Mittwoch, November 16, 2016

Vermischtes vom 16. November 2016

1. Die ersten Eindrücke deutscher Besucher von Cassie Jayes Männerrechtsbewegungs-Doku "The Red Pill" liegen vor.

So hat der Verfasser des Stapel-Chips-Blogs eine Besprechung des Films online gestellt. Einige Auszüge:

Beim Thema häusliche Gewalt zeigt [Cassie Jaye] die Statistik vom CDC (...) in der Männer tatsächlich häufiger Opfer von physischer Gewalt wurden als Frauen. Zudem noch einen Interviewpartner der von einem Freund berichtet, der immer das Haus verlassen hat, wenn seine Frau ausflippte, damit ihn die Nachbarn sehen konnten und er nicht beschuldigt werden konnte. Ebenso einen anderen Interviewpartner, der berichtete, dass man ihm geraten habe, das Haus zu verlassen, wenn sie ihn schlägt, weil man ihn sonst verhaften würde, wenn sie sich den Fingernagel dabei abbrechen würde. Gleichzeitig zeigt sie aber auch, wie in der Öffentlichkeit damit umgegangen wird. Sie zeigt, dass nahezu überall nur von weiblichen Opfern die Rede ist und Männer allenfalls als Täter vorkommen. Auch zeigt sie das Missverhältnis von Frauen und Männerhäusern in den USA und erklärt das Duluth-Model und dass dieses Modell es in manchen Staaten der USA in die Gesetze geschafft hat.

(...) Das dritte große Thema war die Darstellung von Opfern in den Medien vor allem am Beispiel von Boko Haram und #BringBackOurGirls. Sehr eindrucksvoll zeigt [Cassie Jaye] die einzelnen Artikel, die vorher über Boko Haram und ihre Gräueltaten geschrieben wurden. Oftmals ist nur von "people" (Menschen) oder "students" (Studenten/Schüler) die Rede. Aber durchaus auch von "boys" (Jungen) oder "male students" (männliche Studenten). Doch bei keinem dieser Artikel (die teilweise lebendiges Verbrennen behandelten) gab es einen internationalen Aufschrei. Erst als die Mädchen entführt wurden, gab es eine Riesenkampagne. Karen Straughan zieht ein sehr schlüssiges Fazit dazu (sinngemäß): „Hätten wir uns mehr für das Leiden der Jungs interessiert, könnten diese Mädchen vielleicht noch friedlich in ihrem Schlafsaal schlafen."

(...) Tatsächlich ist durch die Interviews mit Feministen wie "Big Red", Kathrine Spillar und Michael Kimmel eine zweite Perspektive auf die MRAs gekommen. Das war hoch interessant, vor allem, da das Interview mit "Big Red" erst gezeigt wurde, nachdem sie auch bei Protesten zu sehen ist. Dort kann man ihr vielleicht diverse Verhaltensweisen und Ausdrücke wegen der Hitze der Situation nachsehen, aber selbst in dem Interview ist sie … um es vorsichtig auszudrücken … vollkommen durchgeknallt.

Immer wieder behaupten Feministen in den gezeigten Interviews Dinge, die Männerrechtler angeblich fordern (Zeit zurückdrehen, Frauenhäuser dicht machen usw.) wozu Cassie Jaye sagt, dass sie genau diese Dinge nie von Männerrechtlern gehört hat, eher im Gegenteil. Dies beantwortet auch die aufgeworfene Frage, warum so viele Männerrechtler anti-feministisch eingestellt sind. Feministen blockieren auf verschiedenstem Wege eine Diskussion der Fakten.

