"taz" hält selbstbestimmte Vaterschaft für utopisch – News vom 12. Juni 2021
1.
Ein Mann sollte bei einer ungeplanten Schwangerschaft Nein zur Vaterschaft sagen können, sagen Männerrechtler. Im Jetzt wäre das misogyn.
Mit diesem Teaser beginnt ein aktueller Beitrag von Caroline Schwarz in der "taz".
Tatsächlich wird in dem Artikel kein einziger Männerrechtler genannt, stattdessen Alice Schwarzer und Antje Schrupp – Personen, die auch mit viel gutem Willen nicht als Männerrechtler durchgehen. Das Wort "Männerrechtler" wird im Teaser offenbar nur verwendet, um daran mal wieder das Wort "misogyn" (frauenfeindlich) zu koppeln.
Hier rächt sich allerdings auch, dass die "taz" über Männerrechtler seit langen Jahren schreibt, als wären es Phantome und Spukgestalten. Nachdem unsere Positionen in der Geschlechterdebatte immer mehr Raum erhalten, entstehen Artikel wie dieser, der stellvertretend für Männerrechtler Schrupp und Schwarzer anführen muss und dessen weitere Argumentation bereits in mehreren Kommentaren darunter zerpflückt wird.
Zu der Rhetorik, die Väter als massenhafte Unterhaltspreller anprangert, habe ich hier schon geschrieben.
2. Lucas Schoppe beschäftigt sich in einem neuen Beitrag mit dem aktuellen Debakel der Grünen. Ein Auszug:
Es ist noch nicht einmal einen Monat her, dass Angriffe gegen die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock im Spiegel als "Hasskampagne der Maskulinisten" abgetan wurden. Das war ohnehin ungefähr so sinnvoll, als hätte jemand die Angriffe gegen Spahn oder Laschet als "Hasskampagne der Femininistinnen" hingestellt, die nach 16 Jahren Kanzlerin einfach keine Männer in Machtpositionen ertragen könnten.
Mittlerweile aber unterscheidet Inga Barthels im Tagesspiegel frauenfeindliche Angriffe, wie gefälschte Nacktfotos Baerbocks, von legitimer Kritik und findet, die Grünen täten sich keinen Gefallen damit, "all das zusammenzuschmeißen und als frauenfeindlich abzustempeln". Silke Mertens kritisiert in der taz den unprofessionellen Umgang mit den Ungereimtheiten im Lebenslauf: "Baerbock und ihr Team tragen ganz allein die Verantwortung für die tiefen Kratzer an ihrem Image." Bettina Gaus empfiehlt Baerbock im Spiegel sogar, die Kanzlerkandidatur an Robert Habeck weiterzugeben, um die grünen Wahlchancen nicht zu zerstören, und schließt: "Der Kampf für Gleichberechtigung kann nicht bedeuten, dass Frauen keinerlei Kritik aushalten müssen."
Beides trifft nicht den Kern von Baerbocks gegenwärtigen Problemen. Zwar wird sie tatsächlich mit Zweifeln konfrontiert, mit denen ein Mann sich nicht auseinandersetzen müsste, und sie hat mit ihrem Wahlkampfteam auch tatsächlich unglaubliche Fehler gemacht. In große Schwierigkeiten aber gerät sie, weil ihre Kandidatur von ungelösten inneren Widersprüchen der Grünen insgesamt geprägt ist. Denn ihre Partei missversteht sich selbst mit einer solchen Konsequenz, wie es sonst nur die SPD tut, die sich gegen alle Evidenz immer noch für die Partei Helmut Schmidts und Willy Brandts hält.
(…) Die erstaunlich unprofessionelle Mischung aus Hilflosigkeit, Unbedarftheit und Arroganz, mit der Baerbock und ihr Team auf die völlig erwartbare Untersuchung ihres Lebenslaufes reagierten, sind eigentlich nur erklärlich, wenn sie mit solchen kritischen, auch übelwollenden Blicken überhaupt nicht gerechnet hatten.
Das muss für jeden enorm naiv wirken, der etwa noch von den Angriffen auf Helmut Kohl weiß, die ihn konsequent als Persönlichkeit abwerteten, oder gar von den ungeheuer bösartigen Attacken auf Willy Brandt ("Brandt an die Wand"). In die Binnenstruktur einer Partei aber, in der Männer sich als modern missverstehen, wenn sie Frauen Prestigepositionen erarbeiten – und in der offene Kritik an Frauen so unziemlich ist, als würde damit die Dame des Hauses beleidigt – in eine solche erstarrte Binnenstruktur dringt der Gedanke gar nicht vor, dass es in der Welt da draußen berechtige oder überzogene, legitime oder bösartige Kritik an einer grünen Kanzlerkandidatin geben könnte.
