Mittwoch, Juli 27, 2016

Vermischtes vom 27. Juli 2016

1. Elena Rider legt einen der ersten ausführlicheren Berichte über die internationale Männerrechtlerkonferenz in London vor:

Google the term MRA (Men’s Rights Activist) and you’ll get more results than you’ll know what to do with, mostly telling you what evil misogynists they are. There is not time for me to cover all of that here, so instead I’ll say this and leave you to do the research and make up your own mind:

A few years ago, appalled by the bias and bigotry of modern feminism I decided to start a blog and needed help. In those days the MRAs were pretty much the only people out there who could offer me advice. I reached out and found a community of women and men, all of whom were supportive, helpful and concerned for my safety. It’s a scene I’m still proud to call myself a part of, and it includes people of every skin colour, LBGT people and trans women, all willing to undertake a task that brings with it all kinds of risk because they believe that modern society discriminates against men and boys in many ways.

This is not just a Sisyphean task. It is a dangerous task. So the gathering of some of the movement’s most influential voices is not to be undertaken lightly. The last conference – held in Detroit – was fraught with threats and sabotage and eventually had to be moved to a different venue at the last minute. It’s no secret that there are many who just don’t want men’s issues to be discussed outside a feminist framework and who will go to great lengths to silence those who see the world differently. But their tactics have changed – there was no trouble this year. Probably because these activists have realised all the protest videos make them look awful, and have a Streisand effect at the same time.


Hier geht es weiter.



2. Eine der bekanntesten Teilnehmerinnen dieser Männerrechtskonferenz war die Feminismuskritikerin Karen Straughan, die in diesem Interview Zuschauerfragen beantwortet. Ab Minute 7:30 geht es um die Frage, was Straughan speziell Menschen in Deutschland empfehlen kann.



3. Joachim Steinhöfel wärmt im European den längst widerlegten "Sex-Mob-Skandal" noch einmal auf.



4. Christian Schmidt analysiert einen gegen Männer gerichteten Beitrag Fabian Köhlers für die Grünen, der sich schließlich in offene Menschenverachtung hineinsteigert.



5. Ich lese gerade das Buch "Himmel auf Erden und Hölle im Kopf", in dem der Klinische Sexualpsychologe Christoph Ahlers dem Untertitel zufolge erklärt, "was Sexualität für uns bedeutet". In diesem Buch findet sich auch ein Kapitel über Transsexualität, wo Ahlers von seinem Co-Autor an einer Stelle gefragt wird, wie er eigentlich zu Diskussionen über geschlechtsspezifische Toiletten und entgenderte Endungen in akademischen Titeln ("Profssx") stehe.

Ahlers betont zunächst einmal, dass das Gender-Thema "nicht nur an der 5-Prozent-Hürde, sondern schon an der 0,5-Prozent-Hürde" scheitern würde, auch wenn der "gesellschaftspolitische Geschlechterdiskurs und die resultierende mediale Berichterstattung" fälschlich den Eindruck erzeugten, dass es jeden Zweiten beträfe. Zwar sei Häufigkeit kein Kriterium für Bedeutung, und auch der Schutz von Minderheiten stelle ein wichtiges Kulturgut dar. Trotzdem müsse man sich fragen, wie dieses enorme Missverhältnis zu erklären sei.

Ahlers bietet seine eigene Erklärung an: Die Vortäuschung, dass dieses Thema für unsere Gesellschaft immens relavant sei, komme seiner Einschätzung nach daher,

dass die Akteure und Akteurinnen auf diesem Spielfeld, durch die Befassung mit dem Gender Thema und entsprechende Einflussnahme auf Prozesse in der Mehrheitsgesellschaft, eine eigene Identität generieren. Das gelingt ihnen mit den moralischen Zeigefinger: "Wie? Du bist dagegen, dass es neben Männer- und Frauen-WCs eine dritte Toilettenkategorie mit gender-neutralem Türschild gibt? Dann ist das ein eindeutiger Fall von Diskriminierung, du bist ein Gender-Gegner!"

Wenn man dann aber vorsichtig darauf hinweist, dass dieses Toilettenproblem für 99,5 Prozent der Weltbevölkerung – und auch für Menschen mit Geschlechtsidentitätsstörungen – völlig irrelevant ist und man auch keinerlei Anlass dafür sieht, unter anderem mit Steuergeldern eine dritte Toilette anzubauen oder die Kloschilder umzutauschen: große Empörung!

