Freitag, Oktober 05, 2018

Wegen Kavanaugh: New York Times dankt begeistert Donald Trump – News vom 5. Oktober 2018

1. Die Art und Weise, wie mit Brett Kavanaugh umgegangen wurde (er wurde beweisfrei sogar als Serienvergewaltiger hingestellt), führt dazu, dass sich immer mehr Konservative hinter Donald Trump scharen:

In Bezug auf die ideologische und parteiische Sortierung hat kein einziges Ereignis in Trumps Präsidentschaft so etwas bewirkt. Und nichts wird ihm jemals gleichkommen, wie auch immer das Ganze endet. In den Tagen vor der Anhörung fing ich an, etwas zu bemerken: Milde Anti-Trump-Konservative begannen in privaten Gesprächen zu kochen, sobald es um die Behandlung von Kavanaugh ging, und bestanden darauf, dass die Demokraten eine Grenze überschritten hatten und nicht befriedet werden konnten.

(...) Ich war so überrascht von der schieren Menge solcher Kommentare, die ich in privaten Äußerungen hörte, dass ich darüber auf Twitter schrieb. "Das sind fast ausnahmslos Männer und Frauen, die von Trump entsetzt sind, und entsetzt über seine Behandlung von Frauen, und die sexuelle Übergriffe nicht auf die leichte Schulter nehmen (oder sogar selbst Opfer sind)", schrieb ich. Und während ich schrieb, fluteten weitere solcher Kommentare meinen Posteingang.


Dass sich die Linke mit ihrer erbarmungslosen Selbstgerechtigkeit mal wieder selbst ins Knie geschossen hat, zeigt nichts besser, dass sogar die New York Times, die sonst kein gutes Haar am US-Präsidenten lässt, erstmals befindet, Donald Trump dankbar zu sein:

Ich bin dankbar, weil Trump nicht zurückgewichen ist angesichts der aalglatten Heuchelei und dem Setzen gefährlicher Standards, die Gegnern von Brett Kavanaughs Ernennung zum Obersten Gerichtshof an den Tag legen. Ich bin dankbar, denn grimmige und sogar krasse Hartnäckigkeit hat ihren Nutzen im Leben, und das niemals mehr als angesichts von durchtriebenem moralistischem Mobbing. Ich bin dankbar, denn Trump ist ein großer, fetter Hammer, der einen messerscharfen Dolch abwehrt.

Ein paar Momente haben meinen Blick in den letzten Tagen verdichtet.

Der erste Moment war eine Bemerkung eines Freundes. "Ich würde lieber des Mordes beschuldigt werden", sagte er, "als des sexuellen Übergriffs." Ich fühle genauso. Man kann sich Ausreden für den Mord an einem Mann vorstellen; keine für den Angriff auf eine Frau. Aber wenn das wahr ist, dann stimmt das Folgende auch: Jemanden fälschlich eines sexuellen Übergriffs zu beschuldigen ist fast so verabscheuungswürdig wie der sexuelle Übergriff selbst. Es verursacht psychische, familiäre, Reputations- und Berufsschäden, die ein Leben lang andauern können. Das ist nichts, worüber man sich lustig machen könnte.

Der zweite Moment, verbunden mit dem ersten: "Buuhuuhuuhuu. Brett Kavanaugh ist kein Opfer." Das ist der Titel einer Kolumne in der Los Angeles Times, die suggeriert, dass die Möglichkeit der Unschuld von Kavanaugh "unendlich klein" ist. Doch falsche Behauptungen über Vergewaltigung, obwohl sie relativ selten vorkommen, sind der wissenschaftlichen Literatur zufolge mindestens fünfmal so häufig wie falsche Anschuldigungen über andere Arten von Verbrechen.

Seit wann ist die Unschuldsvermutung für die Linksliberalen von heute etwas geworden, das mit einem gefühllosen "buuhuu" einhergeht?

Ein dritter Moment, verbunden mit dem zweiten: Cory Booker am Dienstag zu hören, der erklärt, dass es "letztlich" egal ist, ob Kavanaugh "schuldig oder unschuldig" ist, weil "genügend Fragen" gestellt wurden, dass es an der Zeit sei, "zu einem anderen Kandidaten überzugehen".


Der New-York-Times-Artikel listet mehrere weitere Momente auf, als der Umgang mit Kavanaugh (und den Grundpfeilern des Rechtsstaats) schlicht unterirdisch wurde, und gelangt zuletzt zu dem Fazit:

Wir werden bald erfahren, was das F.B.I. aus seinen Ermittlungen gegen Kavanaugh gewonnen hat. Wenn das Büro überzeugende Beweise für Blaseys Anklage findet, muss der Richter zurücktreten und sich dafür verantworten. Bis dahin gebe ich zu, dass ich dankbar bin, dass in Trump mindestens ein großer Tyrann bereit war, sich gegen andere Tyrannen zu behaupten.




