Was bedeutet Corona für die Männergesundheit? – News vom 23. März 2020
1. Dass Corona weit überwiegend Männer zum Opfer fallen, dürfte bei den meisten angekommen sein – auch wenn die Leitmedien das weit weniger thematisieren als sie tun würden, wenn das Geschlechterverhältnis umgekehrt wäre. So wie es jetzt steht, werden Männer nicht einmal darauf aufmerksam gemacht, dass sie besonders startke Vorsicht walten lassen sollten und deshalb zum Beispiel lieber ihre Partnerin zum Einkaufen schicken sollten. Wenn es Männer sind, die besonderen Schutz bedürfen, bleibt es häufig unerwähnt.
Dabei sind die Zahlen deutlich: In Italien etwa sind 60 Prozent der mit Corona Infizierten und 70 Prozent der Toten männlich. In China sieht es kaum anders aus. Die beiden Gesellschaften unterscheiden sich stark voneinander, aber die Toten sind weit überwiegend Männer.
Woran liegt das? Wir wissen es nicht und können nur spekulieren. Jetzt rächt sich, dass es in der geschlechtsbezogenen Gesundheitsforschung so wie in der Genderforschung insgesamt vorrangig um die besonderen Probleme von Frauen geht und die spezifischen Probleme von Männern weitgehend ignoriert werden. Die Tatsache, dass Männer von Erkrankungen des Immunsystems weit stärker belastet werden ist mit höhnischen Formulierungen wie "Männerschnupfen" vor allem zum Schenkelklopfer geworden und hatte seinen einzigen Nutzen in seiner Funktion als Indikator: Wenn immer man (zumeist) eine Frau "Höhöhöh, Männerschnupfen!" tönen hörte, wusste man, dass man es mit jemandem zu tun hatte, der so sturzdämlich war, dass sich kein Gespräch mit dieser Person lohnte.
Hätte man die männliche Immunschwäche ernster genommen, dann wäre man jetzt vielleicht auch weiter, was die Mechanismen von Corona angeht. So aber stehen Mediziner vor einem Rätsel:
"Die ehrliche Wahrheit ist, dass wir heute nicht wissen, warum Covid-19 für Männer strenger ist als für Frauen oder warum der Unterschied in Italien größer ist als in China", sagte Professor Sabra Klein von der Johns Hopkins Universität in Baltimore, Maryland, gegenüber der Washington Post. "Was wir wissen, ist, dass neben dem höheren Alter auch das männliche Geschlecht ein Risikofaktor für schwerwiegende Folgen ist und die Öffentlichkeit darauf aufmerksam gemacht werden sollte".
(...) Auch bei den Ausbrüchen von SARS und MERS, die durch extrem ähnliche Coronaviren in China und Saudi-Arabien verursacht wurden, starben Männer unverhältnismäßig häufig.
Sorry, wusste das irgendjemand von euch? Ich wusste es nicht, und ich bin beim Thema "Nachteile von Männern" einigermaßen firm. Auch hier schien es kein großes Interesse daran zu geben, auf dieses Missverhältnis deutlich hinzuweisen.
Es ist sehr zu hoffen, dass Corona wenigstens die Vernachlässigung des Themas Männergesundheit reduziert. Wenn das geschieht, werden die Leitmedien sich allerdings nicht als erste dafür engagieren.
2. Der Umstand, dass "häusliche Gewalt" in der öffentlichen Debatte auf "Gewalt gegen Frauen" verkürzt wird, führt zu immer groteskeren Entwicklungen. So berichtet "Die Welt" unter der Schlagzeile "Das eigene Zuhause ist für viele Frauen kein sicherer Ort" folgendes:
Die Grünen im Bundestag fordern Ausnahmeregelungen für Ausgangsbeschränkungen während der Corona-Krise. "Für von Gewalt bedrohte Frauen und Kinder darf die Ausgangssperre nicht gelten", sagt Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, WELT. "Die Möglichkeit, rauszugehen und auch Beratungsstellen aufsuchen zu können, muss gewährleistet sein und darf strafrechtlich nicht belangt werden."
