Mittwoch, Juli 24, 2019

Kann Dänemark ein Vorbild für Deutschland sein? – News vom 24. Juli 2019

1. Gestern hatte ich hier einen Beitrag von Lucas Schoppe verlinkt, der anhand dem fragwürdigen Auftreten einer Anwaltskanzlei noch einmal darauf aufmerksam macht, wie dürftig es um die Rechte von Vätern im Fall einer Trennung generell steht. In einem Kommentar unter seinem Beitrag befindet Schoppe, das herrschende System im Familienrecht sei

ganz gewiss nicht funktional, wenn es darum gehen soll, die Verantwortung von Eltern und ihre Kooperation miteinander zu stärken. Es ist auch gewiss nicht funktional, wenn es darum gehen sollte, Kindern Schädigungen und unnötiges Leid zu ersparen.

Es ist aber hochfunktional als System, das sehr hohe Geldtransfers garantiert. Es gibt meines Wissens keine Rechtsschutzversicherung, die Familienrechtssachen mit absichert – weil das einfach jede Versicherung ruinieren würde, so groß sind die Summen, die permanent in dieses System hineingepumpt werden. Für Akteure, die dort gut etabliert sind, ist es ein riesiger Selbstbedienungsladen.

EIN Problem des Systems ist also, dass es in dieser Hinsicht durchaus hochfunktional ist. Das lässt sich auch politisch unterfüttern, und an einem Punkt, den ich im Text eher noch zu harmlos dargestellt habe. Es ist richtig, dass Frauenorganisationen massiv mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, während Vertreter von Männern gar nichts bekommen.

Im Kontext noch wichtiger ist aber: Gefördert wird, und offenbar mit Millionenmitteln, Lobbyarbeit für die Einzelresidenz, gegen die Doppelresidenz und gegen die stärkere Einbeziehung von Vätern.

KEINE Förderung erhält eine Lobbyarbeit für die Sorge beider Eltern auch nach Trennungen. Es gibt also einfach zu viele Profiteure der gegenwärtigen Praxis – und eben gerade weil sie profitieren, sind sie auch in (finanziell, institutionell, in der politischen Einbindung) in einer so starken Position, dass sie ihre Privilegien verteidigen können.


Was die Frage aufwirft: Läuft es in anderen Ländern eigentlich genauso konfliktschürend und zugleich menschenverachtend wie in Deutschland? Hier lautet die Antwort zunächst einmal "ja", denn sonst würden Männer nicht in so unterschiedlichen Nationen wie Großbritannien, den USA, Indien, Australien und Israel auf die Barrikaden gehen. Andererseits scheint das von narzisstischen PolitikerInnen geförderte Aufeinanderhetzen von Partnern nach oder während einer Trennung nichts zu sein, woran man nichts ändern kann. So berichtet der britische Guardian über das geänderte Scheidngsrecht in Dänemark:

Mit einer der höchsten Scheidungsraten in Westeuropa möchte Dänemark Trennungen jetzt etwas schwieriger gestalten - und gleichzeitig sicherstellen, dass die Folgen für alle Beteiligten weniger schmerzhaft werden.

Bis vor kurzem konnten sich Dänen scheiden lassen, indem sie ein einfaches Online-Formular ausfüllten. Aber nach einem Gesetzespaket, das im April in Kraft getreten ist, müssen Paare, die sich trennen wollen, drei Monate warten und sich beraten lassen, bevor ihre Ehe aufgelöst werden kann.

Eine Umfrage der Tageszeitung "Politiken" ergab, dass 68 der 98 dänischen Kommunen eine Beziehungstherapie für Paare in Schwierigkeiten anbieten, weil das Zusammenhalten von Familien den Kommunen Geld für Wohnen und Dienstleistungen spart.

(...) Das Land setzt sich seit langem für die Familienrechte ein und bietet einjährigen Elternurlaub und eine universelle öffentliche Kindertagesstätte, aber 2018 gab es 15.000 Scheidungen, was fast der Hälfte der Ehen in diesem Jahr entspricht.

