Mittwoch, August 21, 2019

Riesen-Sexismus-Streit um Fruchtsaft-Firma – News vom 21. August 2019

1. Seit mehreren Tagen tobt eine zunehmend heftigere Sexismus-Debatte um die Fruchtsaft-Produzenten True Fruits:

Ein Pfirsich-Maracuja-Püree, das unter dem Namen "Sun Creamie" verkauft werden soll, erinnert in der Aufmachung stark an eine bekannte deutsche Sonnencreme-Flasche. Der Saftname beinhaltet aber nicht nur einen Verweis auf das englische Wort für Sonnencreme, "Sun Cream", sondern auch eine sexuelle Anspielung. Auf der Instagram-Seite veröffentlichte die Firma nun Werbung für diese neue Sorte. Auf einem Anzeigenmotiv sieht man eine junge, attraktive Frau im Bikini, auf deren Rücken ein Penis mit Sonnencreme gemalt ist. Die Bildunterschrift lautet: "Sommer, wann feierst Du endlich Dein Cumback?" - ebenfalls mit einer sexuellen Konnotation.


Nun bedeutet "Sexismus" eigentlich, dass eines der beiden Geschlechter als minderwertig herabgewürdigt wird und nicht "alles, was mit Sex zu tun hat". Im Zeitalter der Neuen Prüderie ist das aber anders. Gegen True Fruits kam es zügig zu einem Shitstorm auf Twitter, der zu tausenden von Kommentaren führte. Besonders aggressive Kommentare beantwortete True Fruits mit trockenem Humor, was die feministische Kampagne Pinkstinks wiederum als "brutal und unmenschlich" bezeichnete.

Daraufhin stellte True Fruits eine mehr als ausführliche Stellungnahme online. Ein Auszug:

Es ist mal wieder so weit. Die Welt geht gerade unter für eine Gruppe von Menschen, die es nicht ertragen können, dass wir für die Bewerbung unseres aktuellen "Suncreamie" im Sonnencreme-Design in den sozialen Medien ein Bild verwenden, auf dem ein Frauen- bzw. Männerrücken zu sehen ist, der mit einem kleinen (einige Kollegen beharren darauf er sei mindestens mittelgroß) Penis aus Sonnenmilch verziert wurde. Uns macht das Ganze sehr nachdenklich und auch ein bisschen Angst ...

(...) Der Werberat wird überhäuft mit Beschwerden, die Presse wird informiert und unsere Handelskunden erhalten unzählige E-Mails mit der präzise formulierten Forderung unsere Produkte unverzüglich aus dem Sortiment zu schmeißen. Der Vorwurf gegen uns lautet: Sexismus, Rassismus oder Ableismus, aber am schlimmsten ist, wie wir im Netz auf Kommentare reagieren. Aber nicht nur wir werden angegangen: Wer uns OK oder gar lustig findet, ist mindestens ein Idiot, auf einer Stufe mit Trump und der AfD.

Kurz: Leute malen nun mal mit Sonnencreme Penisse auf Rücken. Auf Männerrücken wie auch auf Frauenrücken. Na und? Es ist schlichtweg Teil dessen was manche Leute tun. Man muss es nicht mögen oder kann es vorpubertär, vulgär oder kindisch finden aber sexistisch? Hier teilen sich nun mal die Meinungen. Manche finden es lustig und ok - andere halt nicht. Sexistisch ist es jedoch auf keinen Fall.

Vielleicht nehmen wir uns zu wichtig, aber die Fanatiker, die uns angreifen, greifen nicht bloß uns an. Sie streben die Diktatur darüber an, welcher Humor, welche Meinung erlaubt ist und welche nicht. Und genau das ist das Problem. Diese Radikalapostel glauben, sie besäßen die alleinige Wahrheit und gehen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen anders Denkende und Handelnde vor. Für diese Menschen gibt es kein grau. Nur schwarz oder weiß, Freund oder Feind. Keinen anderen Humor, nur Diskriminierung oder Rassismus.

