Sonntag, November 11, 2018

Frankfurter Rundschau: Braucht der Feminismus mehr Militanz? – News vom 11. November 2018

1. In der Frankfurter Rundschau erinnert die radikale Feministin Antje Schrupp daran, dass Frauenrechtlerinnen vor 100 Jahren Polizisten bespruckten, Fensterscheiben einschlugen, Säure in Briefkästen kippten und Telegrafenkabel zerstörten, und fragt, ob die Frauenbewegung unserer Zeit nicht auch wieder mehr Gewalt ("Militanz") brauche. Dadurch könne er sichtbarer werden und dem "Rosa-Hellblau-Terror im Marketing" ebenso entgegen wirken wie neuen antifeministischen Bewegungen. "Formale Rechte und Gleichstellungspolitik allein reichen offenbar nicht aus, um 4000 Jahre Patriarchat zu verdrängen", fabuliert Schrupp, "wir brauchen auch eine Revolution im Alltag".



2. Spitzenpolitikerinnen aller Parteien von AfD bis Grüne beklagen den Mangel von Frauen in Führungspositionen.



3. Immer weniger Frauen haben Lust auf eine Führungsposition.



4. Die "Süddeutsche Zeitung" bleibt mit der Schlagzeile "Mutige Frauen, dämliche Männer" ihrer Linie treu.



5. Vor einigen Tagen veröffentlichte Genderama einen Leserbrief, der die Ausführungen der "IG Jungen, Männer, Väter" über einhundert Jahre Wahlrecht für Frauen und Männer anzweifelte: Das Wahlrecht für Männer gebe es schon länger als das für Frauen. Auf diesen Leserbrief erhielt ich mehrere Reaktionen, das darin Geäußerte sei in dieser Form irreführend – unter anderem von Gunnar Kunz, der nicht nur für sein maskulistisches Engagement, sondern auch für seine detailiert recherchierten historischen Kriminalromane über die Weimarer Zeit bekannt geworden ist. Wie ich aus Gesprächen mit ihm weiß, taucht er für seine Recherche immer wieder tief in historische Archive ein. Kunz erwidert auf den erwähnten Leserbrief:

Deutschland im Vormärz bestand aus lauter Kleinstaaten. Auf dem Wiener Kongress wurde 1815 der Deutsche Bund gegründet, ein lockerer Staatenbund unter Führung Preußens und Österreichs, der eine Zeit der Restauration einläutete und ein allgemeines Wahlrecht verhinderte. Zwar sahen die Verfassungen einiger süddeutscher Staaten innerhalb des Bundes zu der Zeit bereits ein Wahlrecht für Männer vor, das jedoch an eine bestimmte Steuerleistung gekoppelt war, weshalb nur etwa fünf bis sechs Prozent der Männer wählen durften.

Im Zuge der Revolution von 1848 fanden Wahlen zur Nationalversammlung nach dem allgemeinen und gleichen Männerwahlrecht statt. Die neue Verfassung trat aber nicht in Kraft, da inzwischen die Gegenrevolution gesiegt hatte.

In Preußen wurde 1849 das Dreiklassenwahlrecht eingeführt, in dem Bürger mit hohem Steueraufkommen (Großgrundbesitzer, Adlige) genauso viele Stimmen besaßen wie Bürger mit mittlerem Steueraufkommen (Kaufleute) und die übrigen 83 Prozent der Wähler.

1866 wurde der Norddeutsche Bund unter Führung von Preußen gegründet. Dort galt ein allgemeines, gleiches, direktes und geheimes Männerwahlrecht, das jedoch kaum etwas bedeutete, weil die Rechte des Parlaments eng begrenzt blieben.

