Vermischtes vom 1. Mai 2016
1. Die Süddeutsche Zeitung hat jetzt offenbar abschließend zu ihrer Recherchereihe zur Geschlechterdebatte eine Definition von uns Maskulisten festgelegt. In einem kleinen "Feminismus-Lexikon", erstellt von Charlotte Haunhorst und Barbara Vorsamer, heißt es:
M – Maskulisten: Männer, die der Meinung sind, dass inzwischen Frauen das gesellschaftlich privilegierte Geschlecht sind. Fühlen sich von der -> Quote, sprachlicher Korrektheit (-> X, *, _ und Binnen-I) und Debatten um Alltagsseximus bedroht und bedrohen dann ihrerseits wieder Feministinnen (-> Zorn).
Man sucht in dem Artikel vergeblich nach irgendwelchen Ironiesignalen, denen zufolge Aussagen wie diese gar nicht so ernst gemeint sind. Charlotte Haunhorst und Barbara Vorsamer denken offenbar tatsächlich derart platt.
Ich erinnere hier gerne an die gestern von dem Gymnasiallehrer und Blogger Lucas Schoppe zitierte Stellungnahme des Süddeutsche-Mitarbeiters Simon Hurtz, was die Rückmeldungen auf den Artikel anging, in dem ich – wenn auch unter sehr widrigen Umständen – immerhin ein paar Sätze über uns sagen durfte:
Keine einzige Rückmeldung ging in Richtung "Ach, die Maskulisten, die sind ja alle verrückt". Im Gegenteil: Arne Hoffmann wird als krasser Gegensatz zu Stahl empfunden, seine Distanzierung für glaubwürdig gehalten, seine Aussagen für vernünftig. Ich denke tatsächlich, dass zumindest einige Leser, die davor nie von der Szene gehört hatten, jetzt anfangen könnten, sich damit zu beschäftigen.
Anders als bei den Lesern scheint sich bei den Machern der Süddeutschen Zeitung das Feindbild Maskulisten hartnäckig zu halten. Das ist leider kein Problem der Süddeutschen Zeitung allein.
Lucas Schoppe reagiert hier auf die Art, wie wir in der Süddeutschen Zeitung dargestellt werden.
Interessanterweise reagiert der Großteil von uns Maskulisten selbst auf solche Diffamierungen ohne den uns ständig unterstellten enormen Zorn. Man provoziert uns auf Teufel kaum raus, aber den Zorn findet man nur bei anonymen Randfiguren, die keiner von uns ausfindig machen kann. Aber kann man es Menschen eigentlich verübeln, wenn sie irgendwann den Gleichmut eines tibetanischen Mönchs verlieren, nachdem sie kontinuierlich als gemeingefährlich dargestellt werden, weil sie sich für die Anliegen von Jungen und Männern einsetzen?
Der linke Männerrechtler Crumar kommentiert treffend einen anderen Eintrag aus dem aktuellen Glossar der Süddeutschen, der da lautet:
Z – Zorn: Gefühl, dass die Feminismus-Debatte bei vielen Menschen auslöst. Bei Frauen, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen und die ganze Sache mit der Gleichberechtigung so langsam vorangeht. Äußert sich aber auch bei Männern, der Soziologie Michael Kimmel spricht hier von den “Angry White Man”, die finden, Frauen würden gesellschaftlich bevorzugt werden -> Maskulisten. Dieser Zorn äußert sich primär in Hatespeech-Kommentaren -> Online, kann aber auch in körperlicher Gewalt münden.
Crumar merkt dazu an:
Hier finde ich das rassistische Plagiat des Labels "angry black man" aus den 1960ern in den USA interessant und naheliegend. Im Label "angry", nämlich der emotionalen Reaktion auf ihre eigene rassistische Diskriminierung, verschwindet der Anlass für ihren Zorn.
Womit "Zorn" völlig voraussetzungslos scheint und der Eindruck vermittelt werden soll, wären sie weniger angry (ein "tone argument" der "zivilisierten Weißen"), würde man sich inhaltlich mit ihm auseinandersetzen.
