Samstag, August 28, 2021

AfD klagt gegen Gendern in Rechts- und Verwaltungssprache – News vom 28. August 2021

1. Der NDR berichtet:

Der Landesvorstand der AfD Niedersachsen habe beschlossen, die Legitimation des Genderns klären zu lassen, teilte AfD-Landeschef Jens Kestner am Freitag mit. Man unterstütze daher die klagende AfD-Kreistagsfraktion in Goslar. Eine entsprechende Klage gegen den Landkreis Goslar liegt dem Verwaltungsgericht Braunschweig nach Angaben eines Sprechers bereits vor.

Kestner beklagt einen Flickenteppich in der Rechts- und Verwaltungssprache. Das Gesetz zur Förderung der Gleichstellung der Frau in der Rechts- und Verwaltungssprache von 1989 wird aus seiner Sicht "ausgehebelt und eigenmächtig durch eine sogenannte Gendersprache ersetzt". Ziel der Klage sei es, "die Zuständigkeit des Landtags wieder herstellen zu lassen, um eine einheitliche Rechts- und Verwaltungssprache in ganz Niedersachsen zu gewährleisten", so Kestner.




2. Bei den Grünen hat währenddessen Robert Habeck immer noch damit zu tun, hinter seiner Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock her zu räumen. Aktuell bezog er Stellung zu ihrer umstrittenen Forderung, die deutschen Gesetze durchzugendern:

"Eine Regierung hat immer die Möglichkeit, ihre Gesetze so zu formulieren, wie sie es für richtig hält. Das ist ja der Sinn von Wahlen", erzählt der Politiker im Gespräch mit Ex-Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert. "Deswegen ist das Bohei darum ein bisschen albern." Doch Habeck ärgert sich. In der Diskussion werde "aus einer Mücke ein Elefant gemacht", sagt der Co-Chef der Grünen im Podcast, räumt aber auch ein: eine Mücke, die existiere. Entscheidend sei aber, was in den Gesetzen stehe und nicht, wie die Formulierung sei, betont Habeck. "Es ist nicht das Haupt-Grüne Wahlanliegen, Gesetze zu gendern."




3.
Ein Foto, das den Innenraum eines Flugzeuges zeigt, mit dem Hunderte Menschen aus Afghanistan evakuiert wurden, geht durch das Internet. "Wieder nur Männer"-Rufe werden jetzt laut.


Die Faktenchecker-Seite Mimikama hat sich diesen Fall genauer angeschaut:

In Postings auf Social Media-Plattformen soll nun mit diesem Foto gezeigt werden, dass es sich bei den Flüchtenden nur um Männer handeln soll. Doch das ist falsch. Das Foto wurde für diese Beiträge beschnitten, um nicht zu sagen "manipulativ beschnitten", da gerade im unteren Teil des Fotos, der weggeschnitten wurde, Frauen und Kinder unschwer zu erkennen sind.


Jetzt würde mich doch interessieren, wer das irreführend zurechtgeschnittene Foto ursprünglich verbreitet hat: männerfeindliche Feministinnen oder fremdenfeindliche Rechtsradikale? Und wie irritierend ist es eigentlich, dass beide Gruppen gleichermaßen infrage kommen, obwohl die eine medial gefeiert und die andere medial geächtet wird?



4. "Wenn wir Frauen uns einig wären, wäre Feminismus kein Thema mehr", findet Alice Schwarzer.

Wenn wir Männer uns einig wären auch.



5. Auch Genderama-Lesern kann er nützlich sein, bevor sie sich versehtnlich für die falsche Partei entscheiden: der feministische Wahl-O-Mat. Über die einzelnen Thesen darin, kann man sich allerdings ärgern. Beispielsweise Nr. 20:

"Frauen sollen einen Rechtsanspruch auf Beratung und Schutz vor Gewalt haben. Sie sollen einen flächendeckenden und besseren Zugang zu Schutzeinrichtungen und leicht zugänglichen Unterstützungsangeboten bekommen."

Warum um alles in der Welt nur Frauen? Wie kann man solche Thesen als feministisch verkaufen und gleichzeitig mit ernstem Gesicht behaupten, der Feminismus wäre auch für Männer toll?

