Mittwoch, November 27, 2019

"Diskriminierte Männer? Das ist ausgleichende Gerechtigkeit" – News vom 27. November 2019

1. Im Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" erklärt die Schweizer Gewerkschaftlerin, Feministin und frühere SP-Präsidentin Christiane Brunner unter der Überschrift "Diskriminierte Männer? Das ist ausgleichende Gerechtigkeit", was sie von der aktuellen Situation der Männer hält:

Christiane Brunner: Ich habe wenig Mitleid. Diese Männer erfahren nun, was über Jahrzehnte den Frauen widerfahren ist. Einer der Slogans des Frauenstreiks von 1991 war: Macht Platz! Das ist reine Mathematik. Wenn mehr Frauen die Wahl schaffen, kann das nur auf Kosten der Männer gehen.

NZZ: Ihre Partei sucht eine neue Spitze, und es kommen nur Frauen infrage. Das ist doch diskriminierend.

Christiane Brunner: Das macht doch nichts. Wenn Frauen ebenso qualifiziert sind wie ihre männlichen Kollegen, sollen sie zum Zug kommen.

NZZ: Also braucht es für die Gleichstellung eine temporäre Diskriminierung der Männer?

Christiane Brunner: Die armen Männer? Tant pis! Vielleicht gibt es vereinzelt Diskriminierungen von Männern. Das ist ausgleichende Gerechtigkeit. Als ich Präsidentin der damaligen Gewerkschaft SMUV war, sagten mir Männer: Du sprichst die ganze Zeit nur über Frauen. Meine Antwort war: Meine Vorgänger waren alle Männer. Sie haben nur über Männer gesprochen, jahrelang.


Angenommen, dem wäre tatsächlich so gewesen: Wenn man einen Fehler wiederholt,macht man die Dinge dadurch besser? Es ist kein Wunder, dass der Feminismus bei vielen immer noch einen schlechten Ruf hat. Man kann nicht gerade sagen, dass er an einer Versöhnung der Geschlechter arbeitet.

Es bleibt die Frage, wie lange die Diskriminierung von Männern aus feministischer Sicht berechtigt ist. Viele Feministinnen glauben ja an eine Jahrtausende währende Unterdrückung der Frau – soll die Benachteiligung von Männern aus Gründen der ausgleichenden Gerechtigkeit ebenso lange stattfinden? Und wie will man Männern gleichzeitig vermitteln, dass es gut für sie sein soll, den Feminismus zu unterstützen?



2. Margarete Stokowski erklärt uns Männern auf Spiegel-Online, wie wir uns für mehr Geschlechtergerechtigkeit einsetzen können:

Männer sollen nicht zu Veranstaltungen gehen, bei denen nur Männer eingeladen sind zu sprechen. Männer sollen sich nicht in die Hosen machen, wenn eine Frau mehr verdient als sie. Männer sollen nicht so viel trinken, dass sie sich nicht mehr im Griff haben. Sie sollen aufhören ihre Partnerinnen und Ex-Partnerinnen zu ermorden. Und so weiter. Think outside the box. Natürlich sagt immer jemand, wenn man diese Art von Tipps gibt, dass das lächerlich ist. Es sei sinnlos, solche Tipps zu geben, weil Männer sich dadurch eh nicht ändern, gerade da, wo es um Geld, Macht und Gewalt geht.


Ich frage mich inzwischen schon ein bisschen, wie es in der Redaktion von Spiegel-Online aussieht, wo sich die Männer mit solchen Ratschlägen offenbar erkannt und angesprochen fühlen.



3. Die Süddeutsche Zeitung berichtet:

Die Unionsfraktion lehnt den Vorstoß der sozialdemokratischen Bundesministerinnen Christine Lambrecht und Franziska Giffey für eine Frauenquote in Unternehmensvorständen ab. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, sagte der Süddeutschen Zeitung, es müsse gelten: "Ja zu mehr Frauen in deutschen Vorständen und Aufsichtsräten, aber nein zu einer Frauenquote per Gesetz." In der sozialen Marktwirtschaft gelte "das Leistungsprinzip, und zwar unabhängig des Geschlechts". Ein staatlicher Eingriff in die Personalpolitik von Unternehmen wäre deshalb "ein ordnungspolitischer Sündenfall".


Hier geht es weiter.



4. Der Bayerische Rundfunk berichtet:

München gilt als die sicherste Großstadt Deutschlands, und dennoch: Viele Frauen beschleicht nachts auf dem Nachhauseweg oder beim Warten an der Bushaltestelle ein mulmiges Gefühl. Auch eine positive Polizeistatistik hilft nicht gegen die Angst vor Übergriffen. Die Grünen im Münchner Stadtrat haben deshalb einen Antrag eingebracht, der heute beschlossen wurde: Ab März 2020 soll es Fünf-Euro-Taxigutscheine geben für die nächtliche Fahrt nach Hause. (...) Frauen und Transfrauen ab 16 Jahren dürfen das Angebot nutzen und eigene Kinder unter 18 Jahren auf die Fahrt mitnehmen.


