Lässt Kinderkriegen das Gehirn schrumpfen?
1. Unter der Überschrift "Lässt Kinderkriegen das Gehirn schrumpfen?" beschäftigt sich Theresa Bäuerlein mit Veränderungen des Gehirnvolumens bei frischgebackenen Eltern: Das trifft nicht allein Mütter: "Betroffene Väter berichten auch von erhöhtem Stress und Schlafproblemen. Das könnte auf die emotionalen und körperlichen Belastungen durch intensive Elternschaft hinweisen – eine Herausforderung, die nun auch zunehmend Männer betrifft."
2. Unter jungen Frauen liegt es im Trend, nette Männer mit gutmütigen, etwas treudoofen Hunden zu vergleichen. Dagegen spricht sich Jana Felgenhauer im STERN aus:
Wollen wir den Macho zurück? Den Angeber, den Kläffer, den Beißer? Niemals! (…) Wir brauchen sie, die freundlichen Männer, die stillen Feministen. Die, die Kaffee ans Bett bringen, sich liebevoll ums Kind kümmern, ohne Aufforderung den Putzlappen schwingen, am Abend mit Hingabe Füße massieren.
3. In der Neuen Zürcher Zeitung beschäftigt sich Birgit Schmid mit dem grotesken Männerhass, der in der Mann-oder-Bär-Debatte deutlich wird:
Das ist das Männerbild einer Generation, die mit #MeToo aufgewachsen ist. Man mag über solche Befragungen lachen, bei denen sich die Antworten gegenseitig befeuern. Denn den meisten Frauen dürfte klar sein, dass sie die Begegnung mit einem Bären wahrscheinlich nicht überleben würden. Aber darum geht es nicht.
Das Thema Sexismus und sexuelle Gewalt ist in den Medien so gegenwärtig, dass der Eindruck entsteht, es werde immer schlimmer mit den Männern. Der absurde Mann-gegen-Bär-Vergleich offenbart ein Denken, bei dem der Mann natürlicherweise der Feind ist. Er stellt für eine Frau eine potenziell tödliche Gefahr dar allein deshalb, weil er ein Mann ist.
Wie also könnte man den Wald und überhaupt die Welt für Frauen sicherer machen? Indem die Hälfte der Menschheit daraus verschwindet.
Die Vision des heutigen Feminismus ist das Ende des Mannes. Damit verspricht man sich auch ein Ende von Sexismus und sexueller Gewalt. Aktivistinnen sehen in Männlichkeit ein Krebsgeschwür, das entfernt werden müsse. Werdende Mütter sind entsetzt über das männliche Geschlecht ihres ungeborenen Kindes, ein Bub wird als «waste of space» im Uterus angesehen. Der Hashtag #MenAreTrash verweist die Männer an ihren Ort: in den Abfall.
Diese radikalfeministischen Positionen knüpfen an Vernichtungsphantasien früherer Feministinnen an. Die Amerikanerin Andrea Dworkin bezeichnete Sex zwischen Mann und Frau in den 1970er Jahren als Vergewaltigung der Frau. "Terror strahlt aus dem Mann", schrieb sie, "Terror erleuchtet sein Wesen, Terror ist sein Lebenszweck." Sie stellte sich vor, wie man Männer ausschalten könnte – mit Highheels als Waffe.
Die Schriftstellerin Valerie Solanas träumte von einer Welt, in der ausschliesslich Frauen leben. Sie veröffentlichte 1971 ihr "Manifest der Gesellschaft zur Vernichtung der Männer". Die allerdings psychisch angeschlagene Männerhasserin setzte ihr Anliegen in die Tat um, als sie auf Andy Warhol schoss.
Im weiteren Verlauf ihres Artkels schildert Birigt Schmid ausführlich feministische Literatur, die in der Utopie einer Welt ohne Männer schwelgt. Dabei gelangt sie zu dem Fazit:
Vielleicht muss das aber auch einfach wieder einmal gesagt werden angesichts der gegenwärtigen Stimmung, wo Bären als weniger gefährlich angesehen werden als Männer. Eine Frau hat ihre "Mann oder Bär"-Antwort so begründet: "Du weisst bei einem Bären, was dich erwartet." Das stimmt wohl – und sie müsste um ihr Leben fürchten. Würden alle Frauen so denken wie sie, würde das eintreten, was sich ebenfalls niemand ernsthaft wünschen kann: eine Welt ohne Frauen.
