Donnerstag, Juli 21, 2016

Vermischtes vom 21. Juli 2016

1. Auf Telepolis fragt Florian Rötzer anlässlich der Untaten von Orlando, Nizza und Würzburg:

Nach einem medialen Drehbuch scheinen immer wieder junge Männer mit einem blutigen Spektakel ihre Leben beenden zu wollen. Ist das politisch?

(...) Viel beunruhigender wäre es, diese jungen Männer, oft mit Migrationshintergrund oder Minderheiten angehörig, also mit verunsicherter Identität, als implosives Produkt der Gesellschaft sehen zu müssen. Fragen müsste man sich, warum zunehmend mehr junge Männer – und nicht ältere Männer, Mädchen oder Frauen – , sich mit einem finalen Spektakel verabschieden wollen. Was zeigen sie mit der Missachtung des eigenen und fremden Lebens dem Rest der Gesellschaft damit, die davon ebenso geängstigt wie fasziniert ist?

(...) Der IS könnte für junge Männer aus dem Westen lediglich zu einem Script geworden sein, wie sie dies auch aus den westlichen Medienprodukten kennen, um ihr entgleistes und nicht zufriedenstellendes Leben zu beenden. Damit könnten sie auch zeigen, dass derzeit etwas fundamental falsch läuft, dass radikale Kulturkritik heute nur noch den Ausweg im nihilistischen Massenselbstmord findet.




2. Gestern ging der erlogene Lebenslauf der SPD-Politikerin Petra Hinz durch die Medien. Der Frontberichterstatter erörtert, ob hier nicht ein generelles geschlechterpolitisches Problem besteht.



3. Die Kritik am verschärften Sexualstrafrecht reißt auch in den Leitmedien nicht ab. In der Frankfurter Allgemeinen äußert der Münchner Richter Markus Löffelmann schwerste Bedenken gegen das neue Gesetz. Der Artikel ist in Gänze lesenswert, hier einige Auszüge:

Der Deutsche Bundestag hat die Reform des Sexualstrafrechts mit überwältigender Einstimmigkeit und stehendem Applaus beschlossen. Bewertet man die Umsetzung des "Nein heißt nein"-Prinzips, an dem sich die Politik kollektiv berauscht hat, mit der gebotenen juristischen Nüchternheit, so kann man nicht umhin, sich Sorgen zu machen. "Nein heißt nein" ist in jeder Hinsicht ein Paradigmenwechsel: Es macht den bloßen Willen eines Rechtsgutsträgers zum Anknüpfungspunkt der Kriminalisierung, was im deutschen Strafrecht eine seltene Ausnahme darstellt; es nimmt bewusst fundamentale Beweisschwierigkeiten in Kauf; es akzeptiert als "Kollateralschaden" die Kriminalisierung im weitesten Sinne sozialadäquater Verhaltensweisen in bisher nicht dagewesenem Ausmaß; und es sprengt in mancherlei Hinsicht die Verhältnismäßigkeit schuldangemessenen Strafens. Die Konsequenzen der Reform sind also gravierend. Die Geschwindigkeit, mit der sie durchgesetzt wurde, steht dazu in krassem Gegensatz.

(...) Allein die Zahl der von den Familiengerichten an die Strafgerichte verwiesenen Fälle wird deutlich zunehmen, denn das Bekenntnis, man habe in einer bereits zerrütteten Ehe sexuelle Handlungen über sich ergehen lassen, ohne sie noch zu wollen und dies selbstverständlich zu erkennen gegeben, wird in Zukunft den Anfangsverdacht einer Straftat begründen.

(...) Beklemmend an dem Reformgesetz ist dreierlei: Erstens die allzu rasche Bereitschaft, mit der die Freiheit der Intim- und Privatsphäre vor staatlichen Eingriffen dem Schutz der sexuellen Selbstbestimmung untergeordnet wird, obwohl der Anteil der Sexualstraftaten an der Gesamtkriminalität bisher noch nicht einmal ein Prozent betrug. Zweitens die Leichtigkeit und Lebensferne, mit der schwerste Freiheitsstrafen vom Gesetzgeber als schuld- und tatangemessen gewertet werden. Und drittens, dass sich gegen die mit dem gutgemeinten Reformgesetz zwangsläufig einhergehende Masseninkriminierung von Jungen und Mädchen, Frauen und Männern aller Gesellschaftsschichten keinerlei Widerstand regt.




4. Die permanente Sperrung des Feminismuskritikers Milo Yiannopolous auf Twitter führt zu einer großen Kontroverse über den Wert von Meinungsfreiheit. Das liberale Magazin Reason berichtet.

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