Aber so ist der schwarze Mann.
Immer nur hatespeech (die "aber auch in körperlicher Gewalt münden" kann)! /sarcasm off
(...) Auf diesen Journalismus zu setzen ist m.E. vergebene Liebesmüh und mein Projekt ist noch immer die Schaffung eine (autonomen) Gegenöffentlichkeit.
Wenn Charlotte Haunhorst und Barbara Vorsamer an rassistische Rhetorik anknüpfen, dann zeigt das, wie wenig es ihnen gefällt, dass sich hier eine Sachdebatte jenseits der in ihrem Lager geliebten Feindbilder entwickeln könnte. Sie möchten gerne ihre Auffassung bei den Lesern durchsetzen: Wer sich für die Interessen von Frauen einsetzt, tun das aus dringender Notwendigkeit. Wer sich für die Interessen von Männern einsetzt, ist ein bisschen irre und ein bisschen gefährlich.
Leserkommentare kann man auch unter diesem Artikel, so wie es in der Süddeutschen inzwischen aus gutem Grund Standard ist, nicht hinterlassen. Auch hier hat ein beliebtes feministisches Credo mit der Wirklichkeit nichts zu tun: "Frauen sind in unserer Gesellschaft machtlos. Männer haben die Macht." In Wirklichkeit, das zeigt dieser Fall gut, ist es längst umgekehrt. Auch hierzu noch einmal Lucas Schoppe:
Das real existierende Geschlechtergespräch ist nicht nur ein feministisch inspiriertes Selbstgespräch, es darf auch gar nicht anders sein. Die Erwartung, dass dieses Gespräch in irgend einer anderen Weise denn als Monolog geführt wird, ist aus dieser Perspektive ein illegitimer Derailing-Versuch. Es ist so auch ein Missverständis, das "Wir (...) als einen inklusiven Begriff zu verstehen ("wir" als Gesellschaft o.ä.) – es ist ein exklusiver Begriff: WIR brauchen noch mehr Gleichberechtigung, und IHR haltet bitte die Klappe.
Ich hab neulich bei Christian noch einmal in einer alten Diskussion die ultimative Feststellung einer Feministin gelesen, dass Männer sich aus feministischen Diskussionen gefälligst rauszuhalten hätten. Was geht’s auch Männer an, wenn sie als Betreiber einer Rape Culture hingestellt werden, oder allesamt als potenzielle Vergewaltiger, oder was geht es sie an, wenn darüber entschieden wird, ob sie Kontakt zu ihren Kindern haben dürfen oder nicht…. ? Ich würd ja den Grundsatz von Dewey dagegenhalten, dass jeder die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Gespräch haben muss, von dem seine Interessen betroffen sind – wenn ich nur dazu käme, was dagegenzuhalten.
So erklärt sich auch das große, offenkundige Bedürfnis hier in dem Thread, von Vertretern einer meinungsbildenden Zeitung ausnahmsweise einmal wahrgenommen zu werden. Natürlich mag das vergebliche Liebesmüh sein, das ist – glaube ich – allen klar. Andererseits ist eben die Erfahrung durchaus erheblich, aus Diskursen ausgeschlossen zu sein, in denen basale eigene Interessen verhandelt werden – und in denen man schruppdiwupp als Nazi hingestellt wird, nur weil man den Kontakt zu seinen Kindern behalten will oder findet, dass zu einem Gespräch mehrere Beteiligte gehören.
Ich setze nicht auf einen solchen Journalismus. Ich habe die Hoffnung, dass er keine Einheitsfront ist, das ist alles. Lass mir die ruhig noch eine Weile.
(...) Die Gegenöffentlichkeit (...) ist auch daher ungeheuer wichtig – aber vor allem für Einzelne, die merken, dass sie nicht völlig allein dastehen. Und für die Auseinandersetzung, die Weitergabe von Informationen, den Austausch von Argumenten. Ich bin daher eigentlich auch überhaupt nicht böse darum, dass die linksliberalen Männer, die sich im Netz äußern, von Mainstream-Medien über Jahre ignoriert wurden. Das hat einfach auch eine Möglichkeit geschaffen, in Ruhe zu arbeiten.
