Samstag, Mai 12, 2018

DER SPIEGEL: "Was einem Mann passieren kann, der den Feminismus hinterfragt" – News vom 12. Mai 2018

1. In einem Artikel des aktuellen SPIEGEL, der lediglich im Anriss online steht, beschäftigt sich Jan Fleischhauer mit der Kritikunfähigkeit der Me-Too-Kampagne und befindet, dass hier " grundlegende Standards der Diskussionskultur außer Kraft gesetzt" seien.

Unsere Diskursregeln sehen vor, dass kein Argument per se für sich beanspruchen kann, als wahr zu gelten. Wer einen Missstand beklagt, muss damit rechnen, dass die Belege, die er anführt, auf Stichhaltigkeit überprüft werden. (...) Umgekehrt gilt es als unlauter, wenn man die Integrität von Leuten infrage stellt, nur weil sie anderer Meinung sind. In der #MeToo-Debatte stimmt das alles so nicht mehr. An die Stelle des Rechts auf Kritik ist das Zustimmungsgebot getreten. Wer Vorbehalte äußert, macht sich offenbar verdächtig, insgeheim mit den Belästigern zu sympathisieren. Oder, schlimmer noch, selbst ein Belästiger zu sein. (...) In der Konsequenz bedeutet das, dass man jeden Erfahrungsbericht zum Nennwert nehmen muss. Das ist genau das, was einige Feministinnen fordern.


Fleischhauer befindet im übrigen:

Ein anderer Weg, sich Kritik vom Hals zu halten, ist die Psychologisierung des Kritikers. Wer Einwände äußert, dem wird attestiert, dass er von Abstiegsängsten geplagt sei und nicht verwinden könne, dass er seine besten Tage hinter sich habe. Die Reduktion eines Textes auf das beschädigte Ego seines Autors wurde gerade eindrucksvoll am Beispiel des "Zeit"-Redakteurs Jens Jessen vorgeführt, der sich seinen Ärger über die seiner Ansicht nach latente Männerfeindlichkeit im modernen Feminismus von der Seele geschrieben hatte. "Peinliches Elaborat", "weinerliche Ausführungen", "ehrloses Geflenne", "hysterische Heulsuse", das sind nur ein paar der Beschimpfungen, mit denen Jessen belegt wurde. Wer als Journalist so delegitimiert ist, mit dessen Argumenten muss man sich nicht mehr auseinandersetzen. (...) Einem Mann allerdings Weinerlichkeit zu unterstellen, wenn er sich beklagt, ist eine eigenartige Form der Schmähung. Hatte es gerade eben nicht noch geheißen, Männer müssten insgesamt weicher werden und mehr Gefühle zulassen?

Vieles erinnert mich an die K-Gruppen der Siebzigerjahre. Wo jede Kritik als Verrat an der guten Sache empfunden wird, ist man nicht weit von der Selbstabschottung der Sekte entfernt.




2. Nachdem mehrere Frauen dem Sänger R. Kelly vorwarfen, ihn "sexuell genötigt oder emotional missbraucht" zu haben, löscht der Online-Musikdienst Spotify R. Kellys Songs aus den Playlisten. Verurteilt wurde der Sänger wegen keinem der Vorwürfe, die er mehrfach zurückgewiesen hat.



3. Für "Die Welt" hat Thorsten Jungholt das FDP-Vorstandsmitglied Linda Teuteberg dazu interviewt, warum der Anteil von Frauen in der FDP nicht höher ist. Teuteberg berichtet: "Allein seit dem Jahr 2000 gab es sieben Initiativen, um den Frauenanteil in der FDP zu erhöhen – leider ist er seitdem gesunken, auf derzeit nur noch 21,9 Prozent." Eine denkbare Erklärung seien fehlende Frauen in Spitzenpositionen der FDP:

Nur eine von 16 Landesvorsitzenden ist eine Frau. (...) Und an der Basis wird nur jeder sechste Kreisverband von einer Frau geleitet. Es mangelt also offenbar an der Bereitschaft, Frauen für diese Funktionen vorzuschlagen oder sie für eine Bewerbung zu motivieren.


Allerdings äußert sich Teuteberg hier zwiespältig:

Wieso reden wir eigentlich über Frauenförderung? Das impliziert, dass Frauen sich im Wettbewerb nicht durchsetzen könnten. Das können sie, ich habe das bei mir im Land auch geschafft. Frauen sind keine förderungswürdigen Opfer, sie haben dem Liberalismus viel zu geben.


Im übrigen schließt Teuteberg eine Frauenquote in der FDP nicht aus und legt nahe, dass Ämter in der Partei zu Lasten von weiblichen Parteimitgleidern bislang unfair vergeben würden:

Frauen wünschen sich offene Auseinandersetzungen in den Gremien, weniger die spätabendliche Kungelei an der Bar. Wenn es einen fairen Wettbewerb gibt, dann wird es auch mehr gute Frauen geben, die sich durchsetzen.




4. Ein Think Tank in Großbritannien ruft in einem Manifest zu Veränderungen auf, damit die an Universitäten am meisten unterrepräsentierte Gruppe endlich Hilfe erhält: weiße Arbeitersöhne.

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