2. Lucas Schoppe beschäftigt sich heute mit dem fetten Wissenschaftsskandal um die sogenannten "Grievance Studies" ("Betroffenheitsstudien"), über den Genderama berichtete. Ein Auszug:

Ich weiß noch, wie viele Stunden Arbeit Freunde, Freundinnen und ich selbst in unseren Studium für einfache schriftliche Hausarbeiten verwendet haben, und wie groß die Besorgnis oft war, wissenschaftlichen Ansprüchen nicht zu genügen. Verglichen damit ist die Leichtfertigkeit tatsächlich korrupt, mit der hier offenkundig wertlose Beiträge als wissenschaftliche Forschung zur Veröffentlichung in führenden Zeitschriften akzeptiert wurden, solange ihre Ergebnisse und Positionen nur politisch opportun waren.


Aufgedeckt wurde der Schwindel schließlich keineswegs durch die betroffenen Journale selbst:

Nicht die hochdotierte, mit Millionengeldern finanzierte akademische Forschung selbst, sondern ein privater, aber kritischer Twitter-Account erledigte hier die Arbeit, die vorher von den zuständigen Akademikern durchaus systematisch versäumt worden war.

Für diese Unfähigkeit zur Selbstkritik gibt es wohl mehrere Gründe. Ganz sicher gehören die intensive Beteiligung an akademischen Machtspielen, der mangelnde Weltbezug und die systematisierte Blindheit für die eigenen Privilegien dazu. (...) Natürlich sind Universitäten immer auch Machtmaschinen – die Grievance Studies aber sind, so scheint es, kaum noch etwas anderes. Die starke Tendenz, das soziale Leben insgesamt als Ausdruck von Herrschaftsstrukturen zu interpretieren, ist vor diesem Hintergrund also möglicherweise eine Projektion der eigenen, aber uneingestandenen Verfasstheit auf die ganze soziale Wirklichkeit.

Es fehlt nämlich etwas, das für andere Fächer und insbesondere für die Naturwissenschaften entscheidend ist: Der Bezug auf eine gemeinsame Welt. Die genannten Fächer reproduzieren in aller Regel eine Version postmoderner linker Politik, die sich die Welt sauber in Marginalisierte und Privilegierte, Beherrschte und Herrscher einteilt. Die wiederum würden faktisch in ganz unterschiedlichen Erfahrungswelten leben, und die Privilegierten hätten vor allem anderen ein Interesse an der Reproduktion ihrer Privilegien.

Damit geht es dann gar nicht mehr um die klassische zentrale Frage aller ernstzunehmenden Wissenschaft, wie denn gültige Aussagen über die allen gemeinsame Welt getroffen werden können. Es geht dann eher darum zuzuteilen, wer reden und wer schweigen sollte, welche Perspektiven "emanzipatorisch" wären und welche "oppressiv". Damit wird eben der offene Diskurs systematisch augebremst, ohne den es eben auch keine Selbstkontrolle der Wissenschaft gäbe.

Der Anspruch, Menschen in Not zu helfen, wird damit ebenfalls verfehlt. Allein die Nobelpreisträger Tasuko Honjo und James Allison helfen mit ihrem neuen Ansatz in der Krebstherapie möglicherweise mehr Menschen, als es alle akademischen Akteure der Grievance Studies zusammengenommen tun. Dass Allison ein alter weißer Mann ist, ist dabei völlig irrelevant – wichtig ist, dass die entwickelten Therapien in einer realen Welt realen Menschen helfen.

Ohnehin ist es anmaßend, sich selbst für "emanzipatorisch" zu erklären und anderen Wissenschaftlern damit stillschweigend oder offen zu unterstellen, was sie als Forschung ausgeben, wäre lediglich eine Reproduktion von Herrschaftsstrukturen. Es gibt wohl kaum eine privilegiertere Arbeit als die auf einem Lehrstuhl an einer Universität – und wer diese Privilegien dadurch verdeckt, dass er sich als Sprachrohr oder Anwalt der "Marginalisierten" verkauft, verhindert lediglich einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen Privilegien.

Das gilt auch für Deutschland. Schon 2013 habe ich hier im Blog in einer kleinen Artikelreihe über eine Schrift der grünen Heinrich-Böll-Stiftung geschrieben, die unter anderem betonte, dass "die Unterdrückten" einen besseren Blick auf gesellschaftliche Machtverhältnisse hätten, weil es ihnen nicht um "Machterhalt" ginge: Der Blick von unten produziere bessere Wissenschaft als der herrschende Blick.