Diese Radikalapostel sind die Wohltäter der Nation, weil sie vermeintlich für das Gute kämpfen. Was nicht ihres Gleichen ist wird mit aller Kraft versucht zu bekehren und wenn das nicht gelingt, dann mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft. Sie glauben sie stehen für Toleranz und Gleichheit, aber Toleranz zu zeigen ist nicht schwer, wenn es darum geht, dass ein Anderer eine komische Hose oder eine verrückte Frisur trägt. Toleranz wird dann zur Aufgabe, wenn die Meinung oder Position anderer gänzlich entgegen der eigenen steht, dann zeigt sich wer Toleranz wirklich aushält.

Sie erinnern uns an Daenerys Targaryen aus Game of Thrones, die eine bessere, freie Welt erschaffen will, aber am Ende dafür über Leichen geht und im Endeffekt nicht besser ist, als die Monster, die sie zu vertreiben sucht. #teamtyrion

Aber wer sind diese Hysteriker, die scheinbar wirklich davon überzeugt sind, das WIR (kurze Erinnerung: true fruits = kleiner Saftladen, 30 Mitarbeiter, keine Rassisten, kein Sexismus, dafür politisch unkorrekte Witze und - touché - Peniszeichnungen an den Konferenzwhiteboards, vier Azubis, ein Hund sowie eine Tischtennisplatte) das absolut Böse sind und auf einer Stufe stehen mit Donald Trump oder der AfD???

Ein paar sogenannte Aktivisten (bisher keine zertifizierte IHK Ausbildung) führen den digitalen Mob an und organisieren den Kreuzzug gegen jede Art von unkorrektem Humor. Unter dem Deckmantel der Fürsorge der Schwachen werden Inhalte aus dem Kontext gerissen und alle durch Empörungslärm zum Schweigen gebracht, die es wagen sich gegen ihre moralische Vorherrschaft und Meinungsdiktatur auszusprechen. Und sie fühlen sich natürlich alle SO sicher, da sie überzeugt sind, sich für Minderheiten einzusetzen gestatte ihnen alles und der Zweck würde die Mittel heiligen. Und da sie sich vermeintlich für die Schwachen einsetzen, stoßen sie auf so wenig Widerhall, da ja niemand ein schlechter Mensch sein will.

Aber auch Leute die vermeintlich Gutes tun wollen, können hirnverbrannte Idioten sein und das darf man auch ruhig aussprechen.

Sie tun uns leid, allesamt. Und was uns betrifft hier bei true fruits: Sie haben unsere Firmenzentrale beschmiert, unsere Handelskunden mit hunderten E-Mails bombardiert, Influencer, die mit uns zusammenarbeiten beschimpft und bedroht. Wir werden öffentlich als Rassisten bezeichnet, nachdem Einzelmotive aus unserer 250.000 € Kampagne gegen die rechtsgerichtete Politik Österreichs aus dem Kontext heraus gerissen werden... (facepalm) Was kommt noch? Werden wir demnächst auf der Straße angegriffen? Mag sein, aber eher gehen wir mit unseren dummen Peniswitzen unter und bleiben uns treu, als uns diesen falschen Weltverbesserern zu beugen.

(...) Alle bisherigen Kampagnen, die in der Kritik stehen, hat der Werberat weder als sexistisch noch als rassistisch eingestuft. Woran sollen wir uns sonst orientieren? Daran was moralisch korrekt ist? Und wer bestimmt das? Diejenige, die am lautesten brüllt?

