Deutsche Universitäten: Genderseminaren fehlen freiwillige Besucher – News vom 23. Mai 2018
1. Zwei Wochen lang, berichtet der "Merkurist", fanden an der Universität Eichstätt die Aktionstage "Gesellschaft macht Geschlecht" statt. Dort wurden Themen behandelt wie was bedeutet Genderismus, was Anti-Genderismus und wie kann man Gegenmaßnahmen zum Anti-Genderismus entwickeln, also einen Anti-Anti-Genderismus? (Schon die Fragestellung, wie man sich gegen abweichende Argumente "wehren" könne, sagt einiges.) Die Teilnehmer dieser Veranstaltungen gingen allerdings kaum über die Veranstalter selbst hinaus; in der ersten Woche etwa waren es gerade einmal sechs Besucher.
Louisa Söllner indes, Referentin der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, glaubt an ein Interesse der Studenten an feministischen Themen. Dieses Interesse belegt sie damit, dass ihr Seminar "Einführung in Gender Studies" über 100 Besucher gehabt habe – und lässt ihre Einschätzung keineswegs dadurch trüben, dass es sich für die meisten Besucher um eine Pflichtveranstaltung gehandelt hatte.
Das ist an deutschen Universitäten also Stand der Dinge, wenn wir dem "Merkurist" in diesem Punkt mal Glauben schenken: Es werden Teilnehmer zwangsweise zu ideologischen Veranstaltungen gekarrt, und die politische Leitungsgruppe nennt die erreichten Zahlen als Beleg für die Begeisterung, mit der ihre Ideologie aufgenommen werde. Bleibt der Zwang allerdings aus, herrscht in den Workshops und Seminaren gähnende Leere.
2. In der Regierungskoalition gibt es Zwist zwischen der SPD und den Unionsparteien:
Uneins ist die Koalition auch bei einer Kategorie im Pass und in Amtspapieren für Menschen, die weder weiblich noch männlich sind. Dem "Spiegel" zufolge sieht ein Entwurf von Innenminister Horst Seehofer zum Personenstandsrecht die Kategorie "anderes" vor. Justizministerin Katarina Barley und Familienministerin Franziska Giffey hielten das für herabsetzend und seien für "weiteres", "divers" oder "inter" (lateinisch für zwischen).
Ich sehe, bei zentralen Gewissensfragen der Antidiskriminierungspolitik wird in unserer Regierung hart miteinander gerungen.
3. Am Samstag, dem 26. Mai, widmet sich "MDR Kultur" unter der Überschrift "Mann kann kein Opfer sein" männlichen Opfern häuslicher Gewalt.
4. Das Bildungsministerium der USA hat nach Yale jetzt auch gegen die University of Southern California Ermittlungen wegen der Diskriminierung von Männern eingeleitet.
5. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir:
Lieber Arne Hoffmann,
zuerst möchte ich mich einmal für Ihre Arbeit mit Ihrem Blog bedanken. Sie tragen hier viele wichtige Informationen und Meldungen zusammen und leisten unheimlich gute Aufklärungsarbeit.
Zum Eigentlichen: Ich bin auf zwei Artikel über den Todesschützen von Santa Fe, Texas, vom 18.05. gestoßen, die für Sie von Interesse sein könnten. Der erste aus der Los Angeles Times ist noch recht sachlich. Brisant sind die Aussagen, die die Mutter einer ermordeten Schülerin gegenüber der L.A. Times getätigt hat. Der Täter habe ihre Tochter monatelang angebaggert, jedoch ohne Erfolg, sei zum Schluss aggressiver geworden und von der Schülerin daraufhin vor der Klasse bloßgestellt worden. Die Mutter behauptete außerdem, ihre Tochter sei als erste erschossen worden. Die Zeitung stellt hier klar, dass unklar bleibt, woher die Frau das wissen könne. Für mich persönlich stellt sich hier die Frage, wie zuverlässig die Mutter unmittelbar nach einer solchen Tat und einem solchen Verlust als Quelle sein kann. Um es anders auszudrücken: Wenn sie keine zwei Tage nachdem sie ihre Tochter auf derart brutale Weise verloren hat einen klaren und nüchternen Blick auf die Sache haben könnte und nicht vor Trauer und Wut völlig außer sich wäre, dann wäre ihr psychischer Zustand zumindest fragwürdig. Interessant ist auch der Hinweis, dass Freunde der Schülerin die Behauptungen der Mutter nicht bestätigen konnten.