Da wird dann also eine Schrift vertrieben aus einer Stiftung, die allein im letzten Jahr mit 63,6 Millionen Euro aus Steuergeldern gefördert wurde (die Friedrich-Ebert-Stiftung der mittlerweile kleinen Partei SPD erhielt gar über 170 Millionen) – da wird eine universitäre Forschung präsentiert, deren Lehrstühle sich aufgrund erheblicher politischer Unterstützung in den vergangenen vervielfältigt haben und die in Massenmedien erheblich unterstützt wird: Aber ein paar Blogger, die in ihrer Freizeit oder nebenberuflich diese Art der Forschung in privaten Blogs kritisieren, werden als Vertreter einer hegemonialen Allmacht hingestellt, während die selbstbewussten Verbraucher von vielen Millionen Steuergeldern und Nutzer riesiger Infrastrukturen sich selbst als "Marginalisierte" präsentieren.

Das ist unehrlich und anmaßend, und es ist lächerlich. Allerdings kippt auch hier das Lächerliche ins Gewalttätige, wenn offenbar nicht einmal offen faschistische Positionen abgelehnt werden, sobald sie im angemessenen Duktus verfasst sind [und] sich gegen die richtigen Feinde richten. Insbesondere die Sympathie gegenüber dem irren Vorschlag, privilegierte Studenten gezielt zu demütigen, zeigt, wie wenig reflektiert Akteure des Faches mit der ihnen anvertrauten Macht umgehen.




3. Victor Schiering beklagt in einem Beitrag für den Humanistischen Pressedienst, dass Verstümmelungen an Kindern (gemeint sind Jungen) inzwischen als Form von "Entwicklungshilfe und HIV-Prävention" verkauft werden:

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt schließlich laut einem Bericht der "taz" (2017) selbst diese Programme. UNICEF Deutschland räumt im selben "taz"-Artikel ein, dass ihnen die menschenrechtlichen Bedenken bekannt seien – aber eben nicht vorrangig erschienen. (...)

Laut GEO stoßen Journalisten überall auf Schweigen, sei es in Behörden oder auch bei der WHO in Genf. Die Programme haben sich offensichtlich zu einer Maschinerie verselbständigt, so dass niemand mehr ein Interesse an Kritik oder auch an der Frage hat, ob tatsächlich ein Rückgang von HIV-Neuansteckungen eingetroffen ist. So ist meist schon vom "Erfolg im Kampf gegen HIV" die Rede, wenn möglichst viele Jungen und Männer unterm Messer landeten. Denn dann ist die Mission erfüllt: die Quoten sind erreicht, die Dollars fließen weiter.




4. Auf Twitter geht ein Video viral, das einen männlichen Feministen zeigt, wie er einer Abtreibungsgegnerin unvermittelt ins Gesicht tritt (hier ihre Schilderung des Vorfalls). Der Social Justice Warrior erklärte danach auf Twitter, stolz auf seine Tat zu sein: Er habe für die Wahlfreiheit von Frauen gekämpft und würde das jederzeit wieder tun. Jetzt erhält er die verdiente Quittung für seine Gewalt.



5. Unter der Überschrift "Männer weinen nicht" zeigt Arte eine mehrfach ausgezeichnete Dokumentation über eine Friedensinitiative, die 15 Jahre nach dem jugoslawischen Bürgerkrieg in Bosnien traumatisierte Soldaten aus den ehemals verfeindeten Regionen zusammenbringt.



6. Heute Nachmittag diskutiert eine Talkrunde auf SWR2 (Radio): Wie ideologisch ist die Geschlechterforschung? Der Beitrag, der danach als Podcast online steht, wird so angekündigt:

Das Geschlecht ist eine soziale Konstruktion - Sprache, Kultur und Wissenschaft leiden unter männlicher Herrschaft und Unterdrückung. Solche Thesen haben den Gender-Studies, vor allem in konservativen Kreisen, den Ruf einer linken, feministischen Ideologie eingebracht. In Ungarn will der rechtspopulistische Premier Victor Orban, die staatliche Finanzierung der Genderforschung einstellen. Offizielle Begründung: die Schädlichkeit des Faches für christliche Familienwerte. In Deutschland fordert die AfD in ihrem Parteiprogramm die Streichung der Gender-Studies im Hochschulwesen, aber auch Evolutionsbiologen und sogar eingefleischte Feministinnen bezweifeln Ergebnisse und Notwendigkeit dieser jungen Wissenschaft. Ist die Kritik berechtigt? Was genau ist Gegenstand der Genderforschung? Welchen Einfluss hat sie gewonnen und wie nützlich sind ihre Erkenntnisse für die Gesellschaft?


Zu den Talkgästen gehört außer zwei Betreibern der Genderstudien mit Professorin Monika Frommel erstaunlicherweise auch eine Kritikerin.

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