Samstag, April 30, 2016

Vermischtes vom 30. April 2016

1. Die Titelgeschichte des aktuellen SPIEGEL lautet: Warum Frauen länger leben. Wie Männer länger leben können. Der sieben Seiten umfassende Artikel von Jörg Blech schließt sich der Sicht der Männerrechtsbewegung an, dass die bisherige These, die Kluft in der Lebenserwartung sei biologischen Faktoren zu verschulden, falsch ist. Aufhänger des Artikels ist ein Bergdorf in Sardinien, in dem Männer länger leben als an jedem anderen Ort – 100 Jahre oder mehr – und statistisch gesehen genauso alt wie Frauen werden. (In anderen Gesellschaften sind 80 bis 90 Prozent der 100jährigen weiblich.)

Blech sieht als einen Hauptgrund für den frühen Männertod das Wettbewerbsverhalten, das sich Männer angewöhnt haben, um eine Partnerin zu finden:

Bei den Männern (...) führte der zermürbende Konkurrenzkampf dazu, die statistische Lebenserwartung zu verkürzen. Denn ständig mussten sie Risiken eingehen, um Partnerinnen zu imponieren und Nebenbuhler auf Abstand zu halten. So ist die Mortalitätslücke zwischen den Geschlechtern in jenem Alter am größten, in dem junge Männer versuchen, Frauen zu erobern. Zwischen 20 und 24 ist für einen Mann die Wahrscheinlichkeit zu sterben mehr als zweimal so hoch wie für eine Frau. Zu den häufigsten Todesursachen von Männern in diesem Alter gehören Verletzungen und Erstickungen. In den mittleren Jahren hingegen, wenn die Familiengründung abgeschlossen ist, nähern sich die Mortalitätsraten der Geschlechter an. Erst zwischen 50 und 55 Jahren werden die Unterschiede wieder größer. Männer sterben vermehrt durch Herzinfarkte, Lungenkrebs oder alkoholische Leberkrankheit.


In diesem Zusammenhang wird die in der Männerbewegung bei diesem Thema immer wieder angeführte "Klosterstudie" Marcel Luys erwähnt. Ihr zufolge weisen männliche Klosterbewohner eine um vier Jahre höhere Lebenserwartung auf als ihre Geschlechtsgenossen; diese Lebenserwartung reicht bis zu einem Jahr an die der Frauen heran. In den sardischen Bergdörfern läuft es ähnlich: Selbst typische Alterskrankheiten wie Demenz kommen dort kaum vor. Dazu treten die bekannten Faktoren für eine höhere Lebenserwartung: kein Rauchen, viel Bewegung, maßvolles Essen sowie eine liebe- und respektvolle Gemeinschaft, die sich auch um die Alten kümmert.

Was unsere Gesellschaft angeht, kommt Blech darüber hinaus auf wirtschaftliche Einflüsse zu sprechen:

Wer arm ist, muss früher sterben – und das gilt vor allem für Männer: Das ärmste Viertel hat eine um knapp sechs Jahre geringere Lebenserwartung als das reichste. Männer mit Hauptschulabschluss sterben mehr als sechs Jahre früher als Akademiker. Und nur 54 Prozent der Bergarbeiter erreichen ein Alter von 65 Jahren – von den Beamten im Sozialdienst schaffen das mehr als 90 Prozent. Bei Frauen beeinflusst der sozioökonomische Status zwar auch die Mortalität, aber die Effekte sind kleiner.




2. Genderama begleitete vor einigen Wochen kritisch die Berichterstattung der Leitmedien über einen angeblichen Mob von etwa 30 Flüchtlingen und anderen Männern, der drei junge Mädchen im Kieler Einkaufszentrum Sophienhof bedrängt haben soll. Die Vorwürfe stellten sich schließlich als fast völlig unbegründet heraus. Wie kam es zu dieser Fehlmeldung? Das Medienmagazin ZAPP hat die Enstehung dieses Hypes in einem siebenminütigen Video analysiert.



3. Die FDP tritt dem Ansinnen von Justizminister Heiko Maas (SPD) entgegen, Reklame so zu zensieren, dass sie der feministischen Ideologie auf keinen Fall zuwiderläuft. Die radikal feministische "Emma" ernennt den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner daraufhin zum Pascha des Monats.

