Empörte Attacken auf Berliner Sexroboter-Bordell
1. Vergangene Woche habe ich Laura Bates neues Buch "The New Age of Sexism" gelesen, in dem es darum geht, wie die neuesten Technologien Frauen schaden können. Der Grund: Ich arbeite gerade an einem neuen Roman, in dem Sexroboter vorkommen, und habe letzten Herbst ein Buch über Deepfake-Pornos herausgebracht; beides kommt auch bei Laura Bates vor.
Natürlich lese ich feministische Veröffentlichungen nie naiv, zumal Laura Bates vor ein paar Jahren ein Buch über die angeblich ach so schlimmen Männer im Internet, einschließlich der bösen Männerrechtler herausgebracht hat, das vom Aufbau her die Vorlage für die Kampfschrift eines Berliner "Exzellenzclusters" gegen uns gewesen sein könnte. Auch in Laura Bates neuestem Buch stolperte ich schon auf den ersten Seiten über eine Behauptung, die mir wild erscheint: dass man in einem Berliner Sexroboter-Bordell auch ein Modell auswählen könnte, das blutüberströmt und mit zerfetzter Kleidung sei. Ich hatte davon bei meiner eigenen Recherche zu diesem Bordell noch nie gelesen und erzählte es einem Freund kopfschüttelnd als Beispiel dafür, dass Feministinnen in ihren Veröffentlichungen immer ein paar Tacken übertreiben müssen, um zu zeigen, wie schlimm Männer angeblich seien.
(Generell musste ich feststellen, dass Bates so abwertend über Männer schreibt, wie sie es, wenn die Rollen umgekehrt wären, in ihrem Buch über die "Manosphäre" entrüstet und wortreich skandalisiert hätte.)
Vor ein paar Tagen durfte ich dann feststellen, dass andere Feministinnen das Buch von Laura Bates wesentlich unkritischer und leichtgläubiger gelesen haben, denn prompt gibt es jetzt einen aggressiven Shitstorm gegen das Berliner Sexroboter-Bordell, über den die taz berichtet. Ein Auszug aus dem ausführlichen Artikel:
Die Aktivistin Laura Bates berichtet, sie habe im Cybrothel eine Puppe mit zerrissener Kleidung angefragt. Diese sei ihr zur Verfügung gestellt worden – ohne Rückfrage. Die ihr zugewiesene Puppe habe zudem eine zerrissene Schamlippe gehabt. Ihr Vorwurf: Das Cybrothel ermögliche es Männern, gewalttätige oder erniedrigende Fantasien unter dem Deckmantel der sexuellen Erkundung auszuleben.
Das Cybrothel weist die Vorwürfe zurück. "Gewaltfantasien sind hier nicht erlaubt, es handelt sich keineswegs um einen rechtsfreien Raum", sagt Cybrothel-Gründer Fussenegger der taz. Dafür genüge ein Blick auf die Website: In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist festgelegt, dass die Puppen sorgfältig zu behandeln sind. Bei Verstößen drohen Hausverbote, Geldstrafen oder strafrechtliche Konsequenzen.
In vier Jahren habe es nur einen Gewaltvorfall gegeben, so Fussenegger – dieser sei vom Cybrothel selbst zur Anzeige gebracht und der Kunde gerichtlich verurteilt worden. In einem offiziellen Statement heißt es: "Wir sehen unsere Verantwortung darin, einen geschützten Raum für bewusste, spielerische und respektvolle sexuelle Selbsterfahrung zu bieten – im Rahmen klarer Regeln und rechtlicher wie ethischer Prinzipien."
Fussenegger sagt, er gehe davon aus, dass Bates bei ihrem Besuch im Januar 2024 eine Puppe mit zerrissenem Shirt und Strumpfhose erhalten habe. Bestätigen kann er es nicht, aus den Buchungsunterlagen ließe es sich nicht mehr rekonstruieren.
Lene König, ehemalige Aufsichtsrätin bei der Weiberwirtschaft eG, die das Cybrothel aus feministischer Sicht zu ethischen Fragen berät, erklärt: "Ihre Anfrage wurde als ästhetisch-modische Präferenz oder Fetisch gewertet." Jeder Fetisch sei erlaubt, solange er nicht gegen das Gesetz verstößt, minderjährige Darstellungen oder Gewalt verherrliche. "Hätte sie zusätzlich Wunden angefragt, wäre der Wunsch nicht erfüllt worden", versichert sie.
Laura Bates behauptet zudem, dass man im Cybrothel blutüberströmte Puppen anfragen könne. "Das war nie in unserem Angebot", entgegnet Fussenegger. Sie beziehe sich vermutlich auf die Puppe "Luna", die im Rollenspiel eine Vampirin darstelle, die Männer überfällt und aussaugt. Für ein Halloween-Special sei sie mit Kunstblut im Mund fotografiert worden. "Ich sehe das aus künstlerischer Sicht und bin davon ausgegangen, dass es klar wäre, dass es nicht ihr eigenes Blut ist", sagt Fussenegger. Den Vorwurf einer verletzten Schamlippe weist er zurück. Beschädigte Puppen würden sofort ersetzt, so der Gründer.
Anfang der Woche griffen TikTok- Influencer*innen die Kritik am Cybrothel auf, es folgte ein Shitstorm. Die Vorwürfe: Das Puppenbordell verherrliche Gewalt, sei ein "rechtsfreier Raum" und ein "Bordell für Gewaltfantasien". Kritiker*innen befürchten, dass dies die Hemmschwelle senke, Gewaltfantasien dann auch im echten Leben auszuüben. Eine Petition mit inzwischen fast 10.000 Unterschriften fordert die Schließung. Die Petitions-Initiatorin wollte sich gegenüber der taz nicht zu ihren Beweggründen äußern.
