Donnerstag, November 07, 2019

CDU will nicht über Frauenquote abstimmen lassen – News vom 7. November 2019

1. Die CDU scheint zu wittern, dass der Widerstand gegen eine Frauenquote deutlich größer ist, als viele Feministinnen erhoffen, und möchte nicht mehr, wie ursprünglich geplant, auf ihrem nächsten Parteitag die Delegierten über die Einführung einer solchen Quote abstimmen lassen:

Die Antragskommission für den Parteitag plädiere dafür, den Antrag der Frauenunion auf Einführung einer verbindlichen Frauenquote in Parteigremien zunächst in eine Parteikommission zu überweisen, die sich mit der Neufassung der Parteisatzung beschäftigen soll, erfuhr das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) aus CDU-Kreisen. Die Frauen-Union stimmte dem Vorgehen zu: "Das Ziel muss klar sein: Wir brauchen mehr Frauen in der CDU, in Ämtern und Mandaten", sagte deren Vorsitzende, Annette Widmann-Mauz dem RND. "Das muss die Kommission mit konkreten und verbindlichen Maßnahmen und Satzungsregelungen bis zum nächsten Parteitag leisten. Das ist für uns die Nagelprobe."

Der Frauenunions-Antrag, der außerdem die Einführung eines sogenannten Reißverschlussverfahrens bei der Aufstellung von Wahllisten vorsieht, gilt in der CDU als hochumstritten. Seine Annahme gilt als äußerst unsicher. Bei der CSU war eine auch von Parteichef Markus Söder befürwortete deutliche Verschärfung der Frauenquote auf einem Parteitag Mitte Oktober gescheitert.




2. Auch Ursula von der Leyen hat Probleme, in der EU-Kommission eine 50:50-Frauenquote durchzusetzen.



3. Was braucht es, damit Väter eine gute Beziehung zu ­ihren Kindern aufbauen können? Neue Mütter sagt die Erziehungswissenschaftlerin Margrit Stamm im Gespräch mit der Schweizer Illustrierten und erklärt, was das konkret heisst und wie es sich umsetzen lässt.



4.
Neue Forschungen, die in dem Fachjournal "Addictive Behavior Reports" veröffentlicht wurden, werfen ein neues Licht auf den Perfektionismus und wie Elternschaft zum Risiko für alkoholbedingte Probleme beiträgt. Die Studie ergab, dass autoritäre Erziehung durch Mütter - aber nicht durch Väter - mit negativen Aspekten des Perfektionismus verbunden ist, die indirekt den Alkoholkonsum beeinflussen können.


Hier erfährt man mehr.



5. Fast schon wieder lustig – "Die Zeit" ist immer noch mit Lobpreisungen auf Ministerin Giffey beschäftigt:

Franziska Giffey, die Frau, die fast schon Geschichte war, ist jetzt die Zukunft der SPD, ihr Heilsversprechen. (...) Wenn Giffey antrete (...) sei es egal, wer ihr Mitläufer sei. Sie werde gewinnen. Und in der Tat: Giffey besitzt, was allen anderen (...) fehlt: Ausstrahlung, Herzenswärme und, aus ihrer Zeit in Neukölln, reichlich Nahkampferfahrung im Umgang mit der eigenen Kernklientel. Wer sie bei ihren Touren durch das Land begleitet, kann das beobachten: Egal, wo Giffey hinkommt, egal, mit wem sie sich an den Tisch setzt – innerhalb von zehn Sekunden hat sie ein Gespräch am Wickel, bei dem sich alle wohlfühlen.


Halleluja. Gut, dass unsere Qualitätsjournalisten die kritische Distanz zu den Regierenden, über die sie berichten, niemals verlieren.



6. Lucas Schoppe legt eine gelungene Rezension des Kinoerfolgs "Joker" vor.



7. Ich lese gerade mit großem Gewinn Peter Boghossians und James Lindsays im September erschienenen Ratgeber "How to Have Impossible Conservations". Das Buch erklärt, wie man sich am besten mit Leuten unterhält, die politisch völlig konträre Auffassngen haben, und wie man diesen Menschen die eigene Sichtweise am besten vermitteln kann. Da ich vom AfD-Wähler über den Weltuntergangs-Öko bis zur Radikalfeministin immer wieder mit solchen Menschen zu tun habe, ist deses Buch überaus hilfreich. In der Geschlechterdebatte wurden Boghossian und Lindsay besonders bekannt durch die Verlade, mit der sie Zeitschriften der Gender- und anderer "Klagestudien" ("Grievance-Studies") vorführten, indem sie ihnen Artikel mit absurden und oft menschenfeindlichen Inhalten andrehten, woraufhin diese Beiträge von "Gender-Wissenschaftlern" gepriesen und veröffentlicht wurden. Jetzt berichtet Peter Boghossian im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ), welche Folgen diese Aktion hatte. Ein Auszug:

NZZ: Herr Boghossian, Sie sind Philosoph. In den letzten Jahren sind öffentliche Debatten immer mehr von identitätspolitischen Belangen überlagert worden: Wer etwas sagt, ist wichtiger als das, was jemand sagt. Triviale Informationen zu Geschlecht, Herkunft, Nationalität oder Religion werden wie ein Gütesiegel gehandelt. Auch in Ihrem Fach hat dieser Trend Einzug gehalten. Wann wurde das Unbehagen so gross, dass Sie sich entschieden, etwas dagegen zu unternehmen?

Peter Boghossian: Das war im Jahre 2014. Es ist nichts Neues, wenn ich Ihnen sage: Menschen blicken für gewöhnlich durch ihre epistemische Landschaft, um die Urteile, die sie ohnehin schon haben, zu rechtfertigen. Die entsprechende Einsicht des Wissenschaftsjournalisten und Skeptikers Michael Shermer lautet: Je schlauer du bist, desto besser bist du auch im Rationalisieren einer schlechten Idee. Die klügsten Leute rationalisieren die Dogmen der gerade herrschende Orthodoxie, in diesem Fall Vorstellungen von Rasse und Gender. Das passiert nun eben längst auch in philosophischen Seminaren, die zu Sprachrohren für diese Trends geworden sind.

(...) NZZ: Das klingt beinahe so, als sähen Sie die Geisteswissenschaften ideologisch belagert.

Peter Boghossian: Das sind sie, ganz offiziell. Die neue Orthodoxie ist heute an amerikanischen Unis wirklich genau das: eine Orthodoxie, auch wenn sie wissenschaftlicher Evidenz entbehrt. Aber Letztere ist auch gar nicht nötig. Denn wer diese Orthodoxie nicht teilt, gilt als Häretiker. Die Deutungshoheit liegt vor allem bei jüngeren Fächern, die den Zusatz "studies" führen. Sie verfügen an den Universitäten über den nötigen organisatorischen und institutionellen Rückhalt. (...) Da wir aus der Bewegung der neuen Atheisten gekommen waren, begriffen wir: So wie Christen die Bibel und Muslime den Koran haben, so haben eben Anhänger der Gender-Studies ihr eigenes Glaubensbekenntnis. Wir wollten also deren Wissensbasis delegitimieren und zeigen: "Seht: Das ist nicht, was ihr meint, das es ist." (...) Dann hat uns das "Wall Street Journal" auffliegen lassen. Es sah, was die Redaktionen jener Journale nicht sehen konnten – dass dieses Gedankengut schlichtweg Blödsinn war.

(...) NZZ: Haben Sie auch positive Rückmeldung von den kritisierten Kollegen erhalten?

Peter Boghossian: Nein. Kein einziger ist vorgetreten, um zu sagen: "2017 habt ihr versagt, ich habe euch gesagt, was ihr tun müsst – und das habt ihr getan. Tut mir leid, ich war im Unrecht, und ihr seid im Recht, ich hab’s nun begriffen, danke." Vielmehr ignorieren mich meine Fachkollegen genauso wie die Vertreter der Grievance-Studies-Disziplinen. Ich spräche sehr gern mit ihnen darüber, sie wollen diese Unterredung oder Debatte aber nicht. Wir haben sie oft zu öffentlichen Diskussionen eingeladen. Ein neueres Beispiel: Wir haben an der Portland State University eine Veranstaltung mit James Damore organisiert, dem Google-Ingenieur, der das "Google Memo" programmiert hatte, und dafür das Women’s Studies Department eingeladen – niemand kam.


Auch hierzulande trifft man in den seltensten Fällen eine Feministin auf männerpolitischen Diskussionsveranstaltungen beispielsweise über die "Jungenkrise". Und was Männerrechtler zu hören bekommen, gleicht dem, was Boghossian im folgenden schildert:

NZZ: Sie wurden für Ihre Aktionen auch harsch kritisiert. Wie gingen und gehen Sie damit um?

