicht in der Sexismushölle, sondern in der Hölle der totalen Überwachung. Und wenn es schon Sexismus ist, wenn ein Mensch im Gespräch einen anderen Menschen, in keineswegs herabsetzenden Worten, als gutaussehend bezeichnet, dann hilft nur noch die totale Tabuisierung alles Körperlichen, wie in Saudi-Arabien.
Die Berliner Kolumnistin Nadine Kroll sieht die Dinge in der Huffington Post anders. Ihr zufolge ist es unsäglich, dass andere Frauen Behrends kritisierten, statt sich mit ihr zu solidarisieren: "Das Patriarchat reibt sich derweil zufrieden die Hände."
Frauen, die anderen Frauen ihre Erfahrungen absprechen, machen mich wütend. Es ist nicht ihre Aufgabe, zu beurteilen, wie schlimm die Vorfälle wirklich waren. Nur das Opfer - im konkreten Fall also Jenna Behrends - kann das. Und sie ist ein Opfer.
Die Täter, das sind die, die nun auf ihr herumhacken. Täter, das sind nicht nur die Männer, die sexistische Übergriffe begehen, sondern auch all die Frauen, die das nicht ernst nehmen. Wegen ihnen, nur ihnen, trauen sich viele Frauen nicht, den Mund aufzumachen, wenn ihnen so etwas wiederfährt.
Kurz: Wenn eine Frau Sexismus behauptet, hat sie automatisch Recht, und wer immer ihre Behauptung anzweifelt, ist ein "Täter".
3. "Man muss die Männer zu ihrem Glück zwingen" behauptet Christian Seidel in der "Zeit. Er fordert für Männer
die kollektive Verordnung einer Therapie. Weil sie alle glauben, dass bei ihnen alles in Ordnung sei. Das ist ja auch bei psychisch Kranken so. Sie glauben, sie wären die Normalen. Deswegen muss man sie zu ihrem Glück zwingen.
Was ist eigentlich von einem System zu halten, in dem Menschen, die eine bestimmte politische Sichtweise ums Verrecken nicht annehmen wollen, eine Zwangstherapie verordnet wird? Da Seidel sich mit dieser Polemik ohnehin schon komplett vergaloppiert hat, macht er dabei nicht halt, sondern fordert "die Einführung eines Gender-Solis", um die "gendergerechte Bildung von Kindern" zu fördern. George Orwell hätte seinen Spaß an diesem Herrn.
4. Sachsens Freie Presse berichtet über ein ominöses Männerhaus mit angeblichen Verbindungen zu den Reichsbürgern. Dem Artikel nach wurde es vom "Väternotruf" empfohlen:
Bei vaeternotruf.de sieht man die Sache gelassen. Die Anfrage der "Freien Presse" wird von einer Person beantwortet, die ihre E-Mails mit "Anton" unterschreibt. Der Hinweis zu den Dokumenten, die Männer mitbringen sollten, sei von den Machern der Seite und nicht vom Anbieter des Männerhauses angefügt worden. Die Angaben habe vaeternotruf.de von einem Internetauftritt für ein Frauenhaus im schleswig-holsteinischen Schwarzenbek übernommen. Die Kritik von Seiten der Landesfachstelle könne er deswegen nicht nachvollziehen.
Mit konkreten Informationen zum "Männerhaus Chemnitz" kann "Anton" aber nicht weiterhelfen. Ob vaeternotruf.de überprüft hat, ob das Männerhaus existiert, ob es seriös ist, lässt er auf Anfrage offen: "Das Angebot würden wir entfernen, wenn wir Kenntnis davon bekämen, dass das Angebot unseriös ist, gerne sehen wir da den Ergebnissen Ihrer Recherchen entgegen."
5. "Männer leiden mehr unter Sexismus als Frauen" erklärt die britische Parlamentarierin Ann Widdecombe.
6. "Männer müssen vom Feminismus ausgeschlossen werden, damit sich nicht mehr alles nur um sie dreht" fordert das US-amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek: "Feminism is a threat to men, and so it should be."
7. Die New York Times berichtet über islamistische Terroristinnen, die sich mit feministischer Rheotrik einem in diesem Fall tatsächlich patriarchalen Regime unterwerfen:
They are (...) far from earlier generations of non-Muslim radical women, such as those in the Red Brigades who embraced violence but often also had feminist ideals. (...) These somewhat contradictory elements suggest that the threat is coming from a more independent, feminist type of jihadist, who sees herself as acting similarly to a man, but at the same time, some in this category of women also appear to be acting on instructions from male counterparts in the Islamic State. In both cases, there is the possibility, experts say, that the Islamic State and other groups are using women to goad men into staging attacks.
(...) Proportionately, more Frenchwomen than women from any other European country have gone to Syria and Iraq. And 40 percent of the young people who have left France and are now in Syria are women, according to the French Interior Ministry. (...) These are young women who have grown up in Europe, where it is taken for granted that women can control much about their lives. The result is that their language is that of European feminists and yet, confusingly, was in the service of an ideology quite contrary to that (...). The women spoke of being stopped from achieving their goal of going to Syria as "an insult to their dignity and an insult to their autonomy" (...).
8. Die Website "Age of Shitlords" stellt eine Feministin vor, die sich in Pornos entwürdigen lässt, um das Patriarchat zu bekämpfen.
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