Samstag, März 14, 2020

Mainzer Gender-Professor prangert an: MeToo macht männliche Opfer unsichtbar – News vom 14. März 2020

1. Den Mainzer Genderforscher und selbsterklärte Feminist Professor Stefan Hirschauer habe ich beim persönlichen Kontakt als eher schwierig erlebt, was eine Zusammenarbeit mit Männerrechtlern angeht, aber in öffentlichen Auftritten kann er mit jedem Maskulisten gleichziehen. Diesen Montag war Teilnehmer einer SWR-Radio-Talkrunde mit der Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen und der radikalen Feministin Jagoda Marinić zum Thema "Weinstein und die Folgen - Was verändert die #MeToo-Bewegung?" . Insbesondere Marinić gibt er so deutlich kontra, dass sie im Verlauf der Talkrunde immer angefressener reagiert. Man hat als Hörer den deutlichen Eindruck, dass Marinić ihre Informationen stark ausgewählt und gefiltert zu erhalten scheint, was für Feministinnen aufgrund der einseitigen Berichterstattung der Leitmedien auch sehr viel einfacher als für Männerrechtler ist: Wir bekommen immer automatisch beide Seiten zu hören.

Ein Auszug von Professor Hirschauers Einschätzungen zu MeToo ab Minute 21:

Wenn Urteile unter öffentlichem Druck zustande kommen, dann leben wir nicht mehr in einem Rechtsstaat. Und ich finde es falsch, Frau Marinić, das Scheitern einer politischen Kampagne oder den Erfolg der Kampagne daran zu messen, wie die Verurteilungsquote ist, die sie erzielt. Das geht nicht. Das können wir nicht machen.

Auf jeden Fall ist die Beschämung und die Einschüchterung von Frauen ein Problem. Dass so wenig Sexualdelikte zur Anzeige kommen, das ist ein Problem, das wir seit langem kennen. Auf der anderen Seite finden die Frauen vergleichsweise extrem viel Gehör: in einem Freundinnendiskurs, in dem seit mindestens 40 Jahren Frauen über sexuelle Gewalt gegen sie sprechen, bei sozialpädagogischen Stellen, bei Frauenhäusern, bei der Polizei oder Polizistinnen, wie Frau Friedrichsen sagt. Auch die Aufdeckung des Generationen alten Missbrauchs von Jungen in der katholischen Kirche hat erst ein ganz langes Schweigen durchbrechen müssen. Und wir wissen inzwischen alle, dass das Schweigen der Kinder noch um einiges tiefer gewesen ist als das der Frauen. Und ich kann Ihnen sagen, es gibt Studien dazu, dass das Schweigen der missbrauchten Männer noch mal tiefer ist. Die finden nämlich überhaupt kein Gehör mehr: bei keiner Polizei, bei keinem Freund, bei keinen Eltern. Man glaubt einfach gar nicht, dass das möglich ist. Sozialwissenschaftlich weiß man das längst.

Das sind Dunkelfeldstudien, die tauchen eben gar nicht vor Gericht auf, noch nicht mal in Polizeiakten, die werden nicht angezeigt, die werden noch nicht mal in einen öffentlichen Diskurs und nicht mal einen privaten Diskurs gebracht. Das ist eine Studie über 18- bis 27jährige Menschen in Europa, die hat eine Kollegin, Barbara Krahin in Berlin gemacht, in ganz Europa, 4000 Befragte. Die Frage ist einfach an die jungen Leute unter 27: Sind Sie schon einmal Opfer sexueller Aggression gewesen? Gemeint ist verbaler Druck, Drohung und Einsatz von Gewalt, sexuelle Ausnutzung von Widerstandsunfähigkeit, und das bejahen in dieser Studie 32 Prozent der jungen Frauen – das hat man über Frauen bis dahin auch angenommen –, aber erstaunlicherweise eben auch 27 Prozent der jungen Männer.