Ich verstehe wirklich nicht, warum erwachsene Menschen sofort jede Behauptung für bare Münze nehmen, die in irgendeinem feministischen Pamphlet aufgestellt wird. In diesem Fall ist das besonders irre, da das Berliner Bordell selbst ein feministisches Projekt darstellt:
Das Aussehen der Puppen sei eines der zentralen Themen, das intensiv im feministischen Berater*innenkreis des Cybrothel diskutiert werde, berichtet König. (…) Auch Fussenegger betont: "Es ist völlig legitim, unser Konzept kritisch zu sehen." Viele Aspekte könnten missverständlich oder problematisch wirken – er nehme das sehr ernst und arbeite daran. "Aber das muss diskutiert werden." Der aktuelle Shitstorm sei keine Diskussion, sondern ein Sturm aus Desinformation: "Aussagen werden aus dem Zusammenhang gerissen und verzerrt, falsche Behauptungen aufgestellt und auf TikTok ungeprüft weiterverbreitet, um gezielt Skandale zu konstruieren."
(…) Fussenegger kritisiert auch, dass Laura Bates das Cybrothel nicht um eine Stellungnahme gebeten habe. Dieser Sturm "untergräbt die feministische Mission. Wir kämpfen auf der gleichen Seite und haben dasselbe Ziel. Wir haben nur unterschiedliche Ansätze, wie wir diesen Kampf gestalten."
Nun ja, Laura Bates stellt aus denselben Gründen bestimmte Dinge möglichst reißerisch dar, die Boulevardblätter dafür haben: Es jagt die Verkaufszahlen in die Höhe. Bates ist mit dieser Masche zur Bestseller-Autorin geworden und wird vielfach von Leitmedien wie aktuell etwa CNN als "Expertin" interviewt, während echte Experten, die weniger auf die Kacke hauen, vernachlässigt bleiben. Damit erreicht sie auch ideologisch, was sie möchte, was einer der Kommentare unter dem "taz"-Artikel veranschaulicht:
Meine Achtung für das männliche Geschlecht sinkt mehr und mehr. Es ist gruselig, wirklich gruselig.
Ja, genau zu diesem sexistischen Hass sollst du aufgehetzt werden.
Immerhin gab es auch sachliche Kommentare wie diesen:
Der verlinkte Artikel vom April dieses Jahres hier in taz beleuchtet das Konzept noch mal differenzierter (es gab da den Shitstorm noch nicht) und streift auch den Aspekt von Frauen, die männliche Roboter suchen. Das Thema ist ja nun wirklich interessant, unter anderem für Kranke und Behinderte, die z.B. in den Niederlanden so etwas wie menschliche "Sexualbegleitung" erhalten können. Aber auch solche Peronengruppen haben ein Recht auf Sexualität, genau wie der alte Opa und die Oma nebenan. Dass Buch der Britin und der Shitstorm auf TikTok scheint mir aufgebauscht. Morgen ist diese Karawane auch wieder woanders.
Es gibt inzwischen wirklich interessante und anspruchsvolle Literatur, die sich mit moralischen Fragen im Zusammenhang mit Sexrobotern beschäftigt (siehe etwa hier und hier). Bücher wie das von Laura Bates kann man dazu zwar auch lesen. Es muss einem aber klar sein, dass sie – wie viele feministische Autorinnen – bei ihren Darstellungen gehörig überzieht.
2. 3. Die "Welt" berichtet:
Diversität, Inklusion, Gender und Wokeness: Nach Ansicht von Potsdams Uni-Präsident Oliver Günther entsteht in der Bevölkerung das falsche Bild, Unis würden nur noch zu diesen Themen forschen. Er mahnt seine Kollegen, weniger für den Elfenbeinturm und mehr für Nicht-Akademiker zu forschen.
Hier geht es weiter.
3. Unter der Überschrift "Die vergessenen Helden" stellt der SPIEGEL männliche Zuwanderer vor, die sich als Helfer und Retter bei Anschlägen verdient gemacht haben. Das ist grundsätzlich natürlich aller Ehren wert, erst recht in Zeiten rechtsextremer Stimmungsmache. Allerdings übergeht der SPIEGEL völlig, dass es sich in allen Fällem um Männer handelt. Man käme in der Redaktion nie auf die Idee, einen ähnlichen Artikel zu veröffentlichen, um auch der Stimmungsmache gegen Männer zu begegnen. Die bei vielen Männern vertretene Bereitschaft, das eigene Leben zu riskieren, um andere zu schützen, bleibt in der feministischen Geschlechterdebatte konsequent unerwähnt.
Das Fazit des SPIEGEL-Artikels funktioniert jedoch auch, wenn man den Faktor Migration streicht:
"Hilf, aber bring dich nicht in Gefahr." So lautet die erste Regel einer Initiative der Polizei für mehr Zivilcourage, die Ratschläge gibt für den Umgang mit gefährlichen Situationen. Man solle sich zwar einmischen, aber auch räumliche Distanz zum Täter wahren. Was man auch oft hört als Maxime für brenzlige Lagen: Bloß nicht den Helden geben. Daran haben sich diese vier Männer nicht gehalten. (…) Zum Glück nicht.
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