Montag, Dezember 12, 2022

Neue Dokumentation zur Geschlechterdebatte hinterfragt herrschende Ideologie

1. Der Filmemacher Jan Oechsner präsentiert den Dokumentarfilm "Männer.Frauen.Menschen", in dem sich Fachleute kritisch zur herrschenden Ideologie in der Geschlechterdebatte äußern. Zu ihnen gehören Dr. Matthias Stiehler, Vorstand Wissenschaft der Stiftung Männergesundheit, Christine Bauer-Jelinek, Psychotherapeutin und Mitautorin der ersten vergleichenden Studie von Feminismus und Maskulismus, Dr. Hanna Milling, Mediatorin, Trainerin und Dozentin im Bereich Kommunikation und Konfliktmanagement, die Historikerin und Soziologin Sandra Kostner sowie der Publizist und Feminismuskritiker Gunnar Kunz. Der Film wird über eine eigene Website ebenso vertrieben wie über Vimeo, wo es heißt:

Sie leben und arbeiten in Brandenburg, Wien, Bayern, Dresden, Berlin, Stuttgart: Acht Menschen, die in etwa 100 Minuten Filmdokumentation - kritisch über das Verhältnis der Geschlechter reden, über einseitige Frauenpolitik, über das Patriarchat als Hassbegriff, über den Unterschied einer begrüßenswerten Gleichberechtigung und einer abzulehnenden Gleichstellung, aber auch über Sprachdiktate, Häusliche Gewalt, über notwendige Väterlichkeit, über einen Frauen und Männer trennenden Feminismus.

Diese Dokumentation will mit Argumenten zu einem überfälligen Diskurs einladen - bis hin zu einem Fazit, das so wunderbar einfach wie dringend notwendig ist: Es gibt kein Geschlecht, dass besser ist als das andere. Oder, so sagt es zum Beispiel Christine Bauer-Jelinek im Film: "Frauen und Männer müssen erkennen, dass sie miteinander für eine bessere Gesellschaft kämpfen müssen - und nicht gegeneinander, weil dann gehen wir sicher durch ein langes Tal der Tränen."


Auf seiner Website stellt Jan Oechsner sein Projekt mit diesen Worten vor:

"Dinge zu bezweifeln, die ganz ohne weitere Untersuchung geglaubt werden, das ist die Hauptsache überall." Georg Christoph Lichtenbergs Worte sind mein Motto: Ich bezweifele, dass die heutige Geschlechterpolitik gut ist. Sie trennt vielmehr, bevormundet, spielt Männer und Frauen gegeneinander aus. Oft leise, aber wirkmächtig. Meine große Filmdoku untersucht diese Schieflage kritisch - und wirbt für ein konstruktives Miteinander.


Wie man merkt, hat dieser Film dieselbe Ausrichtung wie meine eigene journalistische Arbeit. Jan Oechsner hat mir freundlicherweise eine DVD des Films vorab zugeschickt, ich habe seine Doku mit großem Interesse gesehen und kann sie jedem empfehlen, der auch einmal andere Stndpunkte hören möchte, als die, die einem ohnehin schon unentwegt von populistischen Politikern und Journalisten eingehämmert werden. Insbesondere für Menschen, die noch wenig Gegenpositionen zum herrschenden Narrativ kennen, sondern allenfalls ein emotionales Unwohlsein damit spüren, kann dieser Film hilfreich sein zu erkennen, dass es für diese Skepsis gute Gründe und Argumente gibt.