Fragt man die Leute hingegen, ob sie schon einmal solche Aggressionen ausgeübt haben, so bejahen das die Hälfte der Männer, 16 Prozent, aber nur fünf Prozent der Frauen. Was man dabei sehen kann ist die historische Verschiebung der Täterschaft. Dass MeToo ausgelöst worden ist durch so alte Fälle von Sexualdelikten ist meines Erachtens kein Zufall. Es zeigt auch, wie anfällig sexuelle Begegnungen für Missverstehen sind: also für die je nach Geschlechtszugehörigkeit selektive Wahrnehmung von Aufdringlichkeit einerseits und Verletzlichkeit andererseits. Und dabei gelingt offenbar die Registrierung eigener sexueller Übergriffe vor allem den jungen Männern, die sind nämlich so sozialisiert worden, den Frauen gelingt es aber kaum. Und zwar weil sie eben gelernt haben, sich als Opfer und nicht auch als potnetielle Täterinnen zu sehen, während es die jungen Männer eben schwer haben, bei Freunden, Polizisten etcetera überhaupt als Opfer anerkannt zu werden und dann auch in den Statistiken aufzutauchen.

Das ist jetzt das Statement eines Soziologen. Ich gucke nicht nur auf Prozesse oder auf öffentliche Kampagnen, sondern ich muss einfach schauen: Wie sind denn die Verhaltensweisen, und wie verändern sie sich historisch? Und was herauskommt, ist, die Frauen sind gar nicht mehr so eindeutig Opfer. Großartig! Und das ist etwas, das eine politische Kampagne nicht leisten kann, die so sauber zwischen Männern und Frauen als Tätern und Opfern unterscheidet.


Hirschauer ab Minute 30:

Verzeichnet hat MeToo nicht nur die Männer, vor allen Dingen hat sie das Frauenbild verzeichnet: in Bezug auf die Informiertheit, die Wehrhaftigkeit und eben die potentielle Täterschaft von Frauen. Das Männer- und Frauenbild der Kampagne stammt für meine Begriffe aus dem zwanzigsten Jahrhundert. Nicht aus dem einundzwanzigsten. (…) Sie haben eine komplette Frauenbrille auf, Frau Marinić. Wo sind die männlichen Opfer? (…) Die Frage ist, ob man an einem bestimmten Punkt ein Bild von Frauen zeichnet, das nicht mehr dem Erleben von jüngeren Frauen entspricht. Und zum Erleben jüngerer Frauen gehört (...), dass sie zu Täterinnen werden können. Und das kommt natürlich in der MeToo-Kampagne so nicht vor. Dort ist nicht in irgendeiner Weise über männliche Opfer berichtet worden. Und Sie verstehen, dass das ganze Thema, und das ist soziologisch nicht uninteressant, einen anderen Touch bekommt, wenn man sexuelle Übergriffe in jedem Fall empörungswürdig findet – nicht nur wenn sie von Männern ausgeübt werden.


Die MeToo-Kampagne habe männliche Opfer nie einbeziehen können, "weil es eine feministische Kampagne ist"

Die Sendung ist in Gänze hörenswert, wenn man es schafft, das ständige Nachbeten vermeintlicher Gewissheiten von Jagoda Marinić zu überstehen, die zwar im feministischen Lager hochbeliebt, tatsächlich aber höchst "unterkomplex" sind, wie Hirschauer es diplomatisch formuliert.

Machen wir uns nichts vor: Viele jetzige Feministinnen, vor allem die Wortführerinnen, werden vermutlich nicht mehr in der Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts ankommen. Das wird das Entstehen eines ganzheitlichen Blicks auf die Opfer sexueller Gewalt aber hoffentlich nur verlangsamen und nicht komplett unterbinden können.

Was an Professor Hirschauers Aussagen problematisch bleibt, ist, dass sich seine Ausführungen so anhören, als ob die höhere Täterschaft von Frauen bei sexueller Gewalt eine neue Entwicklung des 21. Jahrhunderts wäre, während die Täterinnen in Wahrheit nur sichtbarer geworden sind, weil inzwischen verstärkt Studien darüber veröffentlicht worden. Allerdings habe ich solche Studien schon in meinem 2001 erschienenen Buch "Sind Frauen bessere Menschen?" vorgelegt; das wollten nur viele nicht wahrnehmen. Und vor 50 Jahren sind Männer einfach noch nicht nach ihren Erfahrungen als Opfer von sexueller Gewalt befragt worden.

Kurios ist, dass wir Männerrechtler, die vom politischen Gegner und den Leitmedien gerne als reaktionär verunglimpft werden, zu den wenigen gehören, die, um mit Hirschauer zu sprechen, im 21. Jahrhundert angekommen sind.



