Spiegel-Online: "Feministin? Die meisten Frauen sagen: Bloß nicht!"
1. Auf Spiegel-Online erörtert René Pfister, warum sich die meisten Frauen nicht als Feministinnen bezeichnen wollen:
Laut einer Erhebung aus dem Februar 2023 sagen nur 15 Prozent der Deutschen, sie würden sich als Feministen bezeichnen. Gleichzeitig geben 83 Prozent der Befragten an, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte und den gleichen Status haben sollten. Eine deutliche Mehrheit der Deutschen – 61 Prozent – beklagt, dies sei nicht der Fall. Trotzdem liegt selbst bei Frauen die Zahl derer, die sich Feministinnen nennen würden, nur bei 20 Prozent.
Es ist ein Befund, der zunächst rätselhaft widersprüchlich erscheint: Warum, um Himmels willen, identifizieren sich nicht mehr Frauen mit einer Bewegung, die doch nichts anderes will, als sich für die Rechte von Frauen einzusetzen? Und deren Vertreterinnen ständig in Talkshows sitzen und in großen Zeitungen über ihre Ziele schreiben?
Die Antwort könne darin liegen, was Feministinnen von sich geben. Jutta Allmendinger etwa erkläre, "dass nur hoffnungslos naive Frauen sich auf eine eher traditionelle Arbeitsteilung in einer Ehe einlassen", während Teresa Bücker & Co "für das Ende der Ehe insgesamt" plädieren. Währenddessen, führt Pfitzer weiter aus, wünschen sich zwei Drittel aller jungen Frauen eine Ehe mit Kindern.
Aber wer so argumentiert, denkt viel zu schlicht für die moderne Feministin, die ständig damit beschäftigt ist, finstere Machtverhältnisse zu dekonstruieren, die eine einfache Krankenschwester leider nicht durchschaut und die selbst akademisch gebildete Frauen kaum entwirren können. Wenn Sie mich fragen: Solange der Feminismus Verteidigerinnen wie Allmendinger und Bücker hat, braucht er keine Feinde.
Dies zeige sich auch bei der Debatte zum Ehegattensplitting:
Es ist – bei Lichte betrachtet – ein sehr vernünftiges Modell, das aber in den Augen vieler Feministinnen immer nur auf ein Fallbeispiel zusammenschnurrt: das romantisch verblendete Heimchen am Herd. "Mütter steigen nach der Geburt eines Kindes viel länger aus als Väter und kehren in den meisten Fällen nur noch in Teilzeit in den Job zurück", sagte Allmendinger in einem SPIEGEL-Gespräch. Das sei das "Hauptübel".
Dass etliche Frauen dies genauso wollen, kommt in Allmendingers Vorstellungswelt offenbar gar nicht vor. Meine Kollegin Anna Clauß schrieb vor ein paar Tagen, dass viele Mütter lieber zu Hause bei ihren Kindern blieben, "als stundenlang in Meetings zu hocken". Aus der Sicht des modernen Feminismus ist das ein hoffnungslos rückständiger Satz – zumindest, wenn er bedeutet, für Kinder auf Karriere zu verzichten.
Dabei lässt sich sehr gut nachweisen, dass Annas Sichtweise sehr weit verbreitet ist. "Während populäre Bücher davor warnen, sich in ›Teilzeitfallen zu manövrieren‹, und Zeitungen schreiben, dass nur die ›Kümmerfalle noch tückischer ist als die Teilzeitfalle‹, zeigten Daten und wissenschaftliche Studien ganz im Gegenteil, dass Frauen in dieser vermeintlichen Falle recht zufrieden waren", schreibt der Saarbrücker Soziologe Martin Schröder.
In diesem Frühjahr hat Schröder ein Buch veröffentlicht, in dem er schreibt, der Wunsch von Frauen, ihre Männer sollten sich um die Kinder kümmern, habe in den vergangenen zehn Jahren deutlich ABGENOMMEN. Gleichzeitig zeige eine Umfrage, dass sich Frauen in Beziehungen freier fühlten als ihre Partner. Allmendinger verfasste daraufhin eine aufgebrachte Erwiderung. Wenn Frauen zufriedener seien, als der Feminismus annehme, müsse man die Frage stellen, ob sie nicht der "Biologie" oder "erlernten Verhaltensmustern" folgten – was wohl heißen soll, dass man Frauen lieber nicht trauen sollte, wenn sie sagen, was sie denken.
