Offener Brief Professor Gerhard Amendts an Professorin Margrit Brückner
Wie Genderama berichtete, veranstaltet am 22. Mai 2018 das Cornelia Goethe Centrum und das Gleichstellungsbüro der Goethe Universität Frankfurt eine Diskussion als Replik auf den Kongress "Familienkonflikte gewaltfrei austragen". Dieser Kongress der AG Familienkonflikt fand vom 13.-15.4.2018 ebenfalls an der Goethe-Universität statt. Er war von wahrheitswidrigen Behauptungen wie gewaltsamen Störungen begleitet. Nun sendet Professor Dr. Gerhard Amendt folgenden Offenen Brief an die Referentin der kommenden Veranstaltung, Professorin Dr. Margrit Brückner:
Liebe Kollegin Brückner, liebe Margrit,
wir freuen uns, dass der Internationale Kongress "Familienkonflikte gewaltfrei austragen" Mitte April an der Goethe-Universität bereits am 22.5.2018 dort auf Wiederhall stößt. Im Mittelpunkt von familiärer Gewalt sollte in der Tat die Frage stehen wie Gewalt durch professionelle Hilfe eingedämmt und die transgenerationale Weitergabe unterbrochen werden kann.
Für die deutsche Debatte ist es mancherorts ungewohnt, dass Gewalt in Partnerschaften und an Kindern symmetrisch unter Männern und Frauen verteilt ist. Diese Forschungsergebnisse aus den USA liegen seit mehr als 25 Jahren als vielfach replizierte Erkenntnis vor. Das eröffnet den Blick auf die vielen Faktoren und Dynamiken, die zu Gewalthandlungen beitragen. Auch was in Fällen von familiärer Gewalt nicht hilft, ist zwischenzeitlich geklärt; nämlich alles, was aus den neun Beratungsfällen von Pence zu einer Theorie der "patriarchalischen Herrschaft" verallgemeinert wurde und sich zur Methode der Re-Edukation versteinert hat; teilweise begleitet durch gesetzliches Verbot von Psychotherapien für gewalttätige Partner. Darüber hinaus zeigt Re-Education eine hohe Rezidivität (zwischen 40 - 60 %) und Effekte, die wir in den 70er und 80er Jahren als Merkmal von Drehtürpsychiatrie beschrieben haben. Deswegen setzt der Relational turn, der nicht nur bessere Erfolge und Prävention verspricht, an jener Wirklichkeit an, wonach das Glück wie das Unglück in Partnerschaften von beiden gemeinsam hervorgebracht werden. Gewalt ist vor allem ein Beziehungskonflikt und kennt keinen Einzeltäter – sei es ein Mann oder eine Frau.
Wenn die Veranstaltung des Cornelia Goethe Centrums den Blick auf den Relational turn erweitern sollte, so wäre das ein weiterer Schritt vorwärts. Denn unser Kongress hat gezeigt, dass einige überlieferte Annahmen wie projektive Wunschvorstellungen aufgegeben werden müssen, wenn Wissenschaft zur Lösung von Konflikten und nicht zur Idealisierung des einen und Abwertung des anderen Geschlechts beitragen soll. Hier sind die Forschungsergebnisse von Prof. Zeev Winstock, Tel Aviv, Prof. Rachel Dekel, Bar Ilan, und Prof. Amy Slep, New York, besonders aufschlussreich. Sie dokumentieren Ergebnisse der neueren Forschung. Ebenso der Eröffnungsvortrag, in dem ich eine historische Konstante des Geschlechterarrangements skizziere, die das Schweigen der Männer zu eigenen Gewalterfahrungen als Bauteil der geschlechtlichen Arbeitsteilung interpretiert.
Das immer noch nicht erloschene Aufbegehren gegen die empirische Realität symmetrisch verteilter Gewalthäufigkeiten lässt allerdings erkennen, dass die Politik der Schuldzuweisung und feindseligen Polarisierung nur allmählich ein Ende findet. Verbittert an der Suche nach Schuldigen festzuhalten, weist dann eher auf unbewusste Motive oder subkulturelle Konstellationen politischer Borniertheiten hin.
Für die Veranstaltungen weise ich auf unsere Kongressvorträge wie Texte im Handbuch von Hamel/Nicholls: Familiäre Gewalt im Fokus hin.
Möglicherweise werde ich zu der Veranstaltung hinzustoßen.
Mit kollegialen Grüßen,
Gerhard Amendt
PS: Wir werden dieses Schreiben an Personen, Organisationen und die Pressevertreter weiterreichen, die unseren Kongress bereits mit Interesse verfolgt haben.
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