Kriegsdienstverweigerer müssen in Europa um ihr Leben zittern
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Lange galten sie als Feiglinge und Verräter: Männer, die nicht Soldaten werden oder bleiben wollen. Im Zweiten Weltkrieg wurden Wehrmachtsdeserteure oft sofort standrechtlich erschossen, wenn man sie aufgegriffen hatte. Manche wurden auf Himmelfahrtskommandos geschickt, also an Frontabschnitte, an denen ein Überleben besonders unwahrscheinlich war. Es war auch das Verdienst von überlebenden Opfern der NS-Militärjustiz wie Ludwig Baumann, dass Menschen, die nicht für die Nazis kämpfen wollten, rehabilitiert wurden. Und dass Kriegsdienstverweigerer nicht mehr ausgegrenzt wurden.
Auch die westdeutsche Friedensbewegung der 1980er Jahre trug dazu bei. In ihrer Hochzeit entstand auch der Internationale Tag der Kriegsdienstverweigerung, kurz "KDV-Tag": Seit 1983 werden mit ihm alljährlich am 15. Mai international Menschen geehrt und unterstützt, die sich staatlichem Zwang zur Teilnahme an Kriegen und dem Militärdienst allgemein widersetzen. Heute gehört in Ländern wie Russland, der Ukraine und Belarus, aber auch in Israel, viel Mut dazu, den Dienst an der Waffe zu verweigern und sich dem Töten und der Todesgefahr zu entziehen. Denn dafür drohen oft hohe Haftstrafen.
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2. In einem weiteren Artikel berichtet das Neue Deutschland über zwei russische Kriegsdienstverweigerer (Vater und Sohn), deren Kirchenasyl von der deutschen Polizei gewaltsam beendet wurde.
3. Die Evangelische Friedensarbeit forderte gestern nachdrücklich Schutz und Hilfe für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure vor allem aus der Ukraine, Russland und Belarus. "Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht, das auch in Kriegszeiten gilt", bekundete der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Friedrich Kramer.
"In Litauen hatte ich die Gelegenheit, mit Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern aus Belarus zu sprechen", sagt Friedrich Kramer. Die persönlichen Schicksale seien dramatisch. "Teilweise droht den Asylsuchenden die Abschiebung nach Belarus, wo lange Haftstrafen oder eine Anklage wegen Hochverrats auf sie warten", so der EKD-Friedensbeauftragte. Dass in der Europäischen Union Menschen um ihr Leben zittern müssten, nur weil sie ihr Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung in Anspruch nehmen würden, sei für die Friedensnobelpreisträgerin EU unwürdig, sagt der Landesbischof.
"Belarussische Deserteure werden in Litauen vom Verteidigungsministerium als Gefahr für die nationale Sicherheit eingestuft", kritisiert auch Gregor Rehm, der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche der Pfalz, der Friedrich Kramer bei seinem Besuch in Litauen begleitet hatte. Die Asylbehörden würden dieser Einschätzung folgen und entsprechende Bescheide erstellen, so Rehm. "Bisher war die gängige Praxis ohne gesetzliche Grundlage. Das scheint sich aber im Moment zu ändern. Es gibt Bestrebungen, diese Praxis in Gesetzesform zu gießen. Für die belarussischen Deserteure in Litauen bedeutet dies eine Katastrophe", so der pfälzische Friedensbeauftragte. Dies seien Beispiele, wie gefährdet das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung sei, so die Vertreter der Evangelischen Friedensarbeit im Raum der EKD.
4. Die Frankfurter Allgemeine berichtet über Aktivisten in Georgien, die russischen Deserteuren bei der Flucht helfen.
5. Die jungle world beschäftigt sich mit der Lage der Yeziden im Irak und blickt dabei auch auf den Völkermord durch den sogenannten Islamischen Staat zurück: "Wer nicht rechtzeitig floh, wurde meistens erschossen, insbesondere alle Männer."
6. Ferda Ataman, Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, prangert Verbote, in Schulen und Behörden die geschlechtertrennende Gender-Sprache zu verwenden, als Verstoß gegen Grundrechte an. Begründeten Widerspruch dazu findet man im Magazin "Cicero" und in der Frankfurter Allgemeinen.
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