Wenn es ein Markenzeichen des modernen Feminismus gibt, dann ist es seine Ignoranz für die Frage, ob er die Interessen der Frauen überhaupt vertritt. Gerade in den USA verliert er sich lieber in Grabenkämpfen, statt zu ergründen, warum Donald Trump, der wohl sexistischste Präsident der jüngeren Geschichte, seine Zustimmung bei weiblichen Wählern noch steigern konnte: von 39 Prozent im Jahr 2016 auf 44 Prozent im Jahr 2020. Es ist eine Frage, die echte politische Relevanz hat.
2. In einem neuen Beitrag für den ARD-Kanal "Y-Kollektiv" geht es um das Thema "Frauen gegen Frauenrechte – Das Phänomen Antifeminismus".
Nachdem die Y.Kollektiv-Reporterin Eva Müller, die sich selbst als Feministin versteht, entdeckt, dass auf Instagramm und TikTok Frauen zuhauf Feminismuskritik äußern, besucht sie für ein Interview "drei Frauen, die sich offen gegen den Feminismus stellen". Dabei wirkt sie kontinuierlich durch die ungewohnten Perspektiven überfordert und reagiert immer wieder auf entgeisterte Weise: "Mir war nicht klar, dass es so viele Menschen gibt, die Feminismus für gefährlich halten." (Das ist nachvollziehbar, wenn jemand für die ARD arbeitet und sich auch privat nur mit Gleichgesinnten umgibt.) Befragt, was sie denn am Feminismus störe, sprechen die befragten Frauen den Hass auf Männer an, die Abwertung von Hausfrauen und Müttern sowie "toxische Weiblichkeit", die mit dieser Ideologie verbunden sei. Eine Frau zeigt sich "genervt von der Opferrolle" und behauptet sogar zutreffend, "Frauen hätten hier längst die gleichen Rechte wie Männer". Wie soll das eine feministische Jounralistin nicht verstört machen?
Eva Müller berichtet weiter, dass diese Frauen hasserfülltes Online-Mobbing erfahren, etwa Aufforderungen, sich umzubringen. Sie kommentiert das so: "Mein Eindruck ist: Maxaline ist Teil einer Online-Bubble, in der viel Hass herrscht und in der der Begriff Feminismus oft als Kampfbegriff für Männerhass missbraucht wird." Sie besucht die Meldestelle Antifeminismus, die unkritisch als Teil des Kampfs gegen Rechtsextremismus vorgestellt wird, und wo ihre Initiatorin Judith Rahner darüber klagt, dass viele "antifeministische Vorfälle" nicht angezeigt würden, weil sie unter der Strafbarkeitsgrenze liegen. Dass Antifeminismus kein Straftatbestand sei, scheint sie zu bedauern. "Hat da die Politik was versäumt?" fragt Eva Müller einfühlsam, und befragt dazu die Soziologin Mareike Bauer, die Antifeminismus als eine menschenfeindliche Gefahr für die Demokratie charakterisiert.
Zuletzt interviewt Müller eine Mutter, die problematisiert, dass an den Schulen Kinder, die "keine Feministen, keine Emos und keine Klimaaktivisten" sind, ausgegrenzt werden. Die einseitige Y-Kollektiv-Reportage dürfte diese Tendenz verstärken: Die Feminismuskritikerinnen werden von dem Text, den Eva Müller über die Filmausschnitte spricht, immer wieder als dubios abgewertet und "berichtigt", während Müller Mitglieder des eigenen Lager als sachkundige Experten präsentiert.
Eine der gezeigten Frauen ist über die Art, wie sie in der Sendung präsentiert wurde, dementsprechend wenig begeistert.
3. Die linken Nachdenkseiten haben der Meldestelle Antifeminismus die Meldestelle Antifeminismus als Fall von Antifeminismus gemeldet.
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