Neues Regime an Universitäten: Weiße Männer und abweichende Meinungen werden entfernt – News vom 22. Januar 2020
1. Der Deutschlandfunk berichtet, wie an britischen Universitäten auf Druck einiger Studenten, weiße Männer aussortiert werden:
Das begeistert keineswegs alle. Doug Stokes lehrt als Professor für International Politics an der Universität Exeter im Südwesten Englands. In seinem karg eingerichteten Büro mit funktionalen Möbeln in einem 70er-Jahre-Zweckbau verschafft er seinem Unmut Luft.
"Jetzt setzen wir also Leute allein wegen ihrer Hautfarbe auf die Liste der Sekundärliteratur. Das kommt mir rassistisch vor, oder sexistisch. Ich gebe nämlich die objektiven Standards akademischer Forschung auf und ersetze sie durch Identitäts-Kriterien. Das ist nicht nur illiberal und falsch, ich finde es auch herablassend und rassistisch.“
Stokes ist kein Konservativer. Im Gegenteil: Er ist, wie aus seiner Sicht der überwiegende Teil der britischen Geisteswissenschaftler, eher links und progressiv eingestellt.
(…) Vor einem Jahr kündigte die Labour-Politikerin Angela Rayner an, ihre Partei wolle die Unis so umbauen, dass es weniger weißes, männliches und rückwärtsgewandtes Personal gebe – "white, male and stale", wie sie sagte. Da platzte Stokes der Kragen:
"Ich bin mitten in London aufgewachsen, ich komme aus der Arbeiterklasse. Ich habe fürchterlich schlechte Schulen besucht, und ich war die erste Person in meiner Familie, die studiert hat. Und Angela Rayner, die zur Führungsriege einer eigentlich progressiven Partei gehört, stigmatisiert mich und sagt, als weißer, ältlicher Mann bin ich irrelevant und soll aus dem akademischen Betrieb entfernt werden."
Der Schreibtisch von Stokes‘ Kollegin Wanjiru Njoya steht in einem schlauchartigen Büro. Die schwarze Frau ist Juristin an der Uni Exeter und Cecil-Rhodes-Stipendiatin.(…) Wissenschaftlerinnen wie sie, schwarz, weiblich, Minderheit, hätten, wenn die Entkolonisierung der Unis durchgezogen wird, gute Chancen, weiße Männer nicht nur auf den Leselisten, sondern auch in Professorenjobs zu ersetzen. Und dennoch: Wanjiru Njoya lehnt das empört ab. Ob ich mir mal überlegt hätte, was es mit dem Selbstbewusstsein anstellt, wenn man nicht wisse, ob man die Beste für den Job gewesen sei oder einfach nur die mit der richtigen Hautfarbe?
Oder dem richtigen Geschlecht.
2. Die Historikerin Sandra Kostner findet es problematisch, wenn an Hochschulen die richtige Gesinnung immer stärker Erkenntnis und Wissen ersetzt. Wenn immer sie Studenten die Vorstellung nahebringe, dass man sich auch mit abweichenden Meinungen beschäftigen solle, ernte sie größtenteils skeptische Blicke und fassungslose Reaktionen.
Alle haben mehrere Jahre Studium an unterschiedlichen Hochschulen und in verschiedenen Fachrichtungen hinter sich. Insofern sind ihr Widerwille, sich mit "falschen" Positionen zu befassen, und ihr Bestreben, solche Positionen aus Forschung und Lehre zu verbannen, auch als ein Ergebnis ihres Studiums zu werten. Denn offenkundig haben es Dozenten (hier schliesse ich mich ein) entweder versäumt, Studenten zu vermitteln, dass Perspektivenvielfalt das Lebenselixier der Wissenschaft ist. Oder – und das ist der weitaus problematischere Fall – sie haben diese freiheitsskeptische und vielfaltsfeindliche Haltung aktiv durch das praktizierte Diskursklima befördert.