(…) Der Gewaltschutz für Frauen müsse Teil der Pandemiepläne des Bundes werden, zudem müsse eine öffentlichkeitswirksame Kampagne gegen häusliche Gewalt gestartet werden. Auch für überfüllte Frauenhäuser während der Corona-Krise hat Schauws einen Vorschlag: "Es sollte eine unkomplizierte dezentrale Unterbringung auch in leer stehenden Wohnungen oder nicht genutzten Hotels ermöglicht und finanziert werden."
(…) Auch die Linke hatte bereits eine schnelle Bereitstellung von Notunterkünften gefordert. "Das ist für Frauen überlebenswichtig", sagte die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Cornelia Möhring, der "taz".
Die männliche Hälfte der Opfer scheint all diese Hilfsmaßnahmen nicht zu brauchen.
Ceyda Keskin vom Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe weist darauf hin, dass Frauen häufig auch im Internet von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind. In Zeiten von Quarantäne und Selbstisolation sei das Netz allerdings oft der einzige Rückzugsort für Frauen, die Gewalt erleben. "Frauen werden im Internet gezielt angegriffen, beleidigt, erpresst, bedroht und gestalkt. Es braucht sichere Netzwerke, in denen sich gewaltbetroffene Frauen bewegen können", fordert sie.
Auch Männer werden im Internet zuhauf angegriffen, beleidigt und bedroht. Ähnlich wie beim Gesundheitsthema ist das für Politik und Medien allerdings von keinerlei Interesse. Es sind Frauen, die als so schwach, zerbrechlich und unfähig, sich zu wehren, hingestellt werden, dass sie eigene "sichere Netzwerke" benötigen. Wie so oft ergänzen sich frauen- und männerfeindliches Denken perfekt.
3. Auch die britische Daily Mail berichtet darüber, dass Eltern den Coronavirus dazu instrumentalisieren, um dem anderen Elternteil den Kontakt mit den gemeinsamen Kindern zu versperren. So besteht offenbar die Sorge, Kinder könnten bei ihrem Vater "festgehalten" sein, wenn sie sich zu Beginn einer Ausgangssperre in seiner Obhut befänden.
4. Die "Internationale Konferenz für Männeranliegen 2020" (ICMI20), die ursprünglich vom 31. Juli bis zum 2. August in Sydney stattfinden sollte und für die Redner von vier Kontinenten angekündigt waren, wird wegen der Corona-Pandemie jetzt als virtuelle Konferenz ausgerichtet. Das meldet die männerpolitische Website A Voice for Men: "Als Folge der Pandemie wird Australien seine Grenze bald schließen und hat Beschränkungen für öffentliche Versammlungen eingeführt, die die Abhaltung des ICMI20 in der ursprünglich geplanten Form unmöglich machen."
Ähnlich sieht es mit der Wiener Twogether-Konferenz aus, deren Veranstalter auf ihrer Website mitteilen:
Verschiebung des Events auf den 9./10. Oktober 2020. Am 15./16. Mai 2020 wird ein Online Kongress stattfinden.
Ich erwarte, hierzu in den nächsten Tagen nähere Informationen zu erhalten.
5. Der gestern ausgestrahlte "Tatort" sorgt für gemischte Reaktionen. "Die Zeit" etwa zeigt sich begeistert:
Eine ermordete Jugendamtsmitarbeiterin, Väter, die keinen Unterhalt zahlen und ein Amtsleiter mit Affären: Der "Tatort" ist einer der besten Kölner Fälle seit Langem.
Kritisch hingegen urteilt die Frankfurter Allgemeine
Sie alle sagen artig Texte auf (Buch Jürgen Werner, Regie Nina Wolfrum), die uns klarmachen sollen, wie schwierig das mit dem Unterhaltsrecht ist, wie schwer es Alleinerziehende haben und wie sehr die Kinder unter solchen Situationen und dem Egoismus der Erwachsenen leiden. Das ist richtig, das ist wichtig, aber neunzig Minuten "Tatort"-Belehrung brauchen wir dafür nicht.
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