Freitag, März 01, 2019

Dagmar Rosenfeld: "An Karneval hat MeToo Ferien" – News vom 1. März 2019

1.
Der Netzfeminismus will jetzt auch noch den Karneval für die Mobilmachung gegen den alten weißen Mann vereinnahmen. Der falscheste Ort für eine Geschlechterdebatte: Der kontrollierte Exzess schlägt die aufgeregte Korrektheit.


Hier geht es weiter mit dem Artikel der stellvertretenden "Welt"-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld.

Siehe zum selben Thema auf Spiegel-Online: Struktureller Sexismus: Sollte man den Karneval verbieten?



2. Bei "jetzt", einem Magazin der "Süddeutschen Zeitung", trommeln diejenigen, die nach ihrer Definition "sexistische" Werbung zensieren möchten, dass die kürzlich durchgesetzten Reklameverbote – natürlich – noch lange nicht weit genug gingen:

Die Städte können das Verbot nämlich nur auf ihren eigenen Flächen durchsetzen. (...) Gegen die viele andere sichtbare Werbung in Städten sind die meisten Verbote wirkungslos: Handzettel oder Aufkleber auf Autos und Lieferwägen sind keine öffentlichen Flächen der Stadt. (...) Außerdem wüssten die großen Agenturen natürlich, wie sie mit dem Verbot umgehen müssen, sagt [Stevie Schmiedel von Pinkstinks]: "Die denken sich: ‚Je besser wir uns benehmen, desto weniger denken die über Regulierung nach‘". Wenn Agenturen ihre Werbung nur anpassen, um die Städte ruhigzustellen, dann hat ein Umdenken wahrscheinlich noch nicht stattgefunden.


Bedauerlich sei überdies die geringe Zahl abgehängter Plakate: etwa erst drei in Bremen, wo die Zensur seit 2017 herrscht. Warum sind das so wenige, wenn doch sexistische Reklame angeblich allgegenwärtig ist? "Jetzt" klärt die Leser auf: Bremen richte sich leider nach den Grundsätzen des Deutschen Werberates, der einen straffen Hintern als Reklame für ein Fitnessstudio bedauerlicherweise noch nicht sexistisch finde.

Nicht zuletzt sei problematisch, dass bisher hauptsächlich Großstädte gegen "sexistische" Werbung vorgingen:

"Es gibt ein großes Stadt-Land-Gefälle, vor allem im südlichen Raum auf dem Land in Bayern und Baden-Württemberg. Da braucht es besonders Sensibilisierung", sagt Stevie Schmiedel von Pinkstinks. Denn: Was der politisch korrekte Großstädter nicht lustig findet, bringt vielleicht den Typen vom Dorf zum Lachen.


Ich würde das gerne kommentieren, aber als nicht nur "alter weißer Mann" sondern sogar noch "Typ vom Dorf" bin ich intellektuell leider zu beschränkt dazu.



3. Es gibt auch "sexistische" Reklame, die dieses Label verdient hat, etwa weil sie Männer und Männlichkeit als minderwertig darstellt. Gillette wurde dadurch berüchtigt; das Werbefachmagazin "Horizont" berichtet begeistert über einen neuen Fall.



4. Das bayrische Eichstätt hat auf die Klage gegen Frauenparkplatz-Hinweisschilder reagiert. Pinkstinks dürfte wenig begeistert davon sein.



5. Diese Woche wurden die Anträge von SPD und Grünen für eine fixe Frauenquote im bayrischen Landtag zur Beratung im Verfassungsausschutz eingebracht. Dabei geht der Antrag der Grünen weiter als der Antrag der SPD. Während die Spezialdemokraten die Wahlkreislisten abwechselnd mit Frauen und Männern besetzen möchten, fordern die Grünen Parität auch bei den Direktkandidaten. So befindet Eva Lettenbauer, Frauenpolitische Sprecherin der Landtagsgrünen:

"Wir müssen unbedingt auch das Thema Stimmkreisabgeordneten angehen. Da gibt es sehr hohe Männerdominanz und wir wollen, dass auch dort die Hälfte der Macht und der Mitbestimmungsmöglichkeit den Frauen gehört. Wir schlagen deshalb vor, die Stimmkreisanzahl auf die Hälfte zu reduzieren und in jedem Stimmkreis Duos aus Männern und Frauen zu wählen."


CSU, Freie Wähler, FDP und AfD lehnen Frauenquoten für das Parlament ab. So erhielt der rot-grüne Gesetzesvorstoß dann auch prompt eine Abfuhr.



6. Immer weniger mittelständische Unternehmen haben eine Chefin. Das berichtet das Handelsblatt. Für diesen Rückgang sei die gute Lage am Arbeitsmarkt verantwortlich: "Denn Frauen entscheiden sich eher für eine abhängige Beschäftigung und gegen eine unternehmerische Selbstständigkeit." Wie man diese Wahl durch Quotierungen ausschalten kann, bleibt noch unklar.



7. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

haben Sie eigentlich am letzten Sonntag die "Sendung mit der Maus" gesehen? Im allgemeinen Karnevalstrubel ging eine echte Pointe fast unter - nämlich die im Beitrag Nummer 2 (ab 09:52): Eine Gruppe von Kindern möchte den Geburtstag eines Mitkindes feiern, doch der Bub muss stattdessen mit seinem Vater, als Geburtstagsgeschenk sozusagen, zu einer Veranstaltung einer "Väter- und Söhnegruppe", wo die Väter natürlich überhaupt nichts Sinnvolles zustandebringen, sondern sich alle miteinander innert kürzester Zeit zerstreiten, weshalb "wir früher nach Hause fuhren". Hat also nichts gebracht, und langweilig war die Idee von Papa sowieso. Man kann sich schon fragen, wer hier eigentlich solche Geschichten erfindet. Die Autor*innen haben bestimmt sehr gelacht.

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