Dazu kommentiert Lindners Parteikollegin Susanne Schneider auf Facebook: "Hat unser Land sonst keine Sorgen? Und: Bin ich dann ein weiblicher Pascha?" Ich fürchte, aus radikalfeministischer Sicht sind das alle Liberalen, gleich welchen Geschlechts.



4. Im ebenfalls liberalen Magazin NOVO erklärt die Strafrechtsprofessorin Monika Frommel, warum sie die von Heiko Maas (SPD) betriebene Verschärfung des Sexualstrafrechts sehr kritisch sieht. Ihr Urteil zur von Frauennetzwerken betriebenen Kampagne:

"Ja heißt Ja" richtet sich offen gegen rechtsstaatliche Standards.




5. Eine Mitarbeiterin des Online-Magazins "Relating to Men" widmet sich einem Thema, das in deutschen Leitmedien immer noch ein Tabu darstellt: Cybermobbing durch Frauen, insbesondere durch Feministinnen – und wie die Täterinnen soziale Netzwerke wie Facebook dazu manipulieren, ihre Opfer zu sperren.



6. Die Porno-Panik von heute unterscheidet sich nicht vom Kampf gegen Selbstbefriedigung im 19. Jahrhundert argumentiert der britische "Telegraph".



7. Die britische BBC berichtet über eine Kampagne, die einige Debatten auslöste: Väter sind keine Babysitter.



8. Im US-amerikanischen Bergen wurde ein Vater zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er für vier Kinder keinen Unterhalt zahlte. Nur eines der Kinder lebt tatsächlich bei der Mutter, die anderen bei ihm. Der Vater scheint dabei nur ein Fall von vielen in einem ungerechten System zu sein, gegen das es wachsenden Widerstand gibt.



9. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir zu diesem Beitrag von Benjamin Prüfer, den ich gestern auf Genderama verlinkt hatte:

Grundsätzlich ist die Kritik von Benjamin Prüfer berechtigt. Wenn bei den Jungen einfach unterstellt wird, man muß ihnen nicht die MINT-Fächer näherbringen, dann herrscht ein Weltbild vor, dass Jungen stets MINT-begeisterte Elternteile haben, die diese Begeisterung nur auf die Söhne übertragen.

Was mir jedoch ziemlich aufstößt, ist der gering schätzende Tonfall Prüfers, wenn es um den Pflegeberuf geht. Als würden die Pflegekräfte in den drei Jahren Ausbildung nur lernen, die Bettpfannen unterzuschieben.

Da ich selbst einmal drei Monate in einem Krankenhaus als Pflegehelfer gearbeitet habe, kann ich ganz gut beurteilen was das Pflegepersonal leistet und das der Beruf aus weit mehr Aspekten als Bettpfannen- und Windelwechseln besteht. Genau das ist übrigens ziemlich harmlos, da man die Bettpfannen nach Gebrauch einfach in spezielle Waschvorrichtungen platziert, wo sie gründlich gereinigt werden .

Ich selbst habe als Pflegehelfer gearbeitet, weil ich nach einem mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt als ausgebildeter Elektroniker das Gefühl hatte, dass es sich um einen interessanten Beruf handeln könnte. Das wäre er auch, wenn die Personalstärke auf den Stationen größer wäre. Durch die unzureichende Personalstärke herrscht zumeist hektisches Treiben, unter dem vor allem die Patienten leiden, weil der für das Patientenwohl wichtige Kontakt zu kurz kommt.

Dazu ein Beispiel. Auf der Station auf der ich damals tätig war hatten wir einen Patienten mit permanentem und täglich mehrmaligem Durchfall. Der Patient hat sich immer gefreut, wenn ich ihm frische Windeln angelegt hatte, weil ich der einzige auf der Station war, der ihm wirklich gründlich die Fäkalienreste entfernt hatte. Die anderen hatten aus Zeitmangel lediglich husch-husch drübergewischt und dabei auch keine Zeit für ein paar aufmunternde Worte gehabt. Ich konnte es Ihnen, vom Zivi einmal abgesehen, aber nicht verübeln, weil sie als gelernte Kräfte ein anderes Tagespensum hatten.

Als ich einmal mindestens 15 Minuten gebraucht habe, um aufgrund der schludrigen Behandlung die eingetrockneten Fäkalienreste an seinem After zu entfernen und mir im Anschluss daran Vorwürfe gefallen lassen mußte, was ich denn solange bei dem Patienten gemacht hätte, hatte ich alsbald den Schlußstrich gezogen. Nicht die Bettpfannen sind das Problem, sondern die Unterbesetzung.

