Freitag, März 18, 2016

Vermischtes vom 18. März 2016

1. Wahnsinn: Dem Institut der deutschen Wirtschaft zufolge gibt es gar keine Lohnlücke zwischen Frauen und Männern!

Für uns natürlich nichts Neues, aber die Lohnlückenlüge ist immer noch so allgegenwärtig, dass man sich darüber freut, wenn der FOCUS wieder einmal erklärt, warum das Unsinn ist.

Zu der Frage, ob es zukünftig jeden 19. März eines internationalen Aktionstages bedarf, um diese Pseudodiskriminierung zu bekämpfen, führt aktuell Dr. Alexander Ulfig eine Debatte auf Xing mit Henrike von Platen, der Präsidentin von Business and Professional Women (BPW) Germany.



2. Währenddessen tönt Spiegel-Online von einer weiteren angeblichen Diskriminierung, dem Gender-Pension-Gap: Frauen bekommen nicht mal halb so viel Rente wie Männer. Könnte das etwas mit den Lebensentscheidungen zu tun haben, die viele Frauen treffen, weil sie ihnen zunächst angenehmer erscheinen? Der Sexismus-Beauftragte gibt Nachhilfe.



3. Ein Berliner Student wird für seinen Kampf gegen das Binnen-I ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch!



4. Lucas Schoppe bleibt dran an der sexistischen Hilfsorganisation PLAN und fragt in einem Offenen Brief nach, warum es dort "Keine Gewalt gegen Mädchen" statt "Keine Gewalt gegen Kinder" heißt.



5. Der "Welt"-Redakteur Holger Kreitling interviewt die systemische Beraterin Dasa Szekely über die bemerkenswerte Gewohnheit von Männern, zu ihren Leidenserfahrungen zu schweigen. (Das massive Männerbashing in diesem Interview übergehe ich mal gerade.) Ein Auszug:

Holger Kreitling: Ich als Mann könnte die Problemlagen einfach leugnen. Ein bisschen Statistik bitte.

Dasa Szekely: Das ist leicht. Männer sterben im Schnitt fünf Jahre früher als Frauen, sie leiden fast doppelt so häufig unter Herzkreislauf-Erkrankungen. Unter den Dicken gibt es mehr Männer (62 Prozent) als Frauen (43 Prozent). Alkoholmissbrauch ist bei Männern bis fünfmal häufiger als bei Frauen. 61 Prozent der Raucher sind Männer. Zwei Drittel bis drei Viertel aller Suizidopfer sind Männer, und Experten gehen geht davon aus, dass etwa 80 Prozent davon zuvor eine Depression hatten. Die Zuwachsraten bei Diabetes sind unter Männern deutlich höher als bei Frauen.

Holger Kreitling: Hm. Ich ziehe es vor, zu schweigen.


Genau das ist das Problem. Insbesondere wenn dieses Schweigen institutionalisiert wird: Das gesamte "Bundesforum Männer" steckt voll mit Schweigern wie Kreitling. Politiker wie Volker Beck werfen Männern, die das Schweigen brechen, ein "Imitieren der Frauenbewegung" und "Opferkonkurrenz" vor. Und weil Männerrechtler partout nicht schweigen wollen, wird ihnen in Kampfschriften von Leuten wie Andreas Kemper und Hinrich Rosenbrock das Vertreten einer "männlichen Opferideologie" vorgeworfen, und es wird argumentiert, dass dies mit der Opferideologie von Rechtsextremen gleichzusetzen sei. Ein Thomas Gesterkamp findet, dass man um die nicht mehr schweigenden Männer einen "cordon sanitaire" ziehen müsse. Fresse halten oder die Fresse gestopft bekommen – Sie haben die Wahl.

Was sagt Dasa Szekely zu diesem Schweigegebot, das Männer anderen Männern auferlegen wollen?