2. Das ZDF-Kulturmagazin "Aspekte" steckt jedenfalls tief im letzten Jahrhundert In einem gruseligen Beitrag der gestrigen von Katty Salié und Jo Schück moderierten Sendung (ab Minute 7.35) wird häusliche Gewalt durchgehend mit Männergewalt gleichgesetzt. Im Mittelpunkt des Beitrags stehen die Autorin Antje Joel.und die Staatsanwältin Christina Clemm, die sich beide in ihren aktuellen Büchern anscheinend allein mit weiblichen Opfern beschäftigen.



3. Offenbar kam die Unterzeichnung des offenen Briefes einiger Rowohlt-Autoren an ihren Verlag in Sachen Woody Allen unter chaotischen Bedingungen zustande. Einer dieser Autoren, Anselm Neft, bekundete schon vor drei Tagen: "Ich würde meine Unterschrift zurückziehen, wenn das nicht zu viel Gewese um meine unbedeutende Person bedeuten wurde."



4. Viele von euch habem in den letzten Tagen geunkt, sie warteten nur noch auf die Schlagzeile "Corona-Virus: Frauen besonders betroffen", so wie bei jedem anderen Problem auf diesem Erdball auch. Diese Schlagzeile gibt es jetzt .

Die liberale Feministin Cathy Young kommentiert auf Twitter:

Schon in den 1980er Jahren gab es einen Witz, dass, wenn Gott das Ende der Welt ankündigte, die Schlagzeile der New York Times lauten würde: "Die Welt geht morgen unter; Frauen und Minderheiten werden am meisten leiden"


Der Artikel erinnert natürlich auch an Hillary Clintons bekannten Ausspruch: "Frauen waren immer die primären Opfer des Krieges. Frauen verlieren ihre Ehemänner, Väter und Söhne im Kampf."

Es wäre offenbar zuviel verlangt, dass wir wenigstens bei der Bekämpfung von Corona ohne Opferolympiade zwischen den Geschlechtern zusammenstehen.



5. "Werden in Russland Männer diskriminiert?" fragt Victoria Ryabikova in einem Beitrag für die Website "Russia Beyond". Darin verrät sie, dass auch in diesem Land die weltweit wachsende Männerrechtsbewegung entsteht:

In Russland ist es üblich, dass ein Mann in einem Restaurant für eine Frau bezahlt, seinen Platz in der U-Bahn aufgibt und im Allgemeinen viel Zeit, Geld und Mühe aufwendet, um ihre Aufmerksamkeit und Anerkennung zu erlangen. Einige Männer betrachten das als Diskriminierung und beginnen, ihre Rechte geltend zu machen.

"Ich will keine Familie mehr haben. Ich will keine Kinder mehr. Meine Erfahrungen und Analysen der Ereignisse in der Umgebung haben meine Sehnsucht nach einer Familie zunichte gemacht. Die rosarote Brille ist abgefallen", sagt der 37-jährige Sergey Gerasimov, ein Logistikexperte aus Moskau.

Sergey ist Mitglied des Online-Gemeinschaftsnetzes "Männerbewegung", das vor vier Jahren populär wurde. Männer nutzen die Plattform, um die Wehrpflicht, die Unterhaltszahlungen und ihr späteres Rentenalter zu verurteilen (russische Frauen gehen mit 60, Männer mit 65 in Rente). Sie sehen all dies als Diskriminierung von Männern und nehmen an Kundgebungen teil, auf denen das Ende der Unterhaltszahlungen und der Wehrpflicht sowie die Einführung eines Gesetzes gefordert wird, das es den Kindern erlaubt, nach einer Scheidung beim Vater zu bleiben.

(...) Sergej betrachtet die Zwangseinberufung in die russische Armee als "legalisierte" Diskriminierung von Männern. Während Mädchen studieren, sich entspannen und Zukunftspläne schmieden können, werden Männer für ein Jahr "Sklaven", meint er. Außerdem glaubt er, dass Jungen, die sich (vernünftigerweise) dem Militärdienst entziehen, in den Augen der Frauen aus der Kategorie der "echten Männer" ausgeschlossen sind.