Hier findet man den in Gänze lesenswerten Beitrag Lucas Schoppes.
3. "Die Eine-Frau-Regel hilft Frauen wenig – und steigert die Empörung der Männer" beschäftigt sich Anne Kunz in der "Welt" mit dem gestern vom Bundestag durchgewinkten Gesetz, dem zufolge Unternehmen mit mindestens vier Vorstandsmitgliedern mindestens einen dieser Posten einer Frau zu geben.
In der Praxis heißt das: Solange es keinen weiblichen Vorstand gibt, muss die nächste frei werdende Top-Position an eine Managerin vergeben werden. Punkt. Selbst wenn ein männlicher Kandidat objektiv besser geeignet ist, hat er das Nachsehen. Das Prinzip Chancengleichheit wird dann also im Dienst der vermeintlich guten Sache nicht durchgesetzt, sondern mit einem starken Eingriff in die unternehmerische Freiheit ausgehebelt.
Dabei dürfte diese Regelung Frauen nicht einmal helfen, glaubt Anne Kunz:
Denn vermutlich werden die Unternehmen nun flugs neue Vorstandsposten für weniger zentrale Funktionen wie Marketing, Personal, Recht oder gute Unternehmensführung schaffen – so wie es in den vergangenen Jahren wegen des politischen und gesellschaftlichen Drucks bereits vielfach geschehen ist. Viele der mit diesen Jobs beglückten Frauen wurden außerhalb des Unternehmens rekrutiert, waren dort kaum vernetzt – und nach relativ kurzer Zeit wieder weg.
Sinnvoller sei eine bessere Unternehmenskultur:
Elternzeit muss für Väter Normalität werden, genauso wie Teilzeit in Führungspositionen möglich sein muss. Ständige Erreichbarkeit gehört abgeschafft. Erst wenn die Unternehmen und Mitarbeiter dazu bereit sind, wird Chancengleichheit möglich sein. Doch dafür muss man die richtigen Anreize setzen – und nicht noch stärker regulieren.
4. Jan Kanon ist 28 Jahre alt und wähnte sich, so heißt es im Teaser zu seinem Essay in der Berliner Zeitung, "lange Zeit auf der guten Seite: fortschrittlich, aufgeklärt, links". Jetzt aber hat er mit diesem Milieu gebrochen und erklärt warum. Dabei berichtet er auch, wie seine Eltern inzwischen politisch heimatlos geworden sind:
Für die aufgeweckte Berliner Generation sind meine weißen Eltern Feindbilder. Das Deutsch meines Vaters, das er sich bei der emsigen Lektüre der "Buddenbrooks" aneignete und das er bis heute mit schwerem osteuropäischem Akzent spricht, birgt keinen Platz für gegenderte Substantivformen. Meine Mutter hegt Vorurteile gegenüber einigen muslimischen Mitmenschen. Kandel hat dazu beigetragen. Sie spricht das auch offen aus. Von radikalfeministischen Kämpfen halten meine Eltern nichts. (...) Gleichzeitig stellen sich meine Eltern hinter die polnische Demokratiebewegung und würden nie die AfD unterstützen. Aber zählt das noch? Viele Prämissen der "Generation woke" verstehen sie nicht ansatzweise. Und mit den klassisch linken Klassenkämpfen haben sie ohnehin nichts gemein, denn als Polen vertreten sie auch einen antikommunistischen Grundkonsens. Mutter und Vater sind das, was man heute politisch heimatlos nennt.
5. "Das Gendersternchen ist irrwitzig", befindet Iris Hanika, die Trägerin des diesjährigen Deutschen Buchpreises, im Interview mit der Mainpost: "Kein Mensch kann so sprechen, geschweige denn einen ernstzunehmenden Text schreiben. Uns das Gendern aufzwingen zu wollen, ist unerhört. Das treibt den Rechten die Wähler zu."
6. Das Väter-Blog "Papalapapi" stellt Udo Baers Buch "Männerwürde" vor:
Udo Baer zeigt anhand von Fallbeispielen und intimen Geschichten aus seiner langjährigen Praxis anschaulich, welchen Verletzungen und Traumatisierungen Männer in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind. Und er bietet praktische Hinweise und konkrete Hilfestellungen, wie Männer den Weg zu einem würdevollen Leben finden.
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