Ich möchte noch mal ganz klar zum Ausdruck bringen: Minoritätenschutz ist eine soziokulturelle Errungenschaft. Das zivilisationskulturelle Niveau einer Gesellschaft lässt sich auch an ihrem Umgang mit Minderheiten ablesen und bemessen. (...) Hier aber geht es nicht um Minderheitenschutz, es geht wenigen Personen darum, möglicherweise vor dem Hintergrund eigener Identitätsprobleme, durch gesellschaftspolitisch motivierte Ambitionen in der Mehrheitsgesellschaft Einfluss auszuüben und dadurch eine eigene Identität zu gewinnen und diese durch so genannte Intervention zu stabilisieren. Ich bewirke, also bin ich...

Das Problem ist also ganz gewiss nicht das Toilettenschild. Wer sich durch Toilettenschilder diskriminiert fühlt, hat ein anderes, möglicherweise ein ausgeprägtes Identitätsproblem, das der Austausch von Türschildern nicht mildern oder lösen kann. Im Gegenteil: Der Anbau einer dritten Toilettenkategorie und Austausch von Türschildern wäre aus psychotherapeutischer Perspektive sogar ein kontraproduktives Co-Agieren.


Ahlers führt aus, was genau er damit meint:

Angenommen, eine kleine Personengruppe würde das Vorhandensein von Rolltreppen und Aufzügen kritisieren, weil es eine kleine Gruppe von Menschen gibt, denen Rolltreppen und Aufzüge Angst machen und die deswegen nicht mit diesen fahren können oder wollen. Und die Argumentation würde lauten: Weil bestimmte Phobiker keine Aufzüge und Rolltreppen benutzen können oder wollen, ist der Umstand, dass es nur diese beiden Optionen zur Etagenerreichung gibt, Diskriminierung! Darum fordern sie als dritte Möglichkeit phobikergeeignete Treppenhäuser ... Würde die Gesellschaft solche Treppenhäuser in öffentliche Gebäude bauen? Ich glaube nicht. Und zwar aus guten Gründen: Der Impuls, bei persönlichen Problemen die äußere Welt umbauen zu wollen, ist der falsche Ansatz. Nur in der Veränderung der inneren Welt ist Erleichterung und Linderung, vielleicht sogar Heilung zu erlangen. Der gesunde Weg für einen Phobiker besteht darin zu lernen, Aufzüge und Rolltreppen zu benutzen (was jeder lernen kann), nicht darin, die Welt umzubauen.


Nachdem Ahlers noch einmal darauf hingewiesen hat, dass die Toilettendebatte für Menschen, die mit echten Geschlechtsidentitätsproblemen zu tun haben, ein lächerliches Pseudoproblem darstellt, wendet er sich ohne Namensnennung – wiewohl jeder, der in der Debatte firm ist, weiß, um wen es geht – einem Berliner "Profx" für Genderstudien zu, der von seinen Studenten verlangt, auf "zweigendernde" Bezeichnungen zu verzichten und es damit bekanntlich bis hin zu Interviews mit Plattformen wie Spiegel-Online geschafft hat. (Das ist Männerrechtlern, die für volle 50 Prozent der Bevölkerung eintreten und oft über echtes Leiden sprechen, noch nicht gelungen.) Ahlers merkt zu dem Wirken dieses "Profx" an:

Was hier stattfindet, ist eine sozialnormative Gegensetzung, und zwar dahingehend, dass diejenigen, die nichts mit dem Problem zu tun haben, so sprechen sollen wie die 0,1 %, die damit und offenkundig mit sich selbst ein Problem haben. Hier will eine hochideologisierte Minderheit der Gesellschaftsmehrheit Sprachnormen oktroyieren. Und wer sich dem nicht beugt, setzt sich dem Vorwurf der Diskriminierung aus! Mit Toleranz, Minoritätenschutz und Gleichberechtigung hat das alles nicht das Geringste zu tun.


Abschließend erklärt Ahlers, warum er zu diesen Fragen derart klar Stellung bezieht:

Ich lege meinen Gegenstandpunkt (...) mit dieser Deutlichkeit dar, weil er meinem Eindruck nach so gut wie nicht vertreten wird. Meine Auffassung zu diesem Thema wird von vielen meiner Kolleginnen und Kollegen der Sexualwissenschaftlichen Fachgesellschaften geteilt, aber sie wird nicht nach außen mitgeteilt.


Joachim Ahlers Buch ist keinem politischen Lager zuzuordnen und, wie man auch an den 14 Fünf-Sterne-Rezensionen auf Amazon erkennt, für jeden mit Interesse am Thema "Sexualität in der Gegenwart" empfehlenswert.

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