Hintergründe der "Männerstudie" aufgedeckt: Wie Medien, Politik und Bevölkerung von Plan International manipuliert wurden
1. Die christliche Website Corrigenda, die sich vor allem der Meinungsfreiheit und der wahrheitsgetreuen Berichterstattung verpflichtet sieht, schreibt zu dem Medienskandal über die fahrlässige Berichterstattung über die vermeintliche "Männerstudie" von Plan International:
Was in Gottes Namen (…) hat eine Vielzahl deutscher Medien dazu bewogen, so unkritisch mit einer Meldung umzugehen? Dem einzelnen Blogger oder einer kleinen Zeitung mag man vergeben, dass die Methodik hinter einer Studie, die auf manchen Plattformen inzwischen – wenn auch kleinlaut – zur "Online-Befragung" degradiert wurde, nicht eingehend überprüft wurde. Selbst dann ist es ein journalistisches Unding, Schlagzeilen zu produzieren, bevor die Studie überhaupt vorlag. Immerhin ist in der Meldung durchaus eine Art Generalverdacht veranlagt. Haben gerade die großen Häuser nicht nach der "Causa Relotius" gelobt, künftig gründlicher vorzugehen?
(…) Erklären kann man diesen medialen Unfall, der das viel umfangreichere Problem darstellt als die Fehlerhaftigkeit von "Plan International" nur mit der dominanten Sehnsucht, die "richtigen" Schlagzeilen zu produzieren. Eine Studie, die in jedem dritten Mann das Potenzial zum heimischen Gewalttäter erkannt haben will, war für die Anhänger von Patriarchat-Schubladendenken einfach zu verlockend, um sie nicht unter das Volk zu bringen. Für die unpolitischeren unter den Medienschaffenden hat die Aussicht auf Klicks, Kasse und Kontroverse den Rest getan.
Mit dieser Einstellung allerdings werden gerade die öffentlich-rechtlichen Häuser die Sollbruchstellen in der Gesellschaft nur noch strapazieren, anstatt – wie in ihrem Bildungsauftrag vorgesehen – das Fundament für ehrliche Willensbildung zu stärken. Es ist bedauerlich, dass keine Korrekturmeldung die Wirkung dieser Anti-Männer-Falschmeldung einzuholen vermag – die Katze ist aus dem Sack. Es bleibt zu hoffen, dass sich in Anbetracht der Debatte um jene Online-Befragung die Mittel finden, um die Studie – diesmal als eine, die den Namen verdient – zu wiederholen. Jedem Opfer von häuslicher Gewalt, egal ob männlich oder weiblich, wäre damit gedient. Den Vorverurteilten sowieso.
Wie der rbb berichtet, war Kathrin Hartkopf, die Sprecherin von Plan International zu Gast im ZDF Morgenmagazin und erklärte auf der Grundlage dieser Pseudostudie: "Wir sind von wahrer Gleichberechtigung wirklich noch meilenweit entfernt. (…) Schockierend ist für uns in der Tat die Gewaltbereitschaft der jungen Männer."
Der rbb-Beitrag ist insgesamt unterirdisch. Um die Ansichten von Plan zu stützen, befragten die Macher der Sendung unter anderem eine frauenhaus-Mitarbeiterin und Dag Schölper vom Bundesforum Männer. Ziel der Sendung ist offenkundig kein differenzierter Diskurs zwischen Vertretern unterschiedlicher Auffassungen, sondern komplett einseitige Agitation – auf der geschilderten, mehr als dürftigen Datenlage.
Das Positive: Nach den ersten Richtigstellungen ziehen viele weitere Leitmedien wie ZDF-"heute" und die Tagesschau nach. Leider wird die Richtigstellung oft nicht so prominent verbreitet wie die Falschbehauptung. Dafür wird beispielsweise die Frankfurter Allgemeine bei ihrer Korrektur- hinter einer Bezahlschranke – sehr deutlich und erklärt, wie genau die Manipulation stattgefunden hat:
Eine Umfrage stellt fest: Mehr als ein Drittel der Männer in Deutschland unter 35 Jahre findet Gewalt gegen Frauen okay. Ist das so? Medien und Politik fressen den Köder und geben Alarm. Dabei ist die Befragung voller Mängel.
(…) Politikerinnen und Politiker springen auf. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sagt im ZDF, Gewalt gegen Frauen sei „nicht hinnehmbar“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußert sich in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Man müsse entschiedener gegen Gewalt gegen Frauen vorgehen: "Hier darf es nur eine Devise geben: Null Toleranz für Gewalt gegen Frauen." Der niedersächsische Frauenminister Andreas Philippi (SPD) ist "zutiefst erschüttert". Die Stadt Siegburg findet die Ergebnisse "erschreckend". Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) twittert: "Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen. Es ist unerträglich, dass eine relevante Zahl junger Menschen Gewalt gegen Frauen für akzeptabel hält."
