Deutscher Anwaltsverein: Kindeswohl soll Vorrang haben – News vom 10. Juni 2018
1.
Der Deutsche Anwaltsverein dringt auf eine Reform des Kindschaftsrechts. Das Gesetz passe nicht mehr zum Leben vieler Scheidungsfamilien. Gefragt sei eine Flexibilisierung, die auf gerechteren Unterhaltsregeln fußt.
(...) Die Anwälte schlagen vor, neben dem klassischen Residenzmodell und dem Wechselmodell eine dritte Betreuungsform vorzusehen: die alternierende Betreuung, bei der sich die Eltern die Betreuung teilen, aber nicht ganz zur Hälfte, sondern etwa 60:40 oder 70:30.
Solche Modelle werden zwar jetzt schon gelebt, gelten aber in der Rechtssprechung nach wie vor als Residenzmodell und bedeuten für den weniger betreuenden Elternteil, dass er voll unterhaltspflichtig ist. Hier müsse es zu einem Umdenken kommen, meint Horndasch: "Der Kindesunterhalt muss in Zukunft stärker an den Betreuungszeiten orientiert werden, aber auch die unterschiedlichen Einkommen der Eltern berücksichtigen." Ein entsprechendes Stufenmodell hat der Anwaltsverein bereits erarbeitet.
Der Artikel von Sabine Menkens in der "Welt" ist in Gänze lesenswert.
2. Der Kölner Stadt-Anzeiger macht im Zusammenhang mit der Debatte über sexuelle Gewalt aufmerksam auf die vergessenen Jungen.
3. Der Professor für Geschichte Valentin Groeber plädiert für bessere Arbeitsbedingungen für junge Männer im akademischen Betrieb.
4. "Why can't we hate men?" schlagzeilt die Washington Post. In dem Artikel argumentiert Professorin Suzanna Danuta Walters, Direktorin des Women’s, Gender, and Sexuality Studies Program an der Northeastern University, dass der Hass auf Männer gerechtfertigt sei, und zieht folgendes Fazit:
Also Männer, wenn ihr wirklich #WithUs seid und wollt, dass wir euch nicht für all die Jahrtausende des Leids hassen, das ihr produziert und von dem ihr profitiert habt, fangt damit an: Lehnt euch hinaus, damit wir aufstehen können, ohne niedergeschlagen zu werden. Versprecht, nur für feministische Frauen zu stimmen. Kandidiert nicht für ein Amt. Seid für nichts verantwortlich. Tretet von eurer Macht zurück. Wir schaffen das. Und bitte seid euch gewiss, dass eure Krokodilstränen nicht mehr von uns weggewischt werden. Wir haben jedes Recht, euch zu hassen. Ihr habt uns Unrecht getan. #BecausePatriarchy. Es ist höchste Zeit, dass ihr euch hart für das Team Feminismus einsetzt. Und gewinnt.
Ich warte jetzt eigentlich nur noch auf die Argumentation, wenn Zuwanderer und Muslime nicht gehasst werden wollten, dann sollten sie eben mehr rechte Parteien wählen, die sich gegen "Ausländerkriminalität" engagieren.
5. An australischen Universitäten erhalten Studenten inzwischen schlechtere Noten, wenn sie feministisch nicht korrekte Wörter wie "mankind" und "workmanship" verwenden. Der von mir verlinkte Artikel ist in Gänze lesenswert.
6. In Birmingham, Alabama, nutzte eine Verbrecherin die Stimmung im Zusammenhang mit sexuellen Belästigungen für einen versuchten Banküberfall. In einem Zettel, mit dem die Täterin 6.000 Dollar aus dem Tresor forderte, hieß es, wenn der Bankangestellte mitspiele, würde er mit einem sexuellen Gefallen belohnt. Wenn er sich weigere, würde die Täterin behaupten, er hätte sie sexuell missbraucht.
7. Die meisten allgemein geltenden Vorstellungen über die Geschlechter treffen zu, argumentiert Lee Jussim auf den Seiten des populärwissenschaftlichen Magazins Psychology Today. Dabei kritisiert er Forscher, die durch selektives Auswerten der vorhandenen Daten so tun, als ob das Gegenteil der Fall wäre.