Peter Boghossian: Kritik ist das falsche Wort. Angriffe auf die Reputation, personalisierte Hetze, Rufmord, Beschuldigungen wie die, wir seien alle "weiss", wir seien "Nazis" – wir bekamen die ganze Palette ab. Wahnsinn. Und absolut unzutreffend.

NZZ: Sie klingen besorgt.

Peter Boghossian: Ich bin besorgt, sehr sogar. Denn die Personen, die weiter daran arbeiten, diese antiliberalen, antiaufklärerischen Werte zu etablieren, diese zu institutionalisieren und damit Inklusions-, Diversity- und Equity-Büros mit heterodoxen Ansichten gegen Fakultätsangehörige zu bewaffnen – diese Leute denken, dass alles wunderbar nach Plan läuft! Die ganze Universität ist eine ideologische Mühle, in der Studierende mit diesen Glaubenssätzen indoktriniert werden, während zugleich immer mehr konservative Stimmen ausgesondert werden. Als sie die Konservativen holten, habe ich nichts gesagt. Als sie die Moderaten holten, habe ich nichts gesagt. Und als sie dann die Linksliberalen holten, bemerkte ich, dass ich ein Problem habe.

NZZ: Was macht man mit einem Universitätssystem, das aufgrund stark ansteigender Irrationalität sein eigenes Fundament unterminiert – nämlich den freien Austausch von Gedanken und Ideen und die freie Forschung?

Peter Boghossian: Vielleicht wird es irgendwann eine Alternative zum Universitätssystem geben – ich weiss es nicht. Für Deutschland oder Europa kann ich nicht sprechen, aber die Konservativen hier vertrauen dem Universitätssystem nicht mehr. Und das ist verkehrt und muss von uns geändert werden. Konservative Stimmen müssen in die Akademie zurückkehren. Weltanschauliche Vielfalt muss als Primärwert gesetzt werden. Wir können nicht zulassen, dass der Mangel an öffentlichem Vertrauen unsere Institutionen erodieren lässt.


Das sind alles gute Gründe auch für Linksliberale wie mich, konservative Stimmen an den Universitäten zu erhalten.

NZZ: Die irrationale Komponente dieser Postulate scheint evident. Wäre "Obsession" womöglich die angemessene Bezeichnung für das Verhalten mancher Grievance-Studies-Anhänger?

Peter Boghossian: Wer nicht mehrfach benachteiligt ist, hat kein Recht zu sprechen, und Diskriminierung verleiht einem in diesen Kreisen einen eigenen Status. Fragt man die Anhänger der Intersektionalität, auf welchen rationalen Argumenten ihre Autorität gründe, sind sie wegen der Frage beleidigt und weisen auf Identitätsmarker hin: "Du bist ein weisser Mann, natürlich fragst du mich das. Aber du hast kein Recht dazu." Das ist eine Form von Verlogenheit und entspricht der Art, wie Fundamentalisten reagieren würden – also jene Leute, deren kognitiver Apparat von einer Idee überschrieben worden ist, die keine Reflexion mehr duldet. Das moralische Denken hat das rationale abgelöst.

(...) NZZ: In Ihrem neuen Buch "How to Have Impossible Conversations" gehen Sie mit James Lindsay der Möglichkeit nach, eingefahrenes Denken mit den Mitteln der Konversation zu verändern. Es ist ein origineller Versuch, dogmatische Prämissen aufzulösen. Gleichwohl scheint mir, es sei pessimistisch grundiert – Sie machen beispielsweise keine Vorschläge für akademische Reformen.

Peter Boghossian: Sie haben Recht. Nach einer Untersuchung gemäss Title IX – einem amerikanischen Antidiskriminierungsgesetz – beschloss meine Universität, dass ich meine Meinung bezüglich sogenannter geschützter Gruppen nicht kundtun dürfe. Ich bin also mit institutionellen Restriktionen konfrontiert, was ich sagen kann und was nicht.

NZZ: Was ist Ihre Prognose für die weitere Entwicklung der Geistes- und Sozialwissenschaften in den USA?