Das sind nur wenige Beispiele einschlägiger Reaktionen. Die Sprecherin von Plan International, Kathrin Hartkopf, taucht derweil auf öffentlich-rechtlichen und privaten Kanälen auf und legt nach. "Das ist das Schockierende an der Umfrage, dass ein Drittel gesagt haben, dann greif ich auch mal handgreiflich zu", hören wir von ihr im ZDF. Bei "Welt TV" sagt sie, man habe die Fragen an junge Männer unabhängig von deren sozialen Hintergründen gestellt. "Wir halten sie für absolut repräsentativ", sagt sie zu der Befragung mit dem schockierenden Ergebnis. Das ist am Montag schon richtig eingesickert, nun geht es um die Konsequenzen, die daraus abzuleiten seien.
Zu der Aussage, Gewalt gegen Frauen gehe schon in Ordnung, seien Teilnehmer der Umfrage mit manipulativen Methoden fast schon verführt worden, schildert die FAZ:
Dass es überhaupt jemanden gibt, der eine solche Einlassung zustimmend quittiert, ist alarmierend. Die Hinführung zu diesen beiden Aussagen allerdings ist anbiedernd, um nicht zu sagen, ankumpelnd formuliert und verharmlosend: "Im Folgenden haben wir ganz unterschiedliche Aussagen von Männern zu allen möglichen Lebensbereichen zusammengestellt. Uns interessiert, ob sie auch auf dich zutreffen, wenn du in der jeweiligen Situation bist oder wärst. Es gibt dabei kein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ – bitte antworte einfach so, wie du eben bist." "Wie du eben bist" – hätten die Marktforscher direkt gefragt "Findest Du Gewalt gegen Frauen in Ordnung?", hätten sie wahrscheinlich andere Antworten erhalten.
Zur von Plan International behaupteten Repräsentativität der Umfrage heißt es in der FAZ:
Stichprobe aus einer bestehenden Online-Community, Selbstrekrutierung, finanzieller Obolus. Ist das repräsentativ? Plan International sagt Ja. Viele Journalisten und Politiker fragen erst gar nicht nach und nehmen den Befund für bare Münze. Aus der Berufsszene der professionellen Demoskopen aber kommt Widerspruch. So stellt der Rat der Deutschen Markt- und Sozialforschung, der über die Einhaltung der Berufsgrundsätze und Standesregeln wacht, in Ziffer 2 der Richtlinie für Online-Befragungen fest: "Die Selbstrekrutierung der Befragten ist in der Regel nicht geeignet, für die Gesamtbevölkerung verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse zu gewährleisten."
Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa und ein Doyen der Szene, spricht der Umfrage jegliche Repräsentativität ab. "Online-Befragungen", sagt Güllner im Gespräch mit der F.A.Z., "sind dann repräsentativ, wenn wie bei anderen Erhebungsmethoden die Auswahl der Befragten so erfolgt – etwa ,offline‘ auf Basis repräsentativer Telefonbefragungen –, dass die ausgewählte Stichprobe einen Querschnitt aller Gruppen der Bevölkerung darstellt. Doch das ist bei dem Online-Panel des Marktforschungsunternehmens moweb nicht der Fall. Hier kann sich jeder, aus welchen Gründen auch immer, als Teilnehmer anmelden: aus einem Spieltrieb heraus, aus Langeweile, um Entscheidungsprozesse von Politik oder Unternehmen zu beeinflussen, oder schlicht, um etwas Geld zu verdienen. Diese mithilfe einer sogenannten ,Selbstrekrutierung‘ gewonnenen Teilnehmer sind somit weder für die Gesamtbevölkerung noch für die Gruppe der jungen Männer oder Frauen im Alter von 18 bis 35 Jahren repräsentativ."
(…) Und die spezielle Fragestellung? "Ich finde es ok, wenn mir bei einem Streit mit meiner Partnerin gelegentlich die Hand ausrutscht, das passiert doch jedem mal"? Und: "Gegenüber Frauen werde ich schon mal handgreiflich, um ihnen Respekt einzuflößen"? Was lässt sich daraus ableiten? Güllner meint, der Organisation Plan International gehe es offenbar nicht darum, "objektive Informationen über die bundesdeutsche Realität zu erlangen", sondern darum, ein "gewaltdominiertes Rollenbild der ‚Männlichkeit‘ zu konstruieren, um so Druck auf die öffentliche Meinung und die Politik ausüben zu können". Der Zusatz "das passiert doch jedem mal" bei der Frage: "Ich finde es ok, wenn mir bei einem Streit mit meiner Partnerin gelegentlich die Hand ausrutscht", sei "ein völlig unzulässiger suggestiver Stimulus, der die Beantwortung der Frage in eine bestimmte Richtung lenkt. Das als ,Gewaltbereitschaft‘ zu interpretieren ist somit unzulässig und völlig abwegig."
