Vater ändert sein Geschlecht, um Sorgerecht für Kinder zu erhalten
1. Das Magazin "Vice" berichtet:
Ein nicht-transsexueller Mann in Ecuador hat sein Geschlecht juristisch in ein weibliches geändert, um das Sorgerecht für seine beiden Töchter zu erhalten. (…) René Salinas Ramos, 47, erklärte gegenüber lokalen Medien, dass die Änderung nichts mit seiner Sexualität oder Identität zu tun habe, sondern vielmehr damit, dass das ecuadorianische Rechtssystem Müttern gegenüber Vätern den Vorzug gibt, wenn es um das Sorgerecht für Kinder geht.
"Die Gesetze besagen, dass die Frau das Recht dazu hat. Von diesem Moment an bin ich eine Frau. Jetzt bin ich auch Mutter, so betrachte ich mich", sagte Salinas Ramos gegenüber La Voz del Tomebamba am 30. Dezember vor dem Standesamt in der Stadt Cuenca. "Ich bin mir meiner Sexualität sehr sicher. Was ich angestrebt habe, ist, dass ich eine Mutter sein möchte, damit ich auch die Liebe und den Schutz einer Mutter geben kann."
Salinas Ramos behauptete, dass seine Töchter in einer missbräuchlichen Umgebung mit ihrer Mutter leben und dass er seine Kinder seit über fünf Monaten nicht mehr gesehen hat.
"In diesem Land, Ecuador, wird das Vatersein bestraft und ich werde nur als Versorger gesehen", sagte Salinas Ramos.
Trans-Aktivisten reagieren verärgert: Für solche "privaten Angelegenheiten" sei das von ihnen erkämpfte Gesetz zum Geschlechterwechsel nicht gedacht gewesen.
In Erwartung der Gegenreaktion erklärte Salinas Ramos gegenüber La Voz del Tomebamba, seine Entscheidung richte sich "nicht gegen eine Person, nicht um jemandem zu schaden, sondern vielmehr um gegen dieses System zu kämpfen, das die Tatsache, als Mann geboren zu sein, stigmatisiert hat".
2. Das Hamburger Abendblatt interviewt einen Vater, dem die Mutter trotz gemeinsamen Sorgerechts den Kontakt zu seinen Kindern verweigert.
3. Gesundheitsminister Karl Lauterbach will die Diskriminierung homosexueller Männer bei der Blutspende beenden.
4. Die Schweizer "Weltwoche" kommentiert Ricarda Langs Forderung einer "feministischen Wirtschaftspolitik".
5. In der "Welt" erörtert der Sprachwissenschaftler Fabian Payr, wer die Profiteure der Gendersprache sind – und wer die Verlierer. Ich halte den Artikel für wichtig und erhellend, weshalb ich ihn sehr ausführlich zitiere. Bei Missfallen bitte ich Herrn Payr, mit dem ich ohnehin in lockerem Mailkontakt stehe, um eine kurze Rückmeldung.
Es begann vor vier Jahrzehnten als Nischenprojekt der „feministischen Linguistik“. Mittlerweile wird die Gendersprache vom Staat und von Großkonzernen durchgesetzt, obwohl eine Mehrheit sie ablehnt. Einige profitieren aber von der Entwicklung – durch Jobs oder Status.
(…) Beginnen wir mit der Frage, wem das Gendern wirklich nutzt und welcher Art dieser Nutzen ist.
1) Gendern als Gesinnungsmarker. Unbestritten ist die Eignung des Genderns für das virtue signalling, also für das Vorzeigen der eigenen Tugendhaftigkeit. Wer gendert, bringt zum Ausdruck, dass er auf der Höhe der Zeit ist und sich im Lager der Fortschrittlichen und Guten ansiedelt. Gendern ist Distinktionsmerkmal und praktisches Instrument, um Informationen und die eigene politische Haltung zu einem zeitgeistkonformen Paket zu verschnüren: Das habe ich zu sagen – und hier stehe ich politisch.
2) Gendern ist ein Geschäft. Ein weiterer Nutzen der Gendersprache besteht darin, dass immer mehr Menschen ihren Lebensunterhalt mit dem Weitergeben und Lehren dieser Sprache bestreiten können. Sie verkaufen Bücher zum Thema (etwa der Dudenverlag), bieten Fortbildungen und Workshops an oder betreiben Websites (etwa: genderleicht.de). Gendersprache ist anspruchsvoll, Menschen müssen in ihren Gebrauch eingewiesen werden. Ein Fortbildungsbedarf wurde geschaffen und damit die Notwendigkeit von Formbildern. Ein Markt ist entstanden.