"Es geht darum, die menschlichen und finanziellen Kosten der Scheidung zu senken", sagte Gert Martin Hald, Psychologe und Professor für öffentliche Gesundheit an der Universität Kopenhagen, der an der Entwicklung des Beratungskurses mitgewirkt hat, der nun für alle Paare mit Kindern unter 18 Jahren obligatorisch ist, bevor ihre Scheidung abgeschlossen werden kann.

"Es ist sowohl für das einzelne Paar als auch für die Gemeinde gut - Prävention ist immer besser als Heilung", sagte Jette Haislund, Leiterin der Gesundheitsabteilung der Gemeinde Ringkøbing-Skjern in Westdänemark, eine der ersten Kommunen, die mit der Paartherapie experimentiert hat.

Die dreimonatige Wartezeit der Regierung und der Kurs "Zusammenarbeit nach der Scheidung", der online oder über eine App durchgeführt wird, zielt darauf ab, den Prozess der Scheidung von Paaren und Kindern zu erleichtern, indem sie ihnen hilft, die Kommunikation zu verbessern und Fallen zu vermeiden.

Aus 17 halbstündigen Modulen können die Eltern ihren Kurs individuell gestalten und konkrete Lösungen für mögliche Konfliktfelder während des Scheidungsprozesses anbieten, z.B. wie man mit Geburtstagsfeiern umgeht oder wie man mit einem ehemaligen Partner spricht, wenn man wütend ist.

"Es geht darum, sich selbst, Sie und die Reaktionen Ihrer Kinder zu verstehen, und darum, nach der Scheidung mitzubestehen", sagte Hald. "Es hilft, mit Stress, Angst, Depressionen umzugehen und die Anzahl der Tage zu reduzieren, an denen Sie ihrem Arbeitsplatz fernbleiben."

Der Kurs, der vor dem Start mit 2.500 Freiwilligen getestet wurde, wurde von Fachleuten und denjenigen, die ihn abgeschlossen haben, gelobt, so Hald. "Die Daten sind eindeutig: Das Programm funktioniert", sagte er. "In 13 von 15 Fällen hatte es einen moderaten bis starken positiven Einfluss auf die psychische und physische Gesundheit und führte zu weniger Fehlzeiten bei der Arbeit. Nach 12 Monaten kommunizierten die Paare miteinander, als ob sie sich nicht geschieden hätten."

Hjalmar, ein Marketingleiter in den 40er Jahren, der es vorzog, seinen vollen Namen nicht anzugeben, sagte, er habe den Kurs in der Testphase vor fast vier Jahren besucht und fand ihn sehr nützlich. "Offensichtlich wird es eine kaputte Ehe nicht reparieren", sagte er. "Aber es hilft dir, einige ziemlich wichtige Dinge zu klären, wenn du vielleicht nicht sehr klar denkst."

(...) Auch die Politik hat sich weitgehend wohlwollend gezeigt. "Die Kommunen verdienen Lob dafür, dass sie die Initiative ergriffen haben, mehr Familien zum Wohle und Zusammenhalt zu verhelfen", sagte Jane Heitmann von der liberalen Venstre-Oppositionspartei der Nachrichtenagentur Ritzau.

Hald glaubt zum einen, dass Staaten Recht haben, aktiv zu werden. "Die Scheidungsraten liegen in den westlichen Ländern bei 25% bis 50%", sagte er. "Es kostet eine Menge Geld und verursacht viele individuelle Schmerzen. Eine individuelle Behandlung wäre zu teuer. Wenn wir das wirklich ernst nehmen wollen, müssen wir zusammenarbeiten, um etwas Skalierbares zu entwickeln."


Wie der vollständige Artkel zeigt, gibt es auch beim dänischen Modell noch Kritik und Verbesserungspotential. Es scheint mir aber ein Schritt nach vorne im Vergleich zu dem deutschen Scheidungswesen zu sein, das Konflikte geradezu schürt.