Die Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet für ganz Deutschland im Jahr 2018 etwas mehr als 611.000 männliche und etwas mehr als 414.000 weibliche Opfer. Im Bereich "Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen" finden sich fast doppelt so viel männliche wie weibliche Opfer; kaum anders sieht es im Bereich "Körperverletzung" aus. Aber nachdem die Leitmedien diese Zahlen ignorieren und das Problem stattdessen konsequent auf "Gewalt gegen Frauen" reduzieren, die sie zugleich zur allgegenwärtigen Bedrohung hochjazzen, wundert einen das mulmige Gefühl nicht, das bei vielen Frauen entstanden ist. Sie erhalten in München jetzt dank der Grünen einen Taxi-Gutschein, während die weit größere Zahl von männlichen Opfern einmal mehr leer ausgeht.



5. "Jetzt ist Schluss!" rief Alice Schwarzer Feministinnen zu, die gegen ihren Auftritt protestierten.



6. So mancher äußerte erhebliche Bedenken, als der Film "Joker" in den Kinos an den Start ging. So ein Film sollte besser nicht gezeigt werden, hieß es, denn die bekanntlich ständig gewaltbereiten "Incels" (junge Männer ohne Beziehungserfahrung) könnten nach diesem Film durchdrehen und zu schlimmen Gewalttaten schreiten.

Jetzt kam es tatsächlich zu massiven Gewalthandlungen bei einer Kinovorführung – allerdings nicht beim Film "Joker". Sondern bei dem als feministische Offenbarung gepriesenen Disney-Film "Frozen 2".

Bei einer Vorführung von Disneys neuem Film "Frozen 2" brach eine Massenschlägerei zwischen Teenagern aus, bei der bis zu 100 Teenager Waffen, einschließlich Macheten, trugen, als sich die Eltern mit ihren Kindern anstellten, um den Film in Birmingham, England, zu sehen. (...) Bewaffnete Polizisten wurden zum Tatort geschickt und benutzten angesichts einer "sehr feindlichen Reaktion" gegen sie Taser in ihren Bemühungen, Ordnung zurückzugewinnen. (...) Eine Augenzeugin berichtete auf Twitter, wie die Schlägerei ausbrach, als sie mit ihrer Tochter auf ihre Vorführung von "Frozen 2" wartete: "Es gab einen Kampf im Kino.... eine Gruppe von Mädchen ging auf ein Mädchen los und dann eskalierte alles. Die Gruppe lief in die Kinoräume, um sich zu verstecken, und eine Menge Polizisten tauchten auf. Es muss eine der schrecklichsten Erfahrungen meines Lebens sein, so traurig, dass all die kleinen Kinder da waren."


Diese Welt wird allmählich selbst für mich zu irre. Warum bitte denken sich Teenager/innen heute: "Oh, ich gehe 'Frozen' gucken. Besser, ich nehme mal eine Machete mit"?



7. Einer neuen Studie zufolge sind es nicht Väter, sondern Mütter, die mit Sprüchen wie "Jungen weinen nicht" ihrem Nachwuchs Aspekte der angeblichen "toxischen Männlichkeit" vermitteln.

Fast 600 Eltern aus Kanada und den USA nahmen an der Studie teil. Nach Abschluss eines Tests zur Messung ihrer latenten Einstellungen zum Ausdruck von Gefühlen präsentierte man den Studienteilnehmern Bilder von Kindern im Alter von 8 bis 12 Jahren, die entweder Traurigkeit oder Wut zeigten. Die Teilnehmer wurden dann aufgefordert, jedes Bild in eine "angenehme" oder "unangenehme" Kategorie einzuteilen.

Während Väter im Allgemeinen keine geschlechtsspezifische Parteilichkeit zeigten, wenn es darum ging, Traurigkeit oder Wut zu zeigen, fand die Studie heraus, dass Mütter Mädchen, die weinen, gegenüber Jungen, die weinen, bevorzugten und eine ähnliche Parteilichkeit aufwiesen, wenn es um Wut ging.

"Mütter denken tatsächlich, dass Mädchen, die Wut ausdrücken, angenehmer oder akzeptabler sind als Jungen, die Wut ausdrücken", sagte [die Studienleiterin] Professor Thomassin.




8. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir, dass seine Kommentare, die er unter "Zeit"-Artikeln hinterlässt, noch immer eifrig gelöscht werden. Aktuell etwa folgender Kommentar unter diesem Artikel:

Was mich bei diesem Thema wirklich nervt:

Da erzählt die gesamte Presse, wie wichtig gendergerechte Sprache ist, und bei so einem sensiblen Thema hält sich die "Zeit" nicht an die eigenen Predigten.

Wir wissen:

1) Männer sind genauso vom Sexismus betroffen wie Frauen.

2) Männer sind von häuslicher Gewalt ebenfalls zu 50% betroffen

3) Selbst bei Kindesmissbrauch durch Schutzbefohlene sind Frauen mit fast 30% ein massives Problem.

Dennoch werden diese Themen fast ausschließlich im Narrativ Mann=Täter Frau=Opfer berichtet.