(…) Die kritische Überprüfung von Forschungsergebnissen wird nicht als notwendiger Bestandteil wissenschaftlichen Arbeitens gesehen, sondern als Störfaktor auf dem Weg zu einer idealen Gesellschaft. Um andere von einer kritischen Überprüfung abzuhalten, wird Macht eingesetzt – entweder indirekt in Form von moralischer Herabsetzung oder, wo institutionell möglich, direkt durch Disziplinierungsmassnahmen (Ressourcenzuteilung, Publikationsmöglichkeiten, Notengebung).
Demzufolge setzen Agendawissenschafter die Eigenwährung "Erkenntnis" des Wissenschaftssystems durch die Einführung von zwei Fremdwährungen unter Druck, konkret: der Währung "Macht" und der Währung "Moral". Die Erkenntnisfindung wird politisiert und religiös aufgeladen. Je mehr die vielfaltsfeindlichen Fremdwährungen an Gewicht gewinnen, desto stärker grenzen sie das von Hochschulmitgliedern ohne Sorge vor Konsequenzen für ihre Karriere- oder Studienverläufe verfolgbare Erkenntnis- und Diskursspektrum ein.
Nun sind nicht alle Fachbereiche gleichermassen betroffen. Für den Betroffenheitsgrad ausschlaggebend ist, ob ein Fachbereich Themen bearbeitet, auf denen das Augenmerk der Agendawissenschafter ruht. Zudem bedarf es einer kritischen Masse dieser Wissenschafter in einem Forschungsfeld, um ein auf Andersdenkende disziplinierend wirkendes Klima zu erzeugen. Der Marsch durch die Institutionen hat vor allem in den Kultur-, Sozial- und Geisteswissenschaften dazu geführt, dass diese kritische Masse vielfach erreicht wurde.
Ursprünglich strebten Agendawissenschafter die soziale Revolution an. Aber schon in den 1970er Jahren verlagerten sie ihr Ziel: weg vom Empowerment der angeblich vom Kapital unterdrückten sozialen Klassen, hin zum Empowerment von Gruppen, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihrer aussereuropäischen Herkunft, ihres nichtchristlichen Glaubens oder ihrer sexuellen Orientierung pauschal zu Opfern der von weiss-christlich-heterosexuellen Männern geschaffenen Machtverhältnisse erklärt wurden.
(…) Das zur Ziehung roter Diskurslinien herangezogene Vokabular wurde über die Jahre immer moralgesättigter und wurde bewusst so konstruiert, dass es Anklänge an strafrechtsrelevantes Handeln hat. So werden Gefühlsverletzungen als sprachliche Gewalt gebrandmarkt. Geläufige Begriffe zur Kennzeichnung dieser sprachlichen Gewalt sind: Mikroaggression, Mikroangriff, Mikroinvalidierung sowie Mansplaining oder Whitesplaining. Inzwischen sind in manchen Forschungsgebieten die roten Linien so eng gezogen, dass es kaum mehr minenfreien Diskursspielraum gibt.
Anders gesagt: Wo Agendawissenschafter das Feld beherrschen, ist intellektuelle Schonkost das Gebot der Stunde – ein Gebot, das sie an ihre Studenten weitergeben. Letztlich entsteht so bei Studenten der verheerende Eindruck, dass Wissenschaft vor allem Vermeidung kontroverser Themen sowie Sprechen in moralisch vorgestanzten Schablonen bedeutet. Sollte sich dieses Verständnis dereinst durchsetzen, wäre es das Ende ernstzunehmender Wissenschaft.
