Sonntag, Januar 24, 2021

SPD empört: Berliner Platz soll Richard-von-Weizsäcker-Platz heißen – News vom 24. Januar 2021

1. Ein Platz in Berlin-Schöneberg soll von Kaiser-Wilhelm-Platz zu Richard-von-Weizsäcker-Platz umbenannt werden. Das ist nachvollziehbar: Der frühere Bundespräsident war mehrere Jahre Regierender Bürgermeister der Stadt. Vor allem Sozialdemokratinnen jedoch sind nun stocksauer. SPD- Fraktionschefin Marijke Höppner etwa nannte die geplante Umbennnung "beschämend" und "gesellschaftspolitisch prähistorisch", da man "nur über weiße Männer" rede.



2. In der Frankfurter Allgemeinen stellt Jörg Thomann hingerissen Susanne Kaisers männerfeindliches Buch "Politische Männlichkeit" vor. Dabei verwendet er ernsthaft Begriffe wie "dunkelmännliche Milieus" und schreckt auch vor einem Griff in die Mottenkiste manipulativer Techniken nicht zurück, etwa den Tipp, wenn man etwas gar nicht belegen könne, solle man so tun, als ob das sowieso jeder wüsste. (Folglich schreibt der FAZ-Mitarbeiter: "Dass verbale Gewalt in den sozialen Medien zu bestimmt neunzig Prozent von Männern ausgeht, ist bekannt.") Während man sich die Lektüre des Gruppen wie Pick-up-Artists und Incels diffamierenden sowie Hass schürenden Artikels komplett sparen kann, sind die Leserkommentare darunter überwiegend erfrischend differenziert.



3. Kann es wahr sein? Ausgerechnet das männerfeindliche "Nerd"-Klischee hält viele Frauen vom Informatik-Studium ab:

Insbesondere klischeehafte Rollenbilder wie die des "Computer-Freaks" würden so gut wie ausschließlich für junge Männer gebraucht. "Viele Frauen fürchten sich davor, von ihrer `Weiblichkeit´ einzubüßen, wenn sie sich auf dieses männlich besetzte Terrain vorwagen", hat der studierte Soziologe [Professor Yves Jeanrenaud] herausgefunden. "Sie entscheiden sich dann nicht selten gegen ein Informatik-Studium, obwohl sie ein gewisses Interesse dafür durchaus mitbringen."


Ähnliches gilt wohl für das Klischee der altbackenen bleichen Männer im Finanzsektor.

Vermutlich hält die Klischeevorstellung vom frauenfeindlich-reaktionären Maskulisten auch viele Frauen davon ab, sich in der Männerbewegung zu engagieren.



4. Christian Schmidt hat die Studie untersucht, der zufolge aggressionsbereite Männer mehr Sex-Partner finden (Genderama berichtete).



5. Eine Petition gegen das Gendern im Online-Duden des Vereins Deutsche Sprache wird in den sozialen Medien bereits fleißig geteilt. Zu den hundert Erstunterzeichnern gehören eine Reihe von Sprachwissenschaftlern und Autoren, so etwa der Kolumnist Bastian Sick ("Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod").



6. In Dänemark sorgt eine Dating-App für Empörung, zu der ein 24-Stunden-Vertrag für einvernehmlichen Sex gehört. Nutzer geben die Nummer der Person ein, mit der sie Sex haben wollen, und senden eine Anfrage - der andere hat dann die Möglichkeit, diese anzunehmen oder abzulehnen. Einmal erteilte Zustimmung ist 24 Stunden lang gültig und auf Geschlechtsverkehr beschränkt.

Die App stellt eine Reaktion auf ein neues Gesetz dar, dem zufolge nicht-einvernehmlicher Sex auch dann als Vergewaltigung gilt, wenn keine Gewaltanwendung vorliegt. Kritiker der App wenden ein, dass Freiwilligkeit beim Sex komplexer sei als ein einfaches Ja oder Nein, dass Anwender verlernen würden, körpersprachliche Signale zu lesen, dass durch die App die sexuelle Begegnung zu einem Rechtsgeschäft würde und dass die App in einem Gerichtsverfahren ohnehin nicht als Beweis standhalten würde.



7. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Hallo Arne,

mehrere Lokalzeiten beschäftigen sich scheinbar mit dem folgenden Phänomen: "Sexismus im Alltag: Warum Frauen Männern auf dem Gehweg nicht mehr ausweichen sollten". Dazu gibt es scheinbar gleichlautende Artikel in den Zeitungen des shz-Verlages, der Schweriner Volkszeitung und der Osnabrücker Zeitung (leider jeweils hinter einer Bezahlschranke). Einen ähnlichen Artikel gab scheinbar schon 2019 bei EditionF.

Als relativ unbescholtener und wahrscheinlich bisher bodenlos naiver (männlicher) Mitbürger, der bisher versucht hat, im Alltag weder Frauen noch Männer anzurempeln, wirkt das total neben der Spur. Weil einige Feministinnen glauben, das Männer in dieser (natürlich strukturell patriarchalischen) Welt, nicht anders können als gezielt Frauen anzurempeln, sollen "Frauen*" jetzt andersherum bewusst und gezielt Männer anrempeln? Als müsste jetzt in jede Alltagssituation der Geschlechterkampf Einzug halten. Nebenbei: Könnte ich dann nicht auch behaupten, dass mich bisher gezielt Jugendliche, Menschen über 60, Rothaarige oder sonstwer angerempelt haben und nun dazu aufrufen mal ordentlich zurückzurempeln? Meine bisherige Vorstellung, dass wir einfach alle (egal, ob Mann, Frau, jung, alt, groß, klein etc...) höflich und respektvoll miteinander umgehen, scheint bei einigen nicht so gut anzukommen.


Ich hatte selbst mal eine feministische Kommilitonin, die beschloss, Männern auf Gehwegen nicht mehr auszuweichen, wie es angeblich von ihr als Frau erwartet wurde, und die daraufhin empört feststellte, dass sie tatsächlich ständig angerempelt wurde. Mein vorsichtiger Einwand, dass wenn an einer engen Stelle zwei Menschen einander entgegenkommen, höflichkeitshalber BEIDE ein Stück ausweichen und es automatisch zu einer Kollision kommt, wenn einer von beiden darauf verzichtet, wurde von ihr nicht gerade begeistert aufgenommen. Womöglich rempelt sie heute noch fremde Männer an und fühlt sich als diskriminiertes Opfer des Patriarchats dabei.

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