Leserbrief (ungenutzter "Frauen-Security-Point" in Köln)
Einer meiner Kölner Leser mailt mir heute:
Lieber Herr Hoffmann,
haben Sie auch gelesen, wie viele Opfer sexueller Gewalt den mit großem Medienecho eingerichteten "Frauen-Security-Point" Rosenmontag in Köln aufgesucht haben? 100? 1.000? Mehr? Nun: Kein einziges. Steht im Kölner Stadt-Anzeiger, Abschnitt "Stadt Köln".
Und was passiert? Die Gleichstellungsbeauftragte Christine Kronenberg ist nicht etwa glücklich, dass von den 100.000den Besuchern des Rosenmontagszugs keine einzige Frau das Gefühl hatte, sich über sexuelle Gewalt aufklären lassen zu müssen oder gar so bedrängt wurde, dass sie zur Polizei begleitet werden musste. Nein: Die Dame wird mit den Worten zitiert, dass ihr alles "zu öffentlich" war.
Der Kölner Stadt-Anzeiger schreibt am Freitag, den 5.2., einen Tag nach Weiberfastnacht: "Keine Frau ist bis zum frühen Abend hergekommen. Kronenberg ist das alles 'zu öffentlich'. Viele Mädchen und junge Frauen seien aus Angst weggeblieben. 'Um sie tut es mir leid.‘ Der Sexismus sei allgegenwärtig: ‚Der Geist ist aus der Flasche. Es gilt, über ihn zu reden.‘" (Dieser Artikel mit dem Titel: "Brutal war nur der Regen" ist online leider nicht verfügbar.)
Nun kann es durchaus sein, dass Frau Kronenberg mit "zu öffentlich" die Belagerung durch TV-Kameras an Weiberfastnacht meinte - einige Medien waren ja ausgesprochen scharf drauf, die vorweggenommenen männlichen Untaten endlich auch live "dokumentieren" zu können. Nachvollziehbar, wer da einer traumatisierenden Erfahrung nicht auch noch einen Spießrutenlauf anfügen möchte. Ob Kameras aber tatsächlich rund um die Uhr präsent waren, kann ich natürlich nicht beurteilen, kann mir aber gut vorstellen, dass die Betreuerinnen die TV-Teams irgendwann eingenordet haben. Spätestens, nachdem sich ein paar Stunden kein Opfer blicken gelassen hat.
Fakt ist jedoch offenbar (siehe oben), dass sich auch später offenbar keine Betroffene für den "Frauen-Security-Point" interessiert hat.
Natürlich hat auch die massive Polizeipräsenz dazu beigetragen, dass unter’m Strich nur wenig passiert ist. Trotzdem frage ich mich, ob man da als smarter Journalist nicht hätte nachfragen müssen. Wenn sich niemand im Security Point gemeldet hat: Woher weiß die Gleichstellungsbeauftragte dann, dass es trotzdem Opfer gab? Der Stadtanzeiger fand offenbar nicht den Mut zum Nachhaken.
Obwohl ich die Idee dieses Security Points eigentlich ganz gut fand, da sich praktisch alle Frauen, die ich kenne, im Vorfeld der Karnevalstage unwohl gefühlt haben, scheint mir hier doch eher die übliche, vernagelte feministische Ideologie am Werk: Da alle Männer potentielle Vergewaltiger sind und zu Fastelovend unbestreitbar auch Männer unterwegs waren (sogar an Weiberfastnacht!), MUSS es ja zwingend Vergewaltigungen und Begrabschereien gegeben haben.
Wenn die dann niemand im Frauen-Security-Point anzeigt, kann einen das schon ins Grübeln bringen. Allerdings in diesem Falle offenbar nicht über die eigene Einstellung oder das eigene Frauenbild, sondern über die böse Öffentlichkeit, die Anzeigen verhindert. Die Rape Culture muss es also wieder mal richten.
Eine weitere Frage ist vielleicht noch interessanter: Was wäre wohl passiert, wenn der Security-Container an einem weniger sichtbaren Ort aufgestellt worden wäre? Dann hätte es garantiert geheißen, dass die ganzen armen Frauen ihn nicht gefunden hätten, weswegen er das nächste Mal unbedingt öffentlicher positioniert werden müsste - am besten vor dem Dom (wo er dieses Jahr stand).
Noch am 3.2. war im Kölner Stadt-Anzeiger übrigens zu lesen, dass der Container "unübersehbar" aufgestellt worden wäre - und dem Artikel war nicht eben der Eindruck zu entnehmen, dass Frau Kronenberg das so nicht recht gewesen wäre.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde Anlaufpunkte für Frauen gut und richtig! Natürlich könnte man sich auch direkt an die Polizei wenden (wie wir Kerle das im Falle des Falles müssen), aber den Frauen gibt das ein gutes Gefühl, das ist aus meiner Sicht in Ordnung.
Ich finde aber auch gut, dass die weiblichen Karnevalsbesucher in ihrer großen Mehrheit offenbar nicht so "mimimi" sind, wie das feministische Weltbild ihnen vorschreibt - und dummen Anmachen einfach mit einem passenden Spruch begegnen. Ich bin auch nicht schadenfroh und glaube durchaus auch, dass es Übergriffe gegeben hat, aber diese Deutung, ein öffentlicher Anlaufpunkt sei "zu öffentlich", die ist mir dann doch zu schräg. Ich hege die Hoffnung, dass auch vielen Frauen die sexistische, männerfeindliche Dauerberieselung der vergangenen Wochen einfach zu viel geworden ist.
In gewisser Weise bin ich denn auch froh, dass endlich Aschermittwoch ist. Im Vorfeld haben die Medien das Gewaltthema derart breit gefahren, dass man schon den Eindruck bekommen konnte, dass da keine fröhlichen Feiertage, sondern der Einfall notgeiler Zombiehorden bevorsteht. Es war fast nur noch von Polizeipräsenz die Rede und wie man sexuelle Übergriffe verhindern könne.
Ävver: Et hätt mol wigger jood jejange.
Schöne Grüße aus Köln!
P.S.: Falls Sie das in Ihrem Blog bringen möchten: Gerne. Aber bitte, bitte auf keinen Fall meinen Namen erwähnen. Ich will in Köln noch was werden. Sorry.
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