Montag, Oktober 24, 2016

Vermischtes vom 24. Oktober 2016

1. Die Frankfurter Allgemeine veröffentlichte gestern im Wissenschaftsteil den Artikel "Diskriminierung findet nicht statt. Es gibt weniger Professorinnen als gewünscht. Das liegt aber gerade nicht an den Professoren" von André Kieserling, der sich auf den Beitrag "Der Diskriminierungsdiskurs und das Kavaliersmodell universitärer Frauenförderung" bezieht, den der Genderforscher Stefan Hirschauer in der Fachzeitschrift "Soziale Welt" Nr. 67 (2016), S. 119–137 veröffentlichte. In der Zusammenfassung des Hirschauer-Beitrags heißt es:

Der Aufsatz untersucht die universitäre Gleichstellungspolitik auf ihre Ziele und Prämissen, Maßnahmen und Effekte. Vor dem Hintergrund zahlreicher empirischer Studien zu den Karrierenachteilen von Frauen im privaten Leben scheint die Gleichstellungspolitik mit ihrem Fokus auf Diskriminierung in Organisationen fehlgesteuert. Dies erklärt nicht nur ihre schwache Wirksamkeit, es erzeugt auch wachsende Schäden. Das Kavaliersmodell der Frauenförderung viktimisiert und stigmatisiert Frauen, benachteiligt Männer, und setzt Berufungsverfahren einer dauerhaften politischen Verdächtigung aus, die ihre professionelle Neutralität und soziale Akzeptanz beschädigen. Die universitäre Gleichstellungspolitik ist, wie andere Sozialtechnologien, Teil des Problems geworden, das sie lösen soll. Lindern kann sie es nur, wenn sie ihren paternalistischen Diskriminierungsdiskurs durch einen kompensatorischen familiären Lastenausgleich ersetzt.


Der Artikel der Frankfurter Allgemeinen steht nicht online. Darin kommt Kieserling auf die beliebte Annahme zu sprechen, dass Frauen deshalb nur jede dritte Professur besetzen, weil sie von Männern benachteiligt würden – eine Annahme, die inzwischen zu zahlreichen "ausgleichenden" politischen Eingriffen in die Personalauslese der Hochschulen diente, wobei letztlich "aktives Diskriminieren gegen Männer" zu befürchten sei. Hirschauer jedoch widerlege die Diskriminierungsthese:

Schon der Anschein eines übergroßen Verlustes an Frauen kommt offenbar nur dadurch zustande, dass man ihren aktuellen Anteil an den Studierenden zum Maß nimmt und nicht den geringeren von vor zwanzig Jahren, als die heutigen Stellenbewerberinnen zu studieren begannen. Korrigiert man den Maßstab, dann gehen sehr viel weniger Frauen verloren als häufig beklagt. (...) Gemessen an ihrem Anteil an den Bewerbungen, sind [Frauen] den Männern gegenüber durchaus nicht im Nachteil, und zwar weder bei der Einladung zum Vorstellungsgespräch noch bei der Entscheidung über die Besetzung der Professur. Irrig ist ferner die Meinung, sie müssten wahre Wunder an Leistungsbereitschaft vollbringen, um sich gegen das frauenfeindliche Vorurteil durchzusetzen. Misst man die wissenschaftliche Leistung an der Zahl der Publikationen, dann haben die erfolgreichen Frauen hier eher weniger zu bieten als die erfolgreichen Männer.

(...) Für den Wissenssoziologen ergibt sich daraus die Frage, warum die Überzeugung vom Gegenteil sich so hartnäckig hält. Hirschauer gibt darauf drei verschiedene Antworten: Die Vorstellung, ein Opfer von Diskriminierung zu sein, ergebe eine psychisch kommode Enttäuschungserklärung, denn sie erspare die Selbstzurechnung des Misserfolgs in kompetitiven Situationen. Außerdem werde diese Antwort durch Politiker und öffentliche Meinung so stark unterstützt, dass man nicht fürchten muss, andere könnten hier einfach auf Ressentiments tippen. Und schließlich sei die Daseinsberechtigung der Gleichstellungsbürokratie von der immer erneuten Anprangerung des vermeintlichen Unrechts abhängig.




2. Ein aktueller Beitrag in der ZEIT ist überschrieben mit Warnung! Dieser Artikel kann Gefühle der Kränkung auslösen. Ein Auszug:

Da man der Männer nicht mehr habhaft werden kann, die in der Vergangenheit Sklaven gehalten haben, Frauen unterdrückt, Schwule verfolgt, ferne Länder kolonialisiert haben, darf man sich an ihren Nachkommen schadlos halten. In diesen Zusammenhang gehört die notorisch abfällige Rede von den weißen heterosexuellen (gerne auch: alten) Männern. Vergeblich wäre ihr Hinweis, dass sie inzwischen aufseiten der Opfer stünden, überhaupt in jeder Hinsicht andere geworden seien – vielleicht als Forscher erst auf die Opfer aufmerksam gemacht hätten. Es gilt die Regel: Da die Opfer seinerzeit unschuldig waren, können die Nachfahren der Täter heute auch mal unschuldig etwas zu leiden bekommen. Im Übrigen kann niemand als ganz unschuldig gelten, dessen Geschlecht oder Herkunft auf die einstmals Herrschenden weist.