4. In Österreichs "Falter" beschäftigt sich Florian Klenk mit der Verdachtskultur gegen Männer in Firmen:
Eine Angst geht um bei Männern: zu Unrecht der sexuellen Belästigung, eines "unangemessenen Verhaltens" beschuldigt oder auch einfach nur im Netz Opfer eines "Outcalls" zu werden. Einem Kollegen ist genau das im Herbst widerfahren. Über einen anonymen Twitteraccount warnte ein "anonymes Kollektiv" vor ihm, er sei ein Vergewaltiger. Mehr noch, das Kollektiv forderte alle dazu auf, die Rechtfertigungen des Täters nicht zu retweeten, denn das würde die "Opfer delegitimieren". Anzeigen wurden nie erstattet, doch der Mann wurde beruflich und sozial geächtet. Tausende retweeteten die anonyme Behauptung. Der Mann kämpft noch heute um die Wiederherstellung seines Rufs.
(…) Der Wert strenger Verfahrensregeln wird in Zeiten des digitalen Vigilantismus, also der Social-Media-Selbstjustiz, zu oft verkannt. Aber er ist wichtiger denn je, denn die stille Post in der redaktionellen vernetzten Gesellschaft führt in den Abgrund, wie der Fall Schilling zeigt: Aus einer unangemessenen Bemerkung wird schnell eine Belästigung, aus einer Belästigung ein Übergriff, aus dem Übergriff ein Missbrauch. Der Betroffene steht auf einmal einer anonymen Masse gegenüber, die sich im Recht wähnt, nämlich aufseiten des Opfers. Jede Verteidigung multipliziert das Gerücht, jedes Schweigen bestätigt es. Rechtsschutz gibt es dagegen nicht.
Juristen lernen daher einen ganz wichtigen Grundsatz: Strenge Verfahrensregeln dienen der Wahrheitsfindung und damit auch dem Opfer. Audiatur et altera pars. Kein Schuldspruch ohne faires Verfahren. Keine Strafe ohne Gesetz. Umittelbarkeit der Beweisführung, also direkte Konfrontation mit dem belastenden Material. Diese Regeln geraten in einer politisch korrekten Twitter-Schnelljustiz immer öfter in Vergessenheit. Dabei sind sie Antwort auf Unrechtserfahrungen. Auch den Interessen der Opfer wird mehr geholfen, wenn Sanktionen nicht auf Gerüchten aufbauen, sondern auf Fakten.
5. Die Ukraine will ihre Männer zurück – und erhält Rückendeckung aus der Schweiz.
Die konsularischen Dienste wurden für alle potenziell wehrpflichtigen ukrainischen Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren von einem Tag auf den andern eingestellt. Sie können seither ihre Pässe nicht mehr erneuern und weder Zivilstandsangelegenheiten noch andere Formalitäten erledigen. (…) Wer dringend an Papiere gelangen muss, dem bleibt derzeit allerdings nichts anderes übrig, als in die Ukraine zu reisen. Und dort gilt: Kommt man für die Rekrutierung in die Armee infrage, darf man das Land nicht wieder verlassen. In der Diaspora geistern bereits Geschichten über Zwangsrekrutierungen herum.
(…) Doch Druck spüren die ukrainischen Flüchtlinge nicht nur aus der Heimat, sondern jetzt auch im Gastland. Für bürgerliche Schweizer Politiker ist nun der Moment gekommen, den betroffenen Männern den Schutzstatus abzuerkennen.
So findet der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen, ein Mitglied der Staatspolitischen Kommission: "Wer in der Ukraine potenziell wehrpflichtig ist, hat keinen gerechtfertigten Anspruch auf den Schutzstatus S, denn dieser richtet sich vor allem an schutzbedürftige Frauen, Kinder und Alte." Die Schweiz solle der Ukraine bei einer allfälligen Rückholung der wehrpflichtigen Männer behilflich sein.