(...) Zu guter Letzt wirft man uns dann immer wieder vor, wie menschenverachtend wir mit den Kommentaren im Netz umgehen. Dazu nur eine kurze Erinnerung, wie wir es auf unseren Kanälen mit Trollen halten: Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es hinaus. Wessen Kommentar schon voller Hass beginnt, der muss schon ziemlich optimistisch sein, um mit einer freundlichen, ernsthaften Antwort zu rechnen. Ja, es ist wahr, wir fassen niemanden mit Samthandschuhen an, der uns doof kommt. Und ja, nicht alle unsere Kommentare sind im Ansturm der wütenden Radikalapostel immer 100% on point. Auch wir machen Fehler. Natürlich ist es nicht unsere Absicht, Menschen mit Traumata aufzuziehen oder zu verletzen. Das ist rücksichtslos und schlicht böse. Aber wir haben immer stärker das Gefühl, dass alles und jede noch so harmlose Bemerkung, die nicht völlig politisch korrekt formuliert ist, gleich mit der schlimmsten Absicht verbunden wird.

(...) Wenn wirklich Jemand bei dem Anblick eines Sonnencreme-Penis an ein Trauma erinnert bzw. getriggert wird, wäre unser ehrlicher, freundlicher Rat, sich mit den eigenen Bewältigungsstrategien auseinander zu setzen. Es hat keinen Sinn die ganze Welt zu bitten sich zu verändern. Lohnenswerter wäre vielmehr der Aufbau der eigenen Resilienz.

(...) JA, ABER ES TRIGGERT MICH! Es ist reine Willkür und total subjektiv. Nichts wäre mehr möglich, denn irgendwas triggert immer irgendwen und wir sprechen hier aus Erfahrung. Also: Leben und leben lassen. Und wenn es gar nicht geht - bitte, dann trommelt halt so viele zusammen wie nötig, dass es Gesetzesänderungen gibt, die uns untersagen das zu tun, was wir tun. Aber stellt nicht jeden, der nicht denkt wie ihr als Sexist, Rassist oder AFD-Anhänger da.

Wir werden sehen wie es mit der Aufregung um true fruits weiter geht, aber das ist fast schon Nebensache. Viel spannender ist es zu sehen, wie es mit dieser, unserer Gesellschaft weitergeht. Werden wir uns von einer Gruppe fanatischer Radikalapostel, die keinen Deut besser sind als alle anderen fanatischen Gruppierungen (völlig intolerant, diffamierend, etc.) vorschreiben lassen, wie wir sein sollen, worüber wir lachen dürfen?


Darauf wiederum antworten die Social Justice Warriors vom STERN, um True Fruits in einem Artikel rechtspopulistisches, perfides Marketing mit Elementen von Sexismus und Rassismus vorzuwerfen: "Es geht hier (...) nicht um Meinungen, sondern um strukturelle Diskriminierungs-, Unterdrückungs- und Ungleichheitsverhältnisse, die durch Sprache und Bildsprache reproduziert werden." Die STERN-Leser werden aufgefordert, True-Fruits-Produkte nicht zu kaufen, Freunde auf Instagram-Accounts von True-Fruits-Gegnern hinzuweisen, eine Petition gegen True Fruits zu unterschreiben, True Fruits beim deutschen Werberat zu melden und Geschäftspartner von True Fruits dazu aufzufordern, die Smoothies aus dem Sortiment zu nehmen.

Darüber hinaus sei die Behauptung, es gebe eine "feministische Meinungsdiktatur", rechtspopulistischer Blödsinn.

In Österreich poltert ein Frauenrechtsbegehren gegen die True-Fruits-Reklame, dessen Sprecher Christian Berger im Standard erklärt, es gehe "um eine Sensibilisierung der KonsumentInnen" sowie "die HandelspartnerInnen, die man an ihre wirtschaftsethische Verantwortung erinnern müsse", nachdem True Fruits keinerlei "Lernbereitschaft" zeige. Für "derart menschenverachtende Produktgestaltungen und Werbelinien brauche es Regulierungen, die dafür Sorge tragen, dass der Grundsatz der Gleichheit von Menschen gewahrt bleibe."



2. "MDR Wissen" berichtet über eine Studie, die untersucht, warum Frauen zu Sexualstraftäternnen werden.



