Mann auf Platz eins: Annalena Baerbock kritisiert Grünen-Liste im Saarland – News vom 22. Juni 2021
1. Spiegel-Online sowie mehrere andere Medien berichten auf der Grundlage einer Agenturmeldung:
Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat deutliche Kritik an der Aufstellung der Bundestagskandidaten ihrer Partei im Saarland geübt. Nach der Wahl des früheren Landesparteichefs Hubert Ulrich auf Platz eins der Landesliste sagte Baerbock am Montag in Berlin: "Wir haben uns das anders gewünscht."
Ulrich hatte sich auf einem Landesparteitag am Sonntag als Spitzenkandidat durchgesetzt, nachdem die inzwischen abgelöste Landesvorsitzende Tina Schöpfer mehrfach durchgefallen war. Ulrich gewann schließlich auch gegen die Vorsitzende der Grünen Jugend im Saarland, Jeanne Dillschneider. Dass ein Mann nun die Landesliste anführt, verstößt nach Ansicht vieler Kritiker gegen das Frauenstatut der Grünen. Dieses schreibt eigentlich eine Frau an der Spitze vor.
Nach der Niederlage Schöpfers hatte der Parteitag beschlossen, dass auch ein Mann auf Listenplatz eins kandidieren darf, berichtet der Saarländische Rundfunk. Einige Delegierte sehen in Ulrichs Kandidatur einen Verstoß gegen die Parteisatzung und kündigten demnach bereits an, die Wahl anzufechten. Ein Mann könne nur für Listenplatz eins antreten, wenn eine Frau bei der Wahl durchfällt und sich keine andere zur Wahl stellt.
Die Angelegenheit wurde nach Baerbocks Angaben am Montag auch im Bundesvorstand besprochen. Darüber werde Bundesgeschäftsführer Michael Kellner mit dem saarländischen Landesverband noch "im intensiven Austausch sein", kündigte die Bundesvorsitzende der Grünen an.
Befürchtet wird zudem, dass die Wahl Ulrichs juristisch angefochten werden könnte. "Wir sind schockiert über die Art und Weise, wie sich über das Frauenstatut der Grünen hinweggesetzt worden ist und sehen hier eklatante Satzungsverstöße", erklärte Dillschneider auf Facebook. Nach ihrer Überzeugung wurde "willentlich in Kauf genommen, möglicherweise keine gültige Liste einreichen zu können".
Man muss sich das wirklich vor Augen führen: Bei den Grünen ist man "schockiert" darüber, dass sich ausnahmsweise das demokratische Prinzip der freien Wahl gegen sexistische Parteigrundsätze durchgesetzt hat. Das ist dasselbe Lager, das sich auch regelmäßig über Männerrechtler "schockiert" zeigt.
Über den turbulenten Parteitag der Saar-Grünen berichtet ausführlicher "Die Welt" unter der Überschrift "Buhrufe und Anfechtungen – Grüne im Saarland zerlegen sich selbst".
2.
Sieben von acht Vätern arbeiten Vollzeit. Warum der Anteil so hoch ist, zeigt eine neue Studie: Männer erleiden grössere Nachteile als Frauen, wenn sie ihr Pensum reduzieren. (…) Frauen, die Teilzeit arbeiten, erhalten 10% weniger Job-Angebote. Bei den Männern allerdings ist diese "Teilzeit-Strafe" gar doppelt so gross: Ihre Auswahl an Stellen sinkt um 22%. (…) Wenn eine Frau 90% statt 100% arbeiten will, so sinken ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt um lediglich 2%. Bei einem Mann jedoch hat die gleiche Reduktion des Pensums zur Folge, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Stellenangebot um 17% abnimmt.
Hier findet man den vollständigen Artikel mit der Überschrift "Teilzeitarbeit: Männer werden bei der Jobsuche diskriminiert".
3. Deutschlands Nachrichtenagenturen wollen das generische Maskulinum künftig vermeiden:
Das geht aus einer Stellungnahme hervor, die die Agenturen AFP, APA, dpa, epd, Keystone-SDA, KNA, Reuters und SID veröffentlichten. Ziel sei es, "diskriminierungssensibler zu schreiben und zu sprechen", heißt es dort. Das sogenannte generische Maskulinum solle "schrittweise zurückgedrängt werden". Gemeint sind damit Personenbezeichnungen, die grammatisch gesehen männlich sind, aber bislang Menschen mit jedem biologischen Geschlecht bezeichnen können (Beispiel: "der Mieter").
Für "Die Welt" kommentiert Anna Schneider dieses Comeback der geschlechterseparierenden Sprache:
Vorangetrieben wird es von einer politisch korrekten Minderheit, deren Größe längst in keinem Verhältnis mehr zu ihrem Einfluss an Schulen, Universitäten, Kulturinstitutionen und in den Medien steht. Im Journalismus tummeln sich etliche, die der sprachmagischen Vorstellung anhängen, ein Sternchen mitten im Wort sei das ultimative Mittel zur Gleichstellung (ausdrücklich nicht Gleichberechtigung) der Geschlechter. Dass nun auch deutschsprachige Nachrichtenagenturen mit Blick auf das generische Maskulinum nachziehen, ist ein Tiefpunkt für den deutschen Journalismus. Arbeiten dort keine Menschen, die sich tagtäglich mit Sprache beschäftigen?
(…) Wüsste man es nicht besser, man müsste annehmen, in Deutschland herrsche das Patriarchat. Selbst wenn dem so wäre: Wie könnte das Ausmerzen des generischen Maskulinums etwas daran ändern, handelt es sich dabei doch um eine reine Funktionsbezeichung, die nichts, aber auch gar nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun hat? Das Einknicken der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen vor jenen illiberalen Tendenzen des Zeitgeistes, die Menschen eher nach ihren äußeren Merkmalen als nach ihren inneren Werten beurteilen, zeigt, welch gewaltiger Druck inzwischen von einer selbstgerecht-elitären Blase ausgeht.
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