Samstag, Mai 27, 2023

Was der Kampf der Jusos gegen "Vergewaltigungskultur" mit Hexenverfolgung zu tun hat

1. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) bleibt beim Thema "Beschuldigungen sexueller Übergriffe gegen Männer":

Die Jungsozialisten bezeichnen den Freispruch des Islamwissenschafters Tariq Ramadan aus Mangel an Beweisen als Schutz für gewalttätige Männer. Das ist verantwortungslos und geschichtsvergessen.

Friedrich Spee, ein deutscher Dichter und Theologe aus dem 17. Jahrhundert, schrieb Rechtsgeschichte, als die Schweiz noch unendlich weit von einer modernen und humanen Justiz entfernt war. Zu dieser Zeit wurden in ganz Europa systematisch Frauen als Hexen verfolgt und verbrannt – auch in der Schweiz waren es Tausende. Spee gehörte zu den wenigen Männern, die sich gegen dieses Unrecht zur Wehr setzten. Seine Streitschrift "Cautio Criminalis", die er aus Angst vor den Folgen zunächst anonym herausgab, prangerte die Massenhysterie der Hexenverfolgung an und verurteilte die Folter. Das war der Anfang vom Ende des Massenmordes an Frauen.


(International waren ein geschätztes Drittel derjenigen, die dieser Verfolgung zum Opfer fielen, männlich.)

Dabei machte Spee erstmals im deutschen Sprachraum eine Regel bekannt, die bis heute einen zentralen Pfeiler der Strafjustiz bildet: In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten. Der Rechtsgrundsatz besagt, dass niemand bestraft werden darf, wenn seine Schuld nicht zweifelsfrei bewiesen ist. Denn es ist ein geringeres Unrecht, einen Schuldigen nicht verurteilen zu können, als einen Unschuldigen zu bestrafen. Nur so lässt sich verhindern, dass der Staat schleichend selber zur verbrecherischen Organisation wird und seine Bürgerinnen und Bürger grundlos büsst, einsperrt oder gar tötet. Welches geschichtliche Ereignis würde diese These besser belegen als die Hexenprozesse?

Es ist nicht anzunehmen, dass die Juso diese Geschichte kannte, als sie am Donnerstag ihre Medienmitteilung zum Freispruch von Tariq Ramadan durch ein Genfer Gericht schrieb. Der Islamwissenschafter ist diese Woche vom Vorwurf der Vergewaltigung an einer früheren Verehrerin freigesprochen worden, weil die Beweise für eine Verurteilung fehlten. Doch die Jungsozialisten bezeichnen Ramadan weiterhin als Vergewaltiger. Für sie ist das Urteil Ausdruck des Schutzes von gewalttätigen Männern und der "Vergewaltigungskultur unserer Gesellschaft". Sie fordert damit indirekt genau das, was Friedrich Spee vor dreihundert Jahren als tiefes Unrecht erkannte und endlich beenden wollte: Verurteilungen ohne genügend Beweise.

Es trifft zwar zu, dass im Umgang mit Sexualstraftätern während Jahrzehnten vieles ausgeblendet, auf Kosten der Opfer umgedeutet und verharmlost wurde. Bis heute fühlen sich Opfer von Sexualdelikten in Strafprozessen zuweilen so, als wären sie an den Verbrechen mitschuldig. Das darf nicht sein. Zu Recht – und auch auf Druck von links – hat deshalb das Parlament das Sexualstrafrecht modernisiert. So dass Männer auch wegen Vergewaltigung verurteilt werden können, wenn sich die Frau während der Tat nicht wehrt.


Besser: So dass Täter auch wegen Vergewaltigung verurteilt werden können, wenn sich das Opfer nicht wehrt. Für mein Buch "Sexuelle Gewalt gegen Männer" habe ich auch mit einem solchen Mann ein Interview geführt.

Weitere Forderungen nach einem Ausbau des Schutzes von Opfern häuslicher Gewalt sind bedenkenswert und werden derzeit diskutiert. Doch die besten Gesetze können nicht verhindern, dass Verbrechen ungesühnt bleiben, weil sie nicht bewiesen werden können. Für Vieraugendelikte ohne Zeugen und/oder Beweise gilt dies leider ganz besonders.

Geschichtsvergessen und verantwortungslos aber ist es, deswegen das Prinzip der Unschuldsvermutung anzugreifen. Es ist nicht das erste Mal, dass dieser Grundsatz nach Gerichtsurteilen zu Sexualdelikten unter Beschuss gerät. So wurde im letzten Sommer in Zürich gegen den Auftritt eines deutschen Komikers mit dem hetzerischen Aufruf "Keine Show für Täter" protestiert. Dies, weil gegen den Mann vor Jahren ein Verfahren wegen Vergewaltigung lief, das ergebnislos eingestellt werden musste. Und vor zwei Jahren kam es in Basel zu wochenlangen Beschimpfungen und Demonstrationen, nachdem eine Richterin die Strafe für einen Vergewaltiger in zweiter Instanz reduziert hatte – mit einwandfreier Begründung, wie sich zeigte. Sogar der Rücktritt der Richterin wurde damals gefordert.

Freisprüche wird es auch bei Sexualdelikten immer geben, ganz nach dem Prinzip: im Zweifel für den Angeklagten. Das ist gut so. Denn es ist bis heute der einzige Satz, der sicherstellt, dass Unschuldige nicht wieder wie die Frauen in der frühen Neuzeit verfolgt und verhetzt werden.