3. In der L.A. Times beschäftigt sich Teresa Watanabe mit der Welle von Diskriminierungsklagen, die Männer inzwischen gegen sexistische Programme an US-amerikanischen Hochschulen einlegen:

Nur Frauen offenstehende Wissenschaftsprogramme, die von vielen Universitäten ins Leben gerufen wurden, um das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern in Bereichen wie Informatik und Ingenieurwesen zu beheben, werden zunehmend juristisch angegriffen, da sie eine geschlechtsspezifische Diskriminierung von Männern darstellen.

Das US-Bildungsministerium hat mehr als zwei Dutzend Untersuchungen an Universitäten im ganzen Land - darunter Berkeley, UCLA und USC sowie Yale, Princeton und Rice - eingeleitet, die ausschließlich für Frauen bestimmte Stipendien, Auszeichnungen, Workshops zur beruflichen Entwicklung und sogar Naturwissenschaftliche und Ingenieurlager für Mädchen der mittleren und höheren Schule anbieten. Geschlechterdiskriminierung in Bildungsprogrammen ist nach Titel IX verboten, einem Bundesgesetz, das für alle Schulen gilt, sowohl öffentliche als auch private, die Bundesmittel erhalten.

Eine neue Studie, die am Dienstag veröffentlicht wurde, ergab, dass 84% der etwa 220 Universitäten Stipendien für ein Geschlecht anbieten, viele von ihnen in MINT-Bereichen: Naturwissenschaften, Technik, Ingenieurwesen und Mathematik. Diese Praxis ist nach Titel IX nur zulässig, wenn die "Gesamtwirkung" von Stipendien angemessen ist. Die Studie durch einen in Maryland ansässigen gemeinnützigen Verein, der sich für die Gleichstellung der Geschlechter auf dem College-Campus einsetzt, zeigte, dass die Mehrheit der Campus-Auszeichnungen einseitig den Frauen zugute kommt.

In Kalifornien zum Beispiel boten 11 überprüfte Colleges und Universitäten 117 Stipendien für Frauen und vier für Männer an, so die Umfrage von "Stop Abusive and Violent Environments". Die Gruppe wurde ursprünglich gegründet, um sich für die Durchsetzung von Prozessrechten für diejenigen einzusetzen, die des sexuellen Fehlverhaltens auf dem Campus beschuldigt werden, die überwiegend männlich sind - und startete im Januar das aktuelle Projekt, um Programme anzugehen, zu denen nur ein Geschlecht Zugang hat.

"Das Pendel ist zu weit in die andere Richtung geschwungen", sagte Everett Bartlett, der Präsident der Organisation, der plant, Bundesbeschwerden gegen etwa 185 Universitäten einzureichen, wenn sie nicht ausreichend auf Fragen über die Stipendienpraxis antworten. "Wir sind keine Gesellschaft, die auf Quoten basiert, wir sind eine Gesellschaft, die auf Fairness basiert", sagte Bartlett.

Emily Martin vom National Women's Law Center hält dem entgegen, dass solche auf Frauen ausgerichteten Programme unter Titel IX als zulässige positive Maßnahmen zur Überwindung von Bedingungen erlaubt sind, die zu einer "begrenzten Beteiligung" eines Geschlechts an einem bestimmten Bildungsprogramm führten. Sie kritisierte die landesweit wachsende Welle von Beschwerden, wonach Männer unter Titel IX ungerecht behandelt werden - vor allem in Fällen sexuellen Fehlverhaltens und jetzt in MINT-Programmen.

(...) "Es gibt eine ziemlich gut organisierte und gut finanzierte Bewegung, die die falsche Erzählung verbreitet, dass Männer Opfer von Feminismus sind", sagte Martin, Vizepräsident für Bildung und Arbeitsrecht des National Women's Law Center. "Die Trump-Administration hat diejenigen ermutigt, die versuchen, diesen Moment und dieses Bildungsministerium als Waffe gegen den Fortschritt von Frauen zu nutzen."

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