Das Schweigen der Männer heißt ja: Verdrängen, Vermeiden, keine Verantwortung für sich selbst übernehmen – "Nee, ich habe kein Problem, ich kriege den Job noch hin." Das ist unreflektiertes, unreifes Verhalten. Reden lernen, eine Sprache finden – da brauchen Männer mehr Übung. (...) Fangt an zu reden, stellt euch den Problemen. Gebt ehrliche Antworten auf die Frage, wie es euch geht.


Und haltet es aus, wenn ihr dafür als rechtsextrem und frauenfeindlich gebrandmarkt werdet.



6. Nach Ansicht vieler hätte auch ein US-amerikanischer Sheriff besser schweigen sollen. Er sorgte für große Empörung, nachdem er seine beruflichen Erfahrungen schilderte:

"Because the majority of our rapes, not to say that we don't have rapes, we do, but the majority of our rapes that are called in, are actually consensual sex."


Nach dem obligatorischen Shitstorm sah sich der Sheriff zu einer wortreichen Entschuldigung und "Klarstellung" veranlasst, die diese Behauptung zwar nicht zurücknimmt, aber verdeutlicht, dass es ihm sehr, sehr Leid tut, darüber gesprochen zu haben.

Ich habe in den letzten Jahren immer wieder über solche Statements von Ermittlungsbeamten berichtet – beispielsweise eines britischen Polizisten, der unter dem Pseudonym "Inspector Gadget" ein Blog betreibt und dort am 18. Mai 2011 feststellte (meine Übersetzung):

"Als noch im Dienst befindlicher Polizist gibt es mehrere Dinge, über die ich nicht sprechen darf. Ich spreche von Tabuthemen. Die 'Aufdeckungsrate' von Vergewaltigungen gehört dazu. Es ist sehr frustrierend, dazusitzen und zuzuhören, wenn Experten über die niedrige Quote von Verurteilungen bei Vergewaltigungsverfahren sprechen, wenn wir alle wissen, was sich hinter diesen armseligen Zahlen verbirgt. Zum Beispiel könnte ich Sie nicht darüber informieren, dass von zehn Vergewaltigungen, die unserer Dienststelle gemeldet werden, sich mindestens acht als Unfug herausstellen. Um fair zu sein, acht von zehn Irgendwas, die unserer Polizeidienststelle gemeldet werden, sind Unfug – warum sollte es mit Vergewaltigung anders sein?"


(Das zitierte Blog steht leider nicht mehr online; man findet das Originalzitat aber noch bei britischen Männerrechtlern wie "Angry Harry".)

Die Entrüstung gegen mich schwappte damals sogar bis hinein in einen mich verdammenden Artikel der Radikalfeministin Ilse Lenz in der "taz". Ich habe mich allerdings nie dafür entschuldigt, Ermittlungsbeamten mit diesen und anderen Äußerungen zitiert zu haben und habe das auch nicht vor. Falschbeschuldigungen haben echte Opfer. Über ihre Häufigkeit muss man sprechen dürfen.



7. Amnesty International meldet das Neueste aus Nigeria: Dort bleibt das Massaker an 640 Jungen und Männern durch die Terrorgruppe Boko Haram zwei Jahre später unbestraft. Dabei sind diese Opfer vermutlich nur die Spitze des Eisbergs:

In June 2015 Amnesty published extensive evidence of war crimes and possible crimes against humanity committed by the Nigerian military. The report found that the military extra-judicially executed at least 1,200 men and boys, and almost certainly many more, between 2012 and 2014. A further 7,000 detainees died in military detention as a result of starvation thirst, disease, torture and a lack of medical attention.


Anders als anlässlich der Entführungen von Mädchen in Nigeria gab es keine internationale von den Leitmedien und Prominenten getragene Kampagne, um auf dieses tausendfache Niedermetzeln von Jungen und Männern aufmerksam zu machen. Auch hier wird weltweit lieber geschwiegen.



8. Off-topic: Haben Helfer in Idomeni wirklich das Leben von Flüchtlingen riskiert?

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