Freitag, September 28, 2018

"Men are Trash": Explosive Stimmung während Anhörung Kavanaughs – News vom 28. September 2018

1. Über die Senats-Anhörung von Brett Kavanaugh wird heute so prominent in den Leitmedien (und den "sozialen Medien") berichtet, dass es für Genderama keinen Sinn macht, das alles noch einmal zu wiederholen. Ich kann hier aber noch etwas mehr Hintergrund hinzufügen.

Zunächst finde ich erwähnenswert, welche erbitterten Kontroversen sich außerhalb der Anhörung abspielten.

Vor dem Senatsgebäude am Donnerstagmorgen trug Cameron Mixon, eine 22-jährige Studentin der Georgetown Law School, ein T-Shirt mit dem Slogan: "Men Are Trash".

"Ich liebe dein Hemd!" sagte eine Frau zu Mixon. "Es ist großartig", stimmte eine andere zu. Um 9:30 Uhr, so Mixon, hätten etwa 20 Personen darum gebeten, zusammen mit ihr Fotos zu machen.

(...) "Kava-No!" riefen die Demonstranten, die am Donnerstagmorgen von den Stufen des Obersten Gerichtshofs zum Senatsgebäude marschierten, wo das Ziel ihres Zorns bald vor eine Art politischen Prozess gestellt würde. "Wir glauben Anita Hill! Wir glauben Christine Ford!"

Aber so wie Amerika über Kavanaughs Schicksal gespalten ist, so waren es auch die Aktivisten, Demonstranten und Gegenprotestler am Donnerstag auf dem Capitol Hill, als einige der explosivsten sozialen und politischen Dynamiken der Trump-Ära in Form eines national übertragenen Spektakels mit Wut, Tränen und der Zukunft des Obersten Gerichtshofs der USA aufeinanderprallten.

Dazu gehörte Josh Ertle, 32-jähriger Einzelhändler mit Hemd und Truckerhut, die beide den Slogan von Präsident Donald Trump "Make America Great Again" trugen.

Ertle sagte, dass er erschienen sei, um sowohl Kavanaugh als auch Trump zu unterstützen - trotz der Tatsache, dass er selbst als Kind von einem Großonkel sexuell missbraucht worden war. Ertle sagte, dass er erst viele Jahre später darüber sprach, aber dem unbenommen glaubt, dass der Kontext von Fords Anschuldigung Opfer wie ihn selbst untergraben würde. "Das bringt die Leute nicht dazu, einem eher zu glauben, weil sie das Ganze komplett politisiert haben", erklärte er.

(...) In einem Flur konfrontierte während einer Pause in Fords Aussage eine Frau Senator Lindsey Graham, ein Mitglied des Gerichtsausschusses, und sagte ihm, dass sie "vor 13 Jahren vergewaltigt wurde" und fragte, ob er ihr glaube. "Sie müssen zur Polizei gehen", erwiderte Graham. "Gehen Sie zur Polizei".

(...) Kavanaughs Eröffnungsrede, eine wütende und trotzige Widerlegung von Fords Anschuldigung, erzeugte Keuchen und verärgerte Reaktionen auf der Galerie.

Als er "Rache im Namen der Clintons" als Motiv für die Anschuldigungen gegen ihn nannte, kam es auf der Galerie zu Ausbrüchen wie "Was!?" und "Oh mein Gott!" und "Ernsthaft"? Kavanaughs Warnung an die Demokraten, das "sich alles irgendwann rächen würde" führte zu einem weiteren "Oh mein Gott". Und als er nach der Erwähnung seiner 10-jährigen Tochter Tränen nicht unterdrücken konnte, schrie ein Zuschauer auf: "Komm schon."

Von da an begannen die Zuschauer in der Galerie, verschiedene Antworten von Kavanaugh mit höhnischem Gelächter zu begleiten.

(...) Im Erdgeschoss ging Senator Graham schnell den Flur hinunter, während er von Opfern sexueller Gewalt verfolgt wurde, die ihn mit Fragen überhäuften.

"Senator Graham, ich bin eine Überlebende, glauben Sie mir?" fragte Mary Jane Maestas, eine behinderte 52-Jährige aus Delta, Colorado.

Nachdem Graham um die Ecke verschwunden war, berichteten Meastas und ein anderer Aktivist - beide trugen Hemden mit der Aufschrift "I'm a survivor and I vote" – über ihren Wortwechsel mit Graham.