Wissenschaftler können nicht einfach Beweise ignorieren, die mit ihrer Erzählung unvereinbar sind. Dies bedeutet nicht, dass sie die Beweise dem ersten Augenschein nach akzeptieren müssen. Aber das Ignorieren von Beweisen sollte keine wissenschaftliche Option sein, vor allem nicht in einem Geschäft, das stolz darauf ist, Nuancen und Vor- und Nachteile sowie das Gewicht der Beweise in Bezug auf ein bestimmtes Thema zu präsentieren. (...) Wir wissen jedoch, dass in den Sozialwissenschaften empirische Erkenntnisse, die Social-Justice-Darstellungen in Frage stellen, oft systematisch ignoriert, übersehen, verunglimpft und verworfen werden.
(...) Diese Art von Problem kann nicht durch bessere Statistiken oder verbesserte Methoden gelöst werden. Dennoch bedroht sie die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit der Sozialpsychologie mindestens ebenso wie nicht nachvollziehbare Befunde, fehlerhafte Statistiken und suboptimale Forschungsmethoden. Außerdem besteht die Gefahr, dass die öffentliche Unterstützung für die Sozialwissenschaften breiter ausgehöhlt wird. Warum sollte die Öffentlichkeit weiterhin die Finanzierung der Sozialwissenschaften unterstützen, wenn man nicht sicher sein kann, dass die Schlussfolgerungen der Wissenschaftler auf ihre eigenen Daten eingehen?
Eine Passage seines Artikels widmet Jussim den Vorwurf, Frauen würden im akademischen Bereich dadurch diskriminiert, dass sie weniger Forschungsgelder als Männer erhielten. Jussim stellt klar, dass auch an dieser Behauptung einer Benachteiligung wenig dran ist:
Frauen erhielten weniger Zuschüsse, aber das ist noch kein Beweis dafür, dass es sich um Voreingenommenheit handelte. Stattdessen bewarben sich Frauen stärker in Bereichen, in denen die Förderungswahrscheinlichkeit geringer war (Bio- und Sozialwissenschaften); und weniger in Bereichen, in denen die Förderungswahrscheinlichkeit höher war (z.B. Chemie und Physik).
8. Aus den Blogs: Das "Alternativlos-Aquarium" wirft einen Blick zurück auf das feministische Jahr 2017 in Deutschland.
9. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir zu der Entscheidung des deutschen Rechtschreibrats zur feministischen Schreibweise:
Ich bin bezüglich der vorläufig nicht getätigten Empfehlung des Rats für deutsche Rechtsschreibung skeptisch. Für mich ließt es sich so, dass man abwarten wird, was sich in der Gesellschafft stärker durchsetzen wird.
Dabei wird aber hintenrum getrickst. Der Rat für deutsche Rechtschreibung ist ein zwischenstaatliches Gremium, der ein amtliches Referenzwerk erstellt. Viele Behörden und Bildungsstätten haben hier aber längst vorgegriffen und üben einen Zwang bei der Durchsetzung der "geschlechtergerechten" Sprache aus. Dies dürfte letzten Endes dazu führen, dass der Rat quasi von Staats wegen die Sprache definiert und nicht die Sprachentwicklung der Gesellschaft abbildet.
Der Artikel aus der "Welt" enthält einen interessanten Passus, der das Dilemma der Sprachgerechtigkeitshersteller verdeutlicht.
"Dem gegenüber stehen die Gerechtigkeitshersteller, die argumentieren, von den Sprachteilnehmern werde das grammatische Geschlecht durchaus als Indikator für das natürliche Geschlecht wahrgenommen. Psychologische Tests hätten ergeben, dass Deutschsprecher sich unter Astronauten und Spionen eben doch eher Männer und weniger Frauen vorstellten."