Peter Boghossian: Ich bin pessimistisch. Ich bin nur in dem Sinne optimistisch, als ich glaube, dass sich diese Ideologie irgendwann selbst auffressen wird. Dann dürften alle behaupten: "Ich war’s nicht! Ich war daran nicht beteiligt!" Aber das wird noch dauern. Das Problem mit den Universitäten ist, dass es bösartige Ideologen auf unkündbaren Stellen gibt. Das ist eine der Weichen, die diese Weltanschauung stützt. Diese Leute unterrichten Ideen, die spalten.

NZZ: Wenn es um reale Probleme geht, ist dieses Milieu auffallend still – siehe das Schweigen zu Greueltaten und Menschenrechtsverletzungen, insbesondere im Nahen Osten.

Peter Boghossian: Erinnern Sie sich, wie der IS jesidische Frauen wortwörtlich versklavt hat? Es gab einen wirklichen Sklavenmarkt für sie – wir wissen das aus erster Hand von Zeuginnen, die überlebt haben, und von Videos, die herausgeschmuggelt wurden. Haben Sie irgendwelche Campus-Demonstrationen dagegen gesehen?

NZZ: Auch von Judith Butler, der Vordenkerin der "Zwangsheterosexualität" und des "gefährdeten Lebens", war nichts zu vernehmen.

Peter Boghossian: Und diese Leute sagen, sie seien Aktivisten! Dies ist ein ungeheuerliches moralisches Versagen. Wir sind mit realer, tatsächlicher Sklaverei konfrontiert – und im Gender-Studies-Lager und unter dessen Aktivistinnen herrscht Grabesstille.


So wie im Gender-Studies-Lager auch Grabesstille bei massiven Menschenrechtsverletzungen mit männlichen Opfern herrscht.



8. Wozu es führt wenn abweichende Stimmen aus einer Debatte verbannt werden, zeigt gerade der australische Sender Sky News. Er problematisiert eine vom australischen Sender ABC ausgestrahlte Talkshow, bei der die Diskussionsteilnehmer ausschließlich Feministinnen waren. Vier dieser Feministinnen steigerten sich so sehr in ihre Weltsicht hinein, dass sie im Laufe der Sendung die Anwendung von Gewalt propagierten, um ihre politischen Ziele zu erreichen. Von der Leiterin der Diskussion gab es kein Wort der Kritik.

Ich war selbst ein bisschen sprachlos, als ich den Ausschnitt gesehen habe. Dass sich eine rein feministisch besetzte Talkrunde derart in "toxische Weiblichkeit" hineinsteigert, habe ich nicht einmal bei Anne Will erlebt.

Besonders problematisch ist, dass es sich bei ABC ähnlich wie bei den Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland um einen Staatssender handelt, der gesetzlich verpflichtet ist, sämtliche Lager der Bevölkerung zu Wort kommen zu lassen und nicht nur eine. Aber wir wissen ja alle, wie die Situation in Wirklichkeit aussieht.

Auch Zeitungen wie der feministische Guardian und die konservative Daily Mail berichten über die Forderungen nach Gewalt. (Der bürgerlich-liberale Spectator verzweifelte nicht an den Gewaltphantasien, sondern an dem identitätspolitischen Diskussionsniveau des Talks.) Gegen die Moderatorin der Sendung gab es inzwischen auch Rücktrittsforderungen.

Ironischerweise hätte man das Entgleisen der Sendung vermutlich unterbinden können, wenn man das beherzigt hätte, was Feministinnen sonst gerne als Schlagwort im Munde führen: Diversity. Wenn beispielsweise ein oder zwei Männerrechtler in der Talkrunde gesessen hätten, hätten diese einen mäßigenden Einfluss ausüben können, statt dass sich die Teilnehmerinnen dermaßen gegenseitig aufschaukelten. So wie der Talk stattdessen stattfand, wurde dem Fernsehzuschauer lediglich ein Einblick präsentiert, wie es offenbar aussieht, wenn Feministinnen beim Gespräch unter sich sind.

Eine mäßigende Wirkung auf diese Feministinnen hätte es womöglich auch gehabt, wenn im Genderlager über männliche Opfer und weibliche Täter stärker wahrgenommen würden. Die einseitige Behandlung des Themas Gewalt führt offenbar dazu, dass sich manche Frauen als hilflose Opfer eines Tätergeschlechts fühlen und zu dem Schluss gelangen, dass gewaltsame "Gegenwehr" notwendig wäre. Die aktuell ausgestrahlten Gewaltphantasien sind dabei nur der vorläufige Endpunkt einer Gesprächskultur, aus der maskulistische Stimmen eliminiert worden sind.