Von den teilweise sexistischen Passagen abgesehen, kann man diesem Artikel nur zustimmen.



2. Auch ein weiterer Beitrag der NZZ ist erwähnenswert. Ein Auszug hieraus:

Vieles wurde schon erreicht beim Thema Gleichstellung, aber die Lohnunterschiede sind nicht verschwunden, und in den Chefetagen sind die Frauen weiterhin schlecht vertreten. Das hat nicht unbedingt mit widerborstigen Arbeitgebern zu tun. Eine wichtige Rolle spielt auch die Berufswahl vieler Frauen.

Die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen (EKF) hat diverse Studien zum Thema auswerten lassen und dabei festgestellt, dass sich Mädchen und junge Frauen immer noch häufig für typisch weibliche Berufe entscheiden. Als Fachfrau Betreuung oder als medizinische Praxisassistentin verdient man allerdings nicht nur schlechter als in einem Handwerksberuf, wie ihn junge Männer typischerweise wählen. Man hat auch weniger attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten und Karrierechancen. Offenbar fällt es vielen jungen Frauen auch heute noch schwer, gegen den Strom zu schwimmen.


"Offenbar"? Dieser Satz ist nicht die logische Folgerung, als dass er daherzukommen versucht. Die Möglichkeit, dass Frauen an typischen Männerberufen kaum Interesse haben könnten, wird gar nicht erst erwogen.

Die Autorin der Überblicksstudie "Junge Frauen in der Schweiz", Christina Bornatici, hält fest, Mädchen, die zunächst atypische Berufswünsche hätten, setzten diese seltener um als ihre Kolleginnen mit konventionellen Plänen. Bei einer späteren Familiengründung tendieren Frauen, die in mehrheitlich weiblichen Berufen tätig sind, zum klassischen Rollenmodell: Da sie weniger verdienen, sind sie es, die ihr Pensum reduzieren oder ganz aus dem Beruf aussteigen – mit nachhaltigen Folgen für ihre gesamte Berufskarriere. Diese reflexartige Berufswahl sieht die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen als Problem an. Sie spricht von struktureller Diskriminierung.


Ob hier Diskriminierung vorliegt, müsste man belegen, statt einfach nur "davon zu sprechen".

Um Gegensteuer zu geben, hat sie Empfehlungen für Schule, Berufswahl und Berufsbildung vorgelegt. Bei der Verfestigung von Rollenbildern spiele die Schule eine wichtige Rolle, schreibt die EKF. An den Schulen müsse künftig intensiver über Geschlecht und Gleichstellung reflektiert werden. Ein entsprechendes Ziel müsse in den Rahmenlehrplänen verankert werden, fordert sie. Lehrmittel mit diskriminierenden Geschlechterdarstellungen sollten gleichzeitig überarbeitet werden.


Man möchte Schülerinnen also dazu erziehen, einem feministisch erwünschten Rollenverhalten nachzukommen. Ich halte das für keine gute Idee.



3. Das Thema "Wiedereinführung der Wehrpflicht" bleibt im Gespräch. So heißt es in den Nachrichten des ZDF

In Deutschland gibt es eine große Mehrheit für eine allgemeine Dienstpflicht. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage mit 1036 Befragten für die "Berlin direkt"-Dokumentation "Dienst für Deutschland - Zeitenwende bei der Bundeswehr" hervor. Demnach sprechen sich 73 Prozent der Befragten dafür aus, dass junge Männer und Frauen ein verpflichtendes Jahr bei der Bundeswehr oder im sozialen Bereich machen sollen, also zum Beispiel bei der Betreuung von Senioren oder in Behinderteneinrichtungen.


Junge Männer und Frauen? Aber das wäre ja plötzlich Gleichberechtigung! Klar, dass da die stark feministisch geprägte Schweizer Website Watson.ch schon mal vorsorglich auf die Barrikaden geht: Dort gilt eine Wehrpflicht auch für Frauen als "fundamentale Frechheit". Und man verweist triumphierend darauf, dass auch das Schweizer Verteidigungsministerium weiterhin allein Männer belasten möchte:

"Bei der Dienstpflicht für Frauen hat sich gezeigt, dass man gegenüber einer solchen Ausweitung der Dienstpflicht zurückhaltend ist, solange die Gleichstellung in anderen Bereichen nicht realisiert worden ist."


Auch einen über 30 Jahre alten Gerichtsentscheid führt Watson.ch ins Feld:

1991 erklärte das Bundesgericht beispielsweise, dass das Gleichstellungsgesetz geschaffen wurde, um "in erster Linie die Situation der Frauen zu verbessern und nicht um ihnen noch weitere Verpflichtungen aufzuerlegen".


Für den angeblich so patriarchalen Staat ist "Gleichberechtigung" demnach etwas, was dazu dient, Benachteiligungen von Männern beizubehalten.

Ein deutscher Nachbarstaat, der sich hier die "fundamantale Frechheit" leistet, Gleichberechtigung ernstzunehmen, ist hingegen Dänemark. Dort stellte vor kurzem sogar der verteidigungspolitische Sprecher der Sozialdemokraten klar: "Wir brauchen eine Verteidigung, die eine breitere Rekrutierungsbasis hat, und wir brauchen mehr junge dänische Männer und Frauen, die sich an der Wehrpflicht beteiligen, weil sie eine starke Grundlage für eine starke Verteidigung ist."



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