Wenn Mann sich darüber beschwert ist man ein Lügner oder eine Mimose, obwohl doch verlangt wird, der Neue Mann soll über seine Gefühle sprechen.


"Diesmal wurde mein Post nach ca. 20 Minuten einfach gelöscht", berichtet mein Leser. "Es ist nicht mal mehr zu sehen, dass ich versucht habe zu kommentieren."

Solche Reaktionen sind besonders pikant, wenn man bedenkt, dass, nachdem in Umfragen eine deutlich überwiegende Mehrheit von Deutschen befunden hatte, man dürfe zu bestimmten Themen seine Meinung nicht mehr sagen, es noch vor wenigen Wochen in einem "Zeit"-Artikel geheißen hatte, noch sei "Zeit genug, das zugewandte Gespräch von Lagerfeuer zu Lagerfeuer neu zu beginnen. Diese Aufgabe kommt den Universitäten ebenso zu wie den Parteien, Vereinen und Medien, und sie sollte mit einer Selbstverpflichtung zu Pluralität und Diversität bei der Zusammensetzung von Podien, Kongressen oder Talkshows einhergehen".

Nicht nur, wie die "Zeit" mit kritischen Kommentaren umgeht, zeigt, dass es sich bei diesen Worten lediglich um als ein scheinheiliges Lippenbekenntnis handelt, reine Heuchelei. Beispielsweise hatte ich ein paar Monate zuvor auch einer Reihe von "Zeit"-Redakteuren Exemplare des von mir herausgegebenen wissenschaftlichen Sammelbandes "Gleichberechtigung beginnt zu zweit" zugesandt, in dem Feministinnen und Maskulisten miteinander den Dialog aufnehmen. Von niemandem in der "Zeit"-Redaktion habe ich daraufhin auch nur eine Antwort erhalten. Wie in anderen Leitmedien ist man dort an Meinungspluralismus nicht ernsthaft interessiert. Gegenläufige Ansichten können dann nur noch im Internet publiziert werden, woraufhin unsere Leitmedien sie dann als "Hass" etikettieren.

Ein weiterer Leser schreibt mir zu einem anderen Thema:

Bezüglich des Stern-Artikels über männliche Veganer und deren Schwierigkeiten denke ich, dass diese merkwürdige Gewichtung, wie Du sie nennst, nicht so überraschend ist, wie sie scheinen mag. Mir ist bereits seit einigen Monaten aufgefallen, dass zunehmend versucht wird, einen zwar nicht völlig abwegigen, aber insgesamt doch ziemlich übertrieben dargestellten angeblichen Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und traditionellen Männlichkeitvorstellungen herbeizureden – und letztere dann in der Folge samt Fleischkonsum für toxisch zu erklären. Eine kurze Google-Suche nach den Begriffen "masculinity" und "vegan" wird Dir schnell zeigen, worauf ich hinaus will. In diesem Kontext ist auch der Stern-Artikel zu sehen: Es geht nicht wirklich um das Aufzeigen einer Diskriminierung von Männern, sondern vielmehr darum, zu zeigen, auf welche Ablehnung Männer stossen würden, wenn sie eine für traditionell männlich und schlecht erklärte Verhaltensweise (hier: Fleisch essen) ablegen.

Als lebenslanger Vegetarier mit Tendenz zu veganer Ernährung sehe ich diese Vereinnahmung von Veganismus und Vegetarismus durch Gender-Narrative nicht sehr positiv. Für mich und vermutlich für die meisten traditionelleren Veganer und Vegetarier war es jahrzehntelang jedenfalls kein Thema, dass wir irgendwie als unmännlich angesehen würden. Dass ein echter Mann Fleisch essen müsse, hatte ich bis vor kurzem, glaube ich, so nie gehört. (Bis in die 90er hatten wir andere Probleme, da wurde man immer wieder mal für verrückt erklärt oder hat halt einfach nichts zu essen bekommen - was aber nichts mit dem Geschlecht zu tun hatte.) Jetzt wird hier aus meiner Sicht nachträglich umgedeutet.

Mir scheint auch, dass diese Deutung für den Veganismus und den Vegetarismus eher schädlich ist. Fleisch essen die meisten Männer nämlich vor allem, weil es ihnen schmeckt, nicht weil sie sich dadurch männlicher fühlen. Hingegen gibt es ja mehrere sehr gute Gründe für Fleischverzicht – vom Tierschutz über die Klimaverträglichkeit bis hin zur Gesundheit – von denen sich immer mehr Menschen überzeugen lassen. Wenn man den Fleischverzicht jetzt aber als Teil einer "neuen Männlichkeit" verkauft, denke ich, dass dies viel mehr Männer abschreckt, als es inspiriert. Gerade zum Beispiel unter Bodybuildern (das Beispiel im Stern-Artikel ist daher schon recht absurd) gibt es schon seit Jahren eine ansehnliche vegane Szene, die die Vorteile der veganen Ernährung für den Muskelaufbau herausstreicht, und die sich etwas überschwänglich auf historische Vorbilder wie vegane Gladiatoren bezieht. Veganismus, um Männlichkeitsvorstellungen zu hinterfragen, käme dort wohl eher weniger gut an.

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