Dienstag, April 05, 2022

Das Kind gehört zur Mutter: Studie schießt mit fragwürdiger Botschaft gegen Wechselmodell – News vom 5. April 2022

1. Gegen die Aufklärung, die in den letzten Jahrzehnten in Familiengerichten geleistet wurden, sowie gegen das Wechselmodell schießt eine schon direkt nach der Veröffentlichung umstrittene Studie die von drei Alleinerziehenden-Verbänden (Verband Alleinerziehender Mütter und Väter, Mütterinitiative Alleinerziehender, Alltagsheld:innen) unterstützt wird. In einem Artikel der "taz", der unkritisch über die erkennbar parteiliche Studie berichtet, heißt es, ihr zufolge werden "alleinerziehende" Mütter

im Umgang mit dem Jugendamt "erheblichen Risiken" ausgesetzt. Auch das Umfeld der Familiengerichte sei durch "Lobbyorganisationen" beeinflusst. Deren Narrative hätten sich, obwohl wissenschaftlich nicht haltbar, zu einer "Doktrin" in Aus- und Fortbildung entwickelt. So werde gestreut, dass Mütter ihre Kinder von Vätern "entfremden", sie nur Kinder und Geld wollten und sogar Gewalt und Missbrauch erfänden. Zudem werde verbreitet, einzig eine "50:50-Aufteilung" der Betreuungszeit lasse Kinder gesund aufwachsen. Hier werde der Anspruch der Gleichberechtigung missbraucht und die Besonderheit der Mutter-Kind-Beziehung marginalisiert.


Die distanzlose Darstellung der "taz" wird konterkariert durch die Kommentarspalte unter dem Artikel, wo die Studie förmlich zerrissen wird. Offenkundig lassen sich nur die wenigsten Leser dadurch Sand in die Augen streuen:

Dem Artikel/der Studie liegt die Fehlannahme zu Grunde, eine Mutter hätte mehr Recht auf das gemeinsame Kind als der Vater. Hier wird gegen eine Gleichwertigkeit und Gleichbehandlung von Frauen und Männern agitiert. Die Behauptung eine "50:50-Aufteilung" der Betreuungszeit "würde die Besonderheit der Mutter-Kind-Beziehung marginalisier[en]" ist absurd. Es ist noch nichmal angedeutet, worin diese Besonderheit liegen soll. Die Vermenung von Inobhutnahmen und Wechselmodellen in der Studie die im Artikel kommentarlos übernommen wird ist in höchstem Maße unseriös und zeigt das Ziel der Studie aus. "Parteilicher Aufschrei“ - na das trifft es gut.


Soso... die "Besonderheit der Mutter-Kind Beziehung".

Wenn das mal nicht den Vätern gegenüber abwertend ist, weiß ich nicht was sonst.

Gleichberechtigung ist eben keine Einbahnstrasse. Und es mehr als genug Beispiele wo Kinder eben auch den Vätern entzogen werden.

Ich begrüße es das die Rechtsprechung allen Elternteilen auch nach einer Trennung die Möglichkeit gibt sich weiter um das Kind zu kümmern. Ich erinnere mal daran wenn die Kindseltern unverheiratet sind fällt das alleinige Sorgerecht automatisch der Kindsmutter zu ! Der Vater - hat dann eben "Pech".

Natürlich sollte das Kindswohl an erster Stelle stehen. In Fällen von Gewalt etc. darf es da keine zweite Meinung geben. Ansonsten sollten die Eltern ihrer Verantwortung bewusst sein.


Früher galt mal in deutschen Familiengerichten der eherne Grundsatz, dass "Wille der Mutter" und "Kindeswohl" zwar nicht GENAU dasselbe, aber letztlich inhaltsgleich sind. Die fast schon mythische Rolle der Mutter als einziger Mensch, der weiß, was gut das Kind ist, und dem nur in absoluten Ausnahmefällen die Rolle der Hauptbezugsperson entzogen werden darf, war unangefochten. Das hat sich ein wenig geändert. Die Gerichte gehen tatsächlich mehr und mehr vom Rollenbild der daheim dominierenden Mutter und des von draußen versorgenden/ unterhaltenden Vaters ab und schleifen dadurch hergebrachte familienrechtliche Machtpositionen.