(…) Auch die SVP will ein entsprechendes Abkommen prüfen. SVP-Asylchef Pascal Schmid plant im Nationalrat eine Anfrage zum Thema. "Dass die Schweiz seit zwei Jahren auch fahnenflüchtige Männer aufnimmt und mit Steuergeldern unterstützt, führt den Schutzstatus ad absurdum", sagt Schmid. "Wir zeigen uns da sehr unsolidarisch mit der Ukraine, die an der Front völlig am Anschlag ist." Schmid regt an, sich den umgekehrten Fall vorzustellen: "Wäre die Schweiz in ihrer Existenz bedroht, hätten wir auch keine Freude daran, wenn andere Länder Hunderttausende unserer Soldaten beherbergen würden und noch glaubten, damit etwas Gutes zu tun."
"Wehrpflichtigen Männern den Schutzstatus abzuerkennen, tönt erst einmal brutal", sagt SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann. "Doch wenn sie in die Ukraine zurückkehren, wäre dem Land sehr geholfen. Und das müsste ja eigentlich auch im Sinne jener Kreise sein, die ständig nach Waffenlieferungen schreien."
(…) Andrei Luschniki, Präsident des Ukrainischen Vereins in der Schweiz, bezeichnet die Äusserungen der Politiker als "moralische und politische Bankrotterklärung".
"Es ist ein zynischer Versuch, das Ukraine-Problem zu lösen. Und das von Politikern eines Landes, das nicht einmal Drittländern erlaubt hat, schweizerische Waffen weiterzugeben, um der Ukraine zu helfen", sagt Luschniki. Er fragt sich, welche Botschaft man den Menschen vermittle, wenn man sie zuerst als Kriegsflüchtlinge aufnehme und zwei Jahre später einfach in den Krieg zurückschicke.
6. Inzwischen berichtet auch Spiegel-Online über das israelische Lager, in dem offenbar palästinensische Männer gefoltert werden, womit sich am Wochende bereits CNN beschäftigt hatte. Der Artikel schildert auch die deutsche Reaktion darauf:
Das Auswärtige Amt bezeichnete die Berichte als "zutiefst verstörend". Weiter hieß es, "Vorwürfe über psychische und physische Misshandlungen, die nicht zu rechtfertigen sind, müssen lückenlos aufgeklärt werden". (…) Das Auswärtige Amt teilte mit, seine Vorwürfe auch an Israel direkt gerichtet zu haben. Man setze sich dafür ein, dass das Völkerrecht geachtet und die Rechte von Gefangenen eingehalten werden. Ferner solle dem Internationalen Roten Kreuz Zugang zum Gefangenenlager gewährt werden.
Nach meinen bisherigen Erfahrungen in den sozialen Medien, wenn es um Israel geht. kann ich mir einige Reaktionen darauf schon ausmalen: "Unglaublich! Jetzt wollen Deutsche den Juden sogar schon sagen, wie sie ihre Lager zu führen haben!"
Das von Israelis und Palästinensern herausgegebene Magazin +972 wirft der israelischen Regierung vor, dafür gesorgt zu haben, dass grausame Praktiken an Orten wie Sde Teiman ungestraft fortgesetzt werden können, was einen Verstoß gegen internationales Recht und medizinische Ethik darstelle:
Am 4. April veröffentlichte Haaretz die Kopie eines Briefes eines Arztes, der im Feldlazarett von Sde Teiman arbeitet. (…) "Aus den Beschreibungen in dem Brief", so das Public Committee Against Torture in Israel (PCATI) in seiner Antwort, "geht zweifelsfrei hervor, dass es sich um Taten handelt, bei denen es den Tätern nicht um Ermittlungen und Rechenschaftspflicht geht, sondern um Grausamkeit und Rachsucht um ihrer selbst willen." Physicians for Human Rights - Israel (PHRI) erklärte ebenfalls, dass solche Praktiken "der Folter gleichkommen".
(…) Sde Teiman ist Teil eines Netzes von Militäreinrichtungen in ganz Israel, die eindeutig gegen internationales Recht und grundlegende ethische Normen verstoßen. Doch die Tatsache, dass solche Praktiken inmitten des andauernden Krieges in Israel stattfinden, ist leider nicht überraschend. Tatsächlich war es schon lange abzusehen.
