Wie die Grünen welk wurden
1. Das linke Overton-Magazin hat einen Abgesang an die Grünen veröffentlicht. Ein Auszug:
Im Gegensatz zur anderen Gerechtigkeitspartei, der SPD, bewegten sich die Grünen auf Feldern, die wenig Interessenkonflikte hervorriefen. Das Eintreten der SPD für soziale Gerechtigkeit besonders in der Arbeitswelt und in der Unterstützung gewerkschaftlicher Forderungen geriet oft in Konflikt mit Unternehmertum und Gesellschaft allgemein. Denn nicht selten war sie verbunden mit Arbeitskämpfen. Von vielen wird solche Interessenvertretung als egoistisch angesehen.
Von solchen Themen und Konflikten hielten sich die Grünen weitgehend fern. Ihre Klientel kam in der Regel aus gesellschaftlichen Kreisen, in denen das Geld und die Umstände, unter denen es verdient werden musste, eine nicht so große Rolle spielte. Die grüne Anhängerschaft war besonderes in den letzten Jahren eher die besser verdienende Mittelschicht.
Unter solchen Umständen entstand in und um dieses grüne Milieu herum eine Ideologie der Selbstlosigkeit, eines naiven Sozialismus, der sich in scheinbarer materieller Bedürfnislosigkeit übt und darstellt. Werte waren wichtiger. Behutsamkeit und Achtsamkeit entwickelten sich zu obersten Geboten im Umgang mit Mensch und Natur statt der Verfolgung eigener Interessen. Grüne galten gerade nicht als egoistisch wie die Klientel der SPD. Sie galten als die Idealisten schlechthin.
Diese scheinbar selbstlosen Verhalten und Ansprüche verliehen den Grünen und ihren gesellschaftlichen Sympathisanten zunehmend ein Ansehen von hoher moralischer Integrität. Das wirkte anziehend auf viele Menschen, die gut sein und Gutes tun wollten, oftmals auch ehrenamtlich oder sonst im Sinne irgendeiner Gemeinschaft. Dieses Engagement war nicht nur gut, es bot auch Schutz.
Denn die Kehrseite dieser Selbstlosigkeit und Werteordnung waren Empörung und Ächtung, wenn grüne Werte nicht genügend Beachtung fanden. Vorwürfe von Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Rechtslastigkeit, Rassismus, Wissenschaftsfeindlichkeit oder gar des umweltschädlichen Verhaltens führten häufig zu Shitstorm und gesellschaftlichem Kesseltreiben. Sachliche Auseinandersetzung war unter solchen Umständen kaum noch möglich, wollte man nicht mit in Sippenhaft genommen werden. Sie fand die höchste Stufe der Ausgrenzung in Kontaktschuld und Cancel-Culture.
Auf diesem Nährboden von Werteorientierung und gleichzeitigem Empörungsritual war eine Art von grüner Femegerichtsbarkeit entstanden, die immer mehr Einfluss gewonnen hatte auf das gesellschaftliche Denken. Diese Moral schien anders als die Interessenorientierung selbstlos und war deshalb unangreifbar. Ihre Wirkkraft erhielt diese Moral nicht zuletzt auch aus der Tatsache, dass die Forderungen nach Schonung der Umwelt, respektvollem Umgang mit Menschen egal welchen Geschlechts, welcher Rasse, Religion und welcher sexueller Orientierung vernünftig waren und deshalb die Zustimmung der Gesellschaft fanden.
An all dem wäre nichts auszusetzen, wäre da nicht die Intoleranz gegenüber jenen, die anders darüber denken und Zweifel äußern. Der ausgeprägte Gerechtigkeitssinn des grünen Milieus, der ihm zu seiner hervorragenden gesellschaftlichen Stellung verholfen hatte, ist einseitig und doppelbödig. Grüner Gerechtigkeitssinn hat sich gewandelt zur Rechtfertigung der eigenen Ansichten und Verhaltensweisen sowie der Verunglimpfung abweichender.
(Im zweiten Teil des Textes verrennt sich der Autor leider ein wenig mit Fragen wie: "Wo ist der Unterschied zwischen dem Einmarsch Israels in der palästinensischen Enklave und dem Russlands im Donbass?" Abgesehen davon, dass Russland nicht nur den Donbass überfallen hat: Der Unterschied besteht, bei aller denkbaren Kritik an Israels Vorgehen, unter anderem darin, dass keine ukrainische Terroristen in Russland eingefallen sind, um Zivilisten abzumetzeln, zu vergewaltigen und zu verschleppen.)
2. Dem Stadtjugendring Augsburg werden Sexismus und sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Das berichtet der Bayrische Rundfunk (BR):
Auf BR-Anfrage erklärt der SJR nun, dass es sich bei den Vorwürfen "im Wesentlichen" um Bemerkungen handeln soll, die die Betroffenen als "übergriffig" empfunden hätten, etwa Bemerkungen über das Körpergewicht. Eine andere Person habe nach ihrer Darstellung "nicht einvernehmliche Berührungen an der Schulter" als Grenzverletzung empfunden.
"Nach unserem Kenntnisstand geht es bei den aufgeführten Vorwürfen in keinem Punkt um Äußerungen oder Handlungen, die rechtlich Relevanz haben." Der [Stadtjugendring] nehme die Vorwürfe aber ernst und wolle sie aufklären. Vieles bleibe aber "nebulös", da die Vorwürfe nur über Vertrauenspersonen geäußert worden seien. Anzeigen wurden nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erstattet.
3. Die Redaktion des Tagesspiegel legt Wert darauf, dass man dort mit dem Gendern nicht völlig aufhören wolle, sondern nur mit den schlimmsten Auswüchsen.
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