Dienstag, September 10, 2019

"Führerscheinentzug bei Unterhaltsschulden? Eine populistische Luftnummer der SPD" – News vom 10. September 2019

1.
Auf den ersten Blick klingt die Forderung der kommissarischen SPD-Chefin Manuela Schwesig ja richtig: Wer seinen Kindern keinen Unterhalt zahlt, muss vom Staat an die Kandare genommen werden – zur Not auch mit unkonventionellen Mitteln wie einem Führerscheinentzug. Doch je mehr man ins Thema eintaucht, desto mehr verliert Schwesigs Vorstoß an Substanz und würde schlussendlich vor allem Geringverdiener treffen, denen man mit einem Führerscheinentzug die ökonomische Grundlage entziehen würde, was ganz sicher auch nicht im Interesse der Kinder ist. Populismus ist beileibe kein Alleinstellungsmerkmal der politischen Ränder.


Weiter geht es mit dem gelungenen Beitrag von Jens Berger auf den Nachdenkseiten.



2. Spiegel-Online bietet Annette Widmann-Mauz, Chefin der CDU-Frauen-Union ein Forum für ihre Forderung nach einem feministischen Wahlrecht, um mehr Frauen in die Parlamente zu spülen.



3. Der Pestarzt beschäftigt sich mit gewohnter Wortgewalt über die "moralinsauren Moralisten", die aktuell beispielsweise gegen True Fruits wettern. Ich zitiere mal etwas länger:

Ich dachte vor ein paar Jahren mal, die Welt könne nicht bekloppter werden, doch das war ein Irrtum. Ein Trugschluss. Ich habe das nicht zu Ende gedacht und angenommen, die menschliche Blödheit sei auf einen bestimmten unverrückbaren Sockel limitiert und könne nicht ins Unendliche gesteigert werden, aber das stimmt nicht. Sie werden von Jahr zu Jahr blöder. Lauter. Kreischender. Und verrückter.

Was da mit erhobenem Zeigefinger dasteht und krakeelt, ist nicht weniger als der neue Klerus. Viktorianisch. Prüde. Bitterernst. Sie haben die alten, lahmenden Presseorgane in ihrem Bataillon, die öffentlich-rechtlichen Anstalten, aus dem Gebührenaufkommen querfinanzierte YouTube-Kanäle, lassen ihre Kritiker blocken und haben sich, damit das einfacher geht, dafür sogar ein Gesetz zimmern lassen. Und bis zum Zäpfchen privilegierte Premiumautorinnen mit Fangirls im Kometenschweif rennen medienwirksam in den Supermarkt und räumen Regale um, auf dass ich mein ejakulatartiges sexistisches Fruchtpüree nicht mehr finde und doch bitte auf das turbokapitalistische Konkurrenzprodukt von Coca Cola umsteige, was quer durch die etablierten Portale fürsorglich beklatscht wird.

(...) Was seid ihr doof. Unendlich doof. Ihr erreicht mit diesem ständigen penetrierenden dauerempörten unendlich abgehobenen Geblöke genau das Gegenteil: Euch eigentlich grundsätzlich mal zugeneigte Leute wenden sich ab, wählen eure Parteien nicht mehr, lachen beim Bier über euren verkopften Scheiß, feixende Trolle stressen euch in die Schnappatmung und die vollkommen Frustrierten wählen seit Neuestem sogar rechts, weil das offenbar das ist, mit dem man euch am allermeisten ärgern kann und ihr merkt das alles nicht, sondern twittert munter weiter eure Moralinsäure in die Welt als gingen die Zehnerjahre, in denen ihr die uneingeschränkte Lufthoheit über alle Ressourcen hattet, nicht bereits in ein paar Monaten schon zuende.

(...) Was ihr auch nicht merkt, weil ihr die alle geblockt habt: Unter eurem Radar hat Rechts dazugelernt. Massiv. Erfolgreich. Professionell. Und seit neuestem reichweitenstark. In kürzester Zeit. Kommt jetzt young, fresh, urban, hip daher. Ist frech. Naseweis. Bärtig. Trägt Hoodie. Und verarscht euch. Macht sich lustig. Über die Bräsigkeit. Das Superkorrekte. Klerikale. Glückwunsch. Alles falsch gemacht. Da habt ihr sie. Das ist jetzt eure Opposition. Der Protest gegen euch. Da nutzt auch euer Löschen nix. Die laden das einfach neu hoch, vernetzen sich über Telegram, vk, dtube, reddit, alles Orte, an die ihr nicht rankommt, während ihr immer noch emsig Löschanträge bei YouTube stellt, als würde das Löschen irgendwas bringen, außer sie zu Zensurmärtyrern zu machen, was ihnen jedes Mal noch eine Schippe mehr Anhänger sichert, die inzwischen nicht mal halb so alt sind wie ihr und Oberlehrer samt Bräsigkeit schon seit der Schulzeit nicht leiden können.

Und sonst? Ideen? Neues? Nein, ihr seid wie immer. Eure Kanäle sind fad, eure Stellungnahmen in eurem Verwaltungsgenderdeutsch ein Elend und eure immergleichen hysterischen Choreographien abstoßend routiniert, alles nur wohlfeile Empörungsrituale, für die sich außerhalb eurer Blase niemand mehr interessiert. Ihr schmeckt säuerlich. Vergoren. Giftig oft. Ihr seid nicht hip. Nicht frech. Und schon gar nicht mehr jung. Ihr seid lame. Spießig. Öde. Ihr seid der Klerus auf dem goldenen Balkon, der jede kleine Frechheit übel nimmt, weil Frechheit gegen die Linie verstößt. Wie konnte es passieren, dass sich die Dinge so umkehren? Wann ist euch das entglitten? Und warum verkauft sich Rechts jetzt als der hippe Protest gegen euch, die ihr in den Clubsesseln der Schaltstellen sitzt? Und warum fällt ihnen das so leicht? Und euch nichts dagegen ein?


