DIE ZEIT: "Fürchtet den weißen Mann" – News vom 8. Oktober 2018
1. Nachdem sich viele in einen regelrechten Rausch geschrieben haben, was die Vorverurteilung Kavanaughs angeht, habe ich mich gefragt, welches Blatt wohl am meisten frei drehen wird, jetzt da er doch Oberster Bundesrichter geworden ist. Dieser erste Platz dürfte wohl an die "Zeit" gehen mit dem Artikel "Fürchtet den weißen Mann". Ein Auszug:
Ist es etwa möglich, dass die Republikaner gewinnen, WEIL ihnen sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden? (...) Zum zweiten Mal in drei Jahren gelingt Amerika das Kunststück, einer ruhigen, professionellen Frau zuzuhören und statt ihr einem absolut hysterischen Mann zu glauben. Und zum zweiten Mal scheint ein Großteil der Amerikaner mehr Empathie für den zitternden, geifernden Zorn des herausgeforderten Mannes zu haben als für die ruhige Dignität der auf Recht und Normen bestehenden Frau. (...) Es gibt anscheinend keine größere Sünde, als einen weißen Mann zu demütigen, selbst wenn er sich eine moralische Verfehlung oder gar ein Verbrechen zuschulden hat kommen lassen. Der Fall Kavanaugh geht noch weiter: Es gibt im modernen Amerika keine schlimmere Sünde, als sich gegen die Demütigung durch einen weißen Mann zu wehren.
Dagegen ist die "taz" vergleichsweise harmlos, wenn sie die krachende Niederlage der Demokraten in einen Sieg umzudeuten versucht.
Die DemokratInnen haben die Gelegenheit genutzt, um ihr eigenes Profil zu schärfen. Gegenüber den elf weißen Männern, die für die Republikanische Partei im Justizausschuss sitzen, repräsentierten ihre SenatorInnen das real existierende Land. Gemeinsam mit Tausenden von Frauen, die quer durch das Land gegen Kavanaughs Bestätigung demonstrierten, haben sie es geschafft, die Makel des Richters bloßzulegen und zugleich das Wesen eines alten, weißen, männerbeherrschten Regimes aufzuzeigen, das die Zukunft vernageln will.
2. Die aktuelle Blamage unter anderem der Genderwissenschaften wird inzwischen auch vom "Spiegel" und der "Basler Zeitung" aufgegriffen. Der Newsaggregator Rivva setzt die Meldung heute Morgen sogar an oberste Stelle. In den USA ist die Berichterstattung viel breiter, aber auch bei uns darf man diesen Forschungsskandal inzwischen als weitgehend bekannt betrachten.
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