2. In der Berliner Zeitung setzt sich der Sprachwissenschaftler Fabian Pay mit einem der Instrumente aus, mit denen der Konflikt zwischen Frauen und Männern am Brodeln gehalten wird: die geschlechtertrennende Gendersprache, deren ideolgisch-rhetorischen Hintergrund Pany so zusammenfasst:

Viele zentrale Elemente im Themenkomplex Gendersprache erinnern an die Sphäre des Religiösen: eine zentrale Erzählung (Mythos von der unsichtbaren Frau), die Identifikation des Bösen (das generische Maskulinum und seine Nutzer/der Patriarch), eine gemeinsame Praxis als Distinktionsmerkmal (Nutzung gendersensibler Sprache), die scharfe Gegenüberstellung von In-Group (progressive Befürworter) und Out-Group (konservative Kritiker), das Inszenieren der eigenen Wahrheit als absolut und unhinterfragbar, das Belegen von Kritik mit einem Tabu.

In diesen religiösen Narrativen mögen auch die Wurzeln liegen für den hohen moralischen Ton, der in Diskussionen von Genderbefürwortern oft angeschlagen wird und eine sachliche Debatte meist vereitelt. Es ist eine manichäische Weltsicht, die hier zum Tragen kommt: gut/böse, jung/alt, links/rechts sind die Koordinaten dieses unterkomplexen Lagerdenkens.

Wie in diesem Artikel dargestellt, hat die Gendersprache ihre Karriere in starkem Maße einer Bündelung verschiedener hochwirksamer Erzählungen zu verdanken. Fakten haben es dagegen schwer, gegen eine gute Geschichte anzutreten. So ließen ZDF und ARD im Sommer dieses Jahres einen Aufruf von über 300 Sprachexperten, die die Sender zu einer kritischen Auseinandersetzung mit ihrer Genderpraxis aufforderten, entspannt an sich abperlen.

Die Wissenschaftler hatten zwar etliche Argumente aufgeführt, die strahlende Story der ebenso fortschrittlichen wie diversitätssensiblen Sender, die ihre "Zuschauenden" diskriminierungsfrei und wertschätzend ansprechen und in ihrer Sprache alle Geschlechter sichtbar machen möchten, lässt ihnen eine Auseinandersetzung mit Argumenten hinfällig erscheinen. Vielleicht hätte man den Unterzeichnern des Aufrufs raten sollen, sich mit ihren Thesen an der Eingangstür des ZDF festzukleben. Das wäre zumindest eine gute Story gewesen.


In der Tat: Offenbar aind wir 2022 in einer Gesellschaft angekommen, in der die außerparlamentarische Opposition nur dann von Regierungsmitgliedern und Journalisten zu Gesprächen eingeladen wird, wenn ihre Aktionen Rettungseinsätze mit Notfallpatienten blockieren. Wer zu einer Gruppe gehört, von der solche Straftaten begangen werden, dem stehen die Tore zu den Talkshows von Will und Maischberger offen. Ich halte solche Praktiken trotzdem auch für die Männerrechtsbewegung nicht für den richtigen Weg. Wir sollten Menschen mit Argumenten erreichen, nicht mit Nötigung.



3. "Mockridge ist zurück: Ein Schlag ins Gesicht für betroffene Frauen" betitelt die Frankfurter Rundschau einen Artikel von Moritz Post (bewusst keine Verlinkung). Es ist bemerkenswert, wie moralfrei und widerwärtig sich gerade Journalisten verhalten, die sich als besonders moralisch verkaufen wollen: Grundpfeiler des Rechtsstaats wie die Unschuldsvermutung werden dabei schlicht ignoriert. Immerhin sind die Kommentare der "Rundschau"-Leser durchgehend deutlich. Etwa dieser: "Ich frage mich auch, ob es in der FR eine Chefredaktion gibt, die derartige Entgleisungen verhindern könnte? Sind die heute alle auf dem Weihnachtsmarkt?" (Die Rundschau hat die Kommentarfunktion unter dem Beitrag schließlich deaktiviert, aber alles Notwendige war ohnehin gesagt.)



