Montag, November 08, 2021

Neues Deutschland: Wie die Dunkelziffer männliche Opfer verschluckt – News vom 8. November 2021

1. In einem Beitrag des Neuen Deutschland über die Folgen sexuellen Missbrauchs findet sich auch folgende Passage:

Während Therapieplätze für Mutter und Tochter recht schnell gefunden waren, musste sich der Junge in Geduld üben. Ganz gleich wo: Es dominieren Beratungsstellen, die sich auf weibliche Betroffene spezialisiert haben. Diese seien, so Stefanie, überfordert mit einem zu therapierenden Jungen. Simon wollte außerdem einen männlichen Therapeuten haben. Das verlängerte die Wartezeit um ein weiteres Dreivierteljahr.

Beratungsstellen, die beiden Geschlechtern ein offenes Ohr schenken, sind rar. (…) Georg Fiedeler, Leiter der Fachberatungsstelle "Anstoß" des Männerbüros in Hannover, weiß, dass Frauen stark dafür kämpften, Unterstützungssysteme in die Gesellschaft einziehen zu lassen. Das sei nachvollziehbar und richtig. "Anstoß" ist eine der wenigen Stellen in Deutschland, die sich explizit auf sexualisierte Gewalt an Jungen spezialisiert hat. Bundesweit gäbe es etwa zehn vergleichbare Stellen.

Auch Klecina weiß um das Problem fehlender Beratungsstrukturen für männliche Opfer. Allerdings spricht sie davon, dass es schlichtweg nicht der Auftrag von Frauenberatungsstellen sei, Männer und Jungen zu beraten. Und trotzdem gebe es inzwischen vereinzelt Einrichtungen, die das täten, um die Lücke im Beratungsangebot zumindest ein Stück weit zu schließen.

(…) Fiedeler glaubt, dass Frauen kollektiv eher als Opfer wahrgenommen werden. Das Opfersein des Mannes sei dagegen tabuisiert. Er erklärt: "Sprüche wie ›Boys don’t cry‹ zeigen, was innerhalb der Geschlechterrollen erwartet wird. Ein Junge muss stark sein, muss Schmerzen aushalten. Opfersein ist das genaue Gegenteil davon: Hilflosigkeit, Schwäche, Machtlosigkeit." So kämen männliche Betroffene mit Erwartungen, die die Gesellschaft an sie stellt, in Konflikt. Und damit auch mit Erwartungen an sich selbst. Der Geschlechterforscher Hans-Joachim Lenz fasst die gegenwärtige Identitätskonstruktion in einem Aufsatz zusammen: "Entweder ist jemand ein Opfer oder er ist ein Mann." In diesem Zusammenhang empfindet es Fiedeler als denkbar, dass die Dunkelziffer von männlichen Opfern die der Frauen sogar übersteige.

(…) Das Ganze soll jedoch kein Wettbewerb sein. Der springende Punkt sei laut Fiedeler, dass männliche Opfer genauso ernst genommen und gewürdigt werden müssten - ohne ihre Erfahrungen gegenüber den von weiblichen Betroffenen aufzurechnen. Der Fokus liege darauf, entsprechende Unterstützungssysteme bereitzustellen, und zwar nicht zulasten von Frauen. Das Sichtbarmachen von männlicher Betroffenheit könnte auf lange Sicht bewirken, dass es weiteren Männern möglich wird, über ihre Erfahrungen zu sprechen und über gesellschaftliche Erwartungen hinwegsehen zu können.




2. An den Hochschulen in Baden-Württemberg soll die geschlechtertrennende Sprache Einzug halten.



3. Apropos Gendersprache: Der NDR warnt inzwischen vor radelnden Zombies.



4. Die Männerrechtsbewegungen gehört zu den sozialen Bewegungen, die vom medialen und politischen Establishment ausgegrenzt werden, statt dass man ihre Gesprächsangebote annimmt. Zur Frage Ausgrenzen statt argumentieren – Geht uns die Streitkultur verloren? diskutierten vergangene Woche beim SWR Dr. Svenja Flaßpöhler, die Chefredakteurin des Philosophie Magazins, der Kabarettist und Autor Florian Schroeder sowie der Medienwissenschaftler Professor Dr. Norbert Bolz.



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