9. Die Post. Einer meiner Leser ist nach den bisherigen Erfahrungen, die Deutschlands Männer mit Frauenministerin Giffey gemacht haben, skeptisch, ob ich ihr in meinem Genderama-Beitrag über einen progressiveren Ansatz des Bundesforums Männer als bisher nicht unverdiente Vorschusslorbeeren habe zukommen lassen. Statt selbst etwas dazu zu schreiben, verweist mein Leser auf eine vor kurzem veröffentlichte Pressemitteilung der "IG Jungen, Männer, Väter", in der es heißt:

Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (Selbstbezeichnung) feiert den Start ihres Investitionsprogramms mit der Bewilligung von 120 Millionen € für den Aus-, Um- und Neubau von Frauenhäusern für 4 Jahre. Männerverbände kritisieren den einseitigen Fokus auf das weibliche Geschlecht und fordern eine Öffnung des Blickes auf weibliche und männliche Opfer, da jede Form von Gewalt gegen Frauen, Männer und Kinder inakzeptabel sei.

Die in der Interessengemeinschaft Jungen, Männer und Väter (IG-JMV) zusammengeschlossenen Verbände nehmen Ministerin Giffeys Ziel zur Kenntnis, "Hilfseinrichtungen besser zugänglich zu machen, insbesondere für Zielgruppen, die es bislang schwer haben, Schutz und Hilfe zu bekommen" und fragen nach den Angeboten des Ministeriums für männliche Opfer von häuslicher Gewalt.

Häusliche Gewalt kenne keine Geschlechtergrenzen, so die IG-JMV. In den nordischen Ländern existieren seit Jahrzehnten Angebote für betroffene Frauen und Männer. Die Unterscheidung nach Geschlecht, wie im SPD-geführten Ministerium praktiziert, bewirkt in diesen Ländern Kopfschütteln ob der verkürzten und einseitigen Sichtweise in Deutschland.

Aus diesen Gründen kritisiert Gerd Riedmeier, Sprecher der IG-JMV: "Die von Frau Giffey zu verantwortende einseitige Kampagne forciert in schädlicher Weise die bereits bestehende Polarisierung zwischen den Geschlechtern." Gewalt von Frauen gegen Männer (und Kinder) werde bagatellisiert, im umgekehrten Falle stark emotionalisiert. Für Männer als Opfer gebe es aus ihrem Haus weder Empathie noch Hilfen.


Mein Leser fragt nun sinngemäß: Gibt es tatsächlich realistische Aussichten, dass sich ausgerechnet Giffey mit ihrem bisherigen Werdegang um 180 Grad dreht und einen vergleichbaren Gewaltschutz für männliche Opfer wie für Frauen in die Wege leitet? Oder wird es nicht viel wahrscheinlicher bei ein paar netten Worten für männliche Opfer bleiben?

Ob es im Bundesforum Männer tatsächlich einen Aufbruch zu einem stärkeren Einsatz für Männeranliegen und freundlicheren Dialog mit der Basis gibt oder ob ich in meinem Gemderama-Beitrag zu optimistisch war, ist seit gestern auch Diskussionsthema bei Christian Schmidt.



10. Mehr Post. Ein weiterer Leser schreibt mir zu meinem Verriss des FAZ-Interviews mit Christian Pfeiffer:

Als jemand, der zu der Generation gehört, die mit Computerspielen aufgewachsen ist, kann ich sagen: Für meine Generation ist der Ruf vom Kriminologen Christian Pfeiffer "als sachkundiger und unvoreingenommener Forscher" schon längst stark beschädigt. Als in Deutschland die Killerspiel-Debatte tobte, gehörte er nämlich zu den eifrigsten Verfechtern einer angeblichen Kausalität zwischen dem Konsum diverser Computerspiele und dem Ausüben von Amokläufen. Damals wurde ihm auch schon vorgeworfen, dass seine Sicht der Dinge oberflächlich ist und er auch entsprechend argumentieren würde. (Die Forschung ist sich heute auch einig, dass die damalige Debatte deutlich übertrieben war).

