Samstag, Oktober 27, 2018

Wird das Wechselmodell bald schon Standard? – News vom 27. Oktober 2018

1. Wir beginnen heute mit der Post. Einer meiner Leser schreibt mir zum sogenannten "Wechselmodell" (Doppelresidenzmodell), bei dem beide Eltern auch nach einer Trennung den gemeinsamen Nachwuchs gleichberechtigt erziehen:

Das Nordmagazin das NDR hatte in seiner Ausgabe vom 25.10. einen Beitrag über die (offenbar noch nicht veröffentlichte, jedenfalls habe ich weder eine Pressemitteilung noch den Text finden können) PETRA-Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht", gefolgt von einem Studiogespräch mit der Reporterin, die den Bericht gemacht hatte.

Das Ganze hätte so praktisch auch direkt von einer Väterrechtsorganisation kommen können: Das Doppelresidenzmodell wurde als klar erstrebenswert präsentiert, ein trauriger "Besuchsonkel"-Vater und ein positives Beispiel vorgestellt, Hindernisse aufgezeigt und selbst der Begriff der Entfremdung fiel vollkommen selbstverständlich. Darüber müssen wir nicht groß diskutieren, jeder Genderama-Leser weiß, dass das Doppelresidenzmodell für alle Beteiligten, vor allem das Kind, fast immer die beste Lösung ist.

Nur an einer Stelle musste ich mich am Kopf kratzen: Und zwar stellte die Reporterin es so dar, als sei die Ansicht, das Kind gehöre zur Mutter, ausschließlich eine konservative; den müttermonopolistisch-feministischen Aktivismus bis in die Jugendämter hinein blendete sie komplett aus.

Nun ist uns natürlich allen klar, dass es heikel ist, als Journalist den Feminismus zu kritisieren, aber hier deutet diese Darstellung noch auf ein größeres Problem:

Wir beschweren uns häufig über tendenziösen Journalismus, der zu einem Thema überhaupt nur eine Seite (bei Geschlechterthemen meistens die feministische) hört. Und wenn ich schreibe, dass die Reporterin fast wie eine Väterrechtlerin wirkte, dann bedeutet das auch, dass die Kritik am Wechselmodell und der Studie, ob sie nun berechtigt sein mag oder nicht, die eben nicht nur von einzelnen streitsüchtigen Müttern, sondern auch von größeren Organisationen kommt (natürlich auch beim VAMV), nicht nur unberücksichtigt, sondern sogar unerwähnt blieb.

(Womit ich um Himmels Willen Väterrechtlern keine Einseitigkeit unterstellen möchte! Die meisten, die ich kenne, stellen primär das Wohl des Kindes in den Vordergrund, für das ausreichender Kontakt zu beiden Elternteilen eben fast immer förderlich ist.)

Und ich denke nicht, dass wir einseitigen Journalismus allzu freudig beklatschen sollten, nur weil die Einseitigkeit in diesem Fall ausnahmsweise zu unseren Gunsten ausfällt.

Tatsächlich musste ich mich noch an einer zweiten Stelle am Kopf kratzen, nämlich als die Reporterin sagte, nach Veröffentlichung der Studie könnte es innerhalb weniger Monate zu Bewegung in Richtung Wechselmodell als Standard (und auch gegen den Widerstand eines Elternteils) kommen, weil ja Familien- und Justizministerium SPD-geführt sind und die SPD sehr wechselmodellfreundlich sei.

Ja, klar, dachte ich, und wenn nach der Wahl am Sonntag Tarek Al-Wazir hessischer Ministerpräsident werden sollte, werden die Grünen sicher dafür sorgen, dass spätestens 2019 Biblis wieder ans Netz geht.

Aber dann habe ich mal ein bisschen gesucht und tatsächlich selbst bei der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) nur Äußerungen pro Doppelresidenz gefunden, wenn auch zum Teil mit Einschränkungen, die letztlich dazu führen würden, dass eine Mutter, die das Wechselmodell verhindern will, das auch weiterhin schafft.

Und letztlich klingt auch das Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion zu dem Thema ein bisschen so, als hätte man nach dem BGH-Urteil halt keine andere Wahl gehabt und hoffe, dass die Richter schon weiter das Residenzmodell anordnen werden, wenn nicht außergewöhnliche Umstände eintreten. Dass irgendjemand gefordert haben könnte, das Wechselmodell müsse zwangsweise und ohne Einzelfallprüfung angeordnet werden, klingt jedenfalls nach einem ziemlichen Strohmann. Trotzdem: Was ist denn da passiert?


Gestern ging übrigens ein weiterer NDR-Beitrag zum Wechselmodell online, in dem der Psychologe Dr. Stefan Rücker von der Universität Bremen, der für das Bundesfamilienministerium tätig ist, im Mittelpunkt steht. Dort heißt es:

Bei Frauke und Volker funktioniert das Wechselmodell, weil sie sich einig sind. Das Wechselmodell darf auch gegen den Willen eines Elternteils durchgesetzt werden. Es sei denn, es sprechen triftige Gründe dagegen. Streit ist so ein Grund. Und das sei das Problem, sagt Forscher Rücker. Das sei ja geradezu eine Einladung zum Streit, wenn einer das Wechselmodell nicht wolle. Das richtige Betreuungsmodell gebe es sowieso nicht. Jeder Einzelfall müsse betrachtet werden. Und vor allem dürften Mütter nicht bevorzugt und Väter benachteiligt werden.




2. Zum Thema "parteiische Berichterstattung der Leitmedien" gibt es inzwischen übrigens diese aufschlussreiche Statistik. So sind die Grünen im Bundestag zwar schwächer als die FDP und damit nur die viertgrößte gegenüber der zweitgrößten Oppositionspartei, können ihre Position in den analysierten Sendungen der Öffentlich-Rechtlichen aber fast doppelt so oft unterbringen. Sie sind nun mal die Lieblingspartei der meisten Journalisten.



3. Nach Vorwürfen (!) der sexuellen Belästigung hat Google in den vergangenen zwei Jahren 48 Mitarbeiter entlassen. Der Artikel erwähnt den Fall eines Mannes, dem eine damalige Bewerberin vorgeworfen hatte, ihr vor einigen Jahren auf dem "Burning-Man"-Festival ungefragt eine T-Shirt-lose Rückenmassage angeboten zu haben. Mit seiner Kündigungswelle möchte Google seiner Eigendarstellung zufolge jedem "einen sicheren Arbeitsplatz garantieren".



4.
Zwei Jahre lang soll eine Mutter aus dem Emsland nach SPIEGEL-Informationen ihren Sohn misshandelt haben. Das Jugendamt schritt nicht ein. Erst eine heimliche Videoaufnahme beendete das Leiden des Jungen.


Hier erfährt man mehr.



5. Bei den "Kolumnisten" kommentiert der Rechtsanwalt, Strafverteidiger und Blogger Heinrich Schmitz die Abschiebung eines werdenden Vaters aus dem Kreißsaal.

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