3) Gendern schafft Arbeitsplätze. Die To-do-Liste von Gleichstellungsbeauftragten würde große Lücken aufweisen, wenn der Einsatz für eine gerechte Sprache dort nicht seit Jahrzehnten seinen angestammten Platz hätte. Leitfäden müssen erstellt, Formulare und Software geschlechtergerecht umgearbeitet und Stellenanzeigen genderfair ausgeschrieben werden. Somit ist Gendern auch eine ergiebige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, die die Einrichtung und den Fortbestand von bestimmten Arbeitsplätzen rechtfertigt.
4) Woker Kapitalismus – Fragmentierung der Gesellschaft. Das aktuelle Engagement für eine genderfaire Sprache muss im Kontext moderner Identitätspolitiken gesehen werden. Gendersprache ist die ideale Sprache für eine Zeit, in der das "Sichtbarmachen" von Identitäten einen hohen Rang genießt. Philosophen wie Alexander Grau und Robert Pfaller haben darauf hingewiesen, dass linke Identitätspolitik und neoliberaler Kapitalismus eine perfekte Ehe eingegangen sind. Wenn global aktive Unternehmen wie Apple, Google oder Spotify sich mit "Diversität" schmücken und ihre Texte mit Gendersternchen oder Doppelpunkten garnieren, so ist das mehr als bloße Anbiederung an den Zeitgeist. Diese Art von virtue signalling passt perfekt in ein politisches Umfeld, dass mit Engagement im Kleinen von den großen Problemen ablenken will. Pfaller sieht hier „eine Miniaturisierung und Verlagerung emanzipatorischer Anliegen dorthin, wo sie mit umso größerem Eifer betrieben und verteidigt werden können, als sie niemandem mehr ernsthaft wehtun, wobei sie freilich auch niemandem mehr ernsthaft nützen (abgesehen von ihren institutionalisierten Betreibern)." (…) Wer eine Antwort auf die Frage sucht, warum global tätige Unternehmen, die in früheren Zeiten selten durch linke Umtriebe aufgefallen sind, auf einmal auf Teufelin-komm-raus gendern – hier ist die Antwort. Das Phänomen heißt "Woker Kapitalismus" und seine Sprache ist "gendersensibel".
Kommen wir nun zu einigen Schäden, die der "genderfaire" Sprachumbau mit sich bringt:
1) Die Sprache nimmt Schaden. Sie verliert an Eleganz, Prägnanz, Praktikabilität, Natürlichkeit und Stimmigkeit. Stattdessen breitet sich ein ebenso sperriger wie künstlicher Bürokratenjargon aus. Die Defekte hier im Einzelnen aufzuzählen ist an dieser Stelle nicht notwendig – diese wurden in der Vergangenheit bereits erschöpfend diskutiert.
2) Ein exklusives Projekt. Wer das höchst anspruchsvolle Deutsche durch Gendern noch komplizierter macht, erschwert vielen Menschen den Zugang zu dieser Sprache: Kindern, Migranten, Menschen mit kognitiven oder sensorischen Beeinträchtigungen (etwa Blinde). Die offensichtliche Behindertenfeindlichkeit dieser Sprache wird in den Debatten kaum je thematisiert. Die "genderfaire" Sprache, die sich Inklusion auf die Fahnen geschrieben hat, erweist sich bei näherer Betrachtung als ausgesprochen exklusives Projekt.
3) Auf Kriegsfuß mit der Logik. In einer Zeit, in der mancherorts "gefühlte Wahrheiten" immer mehr wissenschaftliche Fakten ersetzen, hat die Logik einen schweren Stand. Wer gegenderte Texte liest/hört, wird mit einer Vielzahl von Ungereimtheiten konfrontiert. Das fängt schon mit der Paradoxie an, dass Gendern einerseits alle Geschlechter sichtbar machen soll (wie bei "Student*innen"), dann aber wieder alle Geschlechter unsichtbar (wie bei "Studierende"). Da heißt es einmal "Redner*innen" (Sichtbarmachung), dann wieder "Redepult" (Neutralisierung).
Hier folgt eine Aufzählung weiterer Ungereimtheiten, die ich einmal herauskürze, zumal man Payr zufolge diese Liste lange fortsetzen könne.