Da Pfeiffer von seiner damaligen Position nach wie vor nicht vollständig abgerückt ist (etwas gemildert hat er sie), warte ich eigentlich nur darauf, dass er diese beiden Themen verknüpft.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf aufmerksam machen, dass mir die Entwicklung der Gamerszene Sorgen bereitet. Bei solchen Themen wie Sexismus, politischer Korrektheit etc. ist mir nämlich eines aufgefallen: Auch wenn eine Seite bei solchen Debatten sicherlich oft überrepräsentiert ist, gibt es letztlich in Medien und Politik immer jemanden, der dazu kontra bezieht. Einzige Ausnahme: Der Bereich Gaming. Dort taucht in medialen Diskursen ausschließlich die Seite auf, die in Computerspielen ständig Sexismus erkennt und in darauf kritischen Reaktionen aus der Gamerszene ebenfalls (und in Letzterem ausschließlich). Ich mache mir Sorgen, was das für Entwicklungen auslösen wird. Die Gamerszene wird dadurch zu einem politisch isolierten Klientel und genau dadurch besonders anfällig für Radikalisierungen. Und diejenigen, die jetzt ständig auf die Gamerszene einprügeln, werden darin wahrscheinlich nur die Bestätigung ihrer Thesen erkennen und nicht etwas, das sie selbst provoziert haben.


Ja. Wenn sich die Männerszene als Folge des ständigen Bashings und der Ausgrenzungen radikalisiert hätte, wäre vermutlich dasselbe passiert, und diejenigen, die diesen Prozess angeschoben hätten, hätten getönt: "Seht ihr, wir hatten Recht." Glücklicherweise kam es nicht dazu.



11. Noch mehr Post. Schließlich schreibt mir ein Leser zu dem auf Genderama verlinkten Bericht der Veranstalter des Genderkongresses sowie dem kritischen Fazit der Väterbewegung Köln, wie er den Kongress erlebt hat:

Ich habe etwas überlegt, ob ich etwas zum Genderkongress schreiben soll, dann aber eigentlich entschieden, es bei der schlechten Erfahrung vom Wochenende zu lassen, weil die grundsätzliche Idee eines Genderkongresses in dieser Form ja zu begrüßen ist. Als ich aber die kritische Einordnung aus Köln las und dass keine der Filme ausgestrahlt wurde (ich war zu diesem Zeitpunkt längst gegangen), habe ich meine Meinung geändert. Hier also meine Erfahrung zum Genderkongress.

Es begann leider schon frustrierend. Ein Rahmenprogramm war groß auf der Website angekündigt, Treffpunkt Freitag 17 Uhr am Laufer Tor. Leider war dort niemand, meine Email an Rainer Winter bezüglich dessen blieb bis heute unbeantwortet. Dieser hatte nach meiner Anmeldung kurz angefragt, ob ich Mitglied in einem Väterverein bin. Also einen Tag zu früh angereist für nichts, naja schön. Am Samstagmorgen mussten wir dann feststellen (neben mir noch zwei weitere Leute), dass die angegebene Adresse online nicht stimmt. Kurz vor 11 kam dann aber ein Mensch, der uns den tatsächlichen Veranstaltungsort mitteilte. Dies ist natürlich ob möglicher Proteste zumindest teilweise verständlich, wobei man an zahlende Mitglieder natürlich schon den richtigen Veranstaltungsort kommunizieren könnte, oder im Vorfeld dies auf irgendeine Art prüft. Bei Ankunft wurde dann nach Eintrittskarte gefragt, die ich persönlich nie erhalten hatte. Nach etwa zehn Minuten kam dann erneut eine Person auf mich zu und fragte, ob ich überhaupt bezahlt hätte. Organisationstechnisch ziemlich chaotisch. Der Veranstaltungsort war ebenfalls viel zu klein, selbst für die 50 Leute die tatsächlich da waren (mehr zu den Falschbehautpungen in der Zusammenfassung des Genderkongress später).

Die Präsentationen selbst und das breite Spektrum an Themen war schön, allerdings auch hier war organisatorisch eigentlich nichts klar. Das Programm, das online stand, wurde komplett umgearbeitet, und man wusste nicht, was eigentlich als nächstes kommt. Pausen gab es keine, das Programm wurde durchgepeitscht und gleichzeitig überhaupt nie wirklich auf die Zeit geachtet. Das hat dann dazu geführt, dass es komplett unterschiedliche Vortragslängen gab und Diskussionen eigentlich auch immer spotan entstanden (eigentlich ja gut), und diese dann willkürlich aufgrund von Zeitknappheit unterbrochen wurden.