4. "Tobias hat ein Kind, das er nicht will. Elias hätte sich nichts mehr gewünscht, als Vater zu werden." Anhand dieser beiden Fälle beschäftigt sich die Neue Zürcher Zeitung mit dem Thema "Abtreiben – oder nicht?" als eine "Entscheidung, die nur Frauen treffen dürfen". Ein Auszug:

Dass die Entscheidung, ob eine Schwangerschaft abgebrochen oder ausgetragen wird, bei der Frau liegt, findet Tobias trotz seiner eigenen Erfahrung wichtig. "Ich habe so viel darüber nachgedacht", sagt er. Immer mit dem gleichen Ergebnis: Es ist ihr Körper – ihre Entscheidung. "Aber ich hätte juristisch gerne eine Option gehabt, mich gegen das Kind zu entscheiden", sagt er. Eine Art Abtreibung auf dem Papier, mit der ein biologischer Vater alle Rechte und Pflichten in Bezug auf das Kind abtritt: "Dann könnten beide frei entscheiden, wie es weitergehen soll. Das wäre fairer."




5. Im populärwissenschaftlichen Magazin Psychology Today befindet die Familientherapeutin Professor Rachel Diamond, dass das Geburtstrauma von Vätern ein Thema sei, das man nicht länger totschweigen sollte:

Während Untersuchungen zeigen, dass bis zu 45 Prozent der frischgebackenen Mütter über ein Geburtstrauma berichten, wird den Erfahrungen der Väter viel weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Etwa 90 Prozent der Väter sind jedoch bei der Geburt ihres Kindes dabei. Daher besteht für sie die Gefahr, dass sie eine komplizierte Geburt miterleben, an der ihre Partnerin und ihr Kind beteiligt sind, was sie ebenfalls dem Risiko aussetzt, ein Geburtstrauma zu erleben. Und da die heutigen Definitionen von Trauma anerkennen, dass auch das Erleben eines Ereignisses traumatisch sein kann, kann ein Vater zweifellos das Trauma einer Geburt erleben, ohne selbst zu gebären.

(...) Etwa 1 von 10 Vätern leidet unter psychischen Problemen in der Zeit nach der Geburt. Väter, die berichten, dass sie eine traumatische Geburt erlebt haben, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, später solche postpartalen psychischen Probleme zu entwickeln. Darüber hinaus kann die traumatische Geburt einer Partnerin die folgenden Auswirkungen haben:

* Angst und Beklemmung zu empfinden

* Flashbacks und Albträume von der Geburt

* Beziehungsschwierigkeiten mit dem Partner oder der Partnerin

* sexuelle und intime Probleme mit dem Partner

* Schwierigkeiten bei der Bindung zwischen Eltern und Kind.

Zwar besteht während der Geburt immer das Risiko von Komplikationen, doch gibt es für werdende Väter Möglichkeiten, Risiken für sich und ihre Partnerin zu verringern. Die Forschung zeigt, dass die Unterstützung durch eine Geburtsbegleiterin, die der Gebärenden und ihrem Partner kontinuierliche Informationen, körperliche und emotionale Unterstützung bietet, zu besseren Ergebnissen führt.

Väter können zusätzlich an Geburtsvorbereitungskursen teilnehmen, um ihr Selbstvertrauen vor der Geburt und der neuen Elternschaft zu stärken. Dies ist wichtig, da die Anwesenheit des Vaters während der Wehen und der Geburt wesentlich sein kann und sich nachweislich positiv auf die Beziehung zur Partnerin und die Bindung zum Baby auswirkt.

Väter, die nach der Geburt in Not geraten sind, haben in der Regel Schwierigkeiten, Hilfe in Anspruch zu nehmen, und es kann Jahre dauern, bis sie professionelle Unterstützung für die Folgen eines Geburtstraumas erhalten. Eine Studie ergab, dass nur 3,2 Prozent der frischgebackenen Väter psychosoziale Dienste in Anspruch nehmen. Dies ist wahrscheinlich auf die gesellschaftlichen Botschaften zurückzuführen, die Männer darüber erhalten, was es bedeutet, sowohl ein Mann als auch ein Vater zu sein.




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