4) Einschränkung der Redefreiheit. Immer mehr Behörden, Institutionen, Medien und Wirtschaftsunternehmen erklären Gendersprache zum zeitgemäßen und verbindlichen Sprachstandard. Jeder, der am etablierten Sprachgebrauch festhält, muss sich rechtfertigen. Sprach-Leitfäden üben Druck aus. Texte werden gegen den Willen von Autoren gegendert. Ungegenderte Texte werden nicht angenommen. Bei ungegenderten Seminararbeiten droht Punkteabzug. Nichtgendernden droht soziale Ächtung, ihr Sprachgebrauch wird als diskriminierend verunglimpft. Auch die Wissenschaftsfreiheit gerät durch den Genderzwang zunehmend unter die Räder.
5) Der rechte Rand profitiert. Der von Sprachgouvernanten gegängelte Wähler sucht immer öfter Zuflucht am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums. Linke Identitätspolitik generiert rechte Wähler. Was schon in den USA zum Wahlsieg von Donald Trump geführt hat, gibt auch hierzulande rechten Kräften Auftrieb. Die Linke verliert sich in Minoritätspolitiken, die großen sozialen Verwerfungen im neoliberalen Kapitalismus werden ausgeblendet. Viele Wähler fühlen sich von dieser Politik mit ihren Problemen nicht mehr wahrgenommen und wenden sich den Populisten vom rechten Rand zu.
6) Gesellschaftliche Spaltung. Die unablässigen Debatten um moralisch korrektes Deutsch führen zu gesellschaftlicher Spaltung und sozialem Unfrieden. Wer es wagt, das Gesinnungsdeutsch zu kritisieren, wird in die rechte Ecke gestellt oder als rückschrittlich bezeichnet. Kritiker der "gendergerechten Sprache" erleben deren rigorose Implementierung in den öffentlichen Sprachgebrauch als undemokratisch und bevormundend. Das Vertrauen in demokratische Institutionen wird erschüttert. Auch das Image des öffentlich-rechtlichen Rundfunks leidet. Er wird als übergriffige Erziehungsanstalt wahrgenommen.
7) Gendern ist sexistisch. Kein Vorwurf wiegt schwerer als der Hinweis auf den sexistischen Kern des Genderns. Wer gendert, markiert unablässig das Geschlecht von Personen. Es reicht nicht mehr aus, von "Hamburgern" zu sprechen – "Hamburgerinnen und Hamburger" muss es heißen. Dabei ist für das Hamburgersein unerheblich, welches Geschlecht der Hamburger hat. Gendern wirft uns auf die Kategorie Geschlecht zurück, eine Kategorie, die zu überwinden über lange Zeit das Ziel emanzipatorischer Bewegungen war. Die Sexualisierung der Sprache ist antiemanzipatorisch – und sie verkauft in ihrem pädagogischen Eifer ihre "Zuhörenden" für dumm. Jedes Kind weiß, dass in Hamburg Frauen und Männer wohnen. Dennoch erinnern die Gendernden ihre Zuhörerschaft beständig daran, dass die Population Hamburgs in die Subpopulationen Männlein/Weiblein auseinanderfällt. Hamburg ist für sie nur ein Patchwork fragmentierter Identitätsgruppen. Weibliches und männliches Hamburgersein ist in ihren Augen grundverschieden. Ein solches Denken muss sich den Vorwurf des Sexismus gefallen lassen.
Ich habe einige Aspekte aus der Nutzen-Schadens-Bilanz des Genderns aufgelistet. Die Liste ist unvollständig, die einzelnen Aspekte wurden nur angerissen. Wie auch immer man zu diesen Argumenten stehen mag – man sollte sich immer vor Augen halten, dass dieses elitäre Sprachexperiment kaum Rückhalt in der Sprachgemeinschaft hat. Bei einer Quote von rund 80 Prozent, die dem Gendern ablehnend gegenüberstehen, ist es schon demografisch ausgeschlossen, dass es sich hierbei nur um "alte weiße Männer" handelt.
Auch die These von der genderfreudigen jungen Generation lässt sich in Umfragen nicht erhärten. Die überwältigende Mehrheit der Sprachgemeinschaft hat ihr Urteil über den genderfairen Sprachumbau gefällt: In ihren Augen überwiegt der Schaden bei Weitem den Nutzen. Es fragt sich, wann unsere Politiker diese Stimmen endlich wahrnehmen.
Fabian Payrs Buch "Von Menschen und Mensch*innen: 20 gute Gründe, mit dem Gendern aufzuhören" hat mir in seinem stringenten Aufbau und seiner klaren Argumentation gut gefallen.
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