(...) Man kann dem Film auch keine fehlende Balance vorwerfen, da er durchaus auch die Gegenposition zu Wort kommen lässt und auch die verbalen Tiefschläge der MRAs beschreibt. Nun könnte man behaupten, dass mit der Auswahl der Gegenposition zu diesen MRAs nur Verrückte ausgewählt wurden (wie "Big Red"). Allerdings stellen sich Kathrine Spillar (Executive Editor des Ms.-Magazine; Co-Founder der Feminist Majority Foundation) und Michael Kimmel (Autor, Soziologe, Professor) nicht viel besser an, und diese sind schon feministische Schwergewichte.

An keiner Stelle des Filmes fühlte ich mich gelangweilt. Es ist ein guter Mix aus Interviews, Statistiken, Video Tagebuch, Highwayszenen, Nachrichtenausschnitten und vor allem Live-Szenen. Es ist anschaulich und nachvollziehbar gestaltet.


Ein Zuschauer mit dem Nick Focus Turnier schreibt in den Kommentaren von Christian Schmidts Blog Alles Evolution:

Ich habe die Vorstellung gestern abend besucht – und ich fand es absolut cool!!

Nachdem ich mir meine Karte und ein Getränk besorgt hatte, ging es auch schon los. Es gab keine feministischen Sprechchöre und auch keinen Feueralarm. Das Publikum bestand zu (geschätzt) 85% aus Männern (altersmäßg war alles dabei, von geschätzten Anfang 20 bis in die 50er). Ein paar Frauen waren in Begleitung ihrer Männer/Freunde erschienen, es herrschte ein lockere Atmosphäre. Bevor der Film begann, sprach der Organisator Sebastian Wessels noch ein paar einleitende Worte und lud zum anschließenden Diskussionsgespräch in der Kino-Lobby ein.

Der Film an sich war ganz großes Kino. Absolut kurzweilige zwei Stunden. Die Doku bietet einige lustige Momente und viele Facepalm-Möglichkeiten (Kimmels Erklärungen für die MRA-Bewegung war z.B. eine solche). Cassie Jaye hat dort wirklich ein Meisterstück mit hoher Faktendichte abgeliefert. Besonders gefallen haben mir die Einblendungen ihres Video-Tagebuches, welches sie während der Dreharbeiten parallel angefertigt hat. Mir haben diese Szenen deshalb so gefallen, weil ich sie absolut nachvollziehen konnte: Das Zweifeln, das Hadern mit den Themen der MRAs, das Durchbrechen der dogmatischen feministischen Mauer, die unzweifelhaft vorhandenen und praktisch erlebbaren Benachteiligungen von Jungen und Männern, von denen aber niemand spricht. An diesen Stellen passte der Titel der Doku wie die Faust aufs Auge. Die Doku zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie von Anfang an nicht einseitig Partei ergreift, sondern beide Seiten mit auch durchaus gegensätzlichen Meinungen zu Wort kommen läßt.


Ein überzeugter Feminist, der sich den Film angesehen hat, ist Jochen König. Wie es sich für dieses Lager gehört, hält er von Männerrechtlern wenig und kann daher auch dem Film nichts abgewinnen:

Es geht dem Film (...) nicht darum, die Perspektive zu erweitern, die "andere Seite" zu hören, Männer zu Wort kommen zu lassen, sondern es geht um einen höheren Wahrheitsanspruch. (...) Gefühlt die Hälfte der Zeit sind traurige Männer in Großaufnahme auf der Kinoleinwand zu sehen. (...) Cassie Jaye sitzt barfuß kniend am Rand eines Sofas neben einem breitbeinigen Männerrechtler, nickt verständnisvoll, seufzt und bekommt kaum eine Nachfrage heraus. Zwischendurch werden Ausschnitte aus Jayes Videotagebuch gezeigt. Bei so vielen Männertränen, werden auch ihre Augen glasig. Sie wisse einfach nicht, ob das alles stimme, was ihr erzählt wird. Sie kommt jedoch auch nicht auf die Idee, sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen.