Das Argument, dass es stets an der Bezahlung liegt, wenn Männer bestimmte Berufe meiden greift nicht. Das Pflegepersonal wird mindestens genauso (schlecht) bezahlt wie die Feuerwehrmänner und Elektroniker im öffentlichen Dienst.


(Daran, dass mich eine Vorgesetzte aus der häuslichen Pflege für meine "Trödelei" rund machte, weil ich einer dementen Patientin keinen viel zu heißen Tee zwangseinflößen wollte, erinnere ich mich aus meiner eigenen Zeit als Zivi.)

Ein anderer Leser schreibt mir:

Hallo Herr Hoffmann,

ich weiß nicht, ob folgendes Thema für Sie auch interessant ist (...). Es geht um nichts anderes, als um sich scheinbar entwickelnde Ambitionen, ein Gesetz zu ändern, um damit - wie soll es anders sein - vermeintlicher Benachteiligung von Frauen zu begegnen. Hierbei geht es um das Betriebsverfassungsgesetz, das die Mitbestimmung von Mitarbeitern in Betrieben regelt.

Hier mal ein Link zu einer Publikation der Hans-Böckler-Stiftung: Mann vertritt Frau.

Abseits der großen Gesetzgebungen, über die man regelmäßige, politisch stets auf Linie gepeitschte Berichte in unseren Leitmedien liest, sieht und hört, stürzen sich die besonders geschlechtersensiblen, solange es eben immer nur um das richtige Geschlecht geht, auch auf die den meisten Menschen eher verborgenen bis unbekannten Gesetze. Im vorliegenden Fall auf das Betriebsverfassungsgesetz und die in ihm geregelten Statuten zur Wahl von Betriebsräten.

Als kurze Erklärung vorweg: Das Betriebsverfassungsgesetz beinhaltet bereits eine geschlechtsneutral formulierte Minderheitenregelung, die festlegt, dass, je nach Gremiumsgröße, die ersten X Plätze von den meistgewählten Vertretern des Minderheitengeschlechts in der Firma zu besetzen sind. Diese Minderheitenregelung wurde bereits nachgeschoben, doch scheinen den im Artikel nicht namentlich genannten "Rechtsexperten" diese Regelungen nicht auszureichen, da sie ja immer noch sehen, dass Frauen in Firmen, in denen sie in der Belegschaft die Mehrheit stellen, im Betriebsrat in vergleichsweise geringerer Größe vertreten sind (d. h. sie sind zwar immer noch in der Mehrheit, aber eben nicht in derselben Deutlichkeit wie in der Belegschaft).

Dass auch hier in erster Linie Ideologie und nicht rationeller Sachverstand am Werke ist, zeigt schon der Tenor des Textes, der es zwar als gegeben und normal beschreibt, dass in Betrieben mit mehr Männern als Frauen, Frauen im Betriebsrat im Verhältnis stärker repräsentiert sind als in der Belegschaft, dieselbe Entwicklung aber in der anderen Richtung sofort problematisiert.

Ein Grund für dieses Verhältnis wird im Text sogar erwähnt: eben der im Betriebsverfassungsgesetz festgelegte "Minderheitenschutz". Aber offenkundig verstehen die Autoren des Textes diesen Minderheitenschutz eben auch als nichts anderes, als eine einfach nur anders benannte Frauenquote. Zumindest lässt diesbezüglich die Formulierung tief blicken, die davon spricht, dass dann halt der "Minderheitenschutz" nicht mehr greifen würde. Doch, tut er, aber eben nicht mehr zugunsten der Frauen, was ja aber eben nach heutiger "progressiver" Sichtweise mal so gar nicht geht. Schutz jeder Art hat bekanntlich immer nur für Frauen zu gelten und Minderheitenschutz hat am besten selbst dann noch ausschließlich für Frauen zu gelten, wenn sie klar in der Mehrheit sind ...

Darüber hinaus lässt sich die "Überrepräsentanz" von Männern im Verhältnis zur Belegschaft wohl auch leicht mit der offenkundigen, signifikant stärkeren Neigung von Männern zu politisch aktivem Handeln erklären. Es hat wohl auch seine Gründe, dass selbst Parteien, die seit vielen Jahren Frauen per Quote pushen, wo es nur geht (siehe SPD und Grüne), trotzdem immer noch nicht über 30 % Frauenanteil unter ihren Mitgliedern hinauskommen.