Wie beurteilt der Forsa-Chef, dass zahlreiche Medien und Politiker nun wie selbstverständlich davon ausgehen, bei jungen Männern in Deutschland halte mehr als ein Drittel Gewalt gegen Frauen für "akzeptabel"? Dass eine Umfrage wie diese von vielen Medien nicht hinterfragt werde, sei "heute leider die Realität". "Erschreckend und gefährlich für das gesellschaftliche und politische System und dessen Akzeptanz bei den Menschen aber ist, dass auch die Politik auf allen Ebenen diese angeblichen ,Befunde‘ ohne jedwede Prüfung auf Zuverlässigkeit als gegeben wertet und daraus völlig falsche Schlussfolgerungen ableitet, die das Vertrauen zur Politik weiter untergraben."
"Die Schattenseiten traditioneller Männlichkeit schaden auch und gerade der Geschlechtergerechtigkeit", heißt es derweil bei Plan International. "So ist ein selbstbestimmtes Leben für Frauen in heterosexuellen Beziehungen kaum möglich, wenn sie sich ihren Partnern unterordnen sollen. Starre Männlichkeitsbilder erschweren die gleichberechtigte Besetzung von Entscheidungs- und Führungspositionen. Sie verfestigen zudem in Familien oder Beziehungen Rollenverhältnisse, in denen Frauen und Mädchen häufig auf die Care-Arbeit (Haushalt, Erziehung und Pflege) beschränkt werden und ihre eigenen Bedürfnisse hintanstellen müssen. Infolgedessen kommt es auch eher zu körperlicher und/oder psychischer Gewalt gegenüber Frauen", heißt es bei Plan International. "Die Ergebnisse unserer Befragung legen nahe, dass wir in Deutschland in der jungen Generation von wahrer Gleichberechtigung deutlich entfernt sind und viele junge Männer ein traditionelles Rollenverständnis leben – auch mit negativen Folgen für sich selbst."
Die Arbeit, die hier eine Zeitung wie die FAZ und ein Blog wie Genderama leistet, hätte übrigens eigentlich das von unseren Steuergeldern finanzierte Bundesforum Männer leisten müssen, wenn es diesen Namen wirklich verdienen würde. Einmal hinterfragen, ob männerfeindliche Behauptungen wirklich haltbar sind, statt sich ihnen blindlings anzuschließen – ist das wirklich so schwer?
Leider verschusselt die FAZ zum Schluss ihres Artikels den bisherigen guten Eindruck wieder:
43.016 Fälle von Gewalt in Partnerschaften mit 143.604 Opfern sind im Jahr 2021 erfasst worden. Die Opfer sind zu 80,3 Prozent Frauen. Das sind Zahlen, die schockieren können. Und sie sind belastbar.
Allerdings nur im Hellfeld. Mein Buch, in dem ich erkläre, dass im Dunkelfeld längst Gleichverteilung bei häuslicher Gewalt festgestellt wurde, wollte auch bei der FAZ offenbar niemand lesen. Mehr als den Redaktionen den tatsächlichen Forschungsstand auf dem Silbertablett servieren kann man nicht. Unsere Leitmedien sind inzwischen Schrott, was die Wahrheitsfindung angeht.
Derweil erinnert die liberal-bürgerliche Zeitschrift Tichys Einblick daran, wie mächtig und einflussreich Plan International ist:
Plan international Deutschland ist Partner verschiedener Bundesministerien und Behörden. Auf europäischer Ebene kooperiert die NGO mit dem Institutionen der Europäischen Kommission, international mit den verschiedenen Organisationen der Vereinten Nationen (UN) sowie Ministerien in unseren Partnerländern. Plan Deutschland arbeitet mit 29 öffentlichen Gebern und Institutionen zusammen. Dabei erhielt die NGO Fördermittel in Höhe von insgesamt 94,8 Millionen Euro.
Die ZDF-Wissenschaftsserie "Nano" hat gestern übrigens die dubiose Umfrage als Aufhänger für eine eigene Sendung genutzt, die häusliche Gewalt ebenfalls als "Gewalt gegen Frauen" präsentiert: "Wir sind Opfer! Schaut endlich hin!“ So sehr wie bei weiblichen Opfern hin- und bei männlichen Opfern weggeschaut wird, wäre das für eine maskulistische Forderung bei weitem passender.
2. Das Erzbistum Köln muss einem Betroffenen von sexualisierter Gewalt 300.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Der Kläger war als Kind in den 70er Jahren von einem Priester über 300 Mal vergewaltigt worden.
3. Die Post. Eine Leserin schreibt mir heute:
Lieber Arne! Falls Du es noch nicht kennst, hier ist das erste (und einzige) vernünftige Video zu der Medientragödie um Till Lindemann (ich bin wirklich fassungslos über den Zustand unserer Presse heutzutage). Die Dame spricht mir jedenfalls sehr aus dem Herzen und das Video finde ich lohnenswert.
Auch ich finde das Video stark. Es verdeutlicht sehr gut, dass die aktuelle Kampagne gegen Rammstein einige Motive haben dürfte, aber einem sicherlich nicht dient: dem Schutz vor sexueller Gewalt.
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