Zumindest anschlussfähig zu bleiben für Diskurse in etablierten Medien finde ich aber sehr wichtig – einfach weil ich glaube, dass auf Dauer eine Situation radikal getrennter Sphären (zwischen Gegenöffentlichkeit und Mainstream-Medien) nicht gesund ist.
Und um mal etwas optimistisch zu schließen: Ich glaube, dass die Tendenz institutionengestützter Feministinnen, andere (nicht nur Männer, auch Frauen) aus dem Diskurs auszuschließen, eigentlich auf dem Wissen um die eigene Unfähigkeit beruht, in einer offenen Diskussion bestehen zu können. Ich finde es sehr unwahrscheinlich, dass solche Strukturen sich auf Dauer halten können.
2. Jungs in der Schule: Das benachteiligte Geschlecht ist inzwischen nicht mehr nur Thema bei uns gemeingefährlichen Irren, sondern an diesem Wochenende bei "SWR Wissen". Als ich 2001 in meinem Buch "Sind Frauen bessere Menschen?" darüber berichtet hatte, stand ich mit diesem Thema deutschlandweit allein auf weiter Flur.
3. Männer leiden stärker unter Liebeskummer als Frauen berichtet der Schweizer Tages-Anzeiger. Dazu interviewt die Zeitung den Heidelberger Psychiater Günter Seidler, der schweren Liebeskummer – vermutlich zutreffend – mit einer posttraumatischen Belastungsstörung vergleicht und deutlich macht, dass Männer damit in unserer Gesellschaft größere Schwierigkeiten haben:
Mit einer Trennung fertigzuwerden, fällt ihnen oft schwerer, weil ihnen, gesellschaftlich gesehen, das Leiden nicht zugestanden wird. Vor allem die "harten Hunde" leiden sehr.
Auch dass uns Leiden gesellschaftlich nicht zugestanden wird, ist natürlich eines der größten Hindernisse für die maskulistische Bewegung. "Jammern" geht überhaupt nicht, "Zorn" natürlich ebensowenig. Können wir uns nicht einfach ruhig umbringen, ohne weiter zu stören? Ach, das tun wir ja sowieso schon in steigender Zahl. Weil wir mit dem "Verlust unserer Privilegien" nicht klar kommen natürlich.
4. Nach Sexismus-Vorwürfen nahm eine US-amerikanische Hochschule einen Artikel von ihrer Facebook-Seite: Der Beitrag zitierte eine Passage aus einem Leserbrief, in dem Studentinnen als "pretty" bezeichnet wurden.
Gut, anders als bei den Problemchen von uns Kerlen kann man hier den -> Zorn der Feministinnen natürlich verstehen.
5. Bin ich eigentlich der einzige, der den Eindruck hat, dass die Geschlechterdebatte mittlerweile komplett gaga ist?
6. Fefe berichtet über eine aufschlussreiche Studie zum Gender-Pay-Gap.
7. An der Universität Charleton im kanadischen Ottawa protestieren studentische Aktivisten dagegen, dass sich die Hochschule in einem Aktionsplan gegen Sexuelle Gewalt nicht zu einer bei ihr angeblich vorherrschenden "Rape Culture" bekennen möchte:
"It was incredibly combative. Basically we couldn’t even get past the preamble," Moore said. "People were extremely upset. There were a lot of survivors in the room who were triggered."
(...) While Moore, the students and union representatives argued to include the terms "rape culture" and "survivor centric" in the preamble, most of the stakeholders from the administration were opposed and voted to remove the only mention of "rape culture" in the draft, where it was included in a list of definitions.
"The university is in complete denial that sexual violence happens on campus," Moore said. "They’ve been repeatedly telling us that if there are sexual assault survivors on campus, those incidents predate their arrival on campus and that actual instances of sexual violence are few and far between."