Denn nur noch einmal zur Erklärung: Jeder nicht leitende Mitarbeiter eines Betriebes hat das Recht sich zur Wahl zum Betriebsrat aufstellen zu lassen und jeder nicht leitende Mitarbeiter eines Betriebes hat das Recht, sich an der Wahl zu beteiligen. Kommen im Gremium Ergebnisse zustande, bei denen die Geschlechterrepräsentanz im Betriebsrat nicht der der Belegschaft entspricht, mag dies Gründe haben, aber diese unter dem Mantra "Frauen werden benachteiligt" zu suchen, halte ich für unlauter – und die Versuche, diesen Ergebnissen mit, demokratischen Wahlen zuwiderlaufenden, Quotierungen zu begegnen, schlicht verfassungswidrig (und damit meine ich nicht "nur" die Betriebsverfassung).

Ich persönlich hatte mit der Minderheitengeschlechterregelung schon immer meine Probleme, weil sie implizit unterstellt, Menschen würden prinzipiell Kandidaten bzw. Mitarbeiter des eigenen Geschlechtes bevorzugen, sowohl im Wahlverhalten als auch bei deren Rechtevertretung, selbst dann, wenn sie, wie es bei Betriebsräten oft der Fall ist, diese Menschen sogar persönlich kennen, so dass es vermeintlich notwendig wäre, Regularien zu implementieren, die dazu führen, dass in Einzelfällen Kandidaten mit weniger Stimmen bei einer demokratischen Wahl Kandidaten mit mehr Stimmen vorgezogen werden müssen, was ich immer für falsch halte, egal welches Geschlecht die dadurch begünstigten Leute haben. Doch in diesem Artikel wird ja - mal wieder - sogar sehr klar unterstellt, dass ausschließlich Männer speziell Männer bevorzugen bzw. Frauen ablehnen würden. Die konsequente Einseitigkeit mit der das Thema im Artikel ausgeleuchtet wird, führt mich zumindest zu diesem Eindruck.

Diese Sicht der Dinge erscheint mir gerade dann absurd, wenn ich etwa an die Bundestagswahl 2005 zurückdenke. Ich wage es mal, meinen Allerwertesten darauf zu verwetten, dass die Zahl der Männer, die NICHT CDU wählten, weil die eine Frau als Kanzlerkandidaten hatten, um ein vielfaches kleiner gewesen sein dürfte, als die Zahl der Frauen, die CDU ausschließlich deshalb wählten, damit "endlich mal eine Frau Kanzler wird".

Also kurz abschließend resümiert: In Betrieben, in denen Frauen die Mehrheit der Beschäftigten und somit auch Wähler stellen, sind Männer im Vergleich zu ihrer prozentualen Repräsentanz in der Belegschaft im Betriebsrat "überrepräsentiert". Das heißt, entweder stellen sich verhältnismäßig mehr Männer überhaupt erst zur Wahl auf (was vom Geschlecht unabhängig jedem offen steht) oder sie erhalten aus der mehrheitlich weiblichen Belegschaft einfach mehr Stimmen als die weiblichen Kandidaten. Wo da jetzt eine Benachteiligung von Frauen versteckt sein soll, der man mit Gesetzesänderungen begegnen müsste, will sich mir so trivial nicht auf den ersten Blick erschließen (oder auf den zweiten oder den dritten ...).


Und schließlich berichtet Lucas Schoppe von seinem anhaltenden Mailwechsel mit Simon Hurtz, der in der Süddeutschen Zeitung über uns Männerrechtler berichtete. Hurtz schreibt zu den Leserbriefen, die nach seinem Artikel bei ihm eingetroffen sind:

Keine einzige Rückmeldung ging in Richtung "Ach, die Maskulisten, die sind ja alle verrückt". Im Gegenteil: Arne Hoffmann wird als krasser Gegensatz zu Stahl empfunden, seine Distanzierung für glaubwürdig gehalten, seine Aussagen für vernünftig. Ich denke tatsächlich, dass zumindest einige Leser, die davor nie von der Szene gehört hatten, jetzt anfangen könnten, sich damit zu beschäftigen.

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