2. Am Sonntag wurde das ZDF-Sommerinterview mit dem FDP-Vorsitzenden Christian Lindner ausgestrahlt. Nun gehen die mehrheitlich grünen Journalisten unseres Landes mit Lindner gerne ruppig um, weil er "ihrer" Partei die Ministerposten verhagelte, nachdem er sich mit der FDP aus den Koalitionverhandlungen zurückzog. Diesmal indes ging dieser ruppige Umgang mit Lindner und seinem privaten Verhalten als Mann (Lindner hat eine deutlich jüngere Partnerin) so weit, dass es zu parteiübergreifender Empörung kam:

Im Internet gärte im Anschluss an das Interview mit Lindner die Empörung über die ARD-Sendung. Insbesondere Parteikollegen von Lindner, wie der Innenexperte Konstantin Kuhle, meldeten sich zu Wort: "Wenn ein Mann eine solche Frage an Annalena Baerbock oder Katrin Göring-Eckart gerichtet hätte, stünde die gesamte Republik zu Recht Kopf, weil sie Ausdruck absoluter Unverschämtheit ist." Aber auch Politiker von Grünen, von SPD, CDU und AfD ärgerten sich immer offensichtlicher über eine scheinbare Kleinigkeit.


Hier findet man den vollständigen Artikel.



3. Eines der Opfer der MeToo-Hysterie in den USA war Al Franken, ein Senator der Demokratischen Partei. Ihm wurde im November 2017 von einer Frau sexuelle Übergriffigkeit vorgeworfen. Sieben weitere Frauen beschuldigtenen Franken daraufhin wegen unangemessenen Küssen oder Berührungen. Franken bat um Entschuldigung, gab an, sich anders an den Vorfall zu erinnern, für den er sich hauptsächlich rechtfertigen sollte, und bat um eine entsprechende Untersuchung. Stattdessen wurde mit ihm umgegangen wie mit männlichen Studenten, denen solche Vorwürfe gemacht werden: Weder galt für ihn die Unschuldsvermutung, noch gab es eine Anhörung der Ethikkommission oder eine Chance, sich seiner Anklägerin zu stellen. Während MeToo immer weiter eskalierte, forderten Anfang Dezember 32 von Frankens 48 Parteikollegen im Senat seinen Rücktritt. Am 7. Dezember 2017 gab Franken seinen Rücktritt bekannt, während er darauf beharrte, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Daraufhin kritisierten einige seiner Parteikollegen, dass er nicht die Verantwortung für sein Verhalten übernehme.

Nach dem Abflauen der MeToo-Hysterie wird der Umgang mit Franken neu bewertet:

Sieben aktuelle oder ehemalige Senatoren, die den Rücktritt von Franken forderten, sagten dem Magazin "New Yorker", dass sie falsch gehandelt hätten.

Senator Patrick Leahy erklärte dem Magazin, dass seine Unterstützung des Rücktritts, ohne zuerst alle Fakten zu erhalten, "einer der größten Fehler war, die ich in 45 Jahren im Senat gemacht habe".

"Wenn es eine Entscheidung gibt, die ich getroffen habe und die ich zurücknehmen würde, ist es die Entscheidung, seinen Rücktritt zu fordern. Es wurde in der Hitze des Augenblicks gemacht, ohne sich um genau das zu kümmern, um was es eigentlich ging", sagte die ehemalige Senatorin North Dakotas Heidi Heitkamp.

Senator Tammy Duckworth sagte der Zeitschrift, dass es dem Ethikausschuss des Senats hätte erlaubt werden müssen. sich des Falls anzunehmen, und fügte hinzu, dass "ein ordnungsgemäßes Verfahren nicht stattgefunden hat, was nicht gut für unsere Demokratie ist".

Der unabhängiger Senator Angus King (Maine) sagte, dass er es "bereut" habe, sich den Aufrufen zum Rücktritt angeschlossen zu haben. "Es gibt keine Entschuldigung für sexuelle Übergriffe", fügte er hinzu. "Aber Al verdiente einen fairen Prozess. Ich will die Anschuldigungen nicht schlecht machen, aber das hier war das politische Äquivalent zur Todesstrafe."

"Das war ein Rausch des Urteils, der es keinem von uns erlaubte, vollständig zu erforschen, worum es hier ging. Ich nahm das Urteil meiner Kollegen an, anstatt die Umstände unabhängig zu untersuchen", sagte Senator Jeff Merkley. "In meinem Herzen habe ich mich nicht wohl dabei gefühlt."