Der Auswertung des Wahl-O-Maten zufolge stehe ich übrigens der FDP am nächsten. Dazu musste ich nur sämtliche sexistischen Formulierungen konsequent zurückweisen.



6. Ich habe mich immer schon gefragt, warum der Zorn von Feministinnen als gerechter Zorn gilt und als Hinweis darauf, wie stark Frauen in unserer Gesellschaft gequält würden, während die Wut von Männerrechtlern in sexistischen Reißern wie diesem dazu benutzt wird, die Maskulisten als gefährliche Wüteriche abzuwerten. Ein Trick hierbei besteht auch darin, dass die feministische Wut als "links" und die maskulistische Wut als "rechts" phantasiert wird. Dazu führt der linke Sachbuchautor Bernd Stegemann folgendes aus:

Die rechte Wut wird nicht als Ausdruck sozialer Probleme ernst genommen, sondern soll vor allem eine Gefahr für linke Identitäten sein. Rechte Wut wird zum individuellen Charakterfehler erklärt, während linksidentitäre Wut Ausdruck der falschen Verhältnisse ist. Mit diesem doppelten Standard werden permanent neue Konflikte produziert. Denn es werden nicht nur alle nicht-linksidentitären Wutkollektive provoziert, sondern es wird ebenso der Universalismus und Gleichheitsanspruch der bürgerlichen Milieus bekämpft.

Um in diesem Wechselspiel Sieger zu bleiben, wendet die linke Identitätspolitik ihre Paradoxien immer radikaler an. Jeder Versuch, auch die rechte Wut als Teil des politischen Spektrums zu verstehen, wird kategorisch abgelehnt. Wer die "Sorgen der Bürger" ernst nehmen will, macht sich in ihren Augen bereits verdächtig.

Der einfache Grund, warum linke Identitätspolitik ihre doppelten Standards so vehement durchsetzen will, besteht in ihrem politischen Machtanspruch. Würde die Wut der "weißen Menschen" nicht als Beweis ihrer Schuld angesehen, sondern als verstehbares Aufbegehren anerkannt, bräche das Fundament linker Identitätspolitik zusammen. Ihre doppelten Standards sind das Betriebsgeheimnis ihres Erfolgs. In jedem einzelnen ihrer Argumente finden sie sich wieder.

Darum droht die größte Gefahr für sie inzwischen nicht von der Seite der rechten Wut, sondern von der Seite, die ihren strategischen Einsatz der Doppelstandards öffentlich kritisiert. Die Wut linker Identitätspolitik richtet sich immer stärker gegen die neutrale Position des Universalismus. Die raffinierteste Abwehr besteht darin, den Universalismus zum Partikularismus der "weißen Menschen" zu erklären.

Bei dem Projekt der woken Wutkultur geht es nicht um einen Plan, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, sondern es geht um die Lust an der inflationären Empörung. Wer sich gekränkt fühlt und es schafft, seiner individuellen Kränkung eine allgemeine Gültigkeit zu geben, ist nicht nur berechtigt, seine Wut öffentlich auszuleben, er wird dafür sogar noch belohnt.

Gelten die Affekte der Rache ansonsten als bedenkliche Zeichen von Zivilisationsverlust, so ist die wütende Stimme, die aus einer Opferperspektive nach Vergeltung ruft, ein anerkannter Beitrag zur Öffentlichkeit. Jedes Medium, das im Markt der Aufmerksamkeit mithalten will, braucht inzwischen mindestens eine wütende Opferstimme unter seinen Beiträgern.

Dass die Behauptung, eine marginalisierte und darum übersehene Opferposition zu bekleiden, spätestens in dem Moment zur Lüge wird, wo sie regelmäßig in einem überregionalen Medium erscheint und vielfältigen Zuspruch erhält, wird ausgeblendet. Getreu der alten Lehre zum Machterhalt befolgen die Verwalter der Opfer-Wut den Ratschlag: Wenn du herrschen willst, musst du es im Gewand des Dieners tun.

So hat der öffentliche Wettbewerb zwischen rechter und links-woker Identitätspolitik einen klaren Sieger. Und damit findet die paradoxe Methode der linken Identitätspolitik ihre abschließende Formel. Solange sie es schafft, genügend Nachschub an Empörung zu generieren, und solange ihre Wut als legitimer Ausdruck der Unterdrückten erscheint, solange behält sie die Macht über die Regeln der öffentlichen Kommunikation.