Die israelische Regierung hat Monate damit verbracht, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Einrichtungen wie Sde Teiman mit beispielloser Straffreiheit arbeiten können. So hat die Knesset vor kurzem eine Änderung des "Gesetzes über die Inhaftierung illegaler Kämpfer" zusammen mit anderen neuen Notstandsverordnungen verabschiedet, die weitreichende Befugnisse zur Inhaftierung von Gefangenen ohne jegliche Aufsicht oder ein ordnungsgemäßes Verfahren einräumt.
Gemäß der neuen Änderung, die am 18. Dezember in Kraft getreten ist und vier Monate lang gilt, kann eine Person 45 Tage lang ohne Haftbefehl festgehalten werden, 75 Tage lang ohne gerichtliche Überprüfung ihres Falles, und 180 Tage lang wird ihr ein Treffen mit einem Anwalt verweigert. Die kumulative Wirkung dieser Vorschriften besteht darin, dass eine Person gefoltert werden und sogar sterben kann, ohne dass jemand von ihrer Inhaftierung oder den Bedingungen und dem Ort ihrer Inhaftierung weiß.
Nicht weniger gefährlich ist die Tatsache, dass die israelische Regierung auch nach der Bekanntgabe des Todes von 27 Gefangenen in Militäreinrichtungen seit Beginn des Krieges (und die Zahl könnte noch höher sein) nicht von dieser Politik abgewichen ist. Am 2. April wurde das Gesetz über die Inhaftierung illegaler Kämpfer (Änderungsantrag Nr. 4 und vorläufige Anordnung) in zweiter und dritter Lesung in der Knesset verabschiedet. Mit diesem Gesetzentwurf wird die Geltungsdauer der Vorschriften, die es Sicherheitsgefangenen gestatten, bis zu 90 aufeinanderfolgende Tage lang keinen Anwalt zu treffen, bis zum 31. Juli verlängert. Dies gilt zusätzlich zu vielen anderen technischen Verfahren und Beschränkungen, die die Möglichkeit eines Häftlings, sich mit einem Anwalt zu treffen, für Monate vereiteln können.
Die israelischen Behörden haben von diesen neuen Befugnissen der Freiheitsberaubung reichlich Gebrauch gemacht. Dem IPS-Quartalsbericht zufolge hielt das IPS bis März 2024 829 Gefangene (828 Männer und eine Frau) auf der Grundlage des Gesetzes über die Inhaftierung illegaler Kämpfer fest; seither ist die Zahl der Gefangenen im Gazastreifen Berichten zufolge um 150 Prozent gestiegen. Ebenfalls im März erreichte die Zahl der palästinensischen Gefangenen, die als "Sicherheitsgefangene" definiert werden, nach Angaben des IPS 9.077, darunter 3.582 Verwaltungshäftlinge, die ohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten werden.
Entscheidend ist, dass das israelische Gesetzbuch Folter nicht ausdrücklich verbietet. Obwohl er die UN-Konvention gegen Folter unterzeichnet und ratifiziert hat, hat der Staat bisher davon abgesehen, ein Gesetz zu verabschieden, das Folter als Verbrechen definiert und eine Strafe für ihre Begehung festlegt. Das Fehlen eines solchen Gesetzes trägt wesentlich dazu bei, dass die Folter fortgesetzt werden kann und die Täter sich der Verantwortung entziehen können. Es schafft auch eine rechtliche Grauzone - eine Lücke zwischen israelischem und internationalem Recht -, in der Kriegsverbrechen und staatlich sanktionierte Folter ohne jegliche Kontrolle begangen werden können.
(…) Die Welt muss wissen, was in Israels Gefängnissen und Hafteinrichtungen geschieht, die ein wesentlicher Bestandteil des Krieges gegen Gaza sind. Es ist unsere rechtliche, moralische und menschliche Pflicht, diese entsetzlichen Bedingungen der Folter und des Missbrauchs aufzudecken und ihr sofortiges Ende herbeizuführen. Andernfalls ist das Einzige, was Sde Teiman von Guantanamo oder Abu Ghraib trennt, die räumliche Entfernung.
<< Home