Freitag, November 22, 2019

Gender-Studentin packt aus: So werden wir auf Konformität getrimmt – News vom 22. November 2019

1.
Seit sich die Gender Studies in den letzten Jahren als interdisziplinäre Forschungsrichtung an Universitäten immer größerer Beliebtheit erfreuen, werden auch die kritischen Stimmen lauter. (...) Wer nicht erfährt, kann nicht urteilen, dachte ich mir, und beschloss kurzerhand, wieder Studentin zu werden. Studentin der Gender Studies.

(...) Ohne über die Motivation eines jeden Einzelnen fachsimpeln zu wollen, war eines augenscheinlich: Wir waren in der Überzahl. Und wenn ich „wir“ sage, meine ich: Frauen – was ich mit den in diesem Semester gesammelten Erfahrungen nicht so pauschal sagen dürfte, weil man ja nicht wissen kann, welchem Geschlecht sich jemand zugehörig fühlt. Ich war und bin eben eine schlechte Gender-Studies-Studentin.

(...) Das wurde mir während des Semesters, nachdem ich meine eigene politische Meinung unter großer Anstrengung lange zu verbergen versucht hatte, schmerzlich bewusst. In der Übung zur Einführung in die Gender Studies war es unsere Aufgabe, in einer Gruppe ein bestimmtes Thema inklusive Literatur im Rahmen einer ganzen Lehrveranstaltungseinheit den anderen Kollegen zu präsentieren. Ich sah "Queere Theorien und Praktiken" auf der Liste, mir fiel einiges dazu ein, ich überlegte nicht lange und fand mich also in einer Kleingruppe zu ebendiesem Thema wieder.

Obwohl ich mir vorgenommen hatte, dieses Studium aus Recherchezwecken als stille Teilnehmerin zu absolvieren, bestand ich bei meinem Teil des Referats auf dem Buch "Beißreflexe". Weil: Wer Queer und Kritik daran sagt, muss auch Patsy L’Amour ­laLove sagen. (Für die, die nicht so sehr in die aktuelle feministische Literaturkritik eingelesen sind: L’Amour laLove, selbsternannte Polit-Tunte, und andere üben in diesem Sammelband harsche Kritik an der autoritären Blockwartmentalität, die die Queere Theorie ihrer Meinung nach angenommen hat.) Jedenfalls hatte ich schon meine Probleme, das Buch innerhalb meiner Referatsgruppe zu verteidigen ("Aber das können wir doch nicht machen! Das ist ja furchtbar böse Kritik!"), was zum Kompromiss führte, zunächst äußerst positive Abhandlungen zum Thema und dann das von mir gewählte Buch "aber ausdrücklich als Kritik und nicht als unsere Meinung!" auszuwählen.

Mir war zu diesem Zeitpunkt schon beinahe der Kragen geplatzt, weshalb ich auch kein Problem damit gehabt hätte, dazuzusagen, dass ich das gesamte Buch in seiner Kritik als äußerst schlüssig empfinde – aber trotzdem gut, dass ich es nicht tat. Es stellte sich nämlich im Lauf des Referats heraus, dass die Lehrveranstaltungsleitende das Buch als ganz furchtbares Nestbeschmutzen empfand (einer der Autoren, Vojin Saša Vukadinović, war – oh Schreck – selbst zuvor Student der Gender Studies gewesen). Gelesen hatte sie es ­allerdings nicht, wie sie mir verriet.


Hier findet man den vollständigen Text.



2. Die neueste Sexismus-Studie ist da:

Gefragt nach ihrer eigenen Betroffenheit antworteten 44 Prozent der befragten Frauen und 32 Prozent der Männer, dass sie derzeit Sexismus gegen sich persönlich erleben. Wöchentlich sehen sich acht Prozent der Frauen und sieben Prozent der Männer Sexismus ausgesetzt.


Für Politik und Leitmedien allerdings ist nur die frauenfeindliche Ausprägung von Sexismus ein relevantes Thema.



3. Der aktueller Zwischenstand bei dem Gerangel um eine Frauenquote in der CDU sieht dem Tagesspiegel zufolge so aus:

Über den Antrag der Frauen-Union (FU) wird voraussichtlich erst gar nicht diskutiert. Wie der Tagesspiegel aus Parteikreisen erfuhr, erklärte sich der Bundesvorstand der FU am Donnerstagmittag dazu bereit, das Thema an eine Kommission zu verweisen. Der Quoten-Streit ist damit vorerst vertagt. (...) Selbst Befürworter sagen, dass im Falle einer Abstimmung eine Niederlage wahrscheinlich sei.

(...) [Wiebke] Winter, die gerade in Wirtschaftsrecht promoviert, leitet den Bundesarbeitskreis "Frauen" der Jungen Union. In ihrem 70-köpfigen Netzwerk kenne sie keine, die für eine verpflichtende Regelung sei, sagt sie. Stattdessen setzt die Gruppe unter dem Hashtag #MehrMädels darauf, dass freiwillig mehr Frauen kandidieren. Auf Parteitagen verteilen sie Sticker, auf Instagram porträtieren sie junge Vorbilder. "Ich will keine Quotenfrau sein", sagt Winter. Und: "Ich würde mich nicht als Feministin bezeichnen. Ich bin einfach für Gleichberechtigung."


Auch Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann hat sich kurz vor Beginn des CDU-Parteitags gegen die Frauenquote ausgesprochen.

Bemerkenswert bleibt, dass ein zentrales Argument gegen die Quote – die damit verbundene Diskriminierung der Männer – von ihren Kritikerinnen in der CDU kaum erwähnt wird.

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