(...) Eine weitere Form der "legalisierten männerfeindlichen Diskriminierung" in Russland ist das Recht der Frau auf eine Abtreibung ohne Zustimmung oder gar Wissen des Vaters. Laut Gerasimov existiert in Russland das Konzept der Vaterschaft überhaupt nicht.

"In Russland konzentriert sich alles auf Frauen. Es gibt 'Mutterschaftskapital' [eine einmalige Zahlung für die Geburt] und Leistungen für alleinstehende Mütter. Es gibt keinen 'Vater' als solchen, sondern nur eine Person, die nach der Scheidung zur Zahlung von Unterhaltszahlungen verurteilt wird. Gleichzeitig vergiftet die Mutter das Kind gegen den Vater und zieht mit einem neuen Freund zusammen, der sich betrinkt und missbraucht. Das kommt so oft vor", erklärt Gerasimov.

Seiner Meinung nach sollte der russische Gesetzgeber das Mutterschaftskapital durch eine gemeinsame Zahlung für die Frau und den Mann ersetzen (auch Männer können in Russland Mutterschaftskapital bekommen, wenn er das Kind adoptiert hat oder die Mutter gestorben ist oder ihre elterlichen Rechte verloren hat) und die Aufteilung des Eigentums im Falle einer Scheidung aufheben.

Am 18. Juli 2019 wurde in einigen Zügen der Moskauer U-Bahn eine neue Ankündigung gemacht, in der die Menschen aufgefordert wurden, ihre Plätze an Behinderte, ältere Menschen, Fahrgäste mit Kindern und Frauen abzugeben. Zuvor hatte die Ankündigung nur schwangere Frauen erwähnt. Der Moskauer Nikita Orlow hielt dies für eine Diskriminierung und startete eine Petition, um sie zu beenden. Die Petition sammelte 2.174 Unterschriften.

"Niemand hat jemals seinen Sitz für mich aufgegeben, außer vielleicht in der Kindheit, obwohl auch ich müde werde. Ist das fair?", sagt Alexander, ein 29-jähriger Produktanalyst, der an der neuen Ankündigung Anstoß nahm.


Wie überall sonst, wo eine Männerbewegung entsteht, zitiert natürlich auch dieser Artikel sofort Vertreter des antimaskulistischen Gegenschlags: Einer findet, die Disrkiminierung von Männern bedeute nur, dass Männer jetzt ihre Privilegien verlören, ein anderer, dass nur lebensuntüchtige Kerle, die nicht mit Frauen umgehen können, über Diskriminierung klagen. Und auch in Russland steht die feministische Soziologin, die das Aufkommen von Männerdiskriminierung als Thema unterbinden möchte, sofort bereit:

Auch die Soziologin Irina Kosterina ist sich sicher, dass es in Russland keine männerfeindliche Diskriminierung gibt, denn Frauen haben die Möglichkeiten der Männer nie bewusst eingeschränkt.

"Logischerweise müssten sich 'böse' Frauen zusammenschließen und sich bewusst dazu entschließen, Männer zu unterdrücken, indem sie sie zum Beispiel in die Armee schicken. Dieselben bösen Frauen könnten auch sagen: 'Machen wir es so, dass der einzige Zweck eines Mannes im Leben darin besteht, Vater und Ehemann zu sein, sonst ist er ein Versager, und wir werden ihn verachten. Aber nein, es sind nicht die Frauen, die die Jungen in die Armee schicken - es ist der Staat, und der wird hauptsächlich von Männern kontrolliert", sagt sie in einem Interview mit The Village.

Nach den Worten von Kosterina befindet sich Russland jetzt im Stadium des "Neopatriarchats" - Frauen haben Macht und Rechte, sind aber in einigen Aspekten noch immer eingeschränkt.

"Der weibliche Widerstand gegen das Patriarchat wird von einigen Forschern als 'Frauen-Empowerment' bezeichnet. Das ist dann der Fall, wenn Frauen manipulative Taktiken anwenden, um ihre Ziele zu erreichen, weil sie ihre Macht nicht so offen ausüben können wie Männer. Aber solche Manipulationen kann man nicht als Sexismus bezeichnen", meint die Soziologin.


Offenkundig hat Russland denselben mühsamen Kampf vor sich, Bewusstsein für die Benachteiligungen von Männern zu schaffen, wie die westliche Welt seit zwanzig Jahren.

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