Samstag, Juli 09, 2016

Vermischtes vom 9. Juli 2016

1. Die größte Gruppe in der Unionsfraktion lehnt das von Manuela Schwesig geforderte Gesetz zur Entgeltgleichheit inzwischen generell ab und bezeichnet es als "schädlich". Dabei übernehmen die Abgeordneten Argumente der Männerrechtsbewegung, die ich schon vor 15 Jahren angeführt habe: Der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen beruhe nicht auf einer unterschiedlichen Entlohnung für dieselbe Tätigkeit. Verantwortlich dafür seien stattdessen Unterschiede bei der Berufswahl, den Hierarchie-Stufen sowie der Länge der Arbeits- und Auszeiten



2. Nach einer Kritik durch Michael Kleins Blog Kritische Wissenschaft muss die ARD-"Tagesschau" ihre väterfeindliche Berichterstattung zurücknehmen und einen Beitrag korrigieren:

In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es unter der Überschrift "Jeder zweite Vater zahlt nach Trennung nicht", dass eine der wichtigsten Ursachen für die Armutsgefahr von Alleinerziehenden die Zahlungsunwilligkeit der ehemaligen Partner sei. Zu diesem Ergebnis sei eine Studie der Bertelsmann-Stiftung gekommen. Tatsächlich hält die Studie fest, dass bei der Hälfte der Alleinerziehenden der Unterhalt gar nicht ankommt, bei weiteren 25 Prozent nicht regelmäßig oder nicht in der Höhe des Mindestunterhalts. Gründe hierfür gibt die Studie allerdings nicht an. Dies[e] sei[en] nicht bekannt. Insofern ist die Schlussfolgerung, dass der Nicht-Erhalt des Unterhalts auf Zahlungsunwilligkeit zurückgehe, unzulässig. Wir bedauern diese Verkürzung und danken unseren Lesern für entsprechende Hinweise.




3. Der Deutsche Richterbund sieht bei der Umsetzung des verschärften Sexualstrafrechts erhebliche Probleme in der Praxis: "Prozesse werden schwieriger".

Die Publizistin Jeanette Hagen, Fachbeirat bei Gleichmaß e.V., kommentiert die aktuelle Gesetzesänderung:

Nun ist es durch – das neue Sexualstrafrecht. Gelobt von vielen, als DER DURCHBRUCH gefeiert und bejubelt. Und obwohl ich eine Frau bin, obwohl ich selbst schon Opfer sexueller Gewalt war, kann ich in den Jubel nicht einstimmen. Nicht nur, dass ich die Art und Weise, wie es durchgepeitscht wurde und wie der Vorfall "Lohfink" instrumentalisiert wurde, völlig daneben finde. Ich bin auch der Meinung, dass es den Graben zwischen den Geschlechtern noch mehr aufreißt und das in einer Zeit, in der wir uns ohnehin schon ordentlich entfremdet haben.


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Und schließlich hat Bundesrichter Thomas Fischer die Faxen dicke, weshalb er Margarete Stokowski jetzt gleich auf ihrer eigenen Plattform, Spiegel-Online, den Kopf wäscht. Ein Auszug aus einem insgesamt launigen Artikel:

Dazu in aller Deutlichkeit, Frau Stokowski: "Frau-Sein" ist ebenso wenig eine Wissenschaftsrichtung wie "Sich-Winden" oder "Mit einem Körperteil schreiben". Es handelt sich beim Frau-Sein vielmehr um einen Zustand, der vielen Menschen widerfährt. Das bloße Hineinsteigern in die Imagination der biologischen Auserlesenheit ist gewiss gut für allerlei, nicht aber für eine Karriere als Strafrechtsexpertin. (...) Ihr "Bock" also in allen Ehren, und der Jugend eine Gasse, und so weiter: Aber bevor Sie mit mir zusammenarbeiten könnten, müssten Sie die Nase zwingend noch in das eine oder andere Buch - oder auch nur den Wind - stecken.