Womit euch erklärt wäre, warum auf Twitter Scharen von Feministinnen vor Empörung selbst über Trivialitäten wie dass Dieter Hallervorden die Gendersprache nicht mag geradezu ausrasten, obwohl die Gleichberechtigung der Frau schon vor Jahrzehnten erreicht worden ist. Die Wut auch über Kleinigkeiten muss gigantisch bleiben, damit sie wichtige Anliegen anderer Menschen weiterhin übertönt.



7. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir zu der Sexismus-Debatte um die Münchner Julia-Statue:

Wie würden die sich erst aufregen, wenn jemand von denen Shakespeare gelesen hätte? Dann könnten sie den Brauch des Streichelns der Brust einer 13-jährigen nämlich als verkappten Kindesmissbrauch anprangern. (Gibt es gibt sogar ein Gesetz, das entsprechende Darstellungen verbiet?)

Und und ich wüsste zu gern, ob die dann zum Ausgleich für die Julia-Statue die Aufstellung der Bronze-Darstellung eines minderjährigen Knaben fordern würden?!?


Mehr Post. Zu den Ansinnen des Auswärtigen Amtes, männliche Mitarbeiter umzuerziehen, schreibt mir Kevin Fuchs:

Bezüglich der Gleichstellungsbeauftragten des Auswärtigen Amtes kann ich den Männern auch eine Verhaltensempfehlung geben:

Den Auftrag und die Legitimation der Gleichstellungsbeauftragten definiert das Bundesgleichstellungsesetz. Demnach können nur Frauen die Beauftragte wählen und nur Frauen können gewählt werden. Das wissen viele nicht.

Hier nun mein Rat an die Männer: Ignorieren Sie alles, was die Gleichstellungsbeauftragte verkündet. Sie verfügt über kein Mandat, Ihre Interessen zu vertreten. Sie verfügt auch über kein Mandat, irgendwelche Forderungen an Sie zu richten. Die Beauftragte ist eine biologische Frau, die für andere biologische Frauen Frauensachen machen darf - sonst nichts.

Das Ganze zeigt leider mal wieder, wie reaktionär der Gleichstellungsbetrieb ist und wie viele altbackene Vorurteile dort kultiviert werden. Die Mehrheit aller Männer und Frauen ist heute schon viel weiter. Ist das noch progressiv oder kann das weg? Ich meine - es kann weg.


Noch mehr Post. Ein weiterer Leser schreibt mir:

Seit einiger Zeit habe ich den Eindruck, dass weniger Stellen im Rahmen des Professorinnenprogramms ausgeschrieben sind. Ich frage mich, ob das daran liegt, dass die Mittel verbraten sind, oder man sich den Hinweis auf die Förderung der Diskretion halber verkneift, da an dem Ganzen ein gewisses rechtliches Geschmäckle ist. Gegen letztere Annahme spricht diese Ausschreibung der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. Darin heißt es:

"Da die Stelle aus Mitteln des Professorinnenprogramm III finanziert wird, richtet sich die Ausschreibung ausschließlich an weibliche Bewerberinnen."

Den Genderstern in "Schwerbehinderte Bewerber*innen" weiter unten hat man wohl zu entfernen vergessen, und der Hinweis, man begrüße alle Bewerbungen "unabhängig von Nationalität, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion/Weltanschauung, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung und Identität" ist etwas unklar - was ist unter sexueller Identität zu verstehen? Das, was man früher Geschlecht nannte? -, aber dass eine Stelle im Rahmen des Professorinnenprogramms ausdrücklich nur für Frauen ausgeschrieben wird, habe ich noch nie gesehen. Soll man sich nun darüber freuen, dass männlichen Interessenten wenigstens reiner Wein eingeschenkt wird? Oder ist es ein Hinweis, dass man sich keinen Zwang mehr antun muss? Ich fürchte Letzteres. Man fühlt sich beim Diskriminieren inzwischen anscheinend so sicher, dass man es in aller Offenheit betreiben und sich die verdrucksten Formulierungen sparen kann. Natürlich nur, solange es gegen Männer geht.




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