Montag, Dezember 04, 2023

Seelische Gesundheit: "Der Krieg unserer Gesellschaft gegen Männer"

Das US-amerikanische Convention of States Project hat am Wochenende als Top-Artikel einen gelungenen Beitrag über die Krise der Männer mit dem Schwerpunkt "seelische Gesundheit" veröffentlicht. Ich habe ihn für Genderama übersetzt. Links zu Belegquellen finden sich im Original.



Gestern berichtete meine Kollegin über den Selbstmord von Jugendlichen in Amerika. Ihre Recherchen ergaben, dass Selbstmord zwar in allen Bevölkerungsgruppen zunimmt, aber bei Männern weitaus häufiger vorkommt: Im Jahr 2022 begingen sie fast 30.000 mehr Selbstmorde als Frauen.

Diese Statistiken widersprechen eindeutig dem weit verbreiteten Klischee, dass Mädchen im Teenageralter am stärksten von Selbstmord oder speziell von der Krise der psychischen Gesundheit in Amerika betroffen sind. Nach bestimmten Maßstäben ist dies richtig. So leiden weibliche Jugendliche beispielsweise häufiger unter anhaltender Traurigkeit als ihre männlichen Altersgenossen. In Studien über das Wohlergehen von Teenagern wird das Ausmaß der männlichen Selbstmorde jedoch regelmäßig heruntergespielt. In einem Bericht wird beispielsweise festgestellt, dass weibliche Schüler zweimal häufiger an Selbstmord denken, ohne jedoch zu erwähnen, dass fast viermal so viele männliche Jugendliche durch Selbstmord sterben.

Vor allem junge Männer befinden sich in einer echten Männlichkeitskrise, über die nicht oft genug gesprochen wird.

"Männlich zu sein ist der größte Risikofaktor für Selbstmord", so der Autor Richard V. Reeves. Leider scheinen die Gesundheitsexperten diese tragische Tatsache zu leugnen. "Ich habe Leute in sehr hohen Positionen getroffen, darunter einen Professor, der auf einem Podium über die psychische Gesundheit von Teenagern und Selbstmord sprach, die nichts von den geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Selbstmorden wussten. Mir wurde von Kongressmitgliedern gesagt, dass ich die Raten bei den Geschlechtern verwechselt hätte."

Tatsächlich sind die Daten eindeutig.

Der Psychosozialforscher John Mac Ghlionn berichtet, dass über "60 Prozent der jungen Männer des Landes jetzt Single sind; das ist fast doppelt so viel wie bei den jungen Frauen. Nach Angaben der CDC sind Männer inzwischen für 80 Prozent der Selbstmorde verantwortlich. Alle 13,7 Minuten nimmt sich irgendwo in den Vereinigten Staaten ein Mann das Leben. Die Krise der Männlichkeit ist real, und sie wird immer schlimmer."

Unzählige andere Schlagzeilen stimmen damit überein: "Warum scheitern junge Männer in Amerika beim Start?", fragt Deseret News. "Was ist los mit den Männern?", titelte The New Yorker. "Amerikanische Jungen und Männer leiden", erklärte Salon. Medium, The Hill, Time Magazine und National Review und viele andere brachten ähnliche Artikel. Alle sagten im Grunde das Gleiche: Männer machen sich nicht mehr an Frauen ran. Sie sind isoliert, deprimiert, entmutigt und wütend. Sie sind ziellos, verwirrt und wenig ehrgeizig. Junge Männer befinden sich in einer Krise.

Wir müssen uns mit der unbequemen Tatsache auseinandersetzen, dass in der heutigen Welt "der größte Risikofaktor für Selbstmord darin besteht, männlich zu sein". Viele haben argumentiert, dass das Problem gemildert werden könnte, wenn Männer offener mit ihren Gefühlen umgehen würden. Das mag sein. Aber wenn Männer biologisch bedingt nicht über ihre Gefühle sprechen wollen, dann kann das nicht die einzige Lösung sein.Wenn sich das so genannte "soziale Konstrukt" der Männlichkeit tatsächlich aus der Biologie der Männer oder den geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Anatomie des Gehirns ableitet, wie der Psychologe John Barry argumentiert hat, dann könnte es sich als kontraproduktiv erweisen, sie zu drängen, dagegen anzugehen.

Viel zu oft, so argumentiert John Mac Ghlionn, verwenden wir "ein weibliches Modell, um die psychische Gesundheit von Männern zu behandeln".

"Es gab eine Zeit, in der die American Psychological Association (APA), die Organisation, die für die Zulassung von Psychologen in den USA zuständig ist, der Idee der 'männlichen Depression' offen gegenüberstand", stellt er fest."Unglücklicherweise begann kurz darauf das Narrativ 'Geschlecht ist ein Konstrukt' an Boden zu gewinnen, und die APA begann zu leugnen, dass es tatsächlich Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt".

Ghilion zufolge läuft dies darauf hinaus, dass die Psychologie (und die Gesellschaft) den Männern den Rücken zukehrt.

Nachdem wir unsere Jungen den Gefahren einer schlingernden "Manosphäre" überlassen haben und kaum mehr als ein weibliches Therapiemodell kennen, sollten wir uns nicht wundern, wenn sich das Problem weiter verschärft. Dies ist unser Aufruf zum Handeln als selbstverwaltete Bürger, um die nächste Generation von Männern aus der Krise zu retten.

Dieses Problem kann und sollte nicht an Politiker oder sogar Berater delegiert werden - wir müssen es als Eltern, Geschwister und Freunde direkt angehen und erkennen, wie Ghilion seinen Bericht abschließt, dass "wir, um männliches Leiden wirklich anzugehen, zuerst die Idee akzeptieren müssen, dass der Schmerz eines Mannes oft nicht wie sein weibliches Gegenstück aussieht."




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