3. Die Huffington Post titelt: "Ich kann mir nicht einmal eine neue Hose leisten" - ein alleinerziehender Vater klagt an. Grundlage des Artikels ist eine aktuelle Studie, der zufolge jeder zweite Mann beklagt, aufgrund seines Familienverpflichtungen im Job Beeinträchtigungen zu erfahren. Besonders übel sei die Situation für Väter, die ihre Kinder ohne die Hilfe der Mutter erziehen.



4. Die New York Post berichtet über die Zensur-Attacken auf Christina Hoff Sommers Youtube-Videos.



5. Die Post. Ein Luxemburger Leser schreibt mir zu diesem Bericht von der 3. Internationalen Männerkonferenz, die am 17. und 18. Oktober in Luxemburg stattfand:

Ich muss Dich zum Thema Männerkongress leider enttäuschen. Es handelt sich zu 100% um Gleichstellungspolitik.

Wahrscheinlich kannst Du Dich nicht mehr daran erinnern, dass ich versucht habe mich bei der Organisation Infomann.lu einzubringen. Schon damals habe ich erkannt, dass diese Organisation eine reine Alibifunktion erfüllt, genau wie in Deutschland, damit die bösen Männerrechtler gar nicht erst Fuss fassen können.

Es geht grundsätzlich um die Gleichstellungspolitik der EU:

"Lydia Mutsch und Corinne Cahen, die Ministerinnen für Chancengleichheit sowie Integration und Familie, präsentierten am 14. Juli 2015 die Prioritäten des luxemburgischen Ratsvorsitzes im Bereich der Gleichstellung von Männern und Frauen und der Integration der Roma vor dem in Brüssel versammelten Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) des Europäischen Parlaments. In ihrem Beitrag stellte Lydia Mutsch fest, dass die Frauen stärker von der Wirtschaftskrise und deren Folgen, insbesondere den Sparmaßnahmen, betroffen seien, und das aufgrund der Tatsache, 'dass sie in höherem Maße durch die Risiken unsicherer Beschäftigungsverhältnisse sowie durch Entlassung, Armut und sozialer Not gefährdet sind'. "Dies trifft umso mehr für alleinerziehende Mütter, Jugendliche, Senioren, Einwanderer und ethnische Minderheiten zu", so die Ministerin. Sie rief dazu auf, dass die Auswirkungen jeder Strategie zur Bekämpfung der Krise auf Frauen evaluiert werden sollten und betonte die Bedeutung des Gender Budgeting, um 'die unterschiedlichen Auswirkungen einer Haushaltspolitik auf Frauen und auf Männer aufzuzeigen'."

Lydia Mutsch habe ich persönlich beim Suizidkongress in Luxemburg erlebt, und ich hatte den Eindruck, dass ihr dieses Thema wirklich am Herzen liegt. Sie machte einen empathischen und interessierten Eindruck. Ich spreche ihr also keinesfalls die Fähigkeit ab, sich der Probleme der Jungen und Männer anzunehmen.

Fakt ist aber dass dieser ganze Kongress damit absolut nichts zu tun hat. Nicht nur dass ich Frau Mutsch vor einigen Wochen im Fernsehen sah, wie sie prioritär die Gleichstellungspolitik vorantreiben will, sondern auch über die Infomannwebseite kommt man zu der Internetseite des Kongresses wo die Ziele des "Männerkongresses" klar definiert sind. [Grob zusammengefasst: Männer sollen dazu gebracht werden, sich mehr in der häuslichen Pflege einzubringen, damit sie Frauen bei der Karriere weniger im Weg stehen. -A.H.]

Ich könnte eventuell versuchen, Frau Mutsch persönlich auf ihre Versprechen bezüglich einer echten Männerpolitik anzusprechen, aber schon bei dem "Centre de prevention contre le suicide" bin ich mit meiner Männerrechtlerwissenschaft abserviert worden. Ich bin halt frauenfeindlich, jede andere Erklärung wäre Häresie ...

Meine Hoffnung, Frau Mutsch in Hinsicht auf ihre Gleichstellungspolitik umstimmen zu können, ist gleich Null. Die Gesundheit der Männer und die Probleme der Jungs in der Schule könnten eventuell ein Thema für sie sein. Die Chancen, dass sie das in reale Politik umwandeln kann, liegen aber wiederum bei Null.

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