Was macht ein solches Forschung im eigentlichen Sinne konterkarierendes Verständnis von Wissenschaft für Studierende attraktiv? Zunächst einmal befinden sich viele Studenten in einer Lebensphase, in der sie nach Orientierung suchen. Und genau diese haben die Agendawissenschaften reichlich im Angebot: Sie reduzieren die enorme Komplexität des Wissens, mit der sich Studenten vor allem in den ersten Semestern konfrontiert sehen, auf ein leicht verstehbares und durch Aneignung der "richtigen" Sprache schnell anwendbares Schema, das die Welt fein säuberlich in privilegierte und nichtprivilegierte Gruppen aufteilt.
Die verstärkten Akademisierungsbestrebungen der letzten zwanzig Jahre haben dazu beigetragen, dass der Studentenanteil, der zur Bewältigung des Studiums auf diese Komplexitätsreduktion angewiesen ist, zugenommen hat. Obendrein wohnt den Agendawissenschaften eine sinn- und identitätsstiftende Funktion inne. Sie vermitteln Studenten das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer moralisch auf der "richtigen" Seite stehenden Gemeinschaft, die die Gesellschaft verbessern will. Zu diesem Ziel können auch schon Erstsemester beitragen, da es auf die Gesinnung und nicht den Kenntnisstand ankommt.
(…) Moralbasierte Machtasymmetrien bilden die ideale Voraussetzung für Studenten, die das agendawissenschaftliche Programm radikalisieren oder einfach nur Macht über andere ausüben möchten. So haben es sich manche zur Aufgabe gemacht, Disziplinarmassnahmen für Dozenten einzufordern, deren Lehrinhalte oder deren Sprachgebrauch von der "richtigen" Gesinnung abweichen. Die Anklage lautet stets: rassistisch, sexistisch, anschlussfähig an rechte Diskurse, femo-/homonationalistisch oder islamophob. Vorgebracht werden die Anschuldigungen über Social-Media-Accounts oder über Beschwerdebriefe an Leitungsebenen.
Die Zahl der Studenten, die Sanktionen für Lehrende fordern, deren Seminarinhalte nicht deckungsgleich mit ihrer moralischen Komfortzone sind, wächst auch im deutschsprachigen Raum. Hochschulen – und hier sind zuvörderst die Leitungsebenen gefragt – müssen wissenschaftsfeindlichen Tendenzen resolut entgegentreten, solange sie können. Denn der sogenannte "chilling effect" tritt nicht erst ein, wenn etwas zum flächendeckenden Phänomen geworden ist. Wenige Fälle reichen oft aus, um an Lehrende das Signal zu senden, bestimmte "gefährliche" Themen besser auszusparen. Das führt dazu, dass auch Dozenten, die keine Agendawissenschafter sind, ihren Studenten die entsprechende intellektuelle Diät verabreichen.
Wer wissen möchte, warum die Themen "Männerdiskriminierung", "Gender Empathy Gap" und "Männerrechtler als soziale und Menschenrechts-Bewegung" im akademischen Betrieb beharrlich ausgeklammert werden und warum immer wieder junge Studentinnen und Studenten gegenüber Männerrechtlern durchdrehen, als hätten sie es mit Nazis zu tun, hat damit eine schlüssige Erklärung aus dem Herzen des akademischen Betriebs. Allerdings versagen auch Konservative und Liberale, die es an Hochschulen ja auch immer noch gibt, ebenfalls dabei, sich gegen diesen Meinungszwang zu behaupten und dieses Thema in ihren eigenen Seminaren zu behandeln. Wie Kostner zutreffend erklärt: Wem zu diesem Widerstand der nötige Mut fehlt, arbeitet am Ruin des wissenschaftlichen Betriebes mit.
So, wie es jetzt läuft, droht uns in den geisteswissenschaftlichen Fächen eine ganze Generation von Studenten, mit denen man kein vernünftiges Gespräch führen kann, wenn man anderer Meinung ist. Und wenn man eine "nicht korrekte" Meinung vertritt, zählt es auch nicht, dass man die Fakten auf seiner Seite hat.
3. Auch in Bern fordern die Grünen jetzt gegenderte Verkehrsschilder.
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