"Ich bin eine Überlebende, würden Sie für mich mit Nein stimmen?" berichtet Maestas Graham gefragt zu haben, wonach sie hinzufügte: "Senator Graham, haben Sie eine Seele?"


Vor allem in den sozialen, aber auch in den etablierten Medien wurde Kavanaughs sehr emotionaler Auftritt in der Anhörung zur Sprache gebracht. Spätestens das disqualifiziere ihn als Mitglied des Obersten Gerichtshofs, lautete eine gängige Argumentation. Darauf wenden andere ein, so zu argumentieren münde in eine absurde Forderung wie "Sie sind ein Vergewaltiger! Ich erwarte darauf von Ihnen eine sachliche und abgewogene Antwort." In der Tat waren nicht nur Kavanaugh selbst, sondern auch seine Familie heftigsten Angriffen ausgesetzt:

Seine Frau, Ashely, erhielt diese Woche eine Reihe von bedrohlichen E-Mails bei der Arbeit, so CNN und das Wall Street Journal.

"Mein Beileid dir, dass du mit einem Vergewaltiger verheiratet bist. Obwohl du es wahrscheinlich verdienst", schrieb eine Person in einer E-Mail, die CNN vorliegt.

Eine weitere Nachricht, die diese Woche gesendet wurde, lautete "F*** YOU AND YOUR RAPIST HUSBAND".

Das Wall Street Journal zitierte zwei weitere E-Mails, die an Ashely Kavanaughs Regierungs-E-Mail-Konto geschickt wurden. (...) "Mögen du, dein Mann und deine Kinder in der Hölle brennen", lautete eine Nachricht. Ein anderer sagte, sie solle ihrem Mann sagen, er solle "sich eine Kugel in den Schädel jagen".


Ich fände es eher gruselig, wenn Kavanaugh auf diesen ständigen Beschuss nüchtern und zurückhaltend antworten könnte.

Ansonsten bin ich als jemand, der sich Jahrzehnte lang sowohl gegen sexuelle Gewalt als auch gegen Falschbeschuldigungen engagiert, nach dieser Anhörung ebenso zwiegespalten wie viele andere. "Beide Aussagen wirkten auf ihre eigene Art und Weise überzeugend und glaubwürdig" befindet etwa "Die Welt". Ich fürchte, das ist der Grund, warum wir nicht persönliche Auftritte beurteilen, sondern nach Beweisen suchen, bevor wir jemanden verurteilen.



2. Strengere Strafen bei Sexualdelikten sind "völliger Unfug" erklärt ein Experte (der Universitätsprofessor und Kriminologe Christian Grafl) und stellt sich damit gegen entsprechende Pläne der österreichischen Bundesregierung. Hierzulande hatten Schwesig & Co. solche Expertenkenntnisse bei ihrer erneuten Verschärfung des Sexualstrafrechts wohlweislich ignoriert. Auch den Österreichern scheint zur Bekämpfung sexueller Gewalt nichts anderes als immer strengere Strafen einzufallen: Die letzte Sexualrechtsverschärfung gab es erst 2016.

Siehe dazu auch: "Holpriger Weg zu strengeren Strafen".



3. "Frauen in Vorständen verdienen oft mehr als Männer" untermauert n-tv seit Jahren vorliegende Meldungen dieser Art, natürlich nicht ohne die Einleitung "Das ist überraschend". Ja, für jemanden, der sich über dieses Thema nur aus den deutschen Leitmedien informiert, vermutlich schon.



4. Kaum wird in diesen Leitmedien auch nur ansatzweise zur Sprache gebracht, dass auch Männer diskriminiert und diffamiert werden können, muss "Funk" (ein Medienangebot von ARD und ZDF für 14- bis 29jährige) das natürlich sofort mit einem Spottvideo ins Lächerliche ziehen. Über die These, dass eventuell sogar Jungen und Männer Empathie verdienen, macht sich "Funk" mit der ironischen Parole "Ein Herz für weiße heterosexuelle Männer" lustig. Was davon zu halten ist, stellt einer der Kommentare darunter klar:

In meiner Klasse hat mal einer ein Referat über häusliche Gewalt gegen Männer gehalten. Wurde von unserer Lehrerin 0 Ernst genommen, inklusive einem "Dem-würde-ich-auch-eine-reinhauen"-Kommentar zu einem der Fälle. Das Problem mit Diskriminierung gegen weiße hetero Männer ist (noch) nicht das Ausmaß oder Härte, sondern dass sie nicht ernstgenommen wird.

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