(...) Montgomery wants education about rape culture to be (...) incorporated into the Carleton curriculum.
"I want to see prevention mechanisms that are really concrete, like mandatory consent training for everyone on campus. I want it to be embedded in the curriculum. I want it to be something that’s a part of courses," she said.
Proteste gibt es auch dagegen, dass die Universität allen Ernstes Falschbeschuldigungen bestrafen will:
That’s dangerous, she said, particularly if the complaint is by a student against a faculty member bolstered by the "obvious power imbalance" of tenure, union representation and more life experience.
"This is a direct threat against survivors," she said. "It’s really a way to shut victims up."
Besides that, false complaints are exceedingly rare, she said. "We’re talking maybe about one in 2,000," Moore said. "Of course they can happen, but they are so incredibly rare."
7. Die Gegenöffentlichkeit des Internets zeigt weiterhin Bilder, die man in den klassischen Medien nicht sieht.
8. The Daily Nebraskan berichtet über die mangelnde Unterstützung von männlichen Opfern sexueller Gewalt.
9. Im Daily Star, einer Zeitung aus Bangladesh, plädiert Farzana Hussein dafür, bestehende Gesetze so zu ändern, dass auch Männer als Opfer einer Vergewaltigung anerkannt werden.
10. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir:
Hallo Herr Hoffmann,
als Vater von zwei Söhnen verfolge ich den Hype um das Thema "sexuelle Belästigung" und "Anmache" und frage mich, wohin das führen soll.
Jetzt versucht Herr Maas, das Sexualstrafrecht zu verschärfen. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es möglich sein soll, mit einer Frau Kontakt aufzunehmen, ohne dabei mit einem Bein im Gefängnis zu stehen.
Wie zur Bestätigung meiner Sorge liefert die Süddeutsche Zeitung heute einen Bericht über eine Amerikanerin, die einen Wiesnbesucher mit einem Maßkrug niedergestreckt hatte, was üblicherweise als schwere Körperverletzung oder gar Mordversuch hart bestraft wird. Dass sie dem am Boden Liegenden einen zweiten Schlag verpassen wollte, könnte für die zweite Variante sprechen.
Im Gerichtsverfahren machte sie jetzt "unter Tränen" (!) geltend, sie hätte sich gegen Belästigung wehren wollen. Das Opfer hatte sie am Dirndl gezupft, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken
Dazu muss man wissen, dass der Innerraum eines Bierzelts ein wirklich heißes Pflaster ist. Ich persönlich gehe da nur gelegentlich durch, achte sehr genau auf meine Umgebung und weiche eher aus, als mich irgendwo durchzudrängen. Mit normalen Maßstäben ist das sicherlich nicht zu messen. Hier sind alle außer Rand und Band und zwar wirklich alle. Und viele gehen genau deswegen hin.
Das Verfahren gegen die Amerikanerin wurde gegen eine Zahlung von 1000 Euro eingestellt – mit der Begründung es handle sich um einen besonderen Fall: Die Anmache sei eine "sexuell motivierte Handlung" gewesen.
(...) Bei der Gelegenheit werde ich auch meinen Jahresbeitrag von 100 Euro als Spende für das Lesen des Blogs überweisen. Ich orientiere mich da an dem Beitrag eines passiven Mitglieds in einem Verein und stelle mir immer vor: Wenn 1000 bis 2000 Leser das machen würden, könnte man sicher ein schönes kleines Büro damit betreiben.
Vielen Dank für Ihren Einsatz.
Herzlich gerne. Gerade die Debatte in den letzten Tagen hat gezeigt, wie wichtig eine Gegenöffentlichkeit bei Geschlechterthemen ist. Wer das ähnlich sieht, kann Genderama mit Spenden unterstützen. Wer hingegen findet, dass die Geschlechterdebatte in Leitmedien wie der Süddeutschen Zeitung schon in guten Händen ist, kann natürlich auch darauf verzichten.
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