Ja, das ist doch wirklich hübsch auf den Punkt gebracht.

Bei dieser Gelegenheit: Lieber "Pestarzt", ein Verleger, mit dem ich in Kontakt stehe und der Genderama liest, interessiert sich – auch außerhalb des Geschlechterthmas – für deine Texte und würde gerne mit dir in Kontakt treten. Wir finden auf deiner Seite aber keine Kontaktmöglichkeit. Wenn du magst, kannst du mich anmailen unter Cagliostro3@hotmail.com.



4. Spektrum der Wissenschaft berichtet sehr ausführlich über Menschen, die auch im Erwachsenenalter noch unfreiwillig Jungfrau sind. Auch hiervon ein Auszug:

Christoph Joseph Ahlers behandelt in seiner Praxis für Paarberatung und Sexualtherapie in Berlin auch Menschen, die unter ihrer Kontaktlosigkeit leiden. »Es sind überwiegend Männer – das Geschlechterverhältnis beträgt etwa eins zu zehn«, schätzt Ahlers. Viele seiner Patienten hätten problematische Vorstellungen von Sexualität. Sie missverstehen Pornos als idealtypische Form und denken: So geht Sex – man muss einen großen Penis haben und immer bereit sein. Solche Denkmuster als Fiktion zu entlarven, ist für Ahlers bereits ein erster Therapieerfolg. Dann erarbeitet er mit seinen Klienten eine andere, weniger angstbesetzte Vorstellung von Sexualität. "Sex ist die intimste Form von Kommunikation. Es geht um das Bedürfnis, angenommen und gemocht zu werden und das über Hautkontakt körperlich zu spüren. Das ist der Grund, warum wir überhaupt Paare bilden. Bloße sexuelle Erregung oder Fortpflanzung geht ja auch ohne Partner", erklärt Ahlers. Wenn sie das begriffen, würden die Betroffenen oft zu weinen anfangen. Es sei für sie eine Erleichterung zu verstehen, dass man es beim Sex nicht draufhaben muss, um gemocht zu werden.


Das ist doch mal ein schöner Ansatz. Häufig krankt Pornographiekritik ja daran, dass die Gegner dieses Genres, beispielsweise Alice Schwarzer, Männern abwertender und verachtungsvoller als der misslungenste Porno begegnen.



5. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Guten Tag Herr Hoffmann,

nach vielen Jahren mal wieder eine Mail von mir an Sie. Zunächst Danke, dass Sie weiter an den Themen dran bleiben. Lese den Blog fast täglich.

Ich engagiere mich seit ein paar Jahren in der ÖDP (Ökologisch-Demokratische Partei ) in Hamburg und wir sind im Vorstand dabei, das Wahlprogramm in Hamburg zu entwickeln. Es gibt ein paar Leute bei uns, denen die extrem einseitige Geschlechterpolitik, besonders von den Grünen, doch sehr auf der Zeiger geht, und wir möchten im November gern eine Veranstaltung/Debatte zum Thema ansetzen, so in die Richtung:

"Männerquote an Grundschulen?" Brauchen wir eine andere nachhaltigere Geschlechterpolitik in Deutschland und Hamburg?

Frage: Kennen Sie Personen, die sich mit der geschlechter-, und männerpolitischen Situation in Hamburg etwas auskennen, dass wir hier auch mit konkreten Zahlen aus der Stadt arbeiten können. Wir haben aktuell 300 Aufsteller in der Stadt verteilt, würden dieses Thema damit auch in die Öffentlichkeit tragen und damit gern auch die anderen Parteien auf Dinge stoßen, die sonst runter fallen. Wir haben das schon bei einigen Themen erlebt, dass wir auch als kleine Truppe etwas bewegen können. Vielleicht können Sie das auch auf dem Blog kurz erwähnen, dass wir hier Kontakte / Experten suchen, die sich in den Fragen vor Ort etwas auskennen und uns beraten können.


Der Verfasser dieser Mail, Benjamin Krohn, ist unter krohn.benjamin@googlemail.com zu erreichen. MANNdat und die "IG Jungen, Männer, Väter", an die man natürlich als erstes denkt, wenn es um Männeranliegen geht, habe ich über diese Anfrage bereits informiert.

In Österreich fordert inzwischen übrigens die Partei "JETZT – Liste Pilz", die von dem Grünen-Aussteiger Peter Pilz mitbegründet wurde, eine linke Männerpolitik im Sinne von Genderama. Auf der Website hierzu heißt es:

Wir bei JETZT (...) haben uns bewusst entschieden, der heutigen Realität der Frauenpolitik als zweite Säule eine fortschrittliche Männerpolitik zur Seite zu stellen. Dieser Schritt ist notwendig, weil eine nachhaltig angelegte Politik der Geschlechtergerechtigkeit für Frauen & Männer und LGBTIQ ohne dieses fehlende zweite Standbein nicht möglich ist!

Wenn Männer in diesem Land auf ihre drängenden Fragen keine Antworten vonseiten einer fortschrittlich orientierten Politik erhalten, werden sie sich mehr und mehr ins politisch rechte Lager oder ganz allgemein aus der demokratischen Diskussion verabschieden. Dort aber verlieren wir sie. DAS ist nicht, was WIR JETZT wollen!


Auch hier stehe ich natürlich mit den Protagonisten in Verbindung. Ich bin gespannt, ob durch das Engagement dieser Kleinparteien die weitgehende Tabuisierung von Männerpolitik aufweichen wird.

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