Von was ist überhaupt die Rede? Frau Stokowski kritisiert und belacht, verdammt und veralbert die "Expertise" der sich windenden Experten. Aber keinem ihrer eigenen Texte lässt sich entnehmen, was die Expertise der Kolumnistin ausmachen könnte. Von allem ist die Rede, aber nicht vom Strafrecht. Wo immer Begriffe aus dem Fachzusammenhang auftauchen, sind sie gänzlich unverstanden. Zur Rechtsreform fällt der Experten-Kritikerin außer fachfernem Geschwurbel nichts ein. Kann man machen, muss man aber nicht.


Es ist in der Tat erstaunlich, wie einflussreich Personen in den letzten Jahrzehnten geworden sind, die in nichts anderem als "Frau-Sein" Fachwissen angeeignet haben, und ansonsten lediglich im Lästern und Nörgeln besonders brillieren.



4. Der TV-Moderator Jörg Thadeusz erklärt der Neuen Osnabrücker Zeitung, warum ihn der gegenwärtige Zustand der Medien abstößt:

Vieles ist Gewäsch, auch im Journalismus. Da gibt es eine sehr ungünstige Ideologie, die unbedingt nach dem Negativen sucht und bei vielen Menschen ein ängstliches Weltbild hinterlässt. (...) Heribert Prantl hat ein Gespräch mit dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts erfunden, darüber geschrieben – und wird vom Leiter Innenpolitik bei der "Süddeutschen Zeitung" zum Leiter Innenpolitik der "Süddeutschen Zeitung". Was ist mit den ganzen Leuten, die in Fernsehen, Radio und Zeitungen definitiv Falschbehauptungen gegen Christian Wulff aufgestellt haben? Und mit den Leuten von der "Süddeutschen Zeitung", die bei Jörg Kachelmann, als der Mann schon am Boden lag, immer noch nicht ihre Häme im Zaum halten konnten? Und mit den Leuten, die zugelassen haben, dass eine Skandalnudel wie Alice Schwarzer sich über die deutsche Justiz stellt. Hätte das einer von diesen AfD-Nazis getan, wäre die Empörung groß, aber bei der? Kachelmann ist ruiniert, und Alice Schwarzer stellt sich hin und sagt: Ist mir doch egal, was das Gericht sagt – ich weiß es besser. War sie etwa dabei? Und dann stellt sich auch noch raus, dass sie es mit den Steuern auch nicht ganz so ernst genommen hat.




5. Die Vanity Fair zeigt, wie immens sich die Frauenrolle und das Verhalten junger Frauen nach einem halben Jahrhundert Emanzipation verändert haben:

Her adventures in "sugaring" started three years ago when she got hit on by an older guy and rebuffed him, saying, "Look, I’m not interested, so unless you’re offering to pay my student loans," and he said, "Well . . . ?" After that, "he paid for stuff. He gave me money to help out with my living expenses."

It ended when she went on a school year abroad and started meeting men on Seeking Arrangement, the Web site and app which match "sugar daddies" with "sugar babies," whose company the daddies pay for with "allowances." Now, she says, she has a rotation of three regular "clients" — "a top Austin lawyer, a top architect, and another tech guy," all of them married. She adds, "Their relationships are not my business."

(...) "While in college," she goes on, "I’ve had the ability to focus on developing myself because I’m not slaving away at a minimum-wage job. I reject it when people say I’m oppressed by the patriarchy. People who make seven dollars an hour are oppressed by the patriarchy."

"She’s in control of the male gaze," says another woman at the table, Erin, 22.

(...) The most surprising thing about Miranda’s story is how unsurprising it is to many of her peers. "Almost all of my friends do some sort of sex work," says Katie, 23, a visual artist in New York. "It’s super-common. It’s almost trendy to say you do it — or that you would."


Der Artikel ist in Gänze lesenswert. Interessant ist zum Beispiel auch die Debatte, ob das, was diese Frauen tun, "feministisch" ist oder nicht.

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