Mit der nationalen Einigung, der Reichgründung 1871, trat das allgemeine Wahlrecht für Männer, die mindestens 25 Jahre alt waren, in Kraft. Zu der Zeit waren über 34 Prozent der Bevölkerung jünger als 15 Jahre. Außerdem waren alle Personen, die eine Armenunterstützung erhielten, von den Wahlen ausgeschlossen, wodurch je nach Region und Behördenwillkür zwischen 0,5 Prozent und 21,7 Prozent der Wähler keine Stimme bekamen, darüber hinaus Militärangehörige und alle, die unter Vormundschaft oder in Konkurs standen. Ein großer Teil der männlichen Bevölkerung durfte somit nach wie vor nicht wählen.

Der Reichstag, der aus diesen Wahlen hervorging, hatte zudem nur wenig Macht, die sich im Wesentlichen auf die Gesetzgebung beschränkte. Seine Rechtsbefugnisse entsprachen einem aufschiebenden Vetorecht. Insgesamt blieb das Reich ein Obrigkeitsstaat, in dem die Wähler keinen entscheidenden Einfluss auf die politische Willensbildung ausübten, ganz abgesehen von den massiven Manipulationen und Einschüchterungsversuchen der herrschenden Klasse, um das Wahlverhalten zu beeinflussen.

Zusammenfassend kann man also sagen: 1.) Männer sollten das Wahlrecht als Gegenleistung für die allgemeine Wehrpflicht bekommen. 2.) Es wurde den meisten von ihnen aber mehr als hundert Jahre lang vorenthalten. Ein großer Teil der Männer bekam das Wahlrecht zur gleichen Zeit wie die Frauen gewährt. Das war in anderen Ländern übrigens nicht anders. In Großbritannien beispielsweise erlangten 1918 nicht nur acht Millionen Frauen, sondern auch fünf Millionen Männer zum ersten Mal das Wahlrecht. 3.) Dort, wo einige, vor allem vermögende Männer bereits früher wählen durften, hatte dies nur geringe praktische Auswirkungen und wurde von Seiten der Obrigkeit nach Kräften behindert. 4.) Die Einführung des Frauenwahlrechts war daher nicht die Abschaffung einer Ungerechtigkeit, die tapfere Frauen gegen den Widerstand unterdrückender Männer erkämpft haben. Zumal sie sich dabei der Unterstützung durch Männer wie John Stuart Mill oder August Bebel sicher sein konnten. 5.) Im Gegensatz zu Männern bekamen Frauen das Wahlrecht ohne Gegenleistung.


Diese Absätze übernahm Gunnar Kunz von seiner maskulistischen Website, wo er sich eingehender mit der oft ideologisch verzerrten Darstellung von "100 Jahren Frauenwahlrecht" beschäftigt – auch mit den von Antje Schrupp &. Co. aktuell wieder gefeierten Suffragetten:

Sie zerstörten Bilder in öffentlichen Galerien, schütteten Säure in Briefkästen, lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei, versuchten einen Teil der Bank of England, die Royal Academy und Gebäude einer Schule in die Luft zu sprengen und planten, die Kinder von Winston Churchill zu kidnappen. Sie schickten Briefbomben an bekannte Mitglieder der Gesellschaft – eine davon verletzte die Hand eines Postbeamten –, verübten einen Bombenanschlag auf das Landhaus des Schatzkanzlers, steckten Kirchen in Brand und fackelten einen Bahnhof ab, indem sie eine Bombe aus Schwefelsäure und Sprengstoff in der Post versteckten, zündeten ein Landhaus an, in dem Bedienstete schliefen, die gerade noch rechtzeitig das Feuer entdeckten und sich vor dem Flammentod in Sicherheit bringen konnten, und steckten aller Wahrscheinlichkeit nach (es konnte nicht bewiesen werden) die Werft von Portsmouth in Brand, was zwei Männer das Leben kostete.


Soll das wirklich ein Vorbild für den Feminismus der Gegenwart sein?

Lustig ist, dass solche Artikel wie der von Antja Schrupp überhaupt bedenkenlos veröffentlicht werden. Würde ein AfDler fabulieren: "Braucht Patriotismus mehr Militanz?" wäre der Teufel los.

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