Der zweite Artikel im Guardian hat eine deutlich feindseligere Grundstimmung. Worum es geht, erfährt man schon in Titel und Untertitel: Frauenhass und toxische Männlichkeit seien die Ursache für solche Massenmorde. Der oben genannte Artikel der L.A. Times wird auch verlinkt und die selbe Mutter wird zitiert. Interessanterweise wird vom "Guardian" einfach der Satz unterschlagen, dass die Freunde des Opfers die Behauptungen der Mutter nicht bestätigen können. Passte wohl nicht in die Geschichte.
Der Rest des Artikels spricht unter anderem von "Incels" und anderen Gruppen, die sich von Frauen abgelehnt fühlen (mit der Kurve über Amokläufe der letzten Jahre, die mit solchen Gruppen irgendwie im Weitesten in Verbindung gebracht werden könnten), kommt natürlich aber nur darauf, dass das massenhafte Abgelehntwerden von jungen Männern ein Problem von Misogynie und nicht von Misandrie ist.
Ich möchte selbstverständlich keineswegs die Tat dieses Jugendlichen verharmlosen oder rechtfertigen. Es gibt sicherlich Gründe für seine Tat (die hoffentlich im Verlauf des Prozesses ans Licht kommen werden). Aber es gibt dafür keine Rechtfertigung und keine Entschuldigung.
Im Übrigen gibt es auch keine Rechtfertigung dafür, ein solches Leid derart politisch auszuschlachten, wie es die feministische Autorin Jessica Valenti hier tut.
Ein anderer Leser schreibt mir zu einem Satz, den ich hier gestern zum Stand der Männerpolitik in Deutschland veröffentlicht hatte: "Ein besonderes Problem bestehe darin, dass im Vergleich zu einer Flut von Forschung über Frauen kaum Forschung über die speziellen Probleme von Männern existiert." Mein Leser merkt dazu an:
Ist das momentane Fehlen von Männerforschung unter den momentanen Bedingungen wirklich ein Nachteil?
Ich schaue bei Forschungen zum Thema Geschlecht mittlerweile zuerst aufs Datum. Stammt die betreffende Forschung aus dem "Genderzeitalter", bin ich bis auf Weiteres misstrauisch, und zwar tatsächlich so wie bei Arbeiten aus der DDR oder aus der Nazizeit, die man erst nach *sehr* genauer Prüfung und selbst dann oft nur teilweise als nutzbringend ansehen kann. Schlicht weil wissenschaftliche Grundprinzipien systematisch verletzt werden und damit ein nutzloses Gewirr aus Wunschdenken, haltlosen Behauptungen, Halbwahrheiten und eventuell auch gutem Material entsteht, bei dem man aber kein Werkzeug hat, um es herausfiltern zu können.
Insofern ... eigentlich müsste man oft eher über Pseudoforschung und Scharlatanerie sprechen. Und die Antwort darauf wäre ja nicht eine andere Pseudoforschung und alternative Scharlatanerie.
Ja, die ideologische Instrumentalisierung von scheinbar wissenschaftlicher "Männerforschung" ist durchaus ein Problem. Da brauche ich nur an den "Männerforscher" Michael Kimmel zu denken, der Männer beharrlich als eine Mischung aus Untermenschen und ständiger Bedrohung darstellt und dafür von US-amerikanischen Feministinnen gefeiert wird. Auf der anderen Seite gibt es den neuen Forschungsbereich der "male studies", der im Gegensatz zu den feministischen "men's studies" männliche Wesen nicht von vorneherein abwertet. Die beiden Lager werfen sich gegenseitig Voreingenommenheit vor.
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