...und natürlich gibt es Leute, die das ganz gewaltig stört. Die Thesen aus der Studie sind entweder geschickt aus dem Zusammenhang gepickt, oder diese Studie ist nichts anderes als ein ziemlich plumper Versuch, mithilfe einiger - sicherlich korrekturbedürftiger - Einzelkonstellationen die alten Klischees vom mutterbestimmten Kindeswohl wieder aufleben zu lassen.


Die Studie wird vom Verband Alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) unterstützt, und die würden wohl kaum Inhalte unterstützen, aus deren Inhalt sich die Forderung nach dem vorherigen Staus Quo ergibt, wonach Kinder fast automatisch das Eigentum der Mütter sind und Väter absolut nichts zu melden haben, aber zahlen müssen.

Genau dieses Ziel scheint die Autorin durch die verunstaltende Darstellung der Studie zu verfolgen - wenn nicht, verfolgt sie es jedenfalls durch die völlig distanzlose Wiedergabe derselben.


Verstehe ich das richtig, dass der Vorwurf lautet, Väter wollten sich zu sehr um ihre Kinder kümmern und darunter leiden Mütter und Kinder?

Gleichzeitig wird Männern immer vorgeworfen, sich zu wenig für "Carearbeit" zu engagieren. Ja was denn nun?


Aha, hier kommt wieder der konservative Flügel zu Wort: Weil Frauen Frauen sind, sind Kinder einfach immer besser bei ihnen aufgehoben. Es ist auch nicht sinnvoll, die Kinder zu befragen, weil die entweder eh nur zu Mami wollen oder vom Papi beeinflusst werden. Überhaupt kann es offenbat gar nicht zu viel Mutter geben.

Ich glaube, die Position von Herrn Hammer würde Frau von Storch 100% mittragen.


Auch außerhalb der "taz" wird die Studie unkritisch dargestellt. So heißt es schon im Anreißer eines Beitrags von Jutta Rinas für das Redaktionsnetzwerk: "Eine neue Studie zeigt eklatante Missstände an deutschen Familiengerichten auf." Der Artikel selbst ist in einem noch alarmistischeren Tonfall gehalten. Eine Kommentarmöglichkeit darunter gibt es nicht.

Dafür wird die Seriosität der Studie bereits auf Twitter diskutiert.

In meinen Augen zeigt die Existenz dieser Schrift, wie bedroht sich verschiedene Netzwerke inzwischen dadurch fühlen, dass eine gleichberechtigte Erziehung von Kindern auch nach der Trennung der Eltern immer selbstverständlicher wird.



2. Auf Baustellen im australischen Bundesstaat Victoria gilt zukünftig eine Frauenquote von 38 Prozent.



3. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Hallo, Arne,

dieser Krege in der Ukraine ist für mich eigentlich der denkbar falscheste Zeitpunkt, um über "Gender" zu diskutieren. Ist ja sonst schon ein Luxusthema privilegierter Schichten, im Krieg, den Zeigefinger auf Leidende gerichtet wird es auch noch arrogant, unmenschlich. Und so müssen wir nicht darüber reden, dass beim Massaker in Butscha - fiel gewiss nicht nur mir auf - nur Männer abgeschlachtet am Wegesrand lagen. Können ja auch ukrainische Frauen nichts für, die schonmal gar nicht. Was mich aber doch sehr sticht ist erneut die bundesdeutsche Berichterstattung. Und ja, ich freue mich immer, wenn Spiegel Online merkt, dass auch Männer Menschen sind. Dass das aber immer nur dann der Fall ist, wenn nur Männer die Opfer sind und man augenscheinlich den Begriff "Männer" umschiffen möchte, also das neutrale "Menschen" wählt, lässt schon ein wenig an Srebrenica denken, leider. Also in pressesprachlicher Hinsicht, meine ich.

Ich lese nun nicht alles, viel ist hinter der Bezahlschranke und ich danke dem Gott meines mittlerweile schnell hochfahrenden Pulses dafür, dass ich nur die Schlagzeile sehe, den Teaser. Aber da fällt es ja besonders auf, denn ich komme um die Frage nicht herum, ob die "Reportage aus Butscha" auch mit "Mordmotiv Frustration" betitelt wäre, wenn es Frauen gewesen wären, so tot, so im Matsch, so hingerichtet. Der Spiegel hat schon denbar schlechtere Steilvorlagen mit einem Femizid-Hechtsprung eingenetzt. Und ob man danach einfach nur von "Menschen" geredet hätte...

Wir kennen die Antwort, sparen sie uns aber bitte für die sehr baldige Zeit nach diesem Wahnsinn auf.




kostenloser Counter