"Mir wurde fast sofort klar, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Ich fühlte mich schrecklich. Ich hätte aufstehen sollen, damit ein ordentliches Verfahren das tut, was es tun soll - die Wahrheit ermitteln", sagte der ehemalige Senator Bill Nelson.

"Ich habe einen Fehler gemacht. Ich fing an, es mir kurz nach seinem Rücktritt anders zu überlegen. Er hatte das Recht, von einer unabhängigen Untersuchungsstelle gehört zu werden", sagte Senator Tom Udall. "Ich habe von Menschen im ganzen Land gehört, die der Ansicht waren, dass Franken zu schnell abgeurteilt wurde. Es scheint nicht fair zu sein. Ich bin Anwalt. Ich glaube wirklich an ein ordentliches Verfahren."

Der ehemalige Minoritätsführer des Senats, Harry Reid, der zur gleichen Zeit wie Franken in den Ruhestand ging, sagte dem New Yorker: "Es ist schrecklich, was mit ihm passiert ist. Es war unfair. Es hat ihm die Beine unter dem Körper weggerissen. Er war ein sehr guter Senator."


Auch die liberale Feministin Cathy Young betrachtet in einem aktuellen Artikel rückblickend, wie mit Franken umgesprungen wurde, und analysiert sehr gründlich die Vorwürfe gegen Franken und den leichtferigen Umgang damit. Dabei gelangt sie zu mehreren Lehren, die man aus diesem Fall ziehen kann:

Verhalten, das aus dem Zusammenhang gerissen nach einem sexuellen Übergriff aussieht, kann entweder völlig gutartig oder erheblich milder sein, wenn es im Kontext einer wechselseitigen Dynamik betrachtet wird.

Begegnungen, die einst als einvernehmlich, gutartig oder trivial angesehen wurden, können in einem kulturellen Klima, das eine solche Perspektive fördert, leicht als übergriffig etikettiert werden.

Wir sollten uns nicht immer der Parole #BelieveWomen gehorchen. Karrierevernichtende Anschuldigungen müssen sorgfältig geprüft werden.

Anschuldigungen gegen eine hochkarätige Person, die wegen sexuellen Fehlverhaltens angeklagt ist, können schweigende Opfer ermutigen, sich ebenfalls zu äußern - aber sie können auch ein Magnet sein für Aufmerksamkeitssucher, Trittbrettfahrer und Erinnerungsrevisionisten.

Was Franken betrifft, so hat sein Erlebnis mit #MeToo "ihn dazu gebracht, Zeit damit zu verbringen, über Aspekte wie einen fairen Prozess und die Verhältnismäßigkeit von Strafe nachzudenken". Das ist definitiv ironisch, wenn man bedenkt, dass Franken einige Monate vor seinem Untergang zu den demokratischen Senatoren gehörte, die gegen Versuche waren, Bundesrichtlinien über sexuelle Übergriffe auf dem Campus zu reformieren, um den Angeklagten mehr Schutz zu gewähren. Mit seiner neu gewonnenen Weisheit würde es mir nichts ausmachen, ihn wieder für ein Amt kandidieren zu sehen.


Wir Männerrechtler (Maskulisten) haben während der gesamten MeToo-Kampagne, die von deutschen Journalisten praktisch überhaupt nicht kritisiert wurde, immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig in einem Rechtsstaat die Unschuldsvermutung und faire Verfahren für die Beschuldigten sind. Von den Leitmedien wurden wir in der Regel totgeschwiegen; von manchen Menschen wurden auch wir als Frauenfeinde etikettiert, weil wir es überhaupt für möglich halten, dass eine Frau etwas behauptet, das nicht der Wahrheit entspricht. Wie der Fall Al Frankens zeigt, ist hier etwas mehr Realismus dringend erforderlich – und ein fairer Umgang mit Menschen und Positionen, die sich von einem aktuellen politischen Trend nicht gedankenlos mitreißen lassen möchten.

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