Dem möchte ich sogar zustimmen. Dabei werden jedoch einige naheliegende Gedanken vernachlässigt. Zum einen wird gesagt, das man sich eher Männer unter diesen Berufsbezeichnungen vorstellt. Das steht dann aber im Widerspruch dazu, dass es rein männliche Bezeichnungen sind, wenn einige Probanden auch Frauen im Sinn hatten. Es liegt vermutlich nicht an der Endung der männlichen Berufsbezeichnung, sondern eher daran, mit welchem Geschlecht bestimmte Berufe assoziiert werden. Das man sich unter Ingenieuren eher Männer vorstellt, liegt einfach daran, dass eben auch überwiegend Männer in den Ingenieurberufen anzutreffen sind. Dagegen denke ich bei Erziehern eher an Frauen. Beim Sammelbegriff Krankenpfleger funktioniert dies nicht, was aber daran liegen dürfte, dass der Begriff Pfleger lange Zeit ausschließlich für Männer galt (Krankenpfleger und Schwester). Bei Zahnärzten denke ich ebenfalls an beide Geschlechter, bei Chirurgen jedoch nicht, weil dies meinen Kontakt mit den Geschlechtern bei diesen Berufen widerspiegelt.
Wenn man solche Assoziationstests macht, dann sollte man auch nur Berufe verwenden, die gleichermaßen von Männern und Frauen ausgeübt werden oder die Geschlechter in einigermaßen gleichen Teilen Berühmtheit darin erlangt haben. Schon deswegen kann es mit Astronauten, Testpiloten, Mineuren und Spionen vorerst nicht funktionieren.
Im Übrigen bewirkt die Aufdröselei der Geschlechter genau das Gegenteil dessen, was beabsichtigt ist. Je mehr Gruppen man schafft, umso mehr hält man den Glauben an Leistungsunterschiede aufrecht. Wenn man z. B. Professorinnen und Professoren mittels getrennter Anrede auf einem Kongress begrüßt, dann vereint dies nicht, sondern es trennt die eigentlich Gleichen. Dass sollten sich die Verfechter der Sprachgerechtigkeit endlich auch einmal überlegen.
Ein anderer Leser schreibt mir:
Im Deutschlandfunk gibt es in dem Programmformat "Europa heute" eine Reihe über Gleichberechtigung in Schweden". In einem Beitrag wird über eine Geschlechterpädagogin berichtet, deren Aufgabe es ist, den Kindern die "Geschlechterstereotypen" auszutreiben. An der besagten KiTa dürfen die Kinder aber immerhin noch "er" und "sie" sagen (statt sonst das erfundene geschlechts-übergreifende "hen").
Interessant auch dazu die Facebook-Kommentare, die größtenteils ablehnend/kritisch zu sein scheinen. Dort interviniert der Deutschlandfunk mehrmals mit eigenen Kommentaren, die die Geschlechterpolitik Schwedens verteidigen. (Es geht also nicht um die Verteidigung des Beitrages oder die Ermahnung zu einer sachlichen Debatte, stattdessen greift der Deutschlandfunk hier selber inhaltlich in die Debatte ein.)
Vielleicht in dem Zusammenhang noch ein kurzer Hinweis auf den dänischen Comedian Jonatan Spang, der sich inzwischen in mehreren Beiträgen deutlich gegen die "Political correctness" im Nachbarland Schweden wendet. In seiner Satiresendung "Tæt på sandheden" (= Nahe der Wahrheit) imitiert er unter anderem die inter-skandinavische Krimiserie "Die Brücke", wo er einen (rauchenden, etwas macho-haften) dänischen Kommissar auf eine (politisch korrekte) schwedische Kommissarin treffen lässt, die keine Verfolgung des Täters zulässt, weil sie in der Täterbeschreibung auf dem neuen Personalpronomen "hen" besteht und keinen Hinweis auf Geschlecht, Ehtnizität, Hautfarbe etc. zulassen will ("Der Tatmensch (= Täter) wird beschrieben als ... Mensch"). Bei Youtube gibt es das Video mit englischen Untertiteln. Dort gibt es auch noch weitere ähnliche Clips von Jonatan Spang.
Danke für Deinen Blog und Deine Aufklärungsarbeit!
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