Was aber wirklich überhaupt nicht angeht, ist die Pressemitteilung, die von Unwahrheiten nur so strotzt. 300 Gäste? Nein, ungefähr 50. Politische Vertreter? Keine. Von einem Protest habe ich persönlich nichts mitbekommen, die Details in der Pressemitteilung sind also mindestens übertrieben. Im Gegenteil, es ging sogar ein Flyer rum, in dem die Protestierenden darum baten, diesen durch die Veranstaltung gehen zu lassen. Vielleicht habe ich den Protest verpasst, aber gestört wurde die Veranstaltung nicht. Warum man Bilder von vergangenen Veranstaltungen verwendet, verstehe ich persönlich auch nicht. Veranstalter, die es für nötig erachten, die Wahrheit so zu verdrehen, mit denen möchte ich persönlich nichts zu tun haben. In der Pressemitteilung sind viele weitere Fehler (die Anarchistische Gruppe Nürnberg ist sicherlich nicht rechts), aber ehrlich gesagt habe ich gar keine Lust, das alles im Detail auseinanderzunehemen.

Als der wohl einzige Millenial in der Runde (vielleicht habe ich irgendwo einen weiteren jungen Menschen übersehen), muss ich sagen, dass das alles wirklich schockierend auf mich wirkt. Denn die Themen, die angesprochen wurden, sind ja alle berechtigte Themen, die in den Mainstream-Medien einfach nicht vorkommen. So ist es dann nicht wirklich überraschend, dass eine Veranstaltung mit einer derartigen Organisation insgesamt auf mich wirkte, als wäre sie eigentlich schon tot. Keine wirkliche Energie, dahinplätschernde Powerpoint-Präsentation, und nichts so wie angekündigt (Workshops konnten auch nicht stattfinden, da stimmt die Kölner Mini-Zusammenfassung ebenfalls).

Fazit: In dieser Form ist die Veranstaltung hoffnungslos verloren und passt mehr in der 1990er-Jahre.


Einen ausführlichen Bericht vom Genderkongress, hat der Männerrechtler, Soziologe und Wissenschaftsautor Ingbert Jüdt unter seinem Online-Pseudonym "djadmoros" gestern Abend auf Geschlechterallerlei veröffentlicht. Djadmoros ist über die Öffentlichkeitsarbeit nach dem Kongress ebenfalls verärgert:

Wäre die Veranstaltung als szene-internes Networking- und Strategietreffen konzipiert gewesen, hätte ich sie angesichts der qualitativ anspruchsvollen Vorträge klar als Erfolg bewertet. Aber der Anspruch des Kongresses war ganz offensichtlich ein anderer. Mit anderen Worten – und hier greife ich jetzt bewusst selbst in die Kiste der Polemik – die Pressemitteilung macht unkenntlich, dass die Veranstaltung von einem messehallefüllenden, gut besuchten Kongress zu einem Hinterzimmertreffen in einer Würstl-Wirtschaft zusammengeschrumpft ist! Das ist nicht nur das Gegenteil von (selbst)kritischer Nachlese, das hat einen Geschmack von Vertuschung! Dazu passt auch, dass per Überschrift und Überdramatisierung das Hauptaugenmerk auf die Gegendemonstration gerichtet wird.

Ich finde es sehr bedauerlich, dass die Veranstalter auf diese Weise – so hat es wenigstens den Anschein – der berechtigten und in meinen Augen auch gar nicht ehrenrührigen Frage aus dem Weg gehen wollen, ob sich das Format des Gender-Kongresses als Versuch, die Männerrechtsszene und den gesellschaftlichen Mainstream zusammenzuführen, nicht womöglich erschöpft hat – aus welchen noch ausfindig zu machenden Gründen auch immer!

Zu meiner Motivation, feministische Ideologie zu kritisieren, gehört die Überzeugung, dass vom Feminismus zu lernen bedeutet, zu lernen, sich täglich in die Tasche zu lügen und wie in einer totalitären Kultur eine unaufrichtige und von Verleugnung geprägte Einstellung zur gesellschaftlichen Wirklichkeit einzuüben. Darum ist es für mich unerträglich, wenn mir jetzt von männerrechtlicher Seite dasselbe zugemutet wird.


Eine Angabe in Djadmoros Beitrag kann ich präzisieren: Ich selbst hatte meine Teilnahme an diesem Genderkongress am 3. September per Mail abgesagt.

Unter Djadmoros Beitrag kann darüber diskutiert werden.

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