(...) Dabei ist es überhaupt kein Skandal, öffentlich über Probleme von Männern zu sprechen. Die Ursache vieler dieser Probleme liegt jedoch nicht im Feminismus. Im Gegenteil: Es sind bisher sogar fast ausschließlich Feminist_innen, die sich überhaupt ernsthaft mit diesen Themen auseinandersetzen.

(...) Wir stehen nach dem Film noch eine Weile im Foyer des Kinos herum und unterhalten uns. Es sind noch etwa 40 Leute da. Ich erkenne ein paar Gesichter: Männerrechtsaktivisten, mehr oder weniger bekannte Antifeministen, Verschwörungstheoretiker, Rechtspopulisten, Männercoaches. Ein Buchhändler hat ein paar Bücher ausgelegt und empfiehlt im Gespräch bekannte Maskulinistenblogs zum Weiterlesen. (...) Vielmehr finde ich es wichtig, die Scheinheiligkeit zu kritisieren, mit der Männerrechtsaktivisten die Probleme von Menschen instrumentalisieren, um ihren Kampf gegen Feminismus und Frauen, Homosexualität und Trans*-Rechte zu führen. Der Film bietet wunderbares Anschauungsmaterial, wie gut um Probleme herumgeredet und von wichtigen Fragen abgelenkt werden kann.


Diese Rezension kommentierte bereits der Väterrechtler Lutz Bierend auf Facebook:

Letztendlich hat [Jochen König] das Auftreten, jener Maskulinisten, die er kritisiert. Er tut so, als könnte er eine so heterogene Gruppe wie die Feministen auf jene reduzieren, die auch an Männerrechten interessiert sind, und Männer- und Väterrechtler auf jene die homophob, rechts und sowieso irgendwie scheiße sind. Alleine schon die Unterstellung "Viele Männer bringen sich um, weil sie mit den Anforderungen, die ihnen in Bezug auf ihre Männlichkeit gestellt werden, nicht zurechtkommen" sagt schon ziemlich viel. Die Väter, die ich kannte, die sich die Pulsadern aufgeschnitten hatten oder aufgehängt haben, hatten kein Problem mit den Anforderungen an ihre Männlichkeit, sondern weil sie nach der Trennung meist mit einem Haufen Schulden und der Verweigerung ihrer Vaterrolle durch die Mutter nicht klar kamen und juristisch auch keinen gangbaren Weg hatten, vor allem an letzterem etwas zu ändern.

(...) Vor allem finde ich es beeindruckend, wenn man so sexistisch ist, bei Männern so zu tun, als seien Männerprobleme nur das Problem persönlicher männlicher Entscheidungen, aber bei allen anderen Geschlechtern ist es dann Unterdrückung, wenn diese persönlichen Entscheidungen zu suboptimalen Lebensentwicklungen führen.


Sebastian Wessels, der Organisator der Filmvorführung, wird sich im Lauf der nächsten Tage noch einmal zu diesem Event äußern.



2. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft in Österreich hatte mehrere Firmen angezeigt, die ihre Stelleninserate mit dem Zusatz "m/w" gegendert haben. Solche Inserate seien nicht geschlechtergerecht und damit ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz. Jetzt hat das zuständige Landesverwaltungsgericht entschieden. Demnach ist aus dem Kürzel "m/w" tatsächlich erkennbar, dass sowohl Männer als auch Frauen gemeint seien. Die Verfahren gegen die Betroffenen wurden eingestellt.



3. Unter einem mit der gendersensiblen Sprache an Universitäten sympathisierenden Artikel der Studentenzeitschrift Unicum findet sich eine Umfrage, was die – wohl in erster Linie studentischen – Leser dieses Artikels von einer solchen gendersensiblen Sprache halten. Zu dem Zeitpunkt, als dieser Genderama-Eintrag online geht, sagen 63 Prozent der Umfrage-Teilnehmer, die gendersensible Sprache sei "unnötiger Quatsch". Auf die Frage, ob man Punkteabzug erhält, wenn man diese Sprachregelung nicht befolgt, erklären 50 Prozent, das komme auf den jeweiligen Professor an. Und auf die Frage, welche von mehreren angebotenen Varianten man selber am liebsten verwende, erklären 55 Prozent: "Student. Das reicht." Nur 15 Prozent können sich für das feministisch korrekte Wort "Student_in" begeistern, noch weiter abgeschlagen ist "Studentinnen und Studenten" mit zehn Prozent.



4. Die männerpolitische Website A Voice for Men veröffentlicht elf sarkastische Tipps an Feministinnen, um irgendwann doch noch die Präsidentschaft der USA zu erobern.



5. In Großbritannien wird in Verbindung mit dem Internationalen Tag des Mannes am 19. November eine Koalition für Jungen und Männer aus der Taufe gehoben. So hieß es gestern in einer entsprechenden Meldung:

Today, the International Men’s Day team (IMD UK) is proud to be joining forces with more than 50 of the UK’s leading charities, academics, journalists and campaigners to form the UK’s largest ever coalition dedicated to addressing men’s issues.

The Men and Boys Coalition brings together organisations and individuals specialising in fields that range from mental health and suicide prevention to education and parenting. It will be launched in Parliament today, ahead of this year’s International Men’s Day on 19th November 2016.

(...) IMD UK started in humble beginnings, in 2010, when around 70 people squashed into a room in a library in Brighton & Hove, to discuss how we could improve services for men and boys in that city. Mark Brooks, chairman of the domestic abuse charity, the ManKind Initiative, which helps male victims of domestic violence and abuse was one of the speakers on the day. Mark has become one of the driving forces behind International Men’s Day and is one of the founders of The Men and Boys Coalition.

(...) Another founding member of The Men and Boys Coalition is the journalist Ally Fogg, who for several years was a lone voice in the national media, championing International Men’s Day. Ally was quick to notice the collective power of the evolving "men’s sector" in the UK, writing in 2012:

"The men’s sector includes many brilliant organisations. In isolation they have done great things. But in coming together as a sector, for International Men’s Day or for a conference, we may be seeing the seeds of a new unity, a recognition that the problems they face are often the same one."

Ally hasn’t just written about unity, he was worked hard to create unity. In 2015, for example he brought people together through a joint letter that successfully challenged the CPS’s exclusion of male victims from its reports on intimate violence.

(...) It was the IMD UK team that first brought the UK men’s sector together to begin this ongoing process of defining what unites us, rather than what divides us. In 2011, we held the First National Conference for Men and Boys in Brighton and persuaded nearly 100 organisations to sign a joint letter to the Government, calling for more focus on the specific needs of men and boys and how to address them.

(...) In 2013, shortly after the Daily Telegraph launched a new men’s section (Telegraph Men), International Men’s Day provided a perfect opportunity for the editors to find out if an article on men’s issues would be of interest to their readers. Thanks to the existence of International Men’s Day, I was able to pen an article listing some of the issues we’d like to see addressed, into the mainstream media, writing:

"We know that men in the UK are still dying four years sooner than women, on average; that 12 men each day take their own lives; that 90% of rough sleepers are men; that 95% of the prison population is male; that seven out of ten murder victims are male; that girls are outperforming boys at every stage of education; that women are a third more likely to go to university than men; that young men account for 70% of long-term youth unemployment; that male graduates are 50% more likely to be unemployed; that men in their twenties are earning less than their female peers; that 96% of people who die at work are male and that men accounted for 84% of suicides linked to the recession."


Vielleicht gibt es eines Tages auch in Deutschland ein politisch wirkmächtiges Bündnis, das all diese Probleme kontinuierlich zur Sprache bringt.



6. Aber natürlich haben auch Frauen ernstzunehmende Probleme. Deshalb gibt es jetzt in Schweden eine Notrufstelle für die Opfer von Mansplaining, also